Genau. Dieses alles haben wir alle sehenden Auges bei der politischen Entscheidung für die Elbphilharmonie gewusst und das Projekt gerade wegen seiner Besonderheit gewollt.
Allen Zweiflern zum Trotz mein guter Rat: Schauen Sie sich mal auf der Baustelle der Elbphilharmonie um. Wir sind bereits auf der Höhe der Plaza angekommen und wir haben den Bau erst am 28. Februar in der Bürgerschaft beschlossen, also erst vor anderthalb Jahren. Ich finde das im Vergleich zu anderen Jahrhundertprojekten beeindruckend.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Neumann, Sie haben eben zwar in freundlichem Tone aber dennoch ganz schön auf die Tonne gehauen.
Sie haben die Senatorin naiv unpolitisch genannt. Ich frage, ob das Bild stimmt, das Sie hier zeichnen und das Sie auch in der Anmeldung der Debatte so benannt haben, es handle sich um eine hilflose, eine kopflose Senatorin.
Stimmt das Bild? Sie haben Recht, an der Lage gibt es in der Tat nichts zu beschönigen und wir wären die letzten, die das täten. Über den Sommer hat sich die Zusammenarbeit der an dem Bau beteiligten Parteien – das sind die ReGe, der Generalplaner und der Generalunternehmer – entschieden verschärft. Es kam fast zu einem Baustillstand. Sie haben sich gegenseitig mit Vertragsstrafen überzogen und haben Zeitstrafen gefordert. Der Streit ist eskaliert und das Ringen zwischen ReGe und HOCHTIEF – wir können es verfolgen – ist zäh.
Herr Neumann, ich fand schön, dass Sie noch einmal betont haben, dass auch die SPD es sich wohl nicht leicht gemacht hat aber dafür gestimmt
hat. Wir haben auch dafür gestimmt, die CDU hat dafür gestimmt, DIE LINKE war zu der Zeit noch nicht im Hause.
Das wissen wir nicht. Wir drei jedenfalls haben seinerzeit dafür gestimmt. Natürlich verfolgen wir mit Sorge, was da passiert und finden es schrecklich. Das ist eine verheerende Situation, weil die Elbphilharmonie Symbol war und teils noch ist für das neue Hamburg, wo die öffentliche Hand gemeinsam mit vielen privaten Händen ein Kulturprojekt anpacken will und wo Hamburg zeigen möchte, dass sie wie zu Brahms Zeiten wieder Musikstadt werden will. In der Szene ist das auch angekommen. Es tut sich da sehr viel. Es bewegt sich etwas. Aber der Baukörper selbst – das haben die Vorrednerin und der Vorredner sehr eindrucksvoll beschrieben – ist zum innerstädtischen Krisengebiet geworden. Das bringt uns zu der Ausgangsfrage zurück, was die Kultursenatorin macht. Ist sie hilflos oder zeigt sie sich in der Krise handlungsfähig? Blicken wir zurück und lassen Revue passieren: Im Mai, nach der Senatsneubildung, ist die Elbphilharmonie aus der Zuständigkeit der BSU in die BKSM, also die Kulturbehörde gewandert. In der BSU sind die Weichen gestellt worden für das Projekt, die Struktur entwickelt und die ReGe besetzt worden, die ReGe, die die Interessen der Stadt gegenüber dem Generalplaner und dem Generalunternehmer HOCHTIEF durchsetzen sollte. Sie war in ihrer ursprünglichen Besetzung dazu nicht in der Lage. Die GAL hat von dieser Stelle aus die ReGe und die von ihr geschlossenen Verträge, die zulasten der Stadt gingen, stark kritisiert. Ich erinnere bloß an die Haftungsdeckelung von zehn Millionen Euro. Das war eine Katastrophe und Herr Wegener hat nicht nur ein kommunikatives Desaster in diesem Haus sondern auch in der Öffentlichkeit angerichtet. Er ist schlicht seiner Aufgabe nicht gewachsen gewesen. Er hat, obwohl er alle im Glauben ließ, dass er alles im Griff habe, keinen abgestimmten Terminplan zwischen Generalunternehmer und Generalplaner zustande gebracht. Alle, die etwas von Baukoordination verstehen, wissen, dass die tragende Säule eine abgestimmte, verlässliche Terminabsprache zwischen allen Beteiligten ist. Dazu war die ReGe nicht in der Lage. Sie hat also in dieser Kernfrage der Steuerung versagt. Anstatt in dieser Situation, in der sie merken musste, dass sie von HOCHTIEF an die Wand gedrückt wird, um Hilfe zu bitten und zu sagen, so gehe das nicht, die Struktur sei zu schwach, sie müsse verstärkt werden, folgte sie einer Verschleierungstaktik, sodass man eben nicht rechtzeitig eingreifen und die ReGe verstärken konnte.
Dann hat es die Koalition im Sommer bemerkt, hat die Mängel erkannt und hat sich als handlungsfähig erwiesen. Die Kultursenatorin hat – und das hat Sie in der vergangenen Sitzung
Mir zeigt sich nicht das Bild einer handlungsunfähigen oder gar naiven Senatorin. Ich sehe eine Frau, die die Mängel erkennt und die Probleme anpackt und löst.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist für uns, für das Parlament und für Hamburg äußerst ärgerlich, dass wir uns in fast jeder Aktuellen Stunde mit dieser Fragestellung beschäftigen müssen. Das liegt nicht daran, dass hier eine falsche Misstrauenskultur oder Ähnliches vorherrschen würde, sondern dass wir immer wieder von neuen Sachen überrascht werden. Darüber sind wir erstaunt. Ich werde gleich noch einmal darauf eingehen, was Frau Dr. Gümbel zu den alten Sachen gesagt hat. Aber in der Zwischenzeit ist Folgendes passiert: Der Bürgermeister sagt, wir würden im ersten Quartal einen ungefähren Überblick über den Stand der Elbphilharmonie erhalten und darüber, wann und wie eine Rettung zu sehen sei. Die Senatorin sagt, im November würden wir informiert und zudem habe Sie uns auch die ganze Zeit darüber informiert – ein eindeutiger Widerspruch. Wir haben noch nicht einmal mehr eine Ahnung, wann das Ganze eröffnet werden soll. Herr Lieben-Seutter sagt uns, dass er das auch nicht mehr so genau wisse und dass er den Überblick verloren habe. Wir wissen noch nicht einmal, ob der Eröffnungstermin, der erst im letzten Sommer für die Elbphilharmonie festgesetzt worden ist, nicht schon wieder verschoben wird und es vielleicht noch ein Jahr später wird. Das heißt, Sie richten hier ein Chaos zulasten dessen an, was Sie „Musikstadt Hamburg“ nennen. Das ist Ihr Fehler.
Frau Dr. Gümbel, weil Sie ein Bauernopfer haben wollen und meinen, damit sei das Problem gelöst, haben Sie gesagt, es sei eine schreckliche Situation mit der Deckelung auf 25 Millionen Euro Risiko. Diese 25 Millionen Euro Risiko stehen schon in der Drucksache. Sie haben gewissermaßen als Fraktion – Sie waren damals noch nicht dabei, ich auch
nicht – gesagt, dass nicht mehr notwendig sei. Das stand in der Senatsdrucksache. Herrn Wegener dementsprechend für alle diese Sachen die Schuld zu geben, fasst deswegen nicht weit genug. Ich bin auch nicht der Meinung, dass die Kultursenatorin die Hauptverantwortung für diese Situation trägt. Wir haben es hier zu tun mit dem Vorzeigeprojekt des Senats. Wir haben eine Situation, in der sowohl Herr Senator Dr. Michael Freytag
als auch die Senatskanzlei und Frau Senatorin die ständigen und zeitweise wichtigen Grundlagen für die Planung gemacht haben, und diese Planung ist gegenwärtig im Chaos. Der gesamte Senat trägt die Verantwortung. Wir wissen durch Kleine Anfragen, dass der Bürgermeister ständig gut informiert war. Insofern ist es nicht möglich, nur der Senatorin die Schuld zu geben, so gern ich ihr auch – wenn Sie die Verantwortung hätte – diese allein geben würde. Das ist eine Gesamtverantwortung des Senats, es gibt keine einzelnen Bauernopfer.
Es geht um eine Grundfrage, die wir schon häufiger gestellt haben. Es gibt auch nicht die Ausrede, dass bei öffentlichen Bauten immer mehr Geld ausgegeben worden sei. Es handelt sich hierbei um eine Verdoppelung, eine Explosion des Preises. Dieser Senat muss zeigen, ob er mit Geld überhaupt vernünftig umgehen kann. Und das muss er an dieser Stelle zeigen.
Das Geld ist im Allgemeinen zu verantworten für diese Stadt. Bei solchen Bilanzen ist eine Misstrauenskultur
Ich will noch einen dritten Punkt benennen. Wir haben es mit einem Public-Private-Partnership-Vorzeigeprojekt zu tun. Wir haben wieder die Situation, die es schon häufiger gegeben hat, in der es anscheinend so ist, dass bei diesem PPP auch wieder die Privaten wunderbar aussehen und die Öffentlichkeit, wir Steuerzahler, die Dummen sind, die große Lasten zu tragen haben. Auch das gilt es an dieser Stelle zu bilanzieren.
Meine Damen und Herren, wir stehen, nachdem der Beschluss der Bürgerschaft zur Elbphilharmonie vor drei Jahren gefällt worden ist, vor einem Trümmerhaufen. Bisher ist nichts anderes getan worden, als ein Parkhaus dort errichtet zu haben. Das hörte sich in Ihren Worten ein bisschen schöner an, Frau Martens, aber mehr ist das nicht. Die
Kosten sind jetzt schon explodiert, obwohl die großen Fragestellungen, die insgesamt da mit zu tragen sind, noch nicht gelöst worden sind. Es soll eine Eröffnung geben, von der wir noch nicht wissen, wann sie eigentlich stattfindet. Das heißt, eine Planung im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie hat noch nicht stattgefunden. Ich finde, es gibt nur einen Ausweg daraus. Der Ausweg kann nur heißen, dass sich diese Bürgerschaft neu mit der Frage der Elbphilharmonie beschäftigen muss, dass Sie neue Grundlagen dafür zeigen müssen, mit welchem Geld diese Elbphilharmonie zu finanzieren ist, ob das der Hamburger Steuerzahler bezahlen möchte, ob das für dieses Projekt insgesamt berechtigt ist und dass wir das dementsprechend neu bestimmen müssen. Ein verdoppelter oder verdreifachter Preis, eine verlängerte, eine nicht vorhandene Planung
zeigt, dass dieses Projekt noch nicht auf dem richtigen Weg ist und in dieser Bürgerschaft neu bestimmt werden muss. Das verlange ich. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Vorweg und mit aller Deutlichkeit: Ich verstehe natürlich den von Ihnen geäußerten Wunsch nach Information und Antworten auf Ihre Fragen.