Protocol of the Session on October 1, 2008

Das Geld ist angelegt, aber die Frage sei gestattet, ob es gut angelegt ist. In diesen 27 Millionen Euro verbergen sich auch Kosten von 550 000 Euro für die Unterbringung von ein bis zwei Jugendlichen in der Feuerbergstraße für die Monate Januar bis August. Das ist eine stolze Summe, insbesondere dann, wenn man feststellen durfte, dass sich Jugendliche dort mittlerweile selbst entlassen können. Klaus-Peter Hesse hat diese geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße als eine Perle der Jugendhilfe und Hilfen zur Erziehung bezeichnet.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Bei uns siehst Du wenigstens noch welche! Von Euch sind ja kaum noch welche da!)

Ja, das mag sein, aber Du bist ja nicht zu übersehen.

Letztendlich werden wir beiden Punkten zustimmen. Der Frage Kita deswegen, weil es die Umsetzung, bis auf den Paragrafen 4, eines von uns selbst in das Parlament eingebrachten Gesetzes ist und wir die Notwendigkeit sehen. Aber an dieser Stelle, ob das Geld auch gut angelegt ist, werden wir Ihnen immer wieder als kritischen Begleiter nicht aus dem Weg gehen. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Blömeke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Böwer, das ist prima, wenn Sie zustimmen. Dann brauchen wir gar nicht so strittig zu debattieren.

(Michael Neumann SPD: Sie machen das trotzdem!)

Ich denke, wir sind uns mit dieser Drucksache alle einig,

(Vizepräsidentin Nebahat Güclü übernimmt den Vorsitz.)

denn wenn selbst Herr Böwer kein Haar in der Suppe bei der Kita-Betreuung findet, dann ist da auch keins.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Doch, hat er!)

Ich glaube, Frau Föcking hat ausführlich gesagt, wofür diese Mehrausgaben sind. Interessanterweise müssen wir einmal festhalten – wir haben eben über die Elbphilharmonie debattiert –, dass es gute und schlechte Ausgaben gibt. Die Steigerung bei der Elbphilharmonie ist sicherlich etwas, was uns alle nicht begeistert. Das würde ich in den Rahmen der nicht so positiven Ausgabensteigerung fassen. Aber bei den Ausgaben im Kita-Bereich können wir gar nichts wegreden. Das sind durchaus positive Ausgaben. Frau Föcking hat ausführlich dargestellt, wie sich die begründen, hauptsächlich im Krippenbereich, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Insgesamt waren es 3741 Kinder mehr in der Tagesbetreuung, mehr als man angenommen hat. Die großen Abweichungen gab es in der Tat hauptsächlich im Krippenbereich.

Was ich interessant finde, weil das ein Bereich ist, der mir auch sehr am Herzen liegt, ist, dass es auch bei den Kindern aus benachteiligten Familien, die vielleicht dringenden pädagogischen Bedarf oder Sozialbedarf haben, 300 mehr waren als ursprünglich angenommen. Das sind erfreuliche Ausgaben, die wir tätigen. Da sind wir uns alle einig.

Jetzt noch ein Punkt zu den Hilfen zur Erziehung. Da hat Herr Böwer angemerkt, ob diese Mehrausgaben auch richtig verwendet werden und hat nun noch wieder seine zwei Punkte hineingequetscht, die er im Familien-, Kinder- und Jugendausschuss auch immer wieder anspricht. Herr Böwer, wir sind gerne bereit, über diese Punkte zu reden. Es steht Ihnen durchaus frei. Ich finde, auch im Fachausschuss wären sie angebracht. Sie können als SPD-Fraktion gerne noch einmal das Thema Gesundheitsuntersuchungen anbringen, aber das machen wir gerne noch einmal mit einem besonderen Punkt, um darüber fachlich zu debattieren.

(Jörn Frommann CDU: Also ohne Böwer, oder wie?)

Wichtig ist doch bei den Hilfen zur Erziehung, wenn wir festhalten, dass die Ausgaben dort gestiegen sind, weil mehr Hilfebedarf vorhanden ist. Das ist eigentlich nichts, worüber wir freudig sein können – das hat Frau Föcking bereits gesagt –, weil das bedeutet, dass hier Kinder Hilfe brauchen. Uns wäre es natürlich lieb, wenn diese Anzahl sinken würde.

Ein Punkt sei selbstkritisch angemerkt, dass hinter diesen Hilfen zur Erziehung eine hohe Anzahl von auswärtig untergebrachten Jugendlichen steht, die auch einen gewissen Anteil dieser Mehrkosten ausmachen. Das ist nicht der größte Anteil, aber es ist ein kleiner Anteil. Natürlich ist es unsere Aufgabe – und das haben wir auch im Koalitionsvertrag festgesetzt –, dass man diesen Anteil reduziert und dazu werden wir gemeinschaftlich noch Programme entwickeln, die sich vor allen Dingen darin wiederfinden, dass wir eine Beschulungssituation für alle Kinder und Jugendlichen in Hamburg schaffen, sodass diese Kinder gar nicht auswärtig untergebracht werden müssen. Das ist ein sehr wichtiges Anliegen, das wir auf jeden Fall auch für die nächste Zukunft angehen müssen.

Tatsache ist – da hat Herr Böwer Unrecht, wenn er kritisiert, dass man nicht weiß, woher das Geld kommt –, dass wir in diesem Fall wissen, woher das Geld für diese Mehrausgaben kommt.

(Thomas Böwer SPD: Ich kann es gleich noch vorlesen! Ich habe es hier!)

Deswegen können wir dieser Drucksache guten Gewissens zustimmen. Das Geld ist gut angelegt für die Kinder und Jugendlichen dieser Stadt. Der Punkt, den ich eben ansprach, dass wir die Reduzierung der auswärtigen Unterbringung vornehmen, wird ein wichtiges Anliegen dieser Koalition werden, damit die Ausgaben in dem Bereich weiter gesenkt werden. Grundsätzlich ist es wichtig, frühzeitig mit den Hilfen zur Erziehung in die Familien hineinzugehen, aber auch mit den ambulanten Hilfen zur Erziehung. Da gibt es auch kein Schlechtreden, denn je frühzeitiger wir in die Familien reingehen, desto besser. Natürlich werden im Fall Morsal, Herr Böwer, alle Fälle überprüft, die in dieses Schema hineinpassen. Da können Sie jetzt zehnmal Nein sagen. So ist es, so haben wir es im Jugendausschuss auch gesagt. Es ist ganz wichtig, dass man frühzeitig eingreift und einsetzt. Das Worst-Case-Szenario beginnt nicht ab einem Tag X, sondern es betrifft auch die Fälle, die davor waren. Aber das hatte die SPD schon damals nicht verstanden und ich habe jetzt versucht, es noch einmal deutlich zu machen. So ist es dann erst einmal und ich denke, wenn wir gemeinschaftlich dieser Drucksache zustimmen, tun wir etwas Gutes für alle Kinder und Jugendlichen dieser Stadt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Herr Yildiz.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Frau Blömeke, ich kann Ihnen versichern, dass wir auch zustimmen werden. Wir hatten uns im Ausschuss enthalten, aber wir stimmen heute zu. Wir als LINKE sind erfreut darüber, dass der Senat nunmehr feststellt, dass ein Mehrbedarf bezüglich Kindertagesbetreuung, Hilfen zur Erziehung, Inobhutnahmen und sonstiger Einzelfallhilfen nach SGB VIII Paragraf 8 besteht. Denn, dass ein Mehrbedarf in diesen Bereichen festzustellen war, stand für uns von Anfang an fest. Die eigentliche Frage ist jedoch, ob die vorgeschlagenen Beträge die wirklichen Bedürfnisse der Kinder, Eltern und Betreuungseinrichtungen ausreichend decken werden. Obwohl wir dem Plan des Senats zustimmen – wir stimmen zu, weil zum Beispiel die vorgeschlagenen 55,4 Millionen Euro immerhin besser sind als gar nichts –, bleiben unsere Bedenken, ob es damit schon getan ist, bestehen. Denn Tatsache ist, dass die 55 Millionen Euro höchstens dazu beitragen werden, dass der allgemeine Mangel in den Bereichen Kindertagesbetreuung, Inobhutnahmen, sozialer Hilfe et cetera sich nicht noch vermehrt. Das heißt: Die Auswüchse werden mit diesem Betrag höchstens begrenzt.

Genauso ist es mit der Erhöhung der Löhne und der Inflationsrate. Angenommen, die Arbeiter würden in einem Jahr einen Lohnzuwachs von 5 Prozent bekommen, und angenommen, in dem Jahr wäre die Inflationsrate 3,1 Prozent. Dann hätten die Arbeiter ein Plus von 1,5 Prozent. Aber dieses Plus wäre kein Plus mehr, wenn die Arbeiter vor diesem Zuwachs – sagen wir einmal vier Jahre lang – stets Löhne unter der Inflationsrate bekommen hätten. Damit meine ich gleichzeitig: Wenn im Jahr 2002 12 Prozent insgesamt im Bereich der Kindertagesbetreuung gekürzt werden bei einer niedrigeren Anzahl von Kindern, die betreut worden sind, und jetzt fast mit demselben Betrag fast ein Drittel mehr Kinder betreut werden, muss man sich einmal überlegen, ob das ausreicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass wir es beim Senatsvorschlag nur mit einer Begrenzung von Auswüchsen zu tun haben, zeigt sich auch an der alarmierend gestiegenen Zahl der Inanspruchnahmen der Familienhilfe. Frau Blömeke und Frau Föcking, man muss sich das einmal überlegen. Ich bin, als ich diesen Senatsantrag bekommen habe, extra zu dem Träger gegangen und habe dort einmal gefragt, warum diese soziale Familienhilfe mehr in Anspruch genommen wird. Das eine kann ich Ihnen bestätigen. Die meisten haben gesagt: Seit das Kita-Gutscheinsystem eingeführt

worden ist, ist die Zahl der Inanspruchnahmen höher geworden. Ich finde eigentlich, man müsste sich grundsätzlich einmal überlegen, statt in dem Bereich viel zu investieren – jetzt ist es wichtig, dass man investiert, man muss von Anfang an im Bereich Kita investieren –, grundsätzlich den Familien, die überlastet sind – wo Kinder lange zu Hause bleiben und diesen Stress und diesen Druck zu Hause nicht mehr aushalten und wo vielleicht Eltern gegenüber den Kindern einmal Gewalt anwenden –, die Möglichkeit anbietet, dass die Kinder ab dem ersten Lebensjahr den Kindergarten besuchen können, aber nicht nur fünf Stunden oder vier Stunden. Ich meine, viele Eltern, die diese sozialen Bedürfnisse in Anspruch nehmen, sind zum Teil arbeitslos, kommen aus sozial und wirtschaftlich schwachen Familien – dass man denen anbietet, dass die Kinder von Anfang an länger in den Kindergarten gehen können und dass man die Kinder länger betreuen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein norwegischer Schuldirektor hat einmal gesagt – den Namen habe ich leider vergessen –, es bringe nichts, dass man in der Schule oder im Bereich Bildung dann investiert, wenn alles zu spät ist. Man muss schon frühzeitig investieren. Wir stimmen diesem Senatsantrag zu und unsere Forderung ist, dass man früh in den Bereich eingreift und investiert. Dieser Betrag ist in unseren Augen nicht ausreichend für die Forderung, die wir haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen. Herr Böwer, Sie sehen mich absolut überrascht. Herr Hackbusch hat vorhin unterstellt, Frau Gümbel hätte irgendetwas genascht, und ich vermute fast, dass das an Sie weitergereicht wurde. Sie sind richtig anschmiegsam heute.

(Beifall bei der CDU)

Das muss man ehrlich sagen, weil die Debatte nicht die Beratungen im Familienausschuss widerspiegelt. Da ging es doch ganz anders her. Ich finde es auch richtig, dass man solch eine Drucksache zum Anlass nimmt einmal innezuhalten. Herr Böwer, ich glaube, wir beide sind sozusagen die letzten Mohikaner, die auch bei der Einführung des Kita-Gutscheinsystems da waren und die Schwierigkeiten miterlebt hatten. Wir haben darüber auch sehr viel diskutiert. Schade finde ich, dass Frau Veit heute nicht da ist. Weil Sie so einsichtig waren, Herr Böwer, und weil Sie auch gesagt haben, das KibeG sei schon auf breite Schultern gelegt

(Christiane Blömeke)

worden, grüßen Sie Ihre Kollegin einmal schön von mir, die nämlich grundsätzlich das Gegenteil behauptet und gesagt hat, das KibeG sei eine reine SPD-Initiative und sei Ihres und Rechtsansprüche fielen eben nicht so einfach vom Himmel.

(Glocke)

Verzeihen Sie, Herr Müller, mir ist es hier zu laut. Ich bitte die Gespräche entweder draußen fortzusetzen oder leise zu sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Fahren Sie fort, Herr Müller.

Insofern ist Ihr Bekenntnis, dass dies eine gemeinsame Initiative ist, finde ich, sehr hilfreich auch für zukünftige Diskussionen.

Herr Yildiz, ich habe das nicht so ganz verstanden. Ich muss das ganz offen gestehen. Aber Ihre Partei hat heute mehrere Rechenbeispiele gebracht, die ich alle nicht verstanden habe und die auch mathematisch nicht nachvollziehbar sind.

(Mehmet Yildiz DIE LINKE: Das kann ich Ih- nen nachher noch einmal erläutern!)

Ich habe verstanden, es war ein norwegischer Professor, dessen Namen Sie nicht kennen und der sagt, man müsse frühzeitig investieren. Ja, das tun wir. Wir investieren sehr frühzeitig. Andererseits: Wenn Sie meinen, es wäre zu spät, wäre dann der Umkehrschluss daraus gar nicht mehr zu investieren? Das kann letzten Endes auch nicht die Lösung sein.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Das ver- steht jetzt auch keiner!)

Ich freue mich, dass Sie alle zustimmen. Im Bereich HzE haben wir uns genügend über die Ursachen ausgetauscht. Ich denke, wir werden im Ausschuss sicherlich noch einiges besprechen müssen, und ich freue mich für die Familien dieser Stadt, dass sowohl im Bereich der Hilfe als auch in dem der Betreuung jede Menge passiert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Dr. Tschentscher.

Herr Müller, wenn Sie das nicht verstanden haben, will ich das vielleicht noch einmal wiederholen. Die Steigerung der Hilfen zur Erziehung ist wirklich kein Grund zum Jubeln. Sondern dies zeigt, dass Kinder und Familien in Hamburg zunehmend in Not sind. Es mahnt uns mehr zu tun, damit Hilfen zur Erziehung in Zukunft nicht mehr nötig sind. Das ist der Punkt, über

den wir heute noch einmal kurz sprechen müssen. Denn wir stimmen dieser Drucksache zu.