Protocol of the Session on December 10, 2008

Drittens: Wir haben im Haushalt 2008, Herr Hesse, Investitionsreste in mehr als dreistelliger Millionenhöhe. Diese Reste müssen beispielsweise in diesen Maßnahmen schnellstens umgesetzt werden.

Viertens: Bei anderen Maßnahmen müssen wir schneller planen, damit dies mit erheblicher Wirkung dann umgesetzt werden kann. Dabei geht es auch darum, und das ist wichtig, die Baubürokratie wo möglich und wo auch nötig zurückzuschneiden. Ziel ist es also, die Investitionen schlichtweg vorzuziehen, aber bitte, verzeihen Sie diesen Hinweis, nicht so kopflos, nicht so überstürzt wie bei der Elbphilharmonie.

(Beifall bei der SPD)

Fünftens: Darüber hinaus kann man auch in Hamburg noch erheblich mehr für die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes tun. Sie haben gestern Ihre Vorstellungen präsentiert. Auch wir haben unseren Masterplan Klimaschutz in dem Bereich vorgestellt. Da kann man viele Dinge herausziehen, die Vorbild für eine konjunkturelle Wirkung, für eine Investitionstätigkeit sein können. Die Anreize für viele Vermieterinnen und Vermieter sind noch zu gering, da sie selbst meist keinen Erfolg und keinen Vorteil daraus ziehen. Dazu kann Herr Hesse vielleicht aus seiner Erfahrung etwas beitragen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Haben wir doch!)

In jedem Fall tritt aber bei energetischer Sanierung eine wesentliche Entlastung der Mieterinnen und Mieter ein.

Sechstens: Die energetische Sanierung ist aber auch im öffentlichen Bereich notwendig bei Universitätsbauten, egal wo die Universität saniert wird oder zum Teil neu erstellt wird, in Schulen, Kindergärten oder Bürgerhäusern. Auch hier muss die Stadt die im Klimaschutzprogramm vorgesehenen Maßnahmen vorziehen beziehungsweise beschleunigen.

Siebtens: Man muss neben dem Bau auch anderen Bereichen Impulse geben. Es kann nicht nur in Steine investiert werden, es muss auch in die Köpfe investiert werden und deshalb sind Existenzgründungen im Bereich der Medienwirtschaft, der Forschung und vor allen Dingen bei der Umsetzung von Ideen und Forschungsergebnissen von Produkten der Vorrang zu geben. Dabei kann ausdrücklich, auch wenn das im Moment wahrscheinlich nicht sehr modern ist, eine Hamburger Investitionsbank helfen, die günstige, staatlich geförderte Mittel unmittelbar an den Mittelstand, das Handwerk, an Bauherren und Existenzgründer gibt, denn wir haben im Moment durch die Bankenkrise das Problem, dass viele Unternehmen nicht mehr das Kapital bekommen, was sie zum Betrieb oder zum Ausbau ihrer Unternehmen dringend benötigen.

Achtens: Die öffentlichen Wohnungs- und Immobilienunternehmen verfügen in ihren Gewerbeimmobilien ebenfalls über einen Fundus, der unter der Überschrift "Kreativimmobilien" gerade für Unternehmensgründungen wirtschafts-, arbeitsmarktund stadtteilpolitisch eingesetzt werden muss. Hier müssen zu günstigen Konditionen bisher nicht genutzte Gewerbeflächen solchen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, damit dort investiert wird und Arbeitsplätze entstehen.

Neuntens: Auch unabhängig von der gegenwärtigen Konjunktur brauchen wir einen Masterplan Wohnungsbau, insbesondere bei den stadteigenen Wohnungsgesellschaften, die ihren Neubau faktisch in den letzten Jahren eingestellt haben.

Zehntens: Dazu ist ein Flächenmanagement notwendig, das ausreichend Grundstücke zur Verfügung stellt und diese eben nicht nach dem Höchstgebotsverfahren vergibt, denn hohe Veräußerungserlöse dürfen die Bautätigkeit unserer Stadt nicht weiter verhindern.

Elftens: In Hamburg werden viele Großvorhaben des Bundes realisiert. Das ist gut, da haben die Große Koalition und der Minister Gutes auch für Hamburg getan. Aber auch hier müssen die Auftragsvergaben in solchen Losen erfolgen, dass sich möglichst viele kleine und mittlere Hamburger Unternehmen erfolgreich bei der Umsetzung beteiligen können.

Zwölftens: Wir schlagen im Bereich der Anpassung des Hamburger Wohnraums an den demografischen Wandel vor, ein Förderprogramm zur Schaf

fung von Barrierefreiheit von Wohnungen und Häusern aufzulegen.

All diese genannten Maßnahmen müssen natürlich mit den Akteuren der Wirtschaft und des Arbeitsmarkts koordiniert werden. Da reicht es nicht, allein Beschlüsse in der Bürgerschaft zu fassen. Konjunkturpolitik ist auch zu einem großen Teil Psychologie und die Investitionsstimmung muss in unserer Stadt dringend verbessert werden. Die Investoren brauchen dazu das Grundfundament und das heißt Sicherheit. Da sage ich auch sehr kritisch zu den Entscheidungen des schwarz-grünen Senats der letzten Monate, dass nicht erst Zusagen gemacht werden können, die dann geradezu willkürlich zurückgezogen werden. Hier muss Verlässlichkeit und Investitionssicherheit oberstes Gebot sein, Verlässlichkeit in den klaren Ansagen, ob solche Investoren in Hamburg überhaupt gewollt oder nicht gewollt werden,

(Beifall bei der SPD)

das heißt, ein klares Bekenntnis bei der Verlässlichkeit für Investoren, aber auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denn die aufziehende Rezession wird den Kostendruck auf Unternehmen und damit auf die Löhne erheblich erhöhen. Durch die Schaffung – auch wenn viele von Ihnen jetzt wieder aufjaulen werden, mancher vielleicht auch dadurch wach wird – von Mindestlöhnen muss dieser Wettbewerb nach unten aufgehalten werden. Das ist eine Forderung, die gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation wichtiger und notwendiger denn je ist.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb muss auch im Wettbewerb der Regionen, um einen signifikanten Beschäftigungseffekt zu erreichen und damit Arbeitsplätze der regionalen Betriebe in Hamburg und um Hamburg zu sichern und zu schaffen, bei der Auftragsvergabe der Stadt und bei den öffentlichen Unternehmen der Stadt die Maßgabe Mindestlohn durchgesetzt und ein Ausschreibungskriterium werden. Da geht die Bürgerschaft leider den falschen Weg, was das Sicherheitspersonal in diesem Hause angeht.

(Beifall bei der SPD)

Nun geht es bei all diesen Vorschlägen, die ich gemacht habe, nicht darum, recht zu haben oder recht zu bekommen, sondern es geht darum, konkrete Vorschläge zu machen, welchen Beitrag wir in Hamburg zur Überwindung der Krise leisten können.

(Viviane Spethmann CDU: Nur Sozialdemo- kraten?)

Nein, Frau Spethmann, erstens gehören Sie der Sozialdemokratie nicht an, ich weiß nicht, welches Entwicklungspotenzial Sie noch haben, aber es geht mir ausdrücklich nicht um eine parteipolitische

Kiste. Das ist für Sie vielleicht die einfachste Art, ernstgemeinte Vorschläge so billig abzukanzeln.

(Wolfgang Beuß CDU: Ach, Herr Neumann, fassen Sie sich doch an die eigene Nase!)

Mir geht es wirklich darum, gemeinsame Vorschläge zu machen. Die habe ich hier für die Sozialdemokratie formuliert und vorgeschlagen. Nun fordere ich Sie auf – ich kann Sie auch bitten, wenn der Tenor Ihnen besser gefällt, Frau Spethmann –, einfach Ihre Vorschläge daneben zu legen und gemeinsam mit den Gewerkschaften, mit der Handelskammer, mit den Handwerkskammern, mit den Verbänden darum zu ringen, ein wirkliches Investitionsprogramm für Hamburg auf die Beine zu stellen, das wirkt und nicht im parteipolitischen Kleinklein in Ihrem Stil schon wieder zerredet wird; das ist mein Appell.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe, dass wir es schaffen – auch durch die zugesagte Überweisung, über die ich mich sehr gefreut habe, es ist ja nicht die Regel, dass wir mit diesen gemachten Vorschlägen im Wirtschaftsausschuss zu einer vernünftigen Diskussion kommen –, mit den Vorschlägen, die der Senat unterbreiten wird, die es vielleicht auch vom Koalitionspartner dazu geben wird, ein Paket zu schnüren, denn bei dieser Diskussion – das sage ich jetzt noch einmal – geht es nicht um ein politisches Kleinklein, sondern es geht darum, in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation in Hamburg den Schulterschluss hinzubekommen und es zu schaffen, mit den geeigneten Maßnahmen, solide finanziert, einen Ausweg aus dieser Krise, zumindest in Hamburg, zu weisen. Da stehen wir in der Verantwortung gegenüber der Stadt, aber auch gegenüber den Menschen in dieser Stadt. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Wort bekommt Herr Kruse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Neumann, ich freue mich sehr, dass Sie eine Rede gehalten haben, bei der man auch als Regierungsfraktion sehr viel mit unterschreiben kann.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Auch Ihre Schlussworte, an die wir Sie erinnern werden, dass Sie gemeinsam mit uns alles tun wollen, um diese Krise für unsere Stadt gut zu überwinden, haben mich optimistisch gemacht, dass wir jetzt nicht in Kleinkleingezänk abgleiten.

Um nicht das zu wiederholen, was Sie an Einschätzungen vorgenommen haben, wo wir uns sicherlich auch ähneln, will ich einmal das aufgreifen, was Sie auch so ein bisschen ironisch sagten,

aber das belebt die Debatte. Sie haben zwei Senatoren angesprochen, eine jetzige und einen früheren. Das eine waren die japanischen Kleinwagen. Da kann man noch sagen, vielleicht ist es konjunkturpolitisch ein ganz guter Beitrag, wenn man die deutschen Autobauer einmal aus ihrer Lethargie aufweckt und etwas provoziert. Es war sicherlich provozierend, das so zu machen, die Reaktion ist zumindest da. Die großen deutschen Autobauer reden plötzlich alle über Verbrauch und stellen ihre CO2-niedrigen Autos in den Vordergrund. Von daher, Frau Hajduk, haben Sie es richtig gemacht.

(Andy Grote SPD: Das hat Frau Hajduk ge- macht? – Beifall bei Jens Kerstan GAL)

Ja, das war die Kritik in die Richtung.

Zum anderen haben Sie vom Optimismus von Gunnar Uldall gesprochen. Seien Sie sicher, dass sich dies in heutiger Zeit sicherlich anders anhören würde, aber es wäre immer ein Ausdruck großer Hoffnung. Wenn man 15 Prozent Wachstum im Hamburger Hafen hat und in dieser Republik das einzige Bundesland ist, das in dieser Geschwindigkeit neue Arbeitsplätze schafft, dann darf man auch stolz darauf sein, dann darf man das nach vorne tragen und auch optimistisch sein.

(Beifall bei der CDU und bei Antje Möller GAL)

Diese Hamburger Sonderkonjunktur, die wir natürlich auch verantworten und, wie Sie auch gesagt haben, gerne verantworten, macht uns Hoffnungen, dass wir in dieser Krise etwas besser dastehen und diese Krise besser meistern können als andere. Das ist zum Beispiel daran zu erkennen, dass unsere Haushaltspolitik nicht perfekt,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt!)

aber sehr gut ist. Dieses sehr Gute hilft uns natürlich auch in Zeiten der Krise, denn man muss auch Möglichkeiten haben, überhaupt an Konjunkturprogramme denken zu können. Diese Möglichkeiten haben wir und wir freuen uns, dass Sie heute sagen, es wäre gut, Haushaltsreste zu verwerten, auch wenn Sie in der Haushaltsdebatte kritisiert haben, dass wir globale Minderausgaben ansetzten und diese mit den Resten finanzieren wollten. Das ist in Ordnung, das darf man heute mal anders sehen.

Das von Ihnen vorgelegte Programm ist so allgemein, dass man sich darüber freuen kann. Wenn Sie sich mal mit Hundehaltern unterhalten, dann sind das oft Menschen, die das machen, weil Hunde genau das tun, was sie wollen. Es gibt aber eine Hundesorte, die das nicht tut, das sind die Beagles, die gelten als schwer erziehbar. Mir hat einmal jemand erzählt, der Trick bei Beagles sei es zu erraten, was sie gleich machen wollen, damit man es ihnen jetzt befiehlt. Also wenn man merkt, dass der Hund müde ist, dann sagt man rechtzeitig

(Michael Neumann)

"platz" und alle sind beeindruckt: Oh Gott, ein Beagle, und der gehorcht. So ist das mit Ihnen und unserem Senat. Sie versuchen zu erahnen, was der Senat als nächstes macht

(Ingo Egloff SPD: Das ist der Beagle! – Dr. Andreas Dressel SPD: Sind Sie auf den Hund gekommen?)

und dann schlagen Sie es vor. Das ist natürlich eine großartige Idee. Wir sind überrascht, dass Sie einer Regierungskoalition, die den Klimaschutz recht weit nach vorne geschrieben hat, jetzt sagen, mach' mal etwas bei der Gebäudesanierung. Es ist klar, dass Sie da richtig liegen. Diesmal schießen Sie nicht bloß mit Schrot im Nebel, sondern Sie treffen auch. Sie haben recht, das wird ein Punkt sein, bei dem wir etwas tun werden.

Sie haben auch recht in der Analyse, dass es auf den Mittelstand ankomme. Es freut uns, dass Sie das so sehen. Insofern haben Sie da natürlich auch einen Treffer gelandet. Natürlich werden wir sehen, wie wir den Mittelstand stärken können. Das Hauptproblem der Krise sind die nicht vorhandenen Kapitalmengen. Wir werden nicht heute mit Ihnen mal eben eine neue Bank aufmachen. Wir beide wissen, dass Banken eine Geschichte sind, wo man inzwischen drei- bis viermal überlegen muss, was man macht.

Aber wir werden dafür sorgen, dass die innovativen Hamburger Unternehmen, dass die Existenzgründer weiterhin über Kapital verfügen, damit sie ihre Ideen umsetzen können und eine neue Konjunktur entstehen kann. Dafür gibt es Mittel und Wege, ich nenne nur die Bürgschaften als bewährtes Prinzip.

Wir werden das von Ihnen vorausgeahnte Programm des Senats – so ganz haben Sie es nicht getroffen, es ist etwas umfangreicher und auch etwas genauer und darauf kommt es an – im Ausschuss gemeinsam diskutieren und ich hoffe, dass Sie dann diesem Programm genauso in weiten Teilen zustimmen werden, wie ich Ihrer Rede auch in weiten Teilen folgen konnte. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der GAL)