Protocol of the Session on November 20, 2008

Nach Ihrem letzten Runden Tisch hat es eine Pressekonferenz und eine Pressemitteilung der Innenbehörde gegeben und wissen Sie, was darin stand: dreimal "prüfen", einmal "soll" und einmal "fortsetzen" und es stand auch einmal "wird" drin. Dieses "wird" bezog sich auf den Bezirk Hamburg-Mitte. Insofern brauchen Sie darauf Ihr Interesse nicht zu richten.

Dann noch ein Wort zu Frau Möller, es müsse mehr für die Prävention getan werden. Da wäre ein naheliegender Ansatz, sich die offene Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk Hamburg-Mitte anzuschauen, die der Senat seit Jahren kürzt und dem auch die Straßensozialarbeit auf der Reeperbahn zum Opfer gefallen ist. Diese Kürzung wird unter diesem Senat mit GAL-Beteiligung fortgesetzt, Frau Möller.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN – Wolfgang Beuß CDU: Kommen Sie mal zum Thema!)

Wenn ich höre, dass das Verbot oder die freiwillige Selbstverpflichtung wirkt, dann lade ich alle, die das behaupten, gerne einmal ein, sich am Wochenende real vor Ort aufzuhalten, aber nicht so, wie der Innensenator, der bei einem Kiezbummel am Wochenende zusammen mit der halben Polizeiführung, nachdem er die halbe Nacht dort verbracht hat, feststellt

(Wolfgang Beuß CDU: Der kümmert sich wenigstens!)

ja, und wie –, dass eigentlich alles ganz dufte ist, während um ihn herum die Mannschaft der Davidwache das blutigste Wochenende seit langem erlebt. Das ist die Realität, in der Sie leben.

(Beifall bei der SPD)

Kurzum: Die Zeit der Ankündigungen ist vorbei. Sie tragen Verantwortung für die Kiezbesucher, die jedes Wochenende dieser Gefahr ausgesetzt sind und ich hoffe, dass wir nicht erst wieder schwere und schwerste Verletzungen wie im Fall Nico Frommann erleben müssen, bevor Sie endlich handeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Dann gebe ich das Wort dem Abgeordneten Voet van Vormizeele.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kollegen! Das war ja ganz großes Kaliber, Herr Grote. Wir sind alle tief beeindruckt und ich will auch gleich Ihre Ansätze beantworten. Sie sagten, wir wollen Zahlen haben; gerne, Herr Grote. Ich will ich Ihnen gern einmal vorlesen, was wir seit Beginn dieses Jahres haben: 12 662 überprüfte Personen, 3 139 Platzverweise, 619 Ingewahrsamnahmen, 356 Festnahmen. Das sind die Zahlen und das zeigt, dass dieser Senat sich diesem Problem mehr als angenommen hat, und zwar erfolgreich angenommen hat.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Wo ist das Ergebnis?)

Wer behauptet, dass auf dem Kiez nichts passiere, der verachtet schlichtweg die Realitäten.

(Michael Neumann SPD: Da passiert zu viel!)

Wir haben momentan die größte Polizeidichte in ganz Deutschland Wochenende für Wochenende auf dem Kiez, und zwar seit längerer Zeit. Davon haben Sie all die Jahre, als Sie an der Regierung waren, geträumt. Wir setzen das um, wir handeln und Sie nicht.

(Beifall bei der CDU)

Dann wollen wir einmal zu dem kommen, was Herr Grote eben als Erfolgsgeschichte dargestellt hat, nämlich das Handeln des Bezirks Hamburg-Mitte; das ist sehr beeindruckend. Wir haben zurzeit eine freiwillige Selbstbeschränkung hinsichtlich des Verkaufs von Alkoholika vereinbart. Natürlich muss man das überprüfen und dafür ist der BOD vorgesehen. Herr Schreiber sagt mit einem Mal, kein Problem, ich bekomme demnächst 15 Stellen mehr und dann geht es los. Da könnte man den Eindruck gewinnen, der arme Bezirk Hamburg-Mitte habe überhaupt keine BOD-Stellen. Soll ich einmal vorlesen, wie viele der Bezirk hat: Im Bereich BOD 22, der nächst größere Bezirk hat zwölf. Wenn Sie die restlichen Außendienstmitarbeiter, über die Herr Schreiber verfügt, dazurechnen, hat allein der Bezirk Hamburg-Mitte 47 Stellen, um solche Kontrollen durchzuführen. Was macht er an Kontrolle: null Komma nichts. Nicht ein einziger Mitarbeiter von Herrn Schreiber kontrolliert das, was gemein

(Andy Grote)

sam vereinbart worden ist. Das ist das, was Sie tun, nämlich gar nichts.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Der Senat widmet dieser Fläche ausgesprochen hohe Aufmerksamkeit. Wir haben Polizei dort eingesetzt, wo es sinnvoll ist, aber ich sage auch ganz deutlich: Es ist und bleibt ein Vergnügungsviertel. Wir haben nicht vor, hinter jeden Besucher auf dem Kiez künftig einen Polizeibeamten zu stellen. Das wollen wir nicht und das werden wir auch nicht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dafür haben wir ja auch gar kein Geld mehr!)

Wir haben reichlich Polizisten, die das hervorragend können.

Verehrter Kollege Dressel, Sie sollten einmal die Gelegenheit wahrnehmen, den Beamtinnen und Beamten, die Wochenende für Wochenende dort stehen und ihren Dienst verrichten, ein Dankeschön zu sagen; das tun Sie nicht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist denn Ihr Dankeschön? Dass Sie dort streichen, oder was?)

Sie sind diejenigen, die Kritik üben, sorgen aber nicht dafür, dass diese Beamten, die einen schweren Dienst machen und Wochenende für Wochenende dort ihr Leben und ihre Gesundheit riskieren, von Ihnen in irgendeiner Form Anerkennung bekommen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Von uns bekommen sie Anerken- nung!)

Sie würdigen die Arbeit dieser Polizei auch noch herab und das machen wir nicht mit.

Wir werden das Konzept, das wir auf dem Kiez begonnen haben, fortsetzen. Dazu gehört auch, weiterhin kritisch zu beobachten, ob das vereinbarte freiwillige Beschränkungsverbot bei Alkoholika wirkt. Wenn es nicht wirken sollte – dazu gehört auch, dass der Bezirk Hamburg-Mitte endlich einmal anfängt, seine Leistungen und seine Pflicht zu erbringen –, dann werden wir gemeinsam überlegen müssen, ob wir mit weiteren, auch gesetzlichen Verordnungsmaßnahmen, voranschreiten müssen.

Wir setzen ausdrücklich auf die Mitarbeit derjenigen, die, wie Frau Möller gesagt hat, auch Geld verdienen und ein Stückchen Mitverantwortung tragen. Aber der Glaube, mit mehr Polizisten oder Ähnlichem dort eine Zone der Glückseligkeit hervorrufen zu können, ist schlichtweg naiv, Herr Grote. Herr Dr. Dressel, wir werden dieses Problem weiterhin so behandeln, wie wir es bisher behandelt haben, nämlich erfolgreich und direkt und da müssen Sie erst einmal hinkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Farid Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eben ist von der Opposition die Bemerkung gefallen, man wäre nicht so sicher, ob wir alle das gleiche St. Pauli meinten. Ich sage dazu nur: Es gibt nur ein St. Pauli in Deutschland.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir sollten uns einmal das anschauen, wo die Sozialdemokraten meinen, wir müssten sofort handeln. Der Kollege Voet van Vormizeele hat eben schon etwas zum Glasflaschenverbot gesagt, was von der SPD vehement gefordert wird; darüber wird ja nachgedacht.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wie lange denn noch?)

Ich sage Ihnen auch warum, hören Sie doch einmal zu.

Wenn man über Realitäten in St. Pauli spricht, dann muss man sich einmal anschauen, was das denn heißt. Bisher reden wir über einen freiwilligen Verzicht des Verkaufs an Tankstellen, Kiosken und Imbissen. Wenn wir was gesetzlich regeln wollen, dann bedeutet das auch ein Glasflaschenverbot für die Kneipen, denn da werden zum Beispiel Bierflaschen verkauft.

(Michael Neumann SPD: Silbersack zum Beispiel!)

Genau, im Silbersack.

Und wir müssen ganz genau gucken, ob wir wollen, dass in den Kneipen keine Bierflaschen mehr über den Tisch gehen; diese Frage wird zurzeit geprüft. Das wäre meiner Ansicht nach ein Stück weit weniger St. Pauli, denn viele Kneipen haben überhaupt keine Zapfsäulen. Was sollen die dann ausgeben? Es haben auch nicht alle Bierhersteller Plastikflaschen. Man muss darüber nachdenken, ob sich das in dieser Stadt ohne Weiteres gesetzlich regeln lässt. Nein, ist es nicht. Da muss man sich Gedanken machen, was das in der Realität bedeuten würde.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das heißt nicht, dass wir nicht darüber nachdächten, was wäre, würde der freiwillige Verzicht nichts bringen. Wenn man die Leute zum Verzicht anhalten würde und dann prüft und merkt, dass das alles nicht geht, schauen wir gern, ob es härtere Maßnahmen gibt. Die erste Stufe ist in HamburgMitte jedoch gar nicht richtig gestartet und dafür, dass auch nicht kontrolliert wird, ist schon einiges passiert.

(Kai Voet van Vormizeele)

(Beifall bei der GAL und der CDU – Michael Neumann SPD: Da muss die Bezirksver- sammlung mal ordentlich Dampf machen!)

Herr Dressel deutete die Frage an, warum überhaupt noch Alkohol in den Supermärkten auf dem Kiez verkauft werde. Sie wissen ganz genau, dass wir in dieser Stadt ein Verkaufsverbot von Alkohol in Flaschen in den Supermärkten gar nicht regeln können. Das ist Bundessache.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Zuhören! Das ist Ladenschlussgesetz!] Überlegen Sie sich das, gehen Sie zu Ihrer Bun- destagsfraktion und bringen es auf den Weg. (Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie heute von einem Alkoholverkaufsverbot gesprochen hätten. Ich bin froh, dass wir darüber zurzeit nicht diskutieren, denn das wäre nicht mehr St. Pauli. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Grote.

Lieber Farid Müller, ich stimme zu, dass wir nicht über ein Alkoholkonsumverbot auf St. Pauli reden sollten, denn das wäre in der Tat unrealistisch und Unsinn und hätte mit dem Vergnügungsviertel St. Pauli, wie wir es kennen, nichts zu tun. Das wollen wir nicht. Ich höre jetzt, dass Sie das nicht wollen. Aber Herr Ahlhaus kündigt dies seit einem Jahr in jeder öffentlichen Veranstaltung und in jeder Pressemitteilung an: Wenn die Freiwilligkeit nicht wirke, errichte man ein Alkoholkonsumverbot. Auch in den letzten Wochen und Monaten hat er das angekündigt. Klären Sie das innerhalb Ihrer Koalition, dann brauchen wir über diesen Punkt nicht mehr zu reden.