Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Anlass unserer letzten Debatte am heutigen Tage reizt dann doch zu einem an die CDU gerichteten Zitat als Beginn:
Denn Sie können sich sicher sein, meine Damen und Herren von der CDU, Ihr politischer Kardinalfehler aus der letzten Legislaturperiode mit dem Verkauf des LBK holt Sie auch in dieser Legislaturperiode wieder ein.
Diejenigen von Ihnen, die sich bereits in der letzten Legislaturperiode mit der Privatisierung des Maßregelvollzugs im Rahmen des LBK-Verkaufs inten
siver auseinandergesetzt haben, überrascht es sicherlich nicht, dass dieses Thema heute auf die Tagesordnung zurückrückt. Damals hatte der CDU-Senat die massiven verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Privatisierung des Maßregelvollzugs im Wege der Beleihung an Asklepios noch lapidar mit dem Verweis auf die Praxis anderer Bundesländer und dem Fehlen entgegenstehender verfassungsrechtlicher Rechtsprechung weggewischt. Nun hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof mit Urteil vom 5. Dezember 2008 das niedersächsische Maßregelvollzugsgesetz wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip insoweit für verfassungswidrig erklärt, als Bedienstete privater Krankenhausträger Grundrechtseingriffe vornehmen dürfen, ohne hierzu durch besondere Bestellung einer staatlichen Behörde legitimiert zu sein.
Die Bedeutung des Urteils wird noch deutlicher, wenn man sich die Begründung des Niedersächsischen Maßregelvollzugsgesetzes anschaut. Niedersachsen nahm insoweit für sich in Anspruch, im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders strenge Maßstäbe für eine Aufgabenübertragung aufzustellen, um den genannten verfassungsrechtlichen Bedenken umfassend Rechnung zu tragen. Der Kernbereich der hoheitlichen Eingriffsbefugnisse im Maßregelvollzug müsse, so die Gesetzesbegründung, stets in staatlicher Hand verbleiben. Dem trägt zum einen ein umfassender Vorbehaltskatalog Rechnung und zum anderen die Verpflichtung, den Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung staatlich zu leiten.
Insoweit ist der niedersächsischen Landesregierung zumindest zuzugestehen, dass sie im Gegensatz zu der Hamburger CDU-Regierung die verfassungsrechtliche Brisanz ihres Vorhabens gesehen hat. Schon diesen strengen Voraussetzungen des niedersächsischen Gesetzes genügt das Hamburgische Maßregelvollzugsgesetz nicht und den Anforderungen, die der Niedersächsische Staatsgerichtshof in seinem Urteil nunmehr aufgestellt hat, genügt das Hamburgische Maßregelvollzugsgesetz in keinerlei Hinsicht.
Das Hamburgische Maßregelvollzugsgesetz ist daher erst recht und umso deutlicher verfassungswidrig. Auf unsere Kleine Anfrage im Dezember hat der Senat dann superschlau geantwortet, dass sich das niedersächsische Urteil auf die Rechtslage in Niedersachsen beziehe und keine Auswirkungen auf die Situation in Hamburg habe. Vielen Dank für die Information, aber das Grundgesetz gilt wohl auch in Hamburg. Völlig überraschenderweise hat das Demokratieprinzip auch Eingang in die Hamburgische Verfassung gefunden.
Ich kann nur hoffen, dass der Senat nicht allen Ernstes abwarten will, bis das Hamburgische Verfassungsgericht das hamburgische Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Denn wenn Sie so weitermachen, droht nämlich genau das.
SPD- und auch GAL-Fraktion haben von Beginn an auf die verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten hingewiesen und sich strikt gegen die Übertragung massiver Eingriffsrechte auf den privaten Träger Asklepios gewehrt. Dass sich die damalige CDU-Regierung über diese Bedenken hinweggesetzt hat, mag noch nicht besonders verwundern. Auch beim Ignorieren verfassungsrechtlicher Bedenken von Fachleuten hat sich die CDU durchaus als Wiederholungstäter gezeigt, wenn man sich nur an die massiven Bedenken gegen das CDU-Strafvollzugsgesetz erinnert, das nun Gott sei Dank bald der Vergangenheit angehört.
Darüber hinaus hat der CDU-Senat es aber dann auch noch geschafft, sich über die erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken der eigenen, damals noch CDU-geführten Justizbehörde gegen die Privatisierung des Maßregelvollzugs hinwegzusetzen. Auch wenn die Justizbehörde unter der damaligen CDU-Führung oft genug falsch lag, hat sie hier recht behalten.
Wenn man dem Artikel in "Der Welt" vom 29. Dezember 2008 Glauben schenken will, dann sind zumindest den Rechtspolitikern der CDU mittlerweile auch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Privatisierung des Maßregelvollzugs gekommen. Der einzige, der die Einschläge auch weiterhin nicht mitbekommen hat, ist anscheinend Herr Senator Wersich,
der dann heute auch gleich wieder durch Abwesenheit glänzt. Das wird umso deutlicher, wenn man sich noch die Einlassung seines Pressesprechers in der "Hamburger Morgenpost" vom 8. Dezember zu dem Urteil anschaut, wo Herr Schmidt tatsächlich ausführt:
"'Wir werden prüfen. Aber im Moment gibt es keine Tendenz, diese Aufgabe zurückzuholen.' Schließlich bestünden keine Sicherheitsprobleme."
Soll heißen: Solange es keine Sicherheitsprobleme gibt, ist es der Sozialbehörde völlig egal, ob gegen die Verfassung verstoßen wird. – Herzlichen Glückwunsch.
Man kann nur hoffen, dass es den Rechtspolitikern der CDU bald gelingt, Ihren Senator zur Vernunft zu bringen.
Ah, da kommt er. Magisch angezogen von der Bitte an die CDU-Rechtspolitiker, den Senator zur Vernunft zu bringen, erscheint auch dieser.
Diese Einlassungen der zuständigen Behörde machen aber deutlich, dass offensichtlich alles andere als Einigkeit zwischen den Koalitionspartnern besteht, wie künftig mit dem Maßregelvollzug umzugehen ist. Über dieses Problem kann auch der Koalitionsvertrag nicht hinwegtäuschen, den Frau Heitmann durch das Urteil so freudig bestätigt sah. Denn lassen wir uns den Wortlaut des Koalitionsvertrags insoweit einmal auf der Zunge zergehen. Nicht nur, dass es sich hierbei lediglich um einen Prüfauftrag handelt, dieser lautet auch noch:
Dort steht nicht: "ob" der Maßregelvollzug wieder verstaatlicht wird, sondern "wie". Wie, das kann ich Ihnen direkt sagen: Durch Gesetz.
Jetzt muss es aber erst einmal darum gehen, die gröbsten verfassungswidrigen Schnitzer des CDU-Gesetzes aus der Welt zu schaffen und schnellstmöglich wieder verfassungskonforme Zustände im Hamburger Maßregelvollzug herzustellen. Und genau das beabsichtigt unser heutiger Antrag. Daher fordere ich Sie an dieser Stelle auf, unserem Antrag zuzustimmen, damit aus Ihrem politischen Kardinalfehler des LBK-Verkaufs beim Maßregelvollzug nicht auch noch ein juristisches Desaster wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die grundsätzliche Frage, wer Eingriffe in die Grundrechte von Patienten des Maßregelvollzugs vornehmen darf, hat in der Tat eine hohe Bedeutung. Sie ist deshalb auch Gegenstand des Koalitionsvertrags von CDU und GAL, den die SPD in ihrem Antrag selbst zitiert – und das übrigens bekanntermaßen im Mai, also lange vor der Entscheidung in Niedersachsen. Von daher kommt mit Verlaub Ihr Antrag wirklich ein bisschen spät.
Ob und inwieweit die Entscheidung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs auch in Teilen auf Hamburg Anwendung zu finden hat, ist in der Tat zunächst einmal zu prüfen. Unmittelbare Auswirkungen hat sie nun einmal nicht, denn sie befasst sich mit der niedersächsischen Rechtssituation, die nun einmal anders ist als die Rechtslage in Hamburg.
in der Tat noch nicht beanstandet worden. Es gibt also offensichtlich durchaus unterschiedliche Auffassungen von Verfassungsgerichten. Und die Beleihung Privater mit hoheitlichen Aufgaben wird auch durch die niedersächsische Entscheidung nicht ausgeschlossen. Das ist also durchaus möglich und von daher sicherlich noch einmal Gegenstand einer sinnvollen Prüfung.
Eingriffe in die Rechte von Patienten durch private oder gemeinnützige Krankenhausträger sind auch ansonsten nichts Ungewöhnliches. Es gibt entsprechende Regelungen im Psychiatrie-Gesetz und psychiatrische Betreuung wäre in der Bundesrepublik sonst gar nicht anders möglich.
Noch etwas, liebe Frau Schiedek: Die Entscheidung aus Niedersachsen ist, Sie haben es selber gesagt, gerade einmal vier bis sechs Wochen alt. Die niedersächsischen Kollegen haben Zeit bis Ende 2010, darauf zu reagieren. Hamburg muss deshalb nicht in vorauseilendem Gehorsam die Niedersachsen in ihrer eigenen Entscheidung noch überholen.
Mein Eindruck ist, dass wir es eher mit einer politischen als mit einer juristischen Entscheidung zu tun haben. Die politische Diskussion wollen wir aber mit Ihnen führen. Festzustellen ist in der Tat auch, dass die Belegungszahlen im Maßregelvollzug in ganz Deutschland in allen Bundesländern erheblich steigen. In den letzten 20 Jahren haben sie sich verdoppelt. Das gilt sowohl für die Gründe nach Paragraf 63 als auch für die nach Paragraf 64 StGB und in Hamburg haben wir derzeit in Haus 18 im Klinikum Nord Ochsenzoll und in den anderen Stationen rund 240 Patienten. Das macht deutlich, dass es in der Tat ein Thema ist, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Hamburg hat übrigens 2006, also schon zu Zeiten des privaten Krankenhausträgers, noch einmal erheblich in den Bereich der forensischen Psychiatrie investiert.
Diese Zahlen machen die Relevanz des Themas deutlich, aber auch dass es neben der juristischen Frage und der politischen Diskussion ebenso eine therapeutische und eine Sicherheits-Dimension hat. Tatsache ist, dass bei gestiegenen Patientenzahlen seit der Teilprivatisierung des LBK es nicht zu einem einzigen Ausbruch in Hamburg gekommen ist.
Entweichungen, also zum Beispiel bei Freigängen und Ähnlichem, haben etwa 10 Prozent dessen ausgemacht, was man anhand von Erfahrungswerten anderer Bundesländer hätte vermuten können. Die Sicherheit als gleichrangiges Ziel neben der medizinischen Versorgung im Maßregelvollzug ist also in der heutigen Rechtsform ganz eindeutig gewährt, liebe Kollegin Schiedek.
Auch der letzte Bericht der Aufsichtskommission für den Maßregelvollzug ergibt keinerlei Hinweise darauf, dass es zu Einschränkungen oder Beschränkungen der Patienten gekommen ist durch die jetzige Rechtslage. Private Krankenhausträger im Maßregelvollzug sind in Deutschland nichts Ungewöhnliches mehr. Es gibt mittlerweile solche Konstruktionen in der Hälfte der Bundesländer. 2000 hat Sachsen-Anhalt damit begonnen, dann folgten Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Schleswig-Holstein, 2005 dann erst Hamburg – Brandenburg und Niedersachsen sind gefolgt. Darunter waren und sind SPD-geführte Länder, wenn ich das richtig sehe. Hamburg ist also in prominenter Gesellschaft.
Auch beim alten Landesbetrieb Krankenhäuser vor der Teilprivatisierung waren es – also zu SPD-Zeiten – keine verbeamteten Krankenschwestern und -pfleger, die dort gearbeitet haben, sondern Mitarbeiter des LBK. Die Frage, wer in die Rechte von Patienten im Maßregelvollzug eingreifen darf, ist also zu SPD-Zeiten offensichtlich ganz anders behandelt worden als heute. Ihr juristisches Gewissen, liebe Frau Schiedek, plagt Sie ein bisschen spät.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf ein paar andere Tatsachen lenken. Erstens: Die Behandlungsdauer, also die Verweildauer im Maßregelvollzug, die nicht vom Krankenhaus, sondern – wie Sie wissen – von Richtern festgelegt wird, konnte seit der Teilprivatisierung in Hamburg verkürzt werden. Das heißt, die Menschen konnten früher wieder entlassen werden. Die Entlassungen nach Paragraf 63 oder 64 StGB sind häufiger möglich geworden. Mehr Menschen sind aus dem Maßregelvollzug entlassen worden. Auch diese Entscheidungen treffen, wie Sie wissen, nicht das Krankenhaus oder der LBK, sondern die Richter.
Die Zahl der meldepflichtigen Ereignisse, also der besonderen Vorkommnisse im Maßregelvollzug, hat sich seitdem halbiert. Das heißt, ganz offensichtlich ist es so, dass der therapeutische Ansatz bei diesem privaten Krankenhausträger außerordentlich erfolgreich ist und auch weiterhin erfolgreich sein wird. Bei der Gelegenheit würde ich gerne meinen Dank und meine Anerkennung an die Mitarbeiter in dieser wirklich nicht einfachen Arbeitssituation aussprechen.
Wo wir schon bei Mitarbeitern sind – hören Sie genau zu: Seit wir privatisiert haben, hat die Zahl der Mitarbeiter im Maßregelvollzug um 16 Prozent zugenommen. Das heißt, der private Träger hat 16 Prozent mehr Mitarbeiter eingesetzt und gleichzeitig die Kosten, die von der Stadt Hamburg ge