Die Eröffnungsbilanz des Senats wurde uns im August 2006 vorgelegt. Das war eine Leistung, was man anerkennen muss. Der Rechnungshof hat diese Bilanz dann geprüft und festgestellt, ich zitiere wörtlich:
"Die vom Senat vorgelegte Eröffnungsbilanz bedarf hinsichtlich Vollständigkeit und Bewertung einzelner Bilanzpositionen der Korrektur."
Das steht im Übrigen auch in dieser hervorragenden Broschüre, die den Geschäftsbericht darstellt. Die Formulierungen des Rechnungshofs sind sehr zurückhaltend. Daher möchte ich Ihnen vortragen, was dort alles geändert werden musste.
Erstens: Die Finanzbehörde hat den Bilanzansatz pauschal ermittelt. Das hat dazu geführt, dass Zuschüsse doppelt bilanziert und nicht bilanzierungsfähige Zuschüsse aktiviert worden sind. Nach Berechnung des Rechnungshofs sind es 1,3 Milliarden Euro zu hoch ausgewiesene Posten.
Zweitens: Hafengrundstücke wurden sowohl bei der Hamburg Port Authority, als auch bei der Stadt bilanziert, allerdings mit unterschiedlichen Werten, Korrekturbedarf 1,1 Milliarden Euro.
Drittens: Anlagen im Bereich der Hochwasserschutzbauten wurden nur unvollständig aufgenommen. Der Bilanzansatz im Hinblick auf geschätzte Bestände und geschätzte Werte war nicht ausreichend fundiert.
Viertens: Die bilanzierten Forderungen gegen verbundene Unternehmen und Beteiligungen entsprachen unglücklicherweise nicht dem, was die Unternehmen selbst bilanziert hatten.
Fünftens: Die Forderungen gegen die HGV waren unzutreffend ausgewiesen und für mindestens 4.959 Pensionsberechtigte wurden sämtliche Ansprüche nicht in die Rückstellungen genommen.
Warum sage ich Ihnen das? Ich sage es nicht, um den Finanzsenator oder die Finanzbehörde zu kritisieren. Ich sage es, weil wir am Anfang eines Weges stehen und weil es schwierig ist, eine ordentliche kaufmännische Buchführung für diese Stadt aufzustellen. Wenn man das aber weiß, dann fragt man sich natürlich, was jetzt mit der ersten Abschlussbilanz des Jahres 2006 ist? Das ist die Abschlussbilanz des Senats. Sie ist von niemandem geprüft worden. Der Rechnungshof wird sie im Jahre 2008 prüfen. Bis dahin haben wir eine nicht zertifizierte Bilanz.
Alle von Ihnen in der CDU, die vielleicht mal etwas mit der Wirtschaft zu tun hatten, wissen, dass in einem normalen Unternehmen so etwas überhaupt nicht geht. Eine zertifizierte Bilanz ist manchmal etwas wert. Auch Konkursunternehmen haben schon zertifizierte Bilanzen vorgelegt. Aber ernsthaft, bei einer nicht zertifizierten Bilanz eines Stadtstaates können wir doch nicht herumtönen, wie großartig sie ist.
Wir können uns darüber unterhalten, was es alles für Probleme gibt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird auch diese Bilanz korrigiert werden müssen, was ich noch nicht einmal dem Senat vorwerfen würde. Das ist einfach so, wenn man mit kaufmännischer Buchführung beginnt. Allerdings muss man sich dann nicht hier hinstellen und wieder so ein Ochsenfroschballett aufführen, wie Sie das gemeinhin tun. Ich möchte - vielleicht auch Sie - zukünftig über Bilanzen reden, die zertifiziert sind und nicht über Bilanzen, die einfach im Raum stehen.
Nun gehört zur kaufmännischen Rechnung nicht nur die Bilanz und die Ergebnisrechnung, die Sie vorgelegt haben, sondern auch die Finanzrechnung. Sie gehört im Übrigen auch im kameralistischen Haushalt dazu. Wir haben immer noch ein Gesetz, das kameralistische Haushalte vorsieht. Diese Rechnung haben Sie bisher nicht vorgelegt. Die Finanzrechnungen sind normalerweise ungefähr drei Telefonbücher, die der Rechnungshof, andere und auch der Rechnungsprüfungsausschuss prüfen. Ihr Geschäftsbericht umfasst ungefähr 50 Seiten - ich glaube, es sind genau 53 Seiten -, wovon im Übrigen 13 Seiten Bilder enthalten,
und zwar sehr gute Bilder, das muss ich wirklich sagen. Schöne Frauen, schöne Projekte und schöne Architektur. Man fragt sich natürlich, was das mit der Doppik zu tun hat. Aber gut, Klappern gehört zum Handwerk, warum auch nicht. Was ich Ihnen hiermit sagen will, ist, dass es nicht funktioniert, wenn man einen Geschäftsbericht, aber keine Finanzrechnung vornimmt. Diese Kritik müssen Sie sich gefallen lassen.
Dann schauen wir uns einmal das an, was Sie uns hier vorläufig vorgelegt haben. Finanzsenator Peiner hat einmal erklärt, ich zitiere:
"In den nächsten sechs bis zehn Jahren muss in Abhängigkeit von der Entwicklung der Steuereinnahmen die doppische Ergebnisrechnung ausgeglichen sein."
Die Bilanz des Jahres 2006 - der Kollege Kruse hat hierauf hingewiesen - ist nicht ausgeglichen. In der vom Senat vorgelegten Eröffnungsbilanz betrug das Eigenkapital der Stadt 4 Milliarden Euro. In der korrigierten Version waren es 3,3 Milliarden Euro. In der Abschlussbilanz für das Jahr 2006 sind es 2,7 Milliarden Euro, jedenfalls nach Ihren Zahlen. Sie müssen nicht erklären, dass das nicht besonders gut ist.
Das ist vor allen Dingen aus dem Grunde nicht besonders gut, weil diese Bilanz in einem Haushaltsjahr mit den höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte der Stadt seit 2001 erzielt wurde. Es ging uns also wieder so gut, dass Sie in Ihrer eigenen Fraktion ständig diskutiert haben, was Sie bis zum Wahlkampf alles verteilen werden. Aber trotzdem sind wir in der Eigenbilanzquote gesunken. Das bedarf der Erklärung. Ich kritisiere das noch nicht einmal direkt, aber es muss einfach erklärt werden. Und es erklärt sich nicht nur mit Rückstellungen.
Wenn wir jetzt diesen Vermögensverzehr von 600 Millionen Euro aus dem Jahre 2006 fünf Jahre hochrechnen würden - man kann das auch auf den Wahlkampf münzen -, dann haben wir überhaupt kein Eigenkapital mehr. Das wäre aber Schwachsinn, das zu tun. Sie dagegen haben dann gleich eine vorläufige Hochrechnung für das Jahr 2007 vorgelegt. Und hier sind Sie auf einmal im Plus.
Was ist nun diese vorläufige Hochrechnung wert? Ich schaue in die Gegend, wo die Wirtschaftskoryphäen der CDU sitzen, und frage Sie: Welches Unternehmen gibt freiwillig eine Gewinnwarnung heraus?
Der Senat gibt auch keine Gewinnwarnung heraus, aber eine vorläufige Bilanz. Nun könnte ich mit großer Ironie fragen: Sind hierin die Rückkehrer des LBK sowie von pflegen & wohnen bei Vitalis und alles, was wir in den letzten Wochen beschlossen haben, bereits enthalten? Da Sie von Konsolidierung sprechen kommen wir jetzt vielleicht einmal zu einem ernsthaften Teil der Debatte, weil eigentlich der Rest sich im Augenblick nicht besonders auf dieser Datenbasis lohnt.
Nach alledem, was wir seit dem 1. Januar 2007 bis heute in Kleinen Anfragen abgefragt haben, haben Sie mit hervorragenden Anträgen der CDU-Fraktion 200 Millionen Euro zusätzlich für die Jahre 2007 und 2008 beschlossen und ausgegeben. Das ist Ihre derzeit äußerst ausgabenfreudige Politik. Zu Ihrer Erinnerung: Sie haben während der ganzen Zeit, in der Sie an der Regierung sind, nach Ihren eigenen Angaben maximal 500 Millionen Euro konsolidiert, aber den Haushalt 2007/2008 haben Sie dank der hervorragenden Konjunktur, für die Sie nicht verantwortlich sind, und dank der guten Steuereinnahmen, die uns allen gefallen, um 200 Millionen Euro aufgestockt. Was hat das mit Konsolidierung zu tun?
Eigentlich gar nichts! Wir haben auch heute wieder interessante Anträge der CDU auf der Tagesordnung, wie eigentlich in jeder Sitzung, die Sie alle voll konsolidieren. Diese Anträge werden alle aus den Rücklagen bedient oder aus den abgesenkten Verlustausgleichen der HGV. Das ist alles 150-prozentig seriös oder auch nicht. Vielleicht sollten wir im Haushaltsausschuss einmal ernsthaft über Doppik diskutieren und uns nicht hier hinstellen und erklären, dass wir eine erste Bilanz haben, die hervorragend ist. Sie wird nicht bestehen bleiben, werte Kollegen. Hier ist noch ein langer Weg, den wir gemeinsam gehen können.
Es wäre schön, wenn wir diesen Weg gemeinsam gehen können und Sie nicht nach der Strategie verfahren würden, dass alles was in der Stadt gut ist, der CDU gehört und was nicht gut ist, ihr zwar auch gehört, aber trotzdem gelobt werden muss.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Herr Kruse hat erklärt, dass die CDU mit der Konsolidierung begonnen hat. Dann kam die Doppik und schließlich der Beschluss: Keine weiteren Schulden!
Es ist richtig, die CDU hat mit der Konsolidierung begonnen und aufgehört. Dann hat sie die Doppik eingeführt. Das ist auch okay, denn das haben wir alle zusammen gemacht.
Es gab keine einzige Gegenstimme hier im Hause. Das haben wir im Übrigen schon lange vorher und nicht erst seit Herrn Peiner innerhalb des Haushaltsausschusses bei beliebigen Gelegenheiten angesprochen, dass die Stadt darauf hinaus muss.
Dann kam der Beschluss, keine weiteren Schulden aufzunehmen. Hier kann man nur entgegnen, dass der Beschluss ausweislich des Geschäftsberichts zu kurz gesprungen war. Auf Seite 18 des Geschäftsberichts teilen Sie mit, ich zitiere:
"In Höhe dieses Jahresfehlbetrages wird das Eigenkapital Hamburgs vermindert. Die Doppik verdeutlicht, dass trotz aller Anstrengungen noch immer das Reinvermögen der Stadt abnimmt und wir auf Kosten zukünftiger Generationen wirtschaften."
Wir hatten versucht, Sie gerade darauf hinzuweisen, dass diese Tendenz zum Vermögensverzehr durch kein Schuldenverbot begrenzt wird. Wenn Sie erreichen wollen, dass Sie das Vermögen nicht verzehren, dann müssen Sie ein komplexeres Instrument als ein Schuldenverbot haben. Sie müssen dann das Thema, Vermögen nicht zu verzehren, zum zentralen Gesichtspunkt machen, aber nicht das Thema Verschuldung, was ein kameralistischer Gesichtspunkt ist. Sie haben sozusagen einen Rückfall in die Kameralistik begangen, als Sie das beschlossen haben, anstatt der Bürgerschaft hier einen vernünftigen und gegenwartsbezogenen Beschluss nahezulegen.
Zum Weiteren: Mir geht es genauso wie Herrn Zuckerer. Ich kann in Wirklichkeit auch nicht viel über diesen Geschäftsbericht debattieren. Ich finde es gut, dass es ihn gibt. Es gibt Einführungsprobleme, die auf der Hand liegen, was aber auch bedeutet, dass die Debatte um die Ergebnisse naturgemäß jetzt ein bisschen schwierig ist.
Aber wie versucht der Senat, die Geschichte zu überspielen, dass er hier eine völlig unstrittige Handlungsweise erstmals vorlegt? Er versucht sie zu überspielen, indem er diesen Geschäftsbericht mit einer Bemerkung einleitet: Hamburg ist Spitzenstandort unter den Bundesländern. Der Senat thematisiert nicht den Geschäftsbericht, sondern führt aus, dass man insgesamt spitze sei. Das ist ein propagandistisches Draufsatteln, was dieser Geschäftsbericht und auch die reale Lage nicht tragen.