Protocol of the Session on August 30, 2007

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich habe damals den Auftritt von Herrn Lange zwar in der Form unmöglich gefunden, vor der Bürgerschaft seine Spitzenbeamten, die sich hier nicht wehren konnten, zu ohrfeigen. In der Sache fand ich es aber völlig richtig, dass er forderte, endlich klar zu sagen, wie viele Stellen wir im Schulbereich ausfinanziert haben. Wenn Sie uns jetzt sagen, Herr Heinemann, dass es aber auch vernünftige Reformen gewesen seien, die die Effizienz des Lehrereinsatzes steigern - sozusagen mehr an die Front und nicht nur in der Verwaltung -, ist das okay. Trotzdem müssen wir wissen, wie viele es denn eigentlich sind. Sonst passiert uns das, wovor wahrscheinlich Herr Lange Angst hatte. In den letzten Jahren des Krieges hatte die Wehrmachtsführung immer damit zu tun, dass die Truppenkommandeure sagten, wir haben zu wenig Einheiten. Dann wurde immer zurückgemeldet, wir haben noch mehr Divisionen an die Front geschickt, hatten sie auch, allerdings hatten diese Divisionen keine Soldaten mehr. Sie hatten unentwegt neue Divisionen gegründet. Solche Geschichten sind Ihre Hundert-Prozent-Versorgung.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der SPD - Doris Mandel SPD: Ja, genau! - Petra Brink- mann SPD: Genau!)

Sie haben einfach herunterdefiniert, wie viele man braucht und dann sagen Sie, davon haben wir aber 100

Prozent. Das ist ein großartiges Ergebnis. Das können Sie alles machen, wenn Sie damit irgendwelche Lehrer und Eltern ruhigstellen wollen. Ich als Mitglied des Haushaltsausschusses will aber wissen, wie viele Stellen es real gibt und nicht, wie Sie gerechnet haben, um in der Öffentlichkeit einen guten Eindruck zu machen. Ich möchte wissen, wie viel wir im Laufe der Jahre bezahlt haben und dann können Sie mir auch gut und gerne erklären, was Sie getan haben, um die Leistungen dieser so eingesetzten und bezahlten Menschen gegenüber den Kindern zu steigern. Das höre ich mit Wohlgefallen, aber zunächst will ich einmal wissen, wie viele es überhaupt waren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Frau Senatorin Dinges-Dierig.

(Michael Neumann SPD: Na, wie viele Divisionen haben Sie!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Maier, Sie haben vielleicht meine Ausführungen vorhin nicht ganz verstanden.

(Zurufe bei der SPD und der GAL: Oh, oh! - Michael Neumann SPD: Das hätten Sie bei jedem sagen können, nur nicht bei Herrn Maier!)

Deshalb erkläre ich das hier noch einmal. Sie sprachen von einem Rechenfehler. Es ist kein Rechenfehler, es ist ein Übermittlungsfehler aufgrund anderer Formulare, die in der KMK verwendet wurden. Auf jeden Fall wurden einige Sonderbedarfe, die sonst immer dabei waren, dieses Mal nicht mit übertragen. Wir wissen seit der Inventur - das wissen Sie, Herr Maier, auch -, dass wir in Hamburg zum ersten Mal exakte Zahlen im Gegensatz zu früher haben. Damals gab es Zahlen mal ohne Geld, mal mit Geld, mal mit Menschen, mal ohne Menschen, mal vermutet, mal im Karteikasten. Deshalb haben wir die Inventur gemacht und kennen heute die exakte Zahl.

Ich hatte Ihnen in den vergangenen Wochen im Haushaltsausschuss gesagt - wir haben dies im vergangenen Jahr bei der Debatte über die Lehrerstellen und das Ergebnis der Inventur auch dem Haushaltsausschuss berichtet -, dass wir als Selbstverpflichtung unserer Behörde bei jeder Berichterstattung im Rahmen des Haushaltsausschusses zum Haushaltsverlauf des jeweiligen Jahres - also jetzt Haushaltsverlauf 2007 - ebenfalls einen Bericht über den Verlauf des Personals abgeben wollen,

(Nebahat Güclü GAL: Jetzt sagen Sie doch mal endlich die Zahlen!)

damit jederzeit exakte Zahlen vorhanden sind. Der große Unterschied ist, dass es sich nicht um einen Rechenfehler, sondern um einen Übermittlungsfehler handelte, indem vorhandene Zahlen in ein verändertes Formular nicht übertragen wurden.

(Doris Mandel SPD: Wir wollen die Zahlen wis- sen!)

Wenn wir im Haushaltsausschuss diesen Punkt haben, werden wir bis ins Einzelne darüber berichten - Sie kennen die Zahl, wir haben im Moment an den staatlichen Schulen zur jetzigen "Personalorga" rund 13.500 Stellen als Bedarf im Lehrerbereich -, wie viel wir an anderer

A C

B D

Stelle noch haben, denn das ist erst das Gesamtbild und das gilt es abzubilden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Ernst.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Senatorin, als wir das Thema angemeldet haben, haben wir das auch gemacht, weil wir den Eindruck hatten, dass Sie die Fakten einfach nicht mehr interessieren, sondern versuchen, mit schöngerechneten Meldungen durch die politische Landschaft kommen zu können.

Ich will noch einmal an das Thema Bildungsmonitoring erinnern. Wir sind erst aufmerksam geworden, als Sie, Herr Heinemann, eine Pressemitteilung gemacht haben, wo Sie sich feiern ließen, wie toll Hamburg im bundesweiten Vergleich sei und Stunden später eine Meldung der Senatorin Dinges-Dierig kam, wie toll Hamburg im bundesweiten Vergleich dastünde. Erst da haben wir uns die Mühe gemacht, uns diese Studie einmal zu besorgen.

Sie haben auf der Basis dieser Studie Meldungen verbreitet, obwohl Sie hätten sehen müssen, dass Hamburg von Platz vier im Jahr 2004 auf Platz acht im Jahr 2007 abgerutscht ist. Das hat Sie nicht daran gehindert, sich für die Ergebnisse in dieser Studie zu loben. Deshalb finde ich die Bemerkung, das seien alles Übertragungsfehler, etwas nachgereicht. Sich nicht zu scheuen, sich im Doppelpaket feiern zu lassen, nachdem Ihnen Studien vorliegen, dass Hamburg im Ranking richtig abgesackt ist, hat etwas mit Realitätsverlust zu tun.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Institut der Deutschen Wirtschaft, das diese Zahlen vorgelegt hat, ist ja keine rotgrüne Kaderschmiede, sondern ein Institut, das eher im anderen Spektrum zu verorten ist, das sich die Mühe gemacht hat, etwas herauszufinden. Es sind eklatante Schwächen im hamburgischen Schulsystem benannt worden, die wir auch kennen. Aus allen Studien wissen wir, dass wir schlecht in Mathematik sind. Uns wird bescheinigt, im Bereich Naturwissenschaften zu wenig auszubilden und das wenige Wochen, nachdem Senator Dräger versucht hat, mit dem Thema Talentstart kreative Pressepolitik zu machen. Auch hier zeigt sich, dass Ihre Pressemitteilungen mit der Realität in der Stadt gar nichts zu tun haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir sind keine Talentstadt, sondern wir sind abgehängt im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften durch die Entwicklung der letzten Jahre und das beginnt beim Schulsystem, wo uns jede Untersuchung bescheinigt, dass Hamburgs Schüler schlecht rechnen können und jetzt bescheinigt wird, dass sich das im Bereich der Universität fortsetzt. Wer kein Problembewusstsein hat - das hat bei Ihnen irgendwie aufgehört -, der wird keine bessere Politik machen können und deshalb haben wir das Thema angemeldet.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Dann noch einmal zu der interessanten Zahlendebatte. Es gelingt uns in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaftssitzung jetzt nicht zu verstehen, wie die KMK-Zahlen mit den Zahlen, die uns die Schulbehörde für Hamburg prä

sentiert, zusammenhängen; das ist auch der Senatorin nicht gelungen. Aber die Schulbehörde müsste es auf Nachfrage können. Sie müsste natürlich die Differenz zwischen den Zahlen, die sie an die KMK liefert und den Zahlen, die sie dem Haushaltsausschuss zur Verfügung stellt oder auf Kleine Anfragen hin liefert, erklären können und das kann sie nicht. Deshalb hat es keinen Fortschritt gegeben, seitdem Schulsenator Lange hier seine Auftritte hatte und wir über diese Zahlen lang und breit diskutiert haben.

Vielleicht kommt es auch gar nicht auf die Zahlen an. Aber die Größenordnung und die Richtung sind sowohl bei der KMK als auch bei den Hamburger Daten völlig erkennbar. Es gibt einen massiven Abbau von Lehrerstellen, seitdem die CDU in Hamburg regiert und das sind die Fakten.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie versuchen, Nebelkerzen zu werfen und sagen, die Lehrer seien doch gar nicht mehr die wahre Währung; es gebe Sozialpädagogen, Erzieher und Erzieherinnen. Die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer bleibt auch in den nächsten Jahrzehnten die interessante Währung im Schulbereich, weil es diejenigen sind, die den Unterricht geben.

Uns interessiert auch, wie viele Erzieherinnen und Sozialpädagogen es an den Schulen gibt, aber auch, wie groß die Klassen und wie groß die Lehrer-Schüler-Relationen sind. Sie haben mit Ihrer Politik die größten Grundschulklassen der Republik produziert und die Lehrer-SchülerRelation massiv verschlechtert. Das passt doch alles zu Ihren Zahlen. Steigende Schülerzahlen bei sinkenden Lehrerzahlen sind doch die Ursachen für das Dilemma, das Frau Boeddinghaus beschrieben hat und das Realität ist. Sie haben sich davon verabschiedet zu gestalten, sondern glauben, mit Jubelpressemitteilungen über die nächsten Monate zu kommen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. - Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der Abgeordnete Heinemann bekommt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ernst, der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, dass wir eben nicht einfach Jubelpressemitteilungen herausgeben, denn wenn Sie die lesen würden, würden Sie feststellen, dass ich sehr genau dargestellt habe, wo nach diesem Bildungsmonitor die Stärken und auch die Schwächen Hamburgs liegen. Unter anderem habe ich das Thema Naturwissenschaft in meiner eigenen Pressemitteilung benannt; das können die Journalisten vielleicht bestätigen.

(Michael Neumann SPD: Lesen Sie doch mal vor, zitieren Sie sich doch mal selbst!)

Ich habe auch darauf hingewiesen - das ist vielleicht nicht ganz unwichtig -, wie sich bestimmte Zahlen zusammensetzen. Unter anderem habe ich darauf hingewiesen, dass die Zahlen aus 2005 stammen, sodass zum Beispiel das Sinus-Programm für Mathematikförderung, das wir flächendeckend eingeführt haben, noch nicht durchgewachsen war. Natürlich ist auch das Thema Mathematik in der Oberstufe, das wir beschlossen haben, noch nicht durchgewachsen. Ich habe auch darauf hin

gewiesen, wenn Sie diese wunderbaren Vergleiche von 2004 nach 2007 ziehen, dass in den Daten von 2004 die Pisa-Ergebnisse von 2003 noch nicht enthalten waren. Der Bildungsmonitor hat zum Beispiel in der Dynamikfrage gemessen, wie sich die Pisa-Ergebnisse von 2000 auf 2003 verändert haben. Wenn Sie sich erinnern, dann wissen Sie, dass es während Ihrer Regierungszeit 2000 einen Pisa-Boykott in Hamburg gab und sich Hamburg von daher auch nicht von 2000 nach 2003 verbessern konnte; da waren wir sozusagen auf Null. Andere Bundesländer haben sich verbessert, weil sie damals schon CDU-regiert waren. Solche Unterschiede muss man schlicht und einfach auch einmal berücksichtigen und darauf habe ich hingewiesen.

Uns ist auch aufgefallen, und zwar anhand des Bildungsmonitors, dass die Schüler-Lehrer-Relation hochgegangen ist, und zwar deutlich in der Grundschule auf 2,3. Dies konnte ich aufgrund der Plausibilitätskontrolle nicht glauben, der Bildungsbehörde ging es ebenso. Wie kann sich etwas um 2,3 steigern, wenn man es nur um eins erhöht hat. Also haben wir nachgeforscht und das ist das Ergebnis. Sie sehen, wir schreiben nicht einfach Jubelpressemitteilungen, sondern wir gucken genau hin.

(Beifall bei der CDU)

Dann bekommt das Wort für noch eine Minute der Abgeordnete Buss.

Frau Senatorin, Herr Heinemann! Eine kurze Bemerkung dazu: Wenn es tatsächlich diesen Übermittlungsfehler gegeben hätte, wo blieb dann erstens Ihre Pressemeldung dazu, dass diese Zahlen nicht korrekt seien?

Zweitens: Warum haben Sie sich denn geweigert, im Schulausschuss und im Haushaltsausschuss eine Sonderbefassung zu diesem Thema zu machen, um diesen Übermittlungsfehler klarzustellen und aus der Welt zu schaffen? Das haben Sie nicht gemacht, weil Sie Angst davor haben, dass diese Zahlen so aufgefasst werden müssen, dass es abwärts geht bei der Versorgung. Jetzt versuchen Sie, sich aus der Defensive herauszuschmuggeln. So ist es in Wirklichkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL) )

Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde ist beendet. Ich rufe Tagesordnungspunkt 55 auf, die Drs. 18/6621, Antrag der SPD-Fraktion: Raumplanung für Ganztagsschulen: Von der Flickwerkplanung zum integrativen Zukunftsmodell.

[Antrag der Fraktion der SPD: Raumplanung für Ganztagsschulen: Von der Flickwerkplanung zum integrativen Zukunftsmodell - Drs. 18/6621- ]

Wird das Wort dazu gewünscht? - Frau Ernst, bitte.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es sind harte Zeiten für die Nichtbildungspolitiker aller Fraktionen, dass zwei Bildungsdebatten hintereinander folgen.