Protocol of the Session on January 22, 2009

(Uwe Grund SPD: Das ist inzwischen alles verbrannt, Herr Senator! Es ist alles weg!)

Das Gleiche gilt für das Immobiliengeschäft. Aber die entscheidende Frage ist – und das müssen wir uns alle fragen –, was man tun kann, um künftig solche Fehler zu vermeiden. Denn bisher haben alle grünes Licht gegeben zu Zeitpunkten, als es keinen Anlass gab, irgendein Geschäft zu stoppen. Wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätte die SPD mit ihren Ministern im Aufsichtsrat das Wort erheben müssen.

Übrigens wundere ich mich auch über manche Beiräte der HSH Nordbank, die jetzt wortreich erklären, dass sie mit bestimmten Aktivitäten im Ausland nicht einverstanden sind. Wir haben dort Beiräte, die seit Jahren im Beirat sind, Beiratsbezahlungen kassieren, Rat geben sollen und das nicht getan haben und hinterher, wenn eine schwierige Lage eintritt, genau das kritisieren, was sie jahrelang nicht kritisiert haben. Solche Ratgeber können wir nicht gebrauchen.

(Michael Neumann SPD: Wen meinen Sie denn, Herr Freytag?)

(Senator Dr. Michael Freytag)

Zum Beispiel FDP-Vertreter aus Schleswig-Holstein, die sich im Moment sehr intensiv äußern. Ich finde das nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden jetzt Folgendes machen. Wir werden nach vorne schauen und die Bank neu ausrichten müssen, weil uns nichts anderes übrig bleibt.

(Michael Neumann SPD: Es wird ein guter Tag für Hamburg!)

Ich glaube, die Lage wird von Ihnen nicht richtig eingeschätzt, wenn Sie nicht wissen, was uns blüht, wenn wir nicht handeln. Ich darf darauf hinweisen, dass bis 2005 eine Gewährträgerhaftung des Staates für die Landesbankaktivitäten galt. Danach ist sie abgeschafft worden wegen der EU-Regularien. Aber wir haben eine Gewährträgerhaftung für alles, was passiert ist. Noch einmal zu Ihrer Beruhigung: Ich bin vor 2007 dort nicht aufgetaucht. Es sind die Dinge, die wir aber trotzdem wuppen müssen, ob wir wollen oder nicht, weil diese Haftung besteht.

(Ingo Egloff SPD: Das war Herr Dr. Peiner!)

Hamburg wird deshalb bei der Neuausrichtung der Bank für alle Lösungen offen sein – das sage ich ganz klar –, die eine Zukunftslösung für die Bank sind,

(Michael Neumann SPD: Sie persönlich, hof- fe ich, auch!)

die aber auch Hamburg schützen vor den Risiken, die natürlich im Moment effektiv für uns gegeben sind. Die Neuausrichtung der Bank kann verschiedene Gesichter haben. Wir haben bei den Ministerpräsidentenkonferenzen, wo es um die Neuordnung der Landesbanken ging, oder auch bei den Finanzministersitzungen gesagt, dass wir keine Bedingungen stellen und beispielsweise offen für Fusionen sind. Fusionen sind denkbar zwischen Landesbanken, die Nachbarländer stellen, aber es sind auch Fusionen denkbar mit weiter entfernten Landesbanken, wenn funktional eine Ergänzung des Geschäftsmodells gegeben ist. Denkbar ist ebenso grundsätzlich das von Nordrhein-Westfalen ins Spiel gebrachte Modell einer Bank Deutscher Länder – eine einzige Landesbank, unter die die bisherigen Landesbanken ihre erfolgreichen Geschäftszweige untergliedern.

Denkbar ist aber auch, dass wir eine selbstständige Lösung finden. Ich denke auch, dass keiner von uns erwarten kann, dass jemand anderes für uns die Kastanien aus dem Feuer holt. Das gilt auch für die anderen Landesbanken. Das heißt, wir müssen vor unserer eigenen Haustür kehren, so oder so, welches Modell auch immer man realisiert. Auch wenn man selbstständig bleibt, muss man die schwierigen Kreditstrukturen, die wir haben, analysieren und benennen. Das Jahr 2008 ist ein extrem schlechtes Jahr und wir werden anhand

der Berichterstattung, die wir haben, im Laufe des Monats Februar genau über diese verschiedenen Modelle sprechen, und zwar nicht nur mit dem Vorstand, sondern wir werden das auch im Parlament machen. Ich sage zu, dass wir selbstverständlich den Haushaltsausschuss beteiligen werden. Wir müssen die Aufsichtsräte beteiligen, wir müssen am Ende die Parlamente beteiligen, die Landesregierungen, aber auch die Gesellschafter.

Diese Bank gehört nicht Hamburg, sondern nur 30 Prozent. Wir haben zu 70 Prozent andere Gesellschafter, die völlig unterschiedliche Interessenlagen haben. Ich bin sehr froh – das sage ich ganz offen auch in Richtung der SPD –, dass wir eine CDU/SPD-Landesregierung in Schleswig-Holstein haben, die sich aktiv der Problemlage stellt und mit uns zusammen die Achse bilden wird, die eine Lösung überhaupt nur schaffen kann. Ich habe eine große Bitte, wenn wir am Ende über die verschiedenen Modelle sprechen. Wir werden alles offenlegen, die Fakten und die Daten – was immer gefordert wird – kommen auf den Tisch,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wann denn?)

und zwar die aktuellen Daten und Fakten im Laufe des Monats Februar. Wir wollen bis Ende Februar eine Neustrukturierung der Bank so vorgeschlagen haben, dass sie auch trägt und die Zustimmung aller Gremien findet.

Ich darf Ihnen auch persönlich einmal sagen: Ich weiß, dass im politischen Alltagsgeschäft solche Situationen gerne benutzt werden, um Oppositionsspiele zu treiben. Ich würde Sie trotzdem bitten, darüber nachzudenken,

(Michael Neumann SPD: Am 11. Februar re- den wir darüber, das ist wirklich ambitio- niert!)

ob es klug ist, dieses für Hamburg dramatisch wichtige Thema mit kleiner Oppositionsmünze zu spielen, oder ob wir nicht gemeinsam wie mit der SPD in Schleswig-Holstein, die dort in der Verantwortung ist und jeden Schlag von Ihnen spürt, den Sie meinen der CDU geben zu müssen, versuchen können in dieser schwierigen Situation zusammenzustehen, um eine Lösung herbeizuführen.

(Michael Neumann SPD: Immer wenn Sie die Karre in den Dreck gefahren haben, sol- len wir helfen sie herauszuholen!)

Denn, Herr Neumann – es wird Sie wundern, weil Sie die Lage immer noch nicht begriffen haben – es geht nicht um diesen Senat, es geht nicht um Sie, sondern es geht um Hamburg. Es geht um die Zukunft unserer Stadt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Michael Neumann SPD)

Ich erwarte schlichtweg von einem Abgeordneten, auch wenn er anderer Couleur ist, dass er den

(Senator Dr. Michael Freytag)

Ernst der Lage erkennt. Sie haben an Herrn Bischoff gesehen, dass man einen intelligenten Oppositionsvortrag halten kann, auch wenn man den Senat nicht stützt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Ingo Egloff SPD: Das würden wir von einem Finanzsenator auch einmal erwarten, dass er einen intelligenten Vortrag hält!)

Ich erwarte von allen Abgeordneten, dass man den Ernst der Lage erkennt und damit aufhört Sündenbockspiele zu treiben. Es macht einfach keinen Sinn und es löst nicht das Problem, wenn Sie an der Sache vorbeireden. Wir brauchen jetzt eine gemeinsame Lösung und wir werden diese Lösung finden. Ich darf Ihnen abschließend sagen: Ich habe noch nie in meinem politischen Leben ein so ernstes Problem bearbeiten müssen wie das jetzige und ich habe auch nie so ernsthaft und hart arbeiten müssen für die Lösung eines Problems. Ich tue das aus Überzeugung, ich tue das nicht für Sie, ich tue das auch nicht für den Senat, sondern ich tue das für unsere Stadt und das erwarte ich auch von Ihnen. – Ich danke Ihnen.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU – Mi- chael Neumann SPD:Nach solch einem Ap- plaus folgt immer der Rücktritt!)

Das Wort hat Herr Dr. Tschentscher.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, wir reden heute nicht über Schuld. Und Herr Senator, wir reden schon gar nicht über Sünde. Und ich rede auch nicht über Heuchelei. Sondern wir reden über Verantwortung. Es hat phasenweise ein Finanzsenator gesprochen und dann hat wieder ein CDU-Landesvorsitzender gesprochen. Und der fühlt sich wohl in der Rhetorik, wer denn aus welcher Partei in welcher Grube sitzt und die Schuld bekommt. Ich muss Ihnen sagen, Herr Freytag: Das sind wir leid.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Ich habe Ihnen schon in einer anderen Debatte gesagt, dass wir über den Kern des Problems reden möchten. Und wir möchten ohne Ansehen der Person und des Parteibuchs die Kritik auf den Tisch packen und darüber nachdenken, wo die Ursachen liegen.

(Viviane Spethmann CDU: Dann machen Sie es doch endlich!)

Deswegen habe ich Ihnen …

(Zurufe)

Nein, wir haben uns als SPD-Fraktion entschieden, das kann ich Ihnen berichten, in diesem The

ma Ross und Reiter zu benennen und Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten. Und wir haben Ihnen eine Erklärung angeboten, zu der der Senator kein Wort verloren hat, auch Herr Kruse nicht. Wir haben Ihnen eine Erklärung angeboten, wie wir das zu verstehen haben mit den Motiven der Bank im Zusammenhang mit dem Börsengang.

(Viviane Spethmann CDU: Wie sich der klei- ne Sozialdemokrat das vorstellt!)

Und wir haben kein Wort darüber gehört.

Ich will mich jetzt nicht wiederholen. Ich könnte Ihnen die 164 Positionen der Auslandsbeteiligungen seit 2001 einzeln vortragen. Sie müssen uns nicht erklären, was 2004 oder 2005 irgendwo in Schleswig-Holstein passiert ist. Sie tragen, Herr von Beust und Herr Freytag, seit acht Jahren Verantwortung für Hamburg und darüber reden wir.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind gerne bereit zu unterscheiden, in welchem Bereich die Bank betroffen ist von einer weltweiten Finanzmarktkrise, für die in Hamburg niemand etwas kann. Aber wir sind auch entschlossen darüber zu reden, welchen Beitrag die Bank selbst geleistet hat und wo sie aktiv eigene Risiken eingegangen ist. Herr Kruse, wir sind müde geworden, uns Dinge über die Geschäftsführung der Bank anzuhören, die – je mehr wir erfahren – eben nicht so sind wie in der Wirklichkeit. Deshalb akzeptieren wir auch nicht die Kritik,

(Rolf Harlinghausen CDU: Eine ganz müde Truppe!)

Klarheit über die Lage der Bank würde ein Schlechtreden der Bank und damit eine Gefahr für ihren Bestand und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeuten. Im Gegenteil: Klarheit über die Lage der Bank ist das, was die HSH Nordbank und die Mitarbeiter jetzt brauchen.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff DIE LINKE)

Was uns viel mehr erschreckt als die Quartalsberichte der Bank, sind die Quartalsberichte des Senats. Herr Bischoff hat es schon erwähnt: Das ist, Herr Freytag, Ihre Verantwortung als Finanzsenator, die Sie nicht auseinanderhalten können mit Ihrem Auftrag als CDU-Landesvorsitzender. Sie haben uns im ersten Quartal 2008 erklärt, die HSH Nordbank sei als einzige Bank auf dieser Welt überhaupt nicht betroffen von der Finanzmarktkrise. Das haben Sie Herrn Bischoff erklärt und das haben Sie unserem Kandidaten, Herrn Naumann, erklärt.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Wer ist das denn?)

Und dann haben Sie die Pressekonferenz auf einen Zeitpunkt nach der Wahl verschoben.