Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Engels, es kommt mir so vor, als würden Sie für das, was Sie da erzählen, bezahlt werden.
Die SPD lehnt den Kohlekoloss in Moorburg ab. Wir wollen keine Dreckschleuder mitten in der Stadt, Herr Engels, und dabei bleibt es.
Wir wollen ein kleines Gaskraftwerk. Das ist viel sauberer, hat einen höheren Wirkungsgrad und erzeugt nicht so viel CO2 und das wissen auch Sie, Herr Engels, geben Sie es doch zu. Gas ist für uns in der Tat die richtige Brücke ins Solarzeitalter.
Mit der vorzeitigen Baugenehmigung für Moorburg hat der Bürgermeister seinem eigenen Klimakonzept den Todesstoß versetzt.
Wenn er dem Unternehmen angeblich so viel für den Klimaschutz abgerungen hat, dann sage ich nur - auch an Ihre Adresse, Herr Engels -, das sind alles Luftnummern.
Luftnummer 1 ist die vermeintliche Verbesserung der Klimabilanz. Welche Kraftwerke Vattenfall außer Wedel letztlich vom Netz nehmen will, bleibt doch deren
Geheimnis. Statt zwei Millionen CO2 werden dann ab 2012 acht Millionen CO2 ausgepustet. Das ist für mich kein Gewinn für das Klima.
Luftnummer 2, Herr Engels, ist die angeblich erhöhte Effizienz von 200 Megawatt durch eine erhöhte Wärmeauskoppelung. Die Netzerweiterung in Richtung Harburg bis 2018 ist bei Vattenfall lediglich ein Gedankenspiel. Es ist nicht damit getan, dass man eine neue Leitung zieht, sondern man muss auch die Kunden dafür gewinnen. Hier sehen wir keine Möglichkeiten, schnell voranzukommen, denn der Senat lehnt bekanntlich den Anschlusszwang ab.
Luftnummer 3 ist das angeblich CO2-freie Kraftwerk. Diese Technologie ist heute im industriellen Maßstab überhaupt nicht darstellbar. Wenn überhaupt - und das können Sie bei Vattenfall in den eigenen Broschüren nachlesen -, ist das CO2-freie Kraftwerk erst ab 2020 verfügbar. Wer ein CO2-freies Kraftwerk will, muss noch mehr Kohle hineinstecken und der Wirkungsgrad sinkt weiter rapide. Der Strom wird dadurch natürlich auch noch teurer und das weiß auch Vattenfall.
Wenn das CO2-Kraftwerk dann doch nicht funktioniert? Im "Hamburger Abendblatt" war zu lesen, dass dann die Firma Vattenfall 11,5 Millionen Euro in einen Klimaschutzfonds zahlt. Das ist aber nirgends festgeschrieben. Muss es auch nicht, sagte uns gestern Staatsrätin Gundelach, denn der Senat geht davon aus, dass diese Technik funktioniert. So sicher ist sich da aber offensichtlich der oberste Boss von Vattenfall keinesfalls. In einem Interview "Der Zeit" hat er noch im April gesagt, wenn wir das CO2 nicht wegbekommen, dann bekommen wir ein Problem, dann müssen wir die Deiche höher bauen. Das ist an Zynismus nicht zu übertreffen und das nimmt der Bürgermeister einfach so hin.
Die CO2-Abscheidung ist zwar eine wichtige Option, aber sie ist noch so unsicher, dass man darauf keine Politik bauen darf. Das haben wir übrigens in unserer Anhörung gelernt. Selbst wenn die Technik funktionieren würde, ist noch nicht klar, wo das CO2 dann eingelagert werden soll. Irgendwo in Norddeutschland oder vielleicht auch in Norwegen hat uns gestern Frau Staatsrätin Gundelach erzählt. Die Kosten für den Transport und die Einlagerung soll der Bund bezahlen, denn der schafft schließlich die Voraussetzungen und den rechtlichen Rahmen für die Einlagerung von CO2. Wir erfahren jetzt auch, dass Vattenfall für die Fernwärmetrasse noch Geld vom Steuerzahler abholen will. Es ist ein Skandal, dass der Bürgermeister das alles der Öffentlichkeit verschwiegen hat. Nach eigener Darstellung hat er unheimlich hart verhandelt, um etwas für den Klimaschutz herauszuholen und was ist dabei herausgekommen? Nichts weiter als die Baugenehmigung selbst. Es ging dem Bürgermeister als obersten Klimaschützer offensichtlich nur darum, das Gesicht zu wahren, denn er hat den Bau von Moorburg zugesagt.
Kalt erwischt hat ihn dann die Kritik, sogar aus dem eigenen Senat. Senator Gedaschko hat das Kohlekraftwerk noch vor wenigen Wochen als politisch unerwünscht bezeichnet. Der Kluge lässt sich belehren, Herr Engels. Zu den Klugen gehört der Bürgermeister allerdings nicht.
Herr Gedaschko könnte direkt als Vorkämpfer für den Klimaschutz durchgehen, nicht aber der Bürgermeister und da bin ich mir einig mit Frau Goetsch: Er hat dem Klimaschutz den Todesstoß versetzt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte die Rede mit einem Zitat des Bürgermeisters beginnen, denn der hat in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung vom 12. Juli auch einmal etwas Vernünftiges gesagt, woran er sich allerdings heute, glaube ich, nicht mehr so gerne erinnert. Er sagte:
"Das neue Kraftwerk [in Moorburg] darf das Klima nicht zusätzlich belasten, sondern muss es unter dem Strich verbessern."
"Falls das Kraftwerk in Moorburg gebaut werden sollte, wird das Kohlekraftwerk in Wedel stillgelegt und das Kraftwerk der Norddeutschen Affinerie nicht gebaut. Wir wissen, wie viel Kohlendioxid das Kraftwerk in Wedel heute ausstößt und wie viel Kohlendioxid das Müll-Kraftwerk in die Luft blasen würde. Ein neues Kraftwerk soll deutlich mehr Strom und Fernwärme produzieren und weniger Schadstoffe ausstoßen als diese Werke. Das ist unsere Forderung an Vattenfall."
Mit anderen Worten: Der Bürgermeister ist in die Verhandlungen mit Vattenfall mit der Forderung gegangen, dass das neue Kraftwerk in Moorburg nicht mehr als 2,5 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen soll, denn das ist die Summe dieser beiden genannten Kraftwerke in Wedel und auf der Peute. 2,5 Millionen Tonnen durch das Kraftwerk Moorburg war die Messlatte, mit der Sie in die Verhandlungen hineingegangen sind. Klimapolitisch war das sicherlich nicht optimal, aber immerhin vertretbar. Sie hatten erkannt, dass diese acht Millionen Tonnen durch eine Doppelblockanlage klimapolitisch nicht vertretbar sind.
Vier Monate später sind die Verhandlungen beendet mit dem Ergebnis, dass Vattenfall diese Doppelblockanlage doch baut und acht Millionen Tonnen CO2 ausstoßen darf. Mit 2,5 Millionen Tonnen in die Verhandlungen gegangen, mit acht Millionen Tonnen herausgekommen, da kann sich eigentlich jeder Verhandlungspartner von Ihnen nur freuen, wenn er mit Ihnen Verhandlungen führen kann. Aber für das Klima ist diese Rückgratlosigkeit fatal.
Dieses Scheitern - man kann es eigentlich nicht anders als ein deutliches Scheitern Ihrer Verhandlungslinie nennen - versuchen Sie jetzt mit einem ökologischen Deckmäntelchen zu kaschieren. Bei genauerer Betrachtung sind diese vier Punkte, die Sie da anführen, nur heiße Luft. Ich möchte auch im Einzelnen auf diese eingehen.
Der erste Punkt ist die Laufwasserkühlung. Da verpflichtet sich Vattenfall zum Einbau einer Kühlung, dass die Elbe nicht mehr als drei Grad erwärmt werden darf. Na, super. Vattenfall verpflichtet sich, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Ein riesiger Verhandlungser
Dann kommt das Argument von Herrn Engels, der CO2Ausstoß würde sich bei deutschlandweiter Betrachtung um 2,5 Millionen Tonnen verringern. Diese Zahl soll auch der TÜV bestätigen. Aber wieso sind Sie eigentlich nicht in der Lage zu sagen, welche Kraftwerke abgeschaltet werden und wie viel CO2-Einsparung sich daraus konkret ergibt. Sie müssen das doch auch einmal konkret vorrechnen. Diese abstrakte Rechnung, die Sie da aufmachen, geht nämlich nicht auf, wenn man das einmal konkret durchrechnet. Das einzige Kraftwerk, das konkret abgeschafft werden soll, ist das Kraftwerk in Wedel.
Wenn aber der spezifische CO2-Ausstoß des Kraftwerks Wedel für die produzierte und genutzte Kilowattstunde Wärme und Strom geringer ist als beim neuen Kraftwerk in Moorburg, dann zeigt das doch, dass Ihre Rechnung nicht aufgeht, denn wer sagt denn, dass das Kraftwerk in Moorburg tatsächlich die alten Möhren, die schlechten und ineffizienten Kohlekraftwerke, die die Gelddruckmaschinen für die Energieversorger sind, abgeschaltet werden. Wer sagt denn, dass es nicht auch andernorts genauso ist wie in Hamburg, dass nämlich die kleinen, effizienten und klimafreundlichen Kraftwerke vom Markt verdrängt werden, weil die Energieversorger auf ihre großen zentralen Strukturen setzen. Ihre Rechnung geht schlicht nicht auf, Herr Bürgermeister.
Dann das dritte Deckmäntelchen, die zusätzliche Wärmeauskoppelung. 200 Megawatt mehr Fernwärme sollen ausgekoppelt werden. Das wäre ein Vorteil, wenn dafür an anderer Stelle tatsächlich weniger Gas oder weniger Öl verbrannt werden würde. Aber Sie können nicht erklären, wo diese Wärme genutzt werden soll. In der Industrie haben wir seit 1987 Versuche, die Wärme über KraftWärme-Koppelung zueinander zu bringen. Bisher ohne Erfolg. Bleiben noch die Gebäude als Wärmeabnehmer. Ich glaube, da sind wir uns einig, dass es im Bestand ziemlich schwierig sein wird, in nennenswerten Mengen Wärme an den Mann oder die Frau zu bringen. Bleibt also der Neubau. Wenn Sie dann die Rechnung aufmachen, sind wir uns, glaube ich, auch einig darüber, dass der Passivhausstandard in absehbarer Zeit das ist, was neu gebaut werden wird. Die vereinbarte Wärmeauskoppelung von 200 Megawatt zusätzlich bedeutet, dass neuer Wohnraum geschaffen werden kann, um 1,5 Millionen Menschen neu nach Hamburg zu bringen, die in Passivhäusern wohnen. 1,5 Millionen Menschen bräuchten Sie, um die Wärme, die Sie zusätzlich vereinbart haben, überhaupt im Wohnungsneubau unterzubringen. Das ist absurd, was Sie hier vorrechnen, Herr Gedaschko.
Das letzte Deckmäntelchen, diese CO2-Sequestrierung. Ich glaube, da hat Herr Neumann beim letzten Mal das Richtige gesagt. Sie setzen hier wirklich auf einen Warpantrieb, bei dem niemand weiß, ob das jemals funktionieren wird. Wer so etwas macht, der spielt schlicht Russisches Roulette mit unserem Klima und das ist unverantwortlich.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Maaß, ich weiß nicht, ob Sie gelegentlich zum Radiohören kommen. Es gibt ein nettes Lied mit dem folgenden von Grönemeyer gesungenen Refrain: Es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht.
Es könnte verdammt einfach sein. Wenn es so wäre, dass das, was wir uns wünschen, morgen in Kraft tritt. Wir alle wünschen uns für die Zukunft eine Energieversorgung, die klimaneutral ist. Ein vollkommen klarer Konsens. Sie sind allerdings die Einzigen, die glauben, dass das mit dem Wunsch getan ist. Zeuge dafür, dass Sie die Einzigen sind, ist der Bundesparteitag der SPD. Mein Kollege hat das schon gesagt, auch dort ist der Konsens als Brückentechnologie. Für die nächsten Jahre brauchen wir es, unter anderem auch, weil Sie einer anderen Brückentechnologie das Ende gemacht haben. Das heißt, auf die können wir nicht setzen.
Das Stichwort Russisches Roulette nehme ich gerne auf. Ihre Ersatzlösung ist nämlich Russisches Roulette, weil Sie gerne mit Herrn Schröder und seinem lupenreinen Demokratenfreund Putin Russisches Roulette mit Gas spielen. Das können Sie gerne machen.
Dann haben Sie gesagt, an die Zukunftstechnologien glauben Sie nicht. Diese Abschaltetechnik geht gar nicht. Ich habe mich gefragt, ob Sie das alte Handbuch der Windenergiegegner zu Rate gezogen haben. Das sind die gleichen Argumente wie gegen die Solarenergie und die Windenergie, die Sie doch kennen müssen. Jetzt kommen Sie selber damit und sagen, was es heute noch nicht gibt, kann es morgen auch nicht geben.
Wir investieren Milliarden in die Fotovoltaik, obwohl sie heute noch nicht so ist, dass man sagen könnte, mit der heutigen Technik kann man die Welt versorgen. Trotzdem investieren wir in diesen Markt. Sie würden das nach dieser Logik nicht tun.