Protocol of the Session on October 1, 2008

Elbphilharmonie: Vom Glanzprojekt zum Millionengrab?

Das Wort hat Herr Dr. Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Themenwechsel: Die Elbphilharmonie ist ein faszinierendes Projekt, dem die SPD unter klaren Bedingungen zugestimmt hat. Das Konzerthaus wird zu einem Festpreis erstellt. Alle Risiken der Bauausführung trägt der Investor. Die Bedingungen sind von den besten Juristen in einem einmaligen Vertragswerk festgeschrieben. Unkalkulierbare Risiken für die Stadt bestehen nicht. Das waren die Ansagen des Senats zu einem Projekt, dessen Fassade Ihnen Probleme bereitet, bevor sie überhaupt errichtet ist.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Wie ist es dazu gekommen? Die Antwort gibt die Kulturbehörde selbst: Die Kostenentwicklung sei nicht erfreulich, weil das Projekt unterschätzt worden sei. Die Kompetenz der Beteiligten reiche nicht aus. Der Aufsichtsrat brauche dringend externen Sachverstand. Mit anderen Worten: Eine weitere Baustelle, die der Senat nicht im Griff hat. Es ist die Pflicht der Opposition, Probleme der Regierung aufzuklären. Aber unser Fragerecht wird unterlaufen. Einfache Fragen werden mit abwegiger Begründung nicht beantwortet. Wir hören stattdessen Gerüchte aus der Presse über Mehrkosten bis in dreistellige Millionenhöhe. Warum ist das ein Problem? Mit jeder Meldung über Kostensteigerung, mit jeder nicht beantworteten Frage wird die Zustimmung der Bevölkerung zur Elbphilharmonie untergraben. Es stimmt, in seinen Geheimgesprächen verhandelt der Senat über Geld, das er nicht hat. Wir wissen doch, dass Schwarz-Grün in den kommenden zwei Jahren 1,2 Milliarden Euro Miese machen wird. Schon mit der Novembersteuerschätzung wird das Defizit vermutlich steigen und die Finanzmarktkrise wird unseren Haushalt belasten, auch wenn der Finanzsenator dies immer noch bestreitet. Deshalb sagen wir, dass wir das knappe Geld dringend für Aufgaben brauchen, die schon jetzt zu kurz kommen. Woran liegt es, dass die Elbphilharmonie jeden Tag teurer wird? Wir fragen vor allem, welche Vorkehrungen der Senat getroffen hat, damit die Mehrkosten nicht allein von der Stadt getragen werden. Wann werden zum Beispiel die Bemühungen um Spenden und Sponsoren wieder aufgenommen? Es darf keinen Auto

matismus geben, dass der Steuerzahler am Ende allein auf offenen Rechnungen sitzen bleibt, die sich aus einem schlecht geplanten Baufortschritt ergeben. Sonst besteht die Gefahr, dass die Elbphilharmonie doch zulasten anderer Bereiche der Kultur finanziert wird. Der Senat würde damit ein neues Versprechen brechen. Dies würde dann zulasten von Museen, Theatern und Bücherhallen gehen. Ein erstes Opfer scheint, wie man hört, ein seit längerem als Triennale geplantes, hochrangiges Kunst- und Kulturfestival zu sein. Der Senat ist nach Kräften dabei, ein faszinierendes Projekt Elbphilharmonie durch schlechtes Regieren und mangelnde Transparenz zu einem großen Ärgernis und einem finanziellen Desaster zu machen.

(Beifall bei der SPD, bei Norbert Hackbusch und Dora Heyenn, beide DIE LINKE)

Wir wollen das nicht und haben beschlossen, der Bürgerschaft ein detailliertes Berichtsersuchen vorzulegen, denn es ist Zeit, dass die Fakten auf den Tisch kommen und das Parlament dem Senat auf die Finger klopft, damit es mit Geheimgesprächen, Gerüchten und Spekulationen ein Ende hat.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Martens.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Hamburger Bürgerinnen und Bürger, Herr Tschentscher, wollen die Elbphilharmonie nach wie vor.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Schon in der Planungsphase ist die Elbphilharmonie Motor für die gesamte Kulturstadt Hamburg geworden.

(Michael Neumann SPD: So wie die Olym- piabewerbung und die Universiade!)

Viele kleinere aber überaus wichtige Musikprojekte, wie zum Beispiel das Klingende Museum,

(Michael Neumann SPD: Aus Zwickau!)

warten auf das neue Konzerthaus. Was die Bürgerinnen und Bürger hingegen nicht wollen – da gebe ich Ihnen recht –, ist ein scheibchenweises Bekanntwerden von Kostensteigerungen. Keiner der Verantwortlichen will hier das Projekt schönrechnen. Deshalb ist es jetzt auch so wichtig, dass die Fakten verlässlich und schnell auf den Tisch kommen. Seien Sie versichert, Herr Buss, daran wird gegenwärtig mit Hochdruck, intensiv und vor allen Dingen auch verantwortungsbewusst gearbeitet.

(Beifall bei der CDU – Dr. Dorothee Stapel- feldt SPD: Gut, dass Sie das ja wissen!)

Ja, ich vertraue dem Senat.

(Norbert Hackbusch)

Der Bürgermeister hat in diesem Zusammenhang als unvermeidlichem Schritt vor zwei Wochen den Geschäftsführer der ReGe, Hartmut Wegener, gebeten, die Geschäfte niederzulegen.

(Arno Münster SPD: Rausgeschmissen hat er ihn!)

Jetzt ist weiterer externer Sachverstand an diese zentrale Stelle zum Controlling des Bauvorhabens hinzugezogen worden. Die Bewertung der Gesamtsituation und der Gesamtkosten ist zurzeit noch nicht möglich. Wie Sie, Herr Neumann, ganz genau wissen, dauern die Verhandlungen noch an.

(Michael Neumann SPD: Auf unsere Fragen bekommen wir keine Antworten!)

Was Zeitplan und Kosten für die Elbphilharmonie angeht, ohne überhaupt endgültige Kosten und Fakten festgestellt zu haben, bewegt sich komplett im Bereich der Spekulation.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Na, super!)

Jede Art von Spekulation wie auch Berichte in der Presse, man würde in der Elbphilharmonie aufgrund der Statik seekrank werden, bringen das Projekt Elbphilharmonie in eine komplett nicht gerechtfertigte Schieflage.

(Zurufe von der SPD)

Die SPD selbst ist bei dem Thema offensichtlich völlig zerrissen. Ohne Fakten zu kennen, wollten Sie noch vor zwei Wochen, Herr Neumann, aus reinem Opportunismus aus der politischen Verantwortung aussteigen. Und jetzt?

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Sie haben doch die politische Verant- wortung!)

Damit ist der Beweis geführt. Sie sitzen zu Recht dort, wo Sie sitzen.

(Beifall bei der CDU)

Die bisherigen Fakten, die Ihnen im Übrigen allen bekannt sind, möchte ich hier noch einmal kurz aufführen. In der Machbarkeitsstudie – ich betone nochmals: in der Machbarkeitsstudie – waren die Baukosten für das gesamte Gebäude von 186,7 Millionen Euro ausgewiesen. Die konkrete Planungsvorlage, die Basis für die einstimmige Entscheidung hier in der Bürgerschaft war, sah Baukosten in Höhe von 241 Millionen Euro vor. Das Konzerthaus selbst hat daran einen Anteil in Höhe von 138 Millionen Euro. Letzter Sachstand hier in der Bürgerschaft war eine Kostensteigerung um weitere sieben Millionen Euro, die bekanntermaßen noch aus dem Etat für Unvorgesehenes gedeckt ist. Dem gegenüber stehen Spenden in Höhe von 67,56 Millionen Euro für den Konzertbereich. Auch wenn Sie es nicht hören wollen – ich habe es schon einmal gesagt –, im Vergleich

2008, hat die Oper in Oslo 450 Millionen Euro gekostet.

(Michael Neumann SPD: Ja, das ist der Maßstab!)

Herr Buss, da wollen wir nicht hin. Herr Neumann, ich kenne die Reaktion. Es muss doch aber einmal deutlich gesagt werden, über welche Größenordnung wir bisher bei der Elbphilharmonie geredet haben.

(Beifall bei der CDU)

Diese ewig miesepetrige und kurzsichtige Art der SPD ist ein komplett falscher, schlechter Ratgeber.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Wir haben es ja!)

In der gesamten Kostendebatte darf man doch aber bitte nicht vergessen, dass wir mit der Elbphilharmonie weitsichtig die Basis einer Kulturmetropole für die nächsten Jahrzehnte planen. Ich weiß, das können Sie sich politisch gar nicht vorstellen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Aber auch wir von der CDU wollen schnellstmöglich Klarheit und Transparenz bezüglich der Kosten und des Zeitplans des Projekts der Elbphilharmonie, aber nicht hier und heute um den Preis von Spekulation.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Meine Damen und Herren, das Wort erhält jetzt Frau Senatorin Professor von Welck.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Fakten, Fakten, Fakten!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anmeldung des Themas Elbphilharmonie zur Aktuellen Stunde gibt mir die willkommene Gelegenheit, kurz etwas zur gegenwärtigen Situation und den anstehenden nächsten Schritten zu sagen. Diese Chance hätte ich auch schon sehr gern in der letzten Aktuellen Stunde wahrgenommen.

(Jan Quast SPD: Sie hätten auch eine Re- gierungserklärung abgeben können!)

Es ist richtig, dass sich das Projekt zurzeit in einer schwierigen Phase befindet, was vor allem durch die Komplexität dieses weltweit einzigartigen Vorhabens begründet ist.

(Michael Neumann SPD: Das kommt ja sehr überraschend!)

Dennoch sind wir sowohl mit dem Generalunternehmer HOCHTIEF als auch mit den Generalplanern, den Architekten Herzog & de Meuron, in konstruktiven, wenn auch naturgemäß schwierigen Verhandlungen. Dabei hat sich herausgestellt,

(Brigitta Martens)