Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Einführung einer nachträglichen Sicherheitsverwahrung für jugendliche Straftäter. Wir halten diesen Punkt für besonders wichtig, weil die Klientel, um die es hier geht, nicht diejenige ist, die wir mit hochphilosophischen Gesprächen bei einer Tasse Jasmintee und Köpfchen kraulen von Recht oder Unrecht überzeugen können.
Es geht um jugendliche Straftäter, die aus unserer Sicht bei einer Jugendstrafe von fünf Jahren durchaus auch nachträglich noch in Sicherheitsverwahrung genommen werden können. Hier kommt der Präventivgedanke unseres Strafrechts zum Ausdruck. Wir wollen, dass Hamburg vor solchen potenziellen Tätern, bei denen die Gefährlichkeit festgestellt wird, in Zukunft geschützt wird.
Die Punkte, die Sie darüber hinaus in Ihrem SPD-Antrag angesprochen haben, erübrigen sich aufgrund der Ausführungen. Zu Ihrem Antrag Forschungsprojekt Pädophilie brauchen wir uns nicht weiter zu äußern, weil dieser Antrag bereits im Gesundheitsausschuss vonseiten der GAL-Fraktion anhängig ist. Wir werden im September eine entsprechende Informationsveranstaltung durchführen. Die dort gewonnenen Erkenntnisse werden Grundlage unseres weiteren Fortgangs sein.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Müller-Kallweit, zunächst einmal finde ich es gut, dass wir uns über dieses Thema nicht in der üblichen Polemik unterhalten, sondern durchaus versuchen, mit leisen Tönen diesem Thema Opferschutz gerecht zu werden.
- Genau, das werden wir noch sehen, aber ich glaube, dass uns zumindest der Punkt eint, dass wir mit dem Thema Opferschutz sehr vorsichtig umgehen müssen. Das ist keine Sache, die gegenseitig für Wahlkampfzwecke missbraucht werden darf, weil wir damit auch den Opfern von Straftaten nicht weiterhelfen, sondern es geht darum, dass wir gemeinsam Konzepte entwickeln, wie wir Opfern in dieser Stadt besser helfen können.
Trotzdem muss gesagt werden, was Herr Müller-Kallweit angesprochen hat, wenn es darum geht, den Wohnort von entlassenen Straftätern zu bestimmen.
Das wird ein bisschen schwierig und das müssten Sie als Jurist selber wissen, dass wir da an verfassungsrechtliche Grenzen stoßen. Wir wollen die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, wenn es darum geht, wirksamen Opferschutz zu organisieren. Aber wir können auch über die Grenzen nicht hinausgehen, weil uns das als Nächstes in Karlsruhe um die Ohren fliegt. Damit ist auch keinem Opfer geholfen.
Jenseits dessen geht es darum, dass wir das Bundesrecht, das seit Ende März gilt und auf Anregung der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries von der SPD beschlossen worden ist - das Gesetz über die Führungsaufsicht und die Verschärfung der Sicherungsverwahrung -, jetzt umsetzen und gucken, welche Hausaufgaben wir auf Landesebene bewältigen müssen. Wir haben mit unserem Zusatzantrag versucht - und deshalb finden wir, dass der sich überhaupt nicht erledigt hat -, diese Sache etwas ganzheitlicher aufzuzäumen, als Sie das gemacht haben. Wir wollen umfassender herangehen. In der Überschrift Ihres Antrags steht zwar, dass es um Sexual- und Gewaltstraftäter geht, aber wenn man dann das Petitum liest, ist zu der Frage, wie wir noch intensiver mit Gewalttätern arbeiten können, nichts gesagt worden. Das heißt, Sie kümmern sich vielleicht um den etwas öffentlichkeitswirksameren Punkt der Sexualstraftäter, aber wir müssen - und das sage ich ganz klar für die SPD - angesichts der gravierenden Gewaltkriminalität, die in dieser Stadt weiter zunimmt, etwas tun. Wenn es um die Gewaltstraftäter geht, muss mehr passieren als das bisher der Fall ist.
Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass diesen tickenden Zeitbomben, die es in dieser Stadt gibt - Gott sei Dank sind es wenige -, mit einem Mix aus Prävention und Repression begegnet wird, dass wir sie davon abhalten, erneut schwerste Straftaten zu begehen, dass wir die Rückfallkriminalität soweit es irgendwie geht und rechtlich zulässig ist, eindämmen können. Dazu gehört aber zunächst einmal, dass wir alles dafür tun müssen, dass es gar nicht erst zu einem Rückfall kommt und am besten auch nicht zu einer ersten Tat. Deshalb stellen wir in unserem Konzept das Thema der Sozialtherapie an den Anfang. Da ist es sehr bezeichnend - das müssen wir, glaube ich, für die Rechtspolitiker insgesamt festhalten -, dass Sie zum Thema Sozialtherapie in Ihrem Antrag nicht ein Wort geschrieben haben. Das erklärt sich natürlich daraus, dass es Ihr damaliger Parteikollege Roger Kusch in seiner Amtszeit geschafft hat, eine bundesweit vorbildliche Sozialtherapie in unserer Stadt mutwillig, ideologisch motiviert zu zerschlagen und das war ein Bärendienst für den Opferschutz, den Sie da geleistet haben.
Wir müssen genau an dieser Stelle umkehren. Wir müssen dafür sorgen, dass es mehr qualifizierte Plätze in der Sozialtherapie in Hamburg gibt, möglichst in eigenen Anstalten. Das ist das, was das Strafvollzugsgesetz an der Stelle will. Wenn man sich die Zahlen anguckt, werden in Hamburg jährlich etwa 100 bis 150 Straftäter, die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begangen haben, zu Haftstrafen verurteilt. Sie haben aber nur 136 Plätze in der Sozialtherapie. Daran kann man sehen, dass es an der Stelle an Grenzen stößt. Gucken Sie sich doch einmal die Rückfallquoten an. Die sind um das
Doppelte besser im Bereich der Sozialtherapie als im Regelvollzug. Das heißt, wer mehr in die Sozialtherapie investiert, der wird einen besseren Opferschutz ernten und deshalb muss da mehr passieren als das bisher der Fall ist.
Wir schlagen deshalb - und das werden wir vielleicht nachher diskutieren, wenn es um das Thema Strafvollzugsgesetz geht - vor, dass Sie ein bisschen von den Bayern lernen sollten. Das Justizministerium in Bayern hat interessanterweise vorgeschlagen, dass ab 2012 in der Regel Gewaltstraftäter auch in die Sozialtherapie kommen sollen. Das haben Sie in Ihrem Strafvollzugsgesetzentwurf nicht geschrieben. Sie sind auf dem jetzigen schlechten Stand stehen geblieben. Es gab keine Weiterentwicklung. Deswegen werden wir darüber noch sehr kritisch mit Ihnen zu diskutieren haben.
Über das Thema Pädophilie und das Projekt, das wir vorschlagen, brauchen wir nicht viel zu diskutieren. Wir hoffen - und dass Sie den Antrag, den wir eingebracht haben, überwiesen haben, ist immerhin ein gutes Zeichen -, dass wir dieses wirklich vorbildliche Konzept der Berliner Charité vielleicht auch in Hamburg anwenden können. Das ist der zweite Punkt. Aber der Punkt geht ein bisschen weiter. Deshalb haben wir auch die Frage an Sie, ob Sie den Antrag wirklich genau gelesen haben, denn wir wollen an der Stelle weitergehen. Die Mitglieder des Gesundheitsausschusses haben vom Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie einen Brief bekommen, in dem das Institut sich zu dem Antrag bezüglich unseres Konzepts für die Erweiterung nach dem Vorbild der Charité geäußert hat. Da haben Sie uns wirklich eine alarmierende Information gegeben, dass nämlich pro Jahr 1.000 Patienten mit sexuellen Störungen abgewiesen werden müssen, weil die Kapazitäten nicht ausreichen. Das ist für eine Stadt wie Hamburg ein wirklicher Skandal, dass 1.000 solcher Menschen, die Probleme haben, die auch Gefahren verursachen können für unsere Stadt, abgewiesen werden müssen, weil die Kapazitäten nicht reichen. Da muss sich dringend etwas tun, meine Damen und Herren.
Bei den forensischen Ambulanzen sind wir völlig d'accord. Wir finden nur, dass es nicht reicht, immer nur zu prüfen, da muss man mal etwas machen. Darauf wird auch meine Kollegin Brinkmann noch eingehen. Auch bei dem Thema der verschärften Führungsaufsicht sind wir nicht weit auseinander.
Wozu ich noch etwas sagen möchte, ist zu dem Thema der Sexualstraftäterdatei, das durchaus die Gemüter bewegt hat. Wir sagen ganz klar, dass es eine strenge, nicht öffentliche, nur für die beteiligten Behörden zugängliche Sexualstraftäterdatei geben darf. Es kann nicht sein, dass solche Täter nach der Haftentlassung melderechtlich irgendwo im Nirwana verschwinden und die Sicherheitsbehörden diese Informationen nicht bekommen. Da kann eine solche Datei hilfreich sein, aber auch da unsere Forderung zu sagen, ob wir das nicht auf besonders gefährliche Gewaltstraftäter erweitern wollen. Das, glaube ich, wäre eine sinnvolle Maßnahme. Eine solche Datei ist rechtlich machbar, sie ist praktisch machbar. Wir wollen keinen Internetpranger. Das sei hier noch einmal klargestellt für die SPD-Fraktion.
Zu der Sicherheitsverwahrung haben Sie schon einige Punkte genannt, bei denen wir gar nicht so weit auseinander sind. Wir finden es übrigens an der Stelle sehr schön, dass Sie einen Antrag, den die SPD schon einmal im März eingebracht hat, noch einmal wiederholen. Wir waren schon im März der Meinung, dass man im Bereich der Sicherungsverwahrung für Jugendliche noch stärker herangehen muss. Insofern haben wir in weiten Teilen eine Möglichkeit, zum Konsens zu kommen. Deshalb ist umso unverständlicher, dass Sie die Anträge nicht in den Ausschuss überweisen wollen, damit wir gemeinsam gucken können, was wir noch besser für den Opferschutz in unserer Stadt tun können. Wir sind dazu bereit. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Als ich zunächst in der Zeitung und dann konkret von Ihrem Antrag erfuhr, habe ich mich gefragt, was der Anlass ist, dass Sie damit die Bürgerschaft behelligen, denn viel Neues steht nicht in Ihrem Antrag. Sie berufen sich zum großen Teil auf Dinge, die überhaupt nur auf Bundesebene geregelt werden können, die Sie zum Teil auch längst gefordert haben und immer wieder fordern, gewissermaßen Ihre Evergreens in der Frage, wenn es um Opferschutz geht. Neue Ideen sind nicht dabei. Soweit überhaupt neue Themen darin stehen, ist es auch nicht Ihre Erfindung. Die Ambulanzen, die Nachsorgemaßnahmen für die Gewaltstraftäter und Sexualstraftäter ist eine Forderung, die sich aus einer bundesgesetzlichen Änderung ergibt. Das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht fordert die Länder quasi auf, es kann die Länder nicht rechtlich verpflichten, aber es ergibt sich daraus indirekt die Forderung an die Länder, solche Einrichtungen vorzuhalten. Deswegen ist es natürlich höchste Eisenbahn, dass die Justizbehörde handelt.
Ich habe bereits einige Zeit bevor Sie Ihren Antrag auf den Tisch gelegt haben den Senat in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage gefragt, wann es endlich soweit ist, dass der Senat die im Strafgesetzbuch vorgesehenen Ambulanzen einrichtet. Es heißt dann, es wird an einem Konzept gearbeitet. Das erstaunt insoweit, als dieses Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht eine durchaus lange Geschichte im Gesetzgebungsprozess hat und auch intensiv mit den Ländern entwickelt wurde. Hamburg kann überhaupt nicht überrascht sein. Ich hätte erwartet, dass in dem Moment, wo der Bundesgesetzgeber sagt, so soll es sein, das Konzept aus der Schublade geholt und unmittelbar umgesetzt wird.
Aber auch wir wollen uns natürlich differenziert verhalten. Und wenn Sie eine Forderung, die quasi eine Selbstverständlichkeit ist, noch einmal zum Antrag erheben, stimmen wir gerne zu. Wir unterstützen die CDU-Fraktion gerne darin, wenn Sie den Senat zum Jagen trägt.
Ähnliches gilt für Ihre Forderung "Sicherheitsmanager". Man kann das so nennen. Wir reden herkömmlich von der Führungsaufsicht. Das, was Sie inhaltlich fordern, ist auch Gegenstand dessen, was im Gesetz zur Reform der
Führungsaufsicht vorgesehen ist, nämlich ein etwas engeres Raster im Rahmen der Führungsaufsicht vorzusehen. Das ist sinnvoll. Das ist auch im Gesetz vorhanden. Es ist auch notwendig, dass das umgesetzt wird. Das ist eine bundesrechtliche Forderung.
Soweit es um die Frage der Sexualstraftäterdatei geht, hat Ihre Forderung zunächst einmal mehr Fragen aufgeworfen, als dass sie durch Ihren Antrag beantwortet worden wären. Denn es bleibt in Ihrem Antrag vollkommen offen, was das eigentlich für eine Datei sein soll. Diese Klarstellung wäre aber insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion notwendig gewesen. Eine Sexualstraftäterdatei, die, wie sie teilweise auch aus der Union gefordert wird, sozusagen den Schutz vor Sexualstraftätern in die Hand der Bevölkerung legt - das kann es nicht sein. Da gibt es in anderen Ländern in Europa und auch in den USA unrühmliche Beispiele. So kann man keine Prävention vor Straftaten schaffen, sondern, wenn überhaupt, kann es nur darum gehen - ich finde die Differenzierung, die die SPD hier gemacht hat, ist sehr vernünftig -, dass durch einen Wohnortwechsel niemand aus der Beobachtung herausfällt. Es kann natürlich nicht sein, dass allein der Wohnortwechsel darüber entscheidet. Warum sollte jemand weniger kontrolliert werden, nur weil er einmal umzieht. Wenn es solche Regelungslücken gibt - insoweit finde ich auch die differenzierte Formulierung in dem SPD-Antrag sehr vernünftig -, dann sollten sie geschlossen werden.
Die wichtige Frage, die offen gehalten wird - das ist vor allem so erstaunlich, weil die forensischen Ambulanzen, wie es in der Fachsprache heißt, diesen konzeptionellen Gedanken so gekonnt aufnehmen -, ist in der Tat die Frage nach der Sozialtherapie. Die Sozialtherapie arbeitet inhaltlich mit bestimmten Konzepten. Und es ist immer die Frage gewesen, was eigentlich nach der Haftentlassung passiert. Die Sozialtherapie hat sich damit auch geholfen. Die Sozialtherapie hat selber eine ambulante Nachsorge sichergestellt. Sie ist in einem gewissen Maße bislang gesetzlich dazu verpflichtet gewesen. Natürlich gab es keinen engen gesetzlichen Rahmen für diese Nachsorge aber es war immer das Bemühen darum vorhanden, das Sinnvolle, was die Sozialtherapie geleistet hat, auch nach der Haftentlassung fortzusetzen.
Wenn diese Erkenntnis - die in diesen Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene eingeflossen ist -, dass es wirklich wirksame und sinnvolle Maßnahmen gibt, die frühere Straftäter von Sexual- und Gewaltstraftaten davor bewahren können erneut Täter zu werden, schon in einen Gesetzgebungsprozess eingeflossen ist, dann müsste spätestens bei Ihnen auch der Gedanke angekommen sein, dass es vielleicht nicht so eine schlaue Idee war, dieses erfolgreiche Konzept der Sozialtherapie zugrunde zu richten.
Wir haben in der Bürgerschaft und im Rechtsausschuss eine sehr ausführliche Debatte zu dem Thema der Sozialtherapie geführt. Sie haben sich durch nichts beirren lassen. Sie sind Roger Kusch wie blöd hinterhergetrottelt
und haben diese Einrichtung zugrunde gerichtet, für die wir bundesweit und auch über die Bundesgrenzen hinaus beneidet wurden. Die Einrichtung - das zeigen alle Berichte aus der Praxis -, die Sie an diese Stelle gesetzt
haben, vermag bei Weitem nicht das zu leisten, was die drei Einrichtungen, die es vorher gab, geleistet haben. Das ist wirklich der größte Anschlag auf den Opferschutz, den eine Regierung in Hamburg zu verantworten hat.
Ich will zuletzt einen Satz zu dem Punkt sagen, in dem wir uns von SPD und CDU unterscheiden. Das ist nämlich das Thema der Sicherungsverwahrung insbesondere für Jugendliche. Wir werden diese Forderung in beiden Anträgen ablehnen. Es ist, wie gesagt, Ihr Ladenhüter. Aber wir sind der Meinung - wir sind auch der festen Überzeugung -, dass dies nicht der richtige Ort für das Instrument der Sicherungsverwahrung ist. Wenn ein junger Mensch im Alter von 16 oder 17 Jahren eine schwere Straftat begeht, dann ergibt das natürlich auch eine entsprechend schwere Strafe. Dann gibt es einen langen Zeitraum der Haft, in dem auf diesen Menschen eingewirkt werden kann.