Tagesordnungspunkt 44, Drucksache 19/1469, Antrag der SPD-Fraktion: Hamburg muss vorangehen, Kinderrechte in die Verfassung, UN-Kinderrechtskonvention vorbehaltlos zustimmen.
[Antrag der Fraktion der SPD: Hamburg muss vorangehen: Kinderrechte in die Verfassung UN-Kinderrechtskonvention vorbehaltlos zustimmen – Drs 19/1469 –]
Mir ist mitgeteilt worden, dass aus den Reihen der GAL-Fraktion gemäß Paragraf 26 Absatz 6 der Geschäftsordnung das Wort begehrt wird. Das ist der Fall. Die Abgeordnete Blömeke bekommt es für maximal fünf Minuten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, ich will zu so später Stunde nicht verhehlen, dass wir als GAL-Fraktion finden, dass Sie einen sehr schönen Antrag geschrieben haben, der eine inhaltliche Zustimmung bei der GAL auslöst.
Es ist richtig, dass Kinder in der gesellschaftlichen Wertschätzung als eigenständige Persönlichkeiten heute noch nicht die Anerkennung finden, die sie benötigen. In der Rechtsprechung haben Eltern oft noch Vorrang vor Kindern und die mangelnde Achtung vor Kindern zeigt sich vor allen Dingen in unzureichenden Entfaltungsmöglichkeiten oder Beteiligungsmöglichkeiten und auch immer häufiger bei den Fällen von Vernachlässigung und Gewalt.
Dem könnten wir mit der Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, in die Verfassung entgegenwirken. Wir dürfen uns aber dabei nicht blenden lassen; das ist nur ein Baustein in diesem Programm "Hamburg schützt seine Kinder". Wir haben in Hamburg schon ein sehr gutes Programm, das viele Maßnahmen beinhaltet, um Kinder zu schützen. Aber eine Erweiterung dieses Konzepts durch die Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung würden wir als GAL-Fraktion inhaltlich als sinnvoll ansehen.
Jetzt zur politischen Realität, deswegen stehe ich hier. Wie Sie alle wissen, sieht die politische Realität so aus, dass wir in einer Koalition mit der CDUFraktion leben und ich möchte an dieser Stelle sa
gen, dass wir am Punkt Kinderrechte noch ein bisschen arbeiten. Wir haben in dieser Koalition da ein dickes Brett zu bohren und werden uns weiterhin darum bemühen, in Diskursen vielleicht irgendwann einmal zu einem Entschluss zu kommen. Aber solange das noch nicht der Fall ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen, lehnen wir Ihren Antrag ab, denn eines gibt es nicht in einer derart stabilen Koalition, wie CDU und GAL sie haben, wechselnde Mehrheiten. Mit wechselnden Mehrheiten arbeiten wir hier nicht.
Aber ich möchte zum Schluss noch einen Tipp geben. Sie bilden doch beide im Bundestag noch eine Regierungskoalition. Es wäre doch das Einfachste für Sie, mit Ihren Kollegen von der CDU auf Bundesebene zusammenzuarbeiten. Sie haben noch neun Monate Zeit. Setzen Sie die Kinderrechte auf Bundesebene durch, das fände ich klasse.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Vielen Dank, Frau Blömeke, für das Bekenntnis; das haben wir sehr erfreut zur Kenntnis genommen.
Schaut man nun in diesen Antrag, ist er natürlich auf den ersten Blick schon sehr sympathisch. Es geht hier um Kinderrechte und theoretisch könnte man eigentlich zustimmen. Aber auf den zweiten Blick,
und das ist auch das, wo wir uns mit unserem Koalitionspartner sicherlich noch in vielen Gesprächen auseinandersetzen werden, gibt es einige sachliche und möglicherweise sogar grundsätzliche Einwände, die ich in der Kürze der Zeit allerdings nicht alle aufführen kann.
Übrigens, falls Sie es noch nicht vernommen haben, dürfen Sie nicht dazwischen rufen, denn ich habe heute Geburtstag.
Beschränkt man sich, um inhaltlich etwas dazu zu sagen, auf eine Änderung des Grundgesetzes mit relativ weit gefassten Rechten für Kinder, also quasi mit appellativem Charakter, so wie es auch die vorhandene Bundesratsinitiative aussagt, dann kann man darauf verzichten, da Kinder schon im
Rahmen der Grundrechte aller Menschen geschützt sind, denn Kinder sind auch Menschen. Ansonsten müsste man nämlich ganz konkret ausführen, welche Rechte man denn ganz genau ins Grundgesetz übernehmen will. Daraus ergibt sich die Frage, ob das Grundgesetz in der Lage ist, Kinderrechte besser zu regeln als die vorhandenen Bundesgesetze, die wir dort auch haben.
Des Weiteren zielt der Antrag auf die elterlichen Erziehungsrechte und -pflichten und das staatliche Wächteramt ab. Wir befürchten dabei auch, Eltern dann ein Stück aus der Verantwortung für das Kindeswohl zu entlassen und die Erziehungsverantwortung an die Gesellschaft, das heißt, an staatliche Stellen, zu delegieren.
(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Genau, wir schaffen die Menschen- rechte ab; das glauben Sie ja wohl nicht wirklich!)
Herr Neumann, ich glaube das, sonst hätte ich es nicht gesagt. Sie kommen nicht aus dem Ressort, ich nehme Ihnen das auch nicht übel. Allerdings weiß ich nicht, in welchem Ressort Sie wirklich Fachmann sein sollten.
(Michael Neumann SPD: Sie sind ja als Ver- fassungsrechtexperte weit über unsere Stadtgrenzen bekannt!)
Diese Tendenz ist bereits erkennbar und wir beobachten das inzwischen schon bei vielen Ablösungskonflikten gerade in der Pubertät. Sie sehen also, Herr Neumann, man sollte sich vorher die Ziele ziemlich genau überlegen. Bei Art und Qualität Ihrer Zwischenrufe fällt mir häufig Wilhelm Busch ein, der da sagte:
Herr Abgeordneter, trotz des Geburtstages gehe ich davon aus, dass Sie hier ein allgemein gehaltenes Zitat auf niemanden bezogen haben.
Lassen Sie mich noch eines anfügen. Für uns Christdemokraten ist das Grundgesetz eines der höchsten Güter dieser Republik und damit verbunden ist der verantwortungsvolle Umgang mit Ergänzungen und Änderungen des Grundgesetzes.
Da Kinderrechte eh schon sehr weit geregelt sind, wäre das nicht der richtige Weg und das ist genau der Punkt. Sie zeigen im Schlusssatz Ihres Antrags in der Begründung, dass es Ihnen eigentlich darum geht, eine Meinungsverschiedenheit dieser Koalition darzustellen. Das ist Ihnen sicherlich gelungen, weil die GAL diesen Fünf-Minuten-Beitrag angemeldet hat. Natürlich können und vor allen Dingen dürfen wir in dieser Koalition auch einmal unterschiedlicher Meinung sein.
Deshalb haben wir – Sie werden es wissen – auch einen Koalitionsvertrag geschlossen, der unsere Ziele eint und regelt, und alles, was sich außerhalb dieses Vertrags bewegt, wird von uns in kollegialer und – Sie haben recht, Frau Blömeke – freundschaftlicher Atmosphäre besprochen. Wir werden dieses Thema sicherlich noch weiter vertiefen und auch unsere Argumente hier austauschen.
Wenn wir jetzt diesem Antrag nicht zustimmen, dann bedeutet das nicht, dass wir nicht für mehr Ausgestaltung von Kinderrechten sind, sondern dass wir diesen Weg für den nicht ganz richtigen halten und diesen Diskussionsprozess fortsetzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist eine der Stellen, wo man eigentlich sagen muss, dass es unglaublich ist, wie sich diese GAL-Fraktion vor dieser CDU in den Staub wirft und winselt.
Im Dezember letzten Jahres hat die GAL-Fraktion einem im Petitum fast gleichlautenden Antrag von uns zugestimmt.
Heute, am 20. November, ist der Internationale Tag der Kinderrechte, denn die Kinderrechtskonvention ist vom 20. November 1989. Ich denke, das ist ein gutes Datum, um über einen solchen Antrag zu entscheiden. Zur Umsetzung dieser Kinderrechtskonvention ist die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz notwendig. Deutschland ist dazu von den Vereinten Nationen mehrfach aufgefordert worden. Inzwischen hat übrigens auch die Kinderkommission des Bundestages – da ist die CDU auch vertreten – einstimmig dafür votiert, dennoch blockiert die Union. Jetzt machen Sie von der CDU auch noch mit.
Schon im Juni hat der schwarz-grüne Senat im Bundesrat entsprechend blockiert, als es um die Rücknahme der Vorbehalte zur Kinderrechtskonvention ging. Das ist ein Armutszeugnis für einen Senat mit einer grünen Beteiligung.