Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 63, Drs. 18/6518, Antrag der GAL-Fraktion: Klimaschutz in Hamburg 2007: Entspannt mobil das Klima schützen!
[Antrag der Fraktion der GAL: Klimaschutz in Hamburg 2007 (6): Entspannt mobil das Klima schützen! - Drs. 18/6518 -]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion federführend an den Stadtentwicklungsausschuss und mitberatend an den Umweltausschuss überweisen. - Herr Lühmann wünscht das Wort.
Herr Abgeordneter, ich möchte Sie noch einmal unterbrechen und um Ruhe bitten. - Bitte fahren Sie fort.
So wird Bürgermeister von Beust am 18. Mai dieses Jahres im "Hamburger Abendblatt" zitiert. Wir müssen ohne jede Häme feststellen: Der Bürgermeister hat an diesem Punkt eindeutig recht. Der Klimaschutz ist tatsächlich das drängendste Problem der Menschheit. Leider müssen wir mit derselben Deutlichkeit feststellen, dass, seit Herr von Beust im Januar zum Leiter der - das muss ich ablesen - Bundeskommission Bewahrung der Schöpfung, Klima, Umwelt und Verbraucherschutz ernannt wurde,
dieser Ernennung nichts Greifbares und Konkretes für Hamburg gefolgt ist außer solchen allgemeinen Bekenntnissen.
Wir diskutieren heute den mittlerweile sechsten Antrag der GAL-Fraktion zum Thema Klimaschutz und vom Senat oder von der Regierungsfraktion ist zu diesem Thema genau genommen nichts, aber auch gar nichts Konkretes gekommen. Aber, meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion, meine Damen und Herren im Senat, dem Klimaschutz können Sie nicht ausweichen, diesem Problem müssen Sie sich stellen, und zwar hier und jetzt.
Nun hat der Bürgermeister in der Zwischenzeit eine hochrangig besetzte Expertenkommission eingesetzt, die fundierte Vorschläge erarbeiten soll. Ich gebe zu, dass es auch im Verkehrsbereich einige Maßnahmen gibt, die erst einmal einer gründlichen Prüfung bedürfen, wo zum Beispiel technische und juristische Probleme genau erwogen werden müssen, bis wir diese Mittel für Hamburg maßgeschneidert hinbekommen. Ich glaube, Sie ahnen, wovon ich rede. - Ja, es ist die City-Maut. Die City-Maut wird
einen etwas längeren Realisierungszeitraum haben. Das darf uns aber nicht davon abhalten, sehr genau zu prüfen.
Wenn wir uns dann anhören, dass der Herr Bürgermeister bei seiner Reise nach Singapur feststellte, man, es gibt hier eine City-Maut, tolle Sache. Das lasse ich einmal prüfen, und dann am selben Tag in der Zeitung zitiert wird mit dem Satz
dann, muss man ehrlich sagen, fürchten wir sehr um die Qualität der Prüfung und dann fragen wir uns, welche Realisierungschancen eine City-Maut in Hamburg eigentlich hat und überhaupt haben kann, wenn die Vorgaben so gesetzt werden.
Das Ziel einer wirksamen Klimaschutzpolitik besteht doch im Verkehrsbereich gerade darin, wirksame Instrumente zu finden, mit denen die Verkehrsmengen spürbar abgesenkt werden können und mit denen dann auch die Belastungen, die durch Abgase, Lärm et cetera für die Menschen bestehen, spürbar verringert werden können. Eine Maut kann dieses erreichen, wenn die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden. Deshalb müssen wir den Senat auffordern, heute klar zu bekennen: "Ja, wir wollen eine Maut einführen. Ja, wir wollen ernsthaft prüfen." Es geht nicht um Lippenbekenntnisse, sondern um eine echte Perspektive für die Stadt.
Dann dürfen wir in der Folge nicht den Fehler machen, dem Senat, der Regierungsmehrheit hier im Hause oder sonst wem zu gestatten, dass man einfach abwartet, bis das Ende dieser Prüfung gekommen ist und auf konkrete Maßnahmen, die schon heute ergriffen werden könnten, leichtfertig verzichtet. Denn jede Tonne CO2, die wir schon heute sparen, ist besser als eine, die wir morgen sparen. Wir haben ein Potenzial an Möglichkeiten, die schon heute genutzt werden können.
Ich will an dieser Stelle noch einmal Herrn von Beust zitieren, der die Dringlichkeit der Einsparung von CO2 sehr deutlich macht. Damit Sie nicht sagen, das seien einmal wieder nur grüne Weltverbesserer, die etwas behaupten – nein, Herr von Beust selber sagt:
"Experten gehen davon aus, dass unser Deicherhöhungsprogramm - von 7,50 auf (…) 9 Meter - für die nächsten zehn Jahre ausreicht."
Zehn Jahre - was ist das für eine Stadt wie Hamburg? Eigentlich gehen da die Alarmglocken an. In zehn Jahren wird die HafenCity nicht fertig sein. Aber in zehn Jahren werden unsere Deiche den Sturmfluten nicht mehr standhalten, sagen die Experten, die Herr von Beust zitiert. Zehn Jahre reichen gerade eben aus, damit dann bei der U 4, die für 298 Millionen Euro in den Elbsand gebuddelt wird, die Flutschutztore geschlossen werden müssen und diese U-Bahn nicht mehr nutzbar ist. Da ist doch jetzt Handeln gefragt. Da müssen wir konkret weiterkommen.
Bundeskanzlerin Merkel hat genau diesen Umstand in der ihr eigenen Nüchternheit mit den Worten zusammengefasst:
"Wenn die Schäden erst eingetreten sind, werden die Kosten ungleich höher liegen, als wenn wir jetzt gemeinsam in den Klimaschutz investieren."
Deswegen haben wir in unserem Antrag konkret einige Maßnahmen aufgeführt, die heute ergriffen werden können. Wir fordern den Senat also auf, den Beispielen der deutschen Großstädte München, Berlin, Frankfurt und Köln zu folgen und eine Umweltzone einzurichten, um die Fein- und Feinststäube sowie Stickoxide endlich in den Griff zu bekommen. Ich kann nur daran erinnern, dass im Ruhrgebiet eine große Umweltzone eingerichtet werden soll, die dort ganz erhebliche Auswirkungen auf die Belastung durch gewerblichen Verkehr haben wird, darin sind sich alle Experten einig. Für unsere Hafenproblematik und den damit induzierten gewerblichen Verkehr ist auch deswegen eine Umweltzone sehr ernsthaft zu prüfen.
Zweitens: Wir brauchen endlich eine aktive Förderung des Fahrradverkehrs. Herr Gedaschko, ich habe heute der Zeitung entnehmen können, dass Sie gestern öffentlich erklärt haben, dass größere Anstrengungen für den Fahrradverkehr unternommen werden müssen. Das höre ich gern. Die Einsicht kommt zum Ende der Legislaturperiode, aber immerhin kommt sie.
Allerdings muss man auch sagen: Sie haben hier nicht gegen den andauernden, hinhaltenden Widerstand der Opposition anarbeiten müssen, das nun wirklich nicht. Ganz im Gegenteil, wir haben Sie zum Jagen tragen müssen. Wir haben immer gesagt: 2 Euro pro Hamburgerin und Hamburger muss es uns in einer kontinuierlichen Finanzierung nicht mit Hauruck-Aktionen und nicht mit zwischenzeitlichem Austrocknen der Finanzen wert sein - da geht es nicht hin, sondern wir brauchen jetzt zu der qualitativen Aussage, die Sie getroffen haben, endlich auch richtige Zielzahlen. Da, sage ich Ihnen einmal, gibt es zwei Städte, von denen wir ernsthaft lernen können. Amsterdam hat zum Beispiel eine Radverkehrsquote von 37 Prozent. Kopenhagen liegt bei 36 Prozent und hat sich das verbindliche Ziel gesetzt, binnen fünf Jahren auf 50 Prozent zu kommen. Das sind doch einmal Vorbilder.
Wenn wir einmal ein bisschen weiter über Hamburgs Tellerrand hinausschauen, dann sehen wir zum Beispiel auch, dass Ihre ganze Diffamierungsstrategie gegen die Stadtbahn immer ins Leere gegriffen hat. Wir sehen jetzt, dass in Paris die Stadtbahn mit großem Erfolg eingeführt wird. Niemand wird doch sagen können, dass Paris, Istanbul oder Barcelona irgendwelche Kleinstädte wären. Nein, es sind die Großstädte, es sind die wirklichen Metropolen, die auf dieses attraktive Element setzen.
Natürlich haben wir diese Möglichkeiten. Wir können auch jetzt schon Straßenräume nach dem Prinzip des Shared Space umbauen und damit die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum erheblich stärken. Wir müssen aber auch - und das muss man als Regierung dann auch einmal durchstehen - mit repressiven Maßnahmen arbeiten. Wenn sich jemand fragt, ob das Auto benutzt werden soll oder nicht - und da gucke ich auch Sie an, Herr Neumann -, dann ist die Frage nicht unerheblich, ob am Ziel dieses Weges ein Stellplatz zur Verfügung steht und ob der kostenfrei ist oder nicht. Deswegen müssen wir sagen, dass wir jahrzehntelang sehr gut gefahren sind mit einer Politik, die dafür gesorgt hat, dass die Stellplätze in
der Innenstadt immer unter dem rechnerischen Bedarf hergestellt werden. Deswegen ist die Situation in Hamburgs City entspannter als in der anderer Großstädte.
In dem Zusammenhang ist es geradezu aberwitzig, wenn jetzt in der HafenCity die City-Erweiterung ist und dort Stellplätze in einem Maß hergestellt werden, als handele es sich um Gewerbegebiete in irgendeiner Randlage. Sie schaffen selber die Probleme mit den Stellplätzen und dem Verkehr.
Das wird dazu führen, dass wir eine attraktive Fußgängerbeziehung zwischen dem Jungfernstieg, dem jetzigen Zentrum, und dem geplanten Zentrum der HafenCity am Magdeburger Hafen nicht hinbekommen werden, weil wir keine vernünftige Querung der Ost-West-Straße in der Ebene, in der Fußgänger nun einmal laufen wollen, hinbekommen, wenn wir weiterhin so viele Autoverkehre erzeugen.
Natürlich brauchen wir auch eine konsequente Parkraumbewirtschaftung. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass uns jährlich 35 Millionen Euro verloren gehen, nur weil in der Innenstadt der Parkraum nicht richtig kontrolliert wird. Das sind jedes Jahr 35 Millionen Euro, die für klimafreundlichere Verkehre verloren gehen. Das ist das Zehnfache dessen, was wir allein für den Radverkehr bräuchten, wovon wir noch weit entfernt sind, dieses Geld tatsächlich zu haben. Dann haben wir noch eine Menge übrig, um zum Beispiel den öffentlichen Personennahverkehr vernünftig zu fördern. Es gibt Spritspartrainings, es gibt Mobilitätsmanagement, es gibt eine Handvoll von Maßnahmen, die ich gar nicht bis zu Ende aufzählen kann und will, weil die Palette an Möglichkeiten, die wir haben, riesig groß ist und der Senat tut einfach nichts. Er ergreift nicht eine einzige dieser Maßnahmen, die er jetzt ergreifen könnte.
Auf eines möchte ich Sie am Ende noch hinweisen: Sie haben immer große Sorgen, dass eine Politik, die ernsthaft auf die Förderung umweltverträglicher Verkehrsarten setzt, von den Bürgerinnen und Bürgern irgendwie mit Verbot, Verzicht und Gängelei gleichgesetzt würde. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Wer Shared Space fördert, wer aktiv das Fahrradfahren fördert, wer Carsharing fördert und wer die Stadtbahn einführt, der hebt die Lebensqualität für die Menschen in dieser Stadt und das werden die Menschen auch anerkennen. Es ist mehr als ein Beitrag zum Klimaschutz, es ist ein Beitrag zur Lebensqualität in der Stadt und diesen Beitrag können Sie leisten, wenn Sie heute zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Anträgen der GAL zum Klimaschutz verhält es sich meistens so, dass diese eine sehr lesenswerte Lektüre abgeben.