Protocol of the Session on December 11, 2008

(Senatorin Anja Hajduk)

wenn etwas Neues entsteht, und dabei auch den Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort erkennt. – Schönen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 19/1634 Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zu Punkt 19 der Tagesordnung, der Senatsmitteilung: UmweltPartnerschaft Hamburg Arbeitsprogramm 2008-2013.

[Senatsmitteilung: UmweltPartnerschaft Hamburg Arbeitsprogramm 2008-2013 – Drs 19/1631 –]

Hier sind die Fraktionen übereingekommen, auf eine Debatte zu verzichten. Deshalb kommen wir unverzüglich zum Überweisungswunsch.

Wer einer Überweisung der Drucksache 19/1631 an den Umweltausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist angenommen.

Wir kommen zum Punkt 8 der Tagesordnung, der Großen Anfrage der SPD-Fraktion: Schulschwänzen, Schulverweigerung – hat Hamburg die Probleme im Griff?

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Schulschwänzen, Schulverweigerung – hat Hamburg die Probleme im Griff? – Drs 19/1040 –]

mit dem Antrag der SPD-Fraktion: Schulschwänzen ernst nehmen – Dunkelfeld aufhellen – Transparenz schaffen durch externe Evaluation.

[Antrag der Fraktion der SPD: Schulschwänzen ernst nehmen – Dunkelfeld aufhellen – Transparenz schaffen durch externe Evaluation – Drs 19/1591 –]

Beide Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Schulausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Rabe, bitte.

Sie hatten wohl gedacht, dass Sie um das Thema herumkommen, weil, wenn wir die Schulen sanieren – das haben wir schon gehört –,

(Olaf Böttger CDU: Wir wollen zur Bischö- fin!)

wird das Wetter besser und dann wird sich sicherlich auch die Schulschwänzerquote verbessern. Aber wir wollen gleich anfangen. Wir machen es auch nicht so lange.

Erstens: Die PISA-Studie zeigt, dass Hamburg stärker als andere Bundesländer mit einer großen Zahl von Bildungsverlierern zu kämpfen hat.

(Wolfgang Beuß CDU: Wo sind Ihre Leute eigentlich, Herr Rabe?)

Über 25 Prozent der Hamburger Schüler bleiben mit 15 Jahren knapp unter der niedrigsten Leistungsstufe der PISA-Untersuchung oder erreichen sie nur knapp. Wer etwas für Chancengleichheit und Bildung in unserer Stadt tun will, der muss diesen Schülern Wege zu einer besseren Bildung eröffnen. Eine von vielen Maßnahmen ist der Kampf gegen das Schulschwänzen. Zahlreiche Studien belegen: Wer die Schule schwänzt, gerät in Schwierigkeiten, lässt in der Leistung nach, macht schlechte Abschlüsse oder bricht sogar die Schule ab.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist ja eine richti- ge Binsenweisheit!)

Eine Studie zeigt: Je niedriger der Bildungsgang ist, desto höher sind die Schwänzerquoten. Insofern ist für uns klar: Wenn wir diesen Schülern einen Weg zu einer besseren Bildung weisen wollen, dann ist es wichtig, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Um wirksame Maßnahmen zu entwickeln, brauchen wir allerdings eine vernünftige Analyse und dazu zählen auch Zahlen. Als sicher gilt: Besonders häufig schwänzen Schüler in den Klassen 7, 8 und 9. Massives Schulschwänzen betrifft circa 15 Prozent der Jugendlichen. Das würde für Hamburg übrigens bedeuten, dass von den 223 000 Schülerinnen und Schülern der staatlichen Schulen jedes Jahr 34 000 massiv die Schule schwänzen.

Die SPD hat mit einer Großen Anfrage den Versuch unternommen, Licht in dieses Thema zu bringen. Ziel ist es, mit Hilfe einer Analyse Maßnahmen zu entwickeln. Ich räume ehrlich ein: Dieser Versuch ist fürs Erste gründlich schiefgegangen. Das ist eigentlich sehr verwunderlich, aber tatsächlich gibt es in der Schulpolitik zum Thema Schwänzen in Hamburg kaum belastbare Daten. Das ist deshalb verwunderlich, weil schon seit über zehn Jahren die sogenannte empirische Wende in der Schulpolitik zu lauter Tests geführt hat, wir kennen sie alle: IGLU, LAU, PISA, TIMSS. Schultests gehören seit mehr als zehn Jahren zum Standard. So dokumentieren wir sauber Schulerfolg und auch misserfolg, doch über die Ursachen wissen wir leider viel zu wenig. Das muss sich unserer Meinung nach dringend ändern.

(Glocke)

(Senatorin Anja Hajduk)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Herr Rabe, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gwosdz?

– Aber gerne.

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Herr Gwosdz, Sie haben das Wort.

Es ist auch eine ganz kurze Frage. Ich wollte nur Ihre Definition von massivem Schulschwänzen wissen. Wie definieren Sie massives Schulschwänzen?

– Das ist nicht meine Definition, sondern das ist die Definition der wissenschaftlichen Studien. Sie betrifft die Zahl der geschwänzten Tage. Ab fünf Tagen pro Halbjahr gilt massives Schulschwänzen und das ist die Basis für die 15-Prozent-Zahl.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)

Deshalb müssen wir jetzt dringend mit der Ursachenforschung für unseren Bildungsnotstand beginnen und dafür reichen die bisherigen Daten der Schulbehörde nicht aus. Denn ich sagte bereits, dass man eigentlich nach den Statistiken rund 36 000 Schulschwänzer in Hamburg erwartet. Laut unserer Anfrage sind REBUS nur 1869 im letzten Schuljahr und 1388 in diesem Schuljahr gemeldet worden. Das sind vermutlich nur 7 Prozent. Nun muss man allerdings auch einräumen, dass REBUS nur die Fälle gemeldet werden, bei denen innerhalb von vier Wochen die Lehrer vor Ort keine Lösung des Problems erreicht haben. Dennoch ist die Diskrepanz dieser Zahlen sehr auffällig.

Die Schulbehörde kann auch keine Angaben darüber machen, wie viele Schülerinnen und Schüler mehr als drei Tage Unterricht in einem Monat versäumt haben. Auch liegen keine Daten vor über die Hausbesuche, obwohl diese Hausbesuche der Lehrerinnen und Lehrer stattfinden sollen bei Schulpflichtverletzungen. Für dieses schwierige Thema ist insofern die Datenlage erstaunlich dünn. Auf 19 Fragekomplexe der SPD gab es in der Antwort auf unsere Große Anfrage 16 Mal die Antwort:

"Die zur Beantwortung benötigten Daten werden statistisch nicht erfasst."

(Zuruf von der SPD: Unglaublich! – Wolf- gang Beuß CDU: Das ist nun einmal so!)

In den anderen Fällen präsentiert der Senat Statistiken, die unserer Meinung nach seltsam sind. Ich will ein paar Beispiele nennen: Die Zahl der Schulschwänzer verteilt sich ganz ungewöhnlich über das Stadtgebiet. Besonders betroffen scheint der Stadtteil Bergedorf zu sein, muss ich mit Schmunzeln sagen.

(Zurufe von der SPD und Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)

Kurz zu den Zahlen: Im Jahr 2007 wurde 28 Mal in Bergedorf wegen Schulschwänzens ein Bußgeld verhängt, das ist nicht wenig. In Billstedt scheint Schulschwänzen überhaupt kein Problem zu sein, dort gibt es nur sechs Bußgelder, in Osdorf nur zwei. Man fragt sich schon, ob in diesen Stadtteilen wirklich alles in Ordnung ist.

(Wolfgang Beuß CDU: Die Leute haben kein Geld, Herr Rabe!)

209 Mal wurde im Schuljahr 2006 in Bergedorf wegen Schulschwänzens REBUS eingeschaltet, in Wilhelmsburg nur 64 Mal. Wilhelmsburg hat damit übrigens den zweitniedrigsten Schwänzermeldeanteil in ganz Hamburg von allen Stadtteilen. Da reibt man sich verwundert die Augen und fragt: Können diese Zahlen stimmen?

Ich glaube, sie stimmen, das ist richtig. Aber sie spiegeln ein falsches Bild wider. Die Vermutung liegt nahe, dass in den Stadtteilen Schulschwänzen schlicht unterschiedlich angezeigt wird. Deswegen lautet die Bilanz unserer Großen Anfrage: Der Senat und die Schulbehörde sind durchaus bemüht, man kann es an vielen Punkten erkennen. Wer die Große Anfrage richtig gelesen hat, stellt manchmal mit Betroffenheit fest, mit welch großen Problemen Schulbeamte und Lehrer zu kämpfen haben. Aber man muss auf der anderen Seite nüchtern sagen: Für ein vernünftiges Konzept reicht diese Datenlage wirklich hinten und vorne nicht aus. Deswegen schlagen wir vor, dass der Senat aufgefordert wird, zu diesem Thema zügig sicherzustellen, dass die Schulbehörde und alle Fachabteilungen gemeinsam mit den Schulen einen vollständigen Überblick über das Schulschwänzen erarbeiten. Zudem halten wir es für sinnvoll, darüber nachzudenken, ob eine externe Untersuchung zu diesem Thema uns vielleicht weiterbringen könnte.

Ich habe darauf verzichtet, die Schulbehörde mit großem Radau anzuprangern, weil ich das Thema für wichtig halte und es sehr wohlwollend gesehen habe, dass Sie bereit sind, über diesen Antrag und die Große Anfrage im Schulausschuss zu sprechen.

(Vizepräsidentin Nebahat Güclü übernimmt den Vorsitz.)

Wir sollten das dringend tun, denn das Thema Schulschwänzen hat eine direkte Verbindungslinie zum Thema Schulversagen und zu Schulproblemen bei den vielen schwierigen Schülern, die es in Hamburg gibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Freistedt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist wichtig, dass wir das Thema Schulabsentismus in der Bürgerschaft in erster Linie unter pädagogischen und nicht unter politischen Vorzeichen besprechen wollen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich begrüße, dass wir eben in der Rede keine parteitaktisch formulierten Worte gehört haben und es auch keinen Angriff auf die Politik gegeben hat. Denn hohe Fehlzeiten sind – um das einmal deutlich zu sagen – nicht ein Problem, das erst in den letzten Jahren entstanden ist, sondern wir wissen seit zweieinhalb Jahrzehnten, dass es in Hamburg in dem Bereich Probleme gibt.

(Beifall bei Wolfgang Beuß CDU)

Es sind die letzten Regierungen der CDU-Senate gewesen, die sich verstärkt den Fragen und Lösungen dieser krisenhaften Erscheinungen gewidmet haben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)