Protocol of the Session on February 28, 2007

Das Wort bekommt die Abgeordnete Ernst.

Herr Päsident, sehr geehrte Damen und Herren! In der Sache wird es im Rahmen der Tagesordnung auch Fünf-Minuten-Beiträge geben. Ich kann für uns erklären, dass wir der Veränderung der Tagesordnung nicht zustimmen werden. Für uns reiht sich das ein in die Politik der CDU, die immer wieder versucht, den Willen von Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt zu ignorieren und Verfahren im Eiltempo durchzuziehen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich kann Ihnen auch noch etwas dazu sagen, wenn Sie dies mit der Eile der parteiinternen Aufstellungsverfahren begründen: Am 27. April entscheidet das Hamburgische Verfassungsgericht erst einmal darüber, ob Sie sich überhaupt auf rechtlich sicherer Grundlage bewegen.

(Beifall bei Dr. Till Steffen GAL)

Ich glaube, vorher sind Sie gut beraten, keine Aufstellungen zu machen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Maaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht um ein sehr sensibles Thema, nämlich um die Neueinteilung von Wahlkreisen. Wir machen Ihnen den Vorwurf, dass Sie mit dieser Neueinteilung von Wahlkreisen weiter am volksbeschlossenen Wahlrecht herumschnippeln und dass Sie ein weiteres Mal auch diesen Volksentscheid missachten, nicht weniger. Sie schnippeln sich Ihre Wahlkreise so zurecht, dass es Ihrer Partei nützt und das ist ein Vorgang, den wir Ihnen nicht durchgehen lassen wollen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Zurufe von der CDU)

Zum Thema Debatte. Sie hätten mit Ihrer Mehrheit die Möglichkeit, Ihre Änderungen ohne Geschäftsordnungsänderung in erster und in zweiter Lesung durchzusetzen. Das Problem ist nur, dass Sie dann auch darüber sprechen müssten. Das heißt, dann hätten Sie das heute zur Debatte anmelden müssen. Aber wenn Sie die Möglichkeit haben, dieser Debatte aus dem Weg zu gehen, dann tun Sie das offenbar, weil es Ihnen peinlich ist, was Sie hier veranstalten. Ansonsten könnten Sie sich doch dieser argumentativen Auseinandersetzung hier und heute stellen und das verweigern Sie.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Zurufe von der CDU)

Sie verweigern die Debatte, Sie verweigern auch Argumente für diese Drucksachen. Die könnten Sie doch endlich einmal auf den Tisch bringen.

(Bernd Reinert CDU: Das ist doch bereits im Aus- schuss beraten worden!)

Ihnen ist es schlicht peinlich, was Sie selber gegen das Volk durchsetzen. Das Gute daran ist, dass Ihnen das Volk – wie wir heute wissen – Ihre Tricksereien in Zukunft nicht mehr durchgehen lassen wird und dass Sie aufgrund der Volksentscheide, die auf Sie zukommen werden, damit in Zukunft nicht mehr durchkommen werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer dem CDU-Antrag folgen und zu den Tagesordnungspunkten 24 und 33 am heutigen Sitzungstag jeweils die ersten Lesungen durchführen und für die morgige Sitzung die zweiten Lesungen vorsehen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Dann werden die ersten Lesungen zu den Tagesordnungspunkten 24 und 33 heute im Anschluss an die Debatten und die zweiten Lesungen am morgigen Sitzungstag erfolgen.

Meine Damen und Herren! Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrates haben die Fraktionen vereinbart, dass die Tagesordnung um zwei weitere Punkte ergänzt werden soll. Es handelt sich dabei zu einen um die Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, zum anderen um die Wahl eines vertretenden ehrenamtlichen Mitglieds der Kommission für Bodenordnung. Die Drucksache 18/5872 und 18/5873 haben Sie erhalten. Sie wurden als Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen. Die Nachwahl zur Kommission für Bodenordnung wird vereinbarungsgemäß ab Donnerstag nach der Fragestunde durchgeführt.

Wir kommen somit zur

Aktuellen Stunde

Dazu sind drei Themen angemeldet worden, und zwar von der GAL-Fraktion

Zukunft der Schule: Zwei Säulen führen in die Sackgasse

Die CDU-Fraktion hat ihre Themenanmeldung geändert und meldet nun folgendes Thema an

Historischer Kompromiss in der Schulpolitik: ZweiWege-Modell für Hamburg

Das Thema der SPD-Fraktion lautet

SPD: Ende der Hauptschule – konkrete Verbesserung für das Hamburger Schulsystem

Die Fraktionen haben vereinbart, alle drei Themen in einer Debatte zusammenzufassen. Das Wort wird gewünscht. Die Abgeordnete Goetsch bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die einjährige Enquete-Kommissionsarbeit ist beendet. Neben den bildungspolitischen Empfehlungen und pädagogischen Auswirkungen möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen, dass das ein sehr spannender öffentlicher Prozess war, eine intensive Auseinandersetzung, die auch ein Erfolg für unser Parlament ist. Es hat unsere parlamentarische Arbeit gestärkt. Es war ein demokratischer Prozess. Im Bundestag sind die Enquete-Kommissionen nicht öffentlich. Insofern empfinde ich das auch als einen Erfolg für unsere parlamentarische Arbeit. Zudem ist die Auseinandersetzung über Bildung – wie das immer wieder betont wurde, auch von dem Vorsitzenden unserer Enquete-Kommission – in den letzten zehn Jahren noch nie so intensiv interfraktionell geführt worden. Auch das ist ein wichtiger Prozess gewesen.

Wenn Sie sich anschauen, dass wir fünf Teilthemen bearbeitet haben, dann sind über vier Fünftel der Themen, die wir mit Empfehlungen belegt haben, hochkonsensual interfraktionell entschieden worden. Da müssen Sie mit der Lupe suchen, wenn Sie Minderheitenvoten finden wollen. Insofern ist die Enquete-Kommission für unsere Hamburger Kinder, für die Schulen ein Erfolg, über den wir uns im Parlament alle zusammen freuen können.

(Beifall bei der GAL, der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die Standards, die wir gemeinsam gesetzt haben, sind irreversibel. Da wird sich in der nächsten Legislatur keiner

trauen, daran zu kritteln, egal wo er sitzt und welche Rolle er einnimmt.

Dann geht es um das letzte Fünftel der Empfehlungen und das ist das Thema Vielgliedrigkeit gewesen, das öffentlich natürlich besonders beguckt wurde, auch überregional. Auch dort, meine Damen und Herren, haben wir gemeinsame Empfehlungen abgegeben, die nicht zu unterschätzen sind, auch wenn sicherlich die Mehrheit sagt, dass wir von der Siebengliedrigkeit auf eine höchstens Zweigliedrigkeit wollen.

Unser Ziel ist eine Schule für alle, die in einer Schulform münden soll und wir wollen gemeinsam die Hauptschule abschaffen. Wir wollen alle das Sitzenbleiben reduzieren. Wir wollen eine gemeinsame regionale Schulentwicklung und Schulaufsicht. Ich erinnere an dieser Stelle daran, weil das vor zwei Jahren noch anders war. Das ist, denke ich, bis hin zu dem Punkt, dass vor einem Jahr noch nicht klar war, dass diese zweite Säule zum Abitur führen soll, auch ein Erfolg, den wir zu verzeichnen haben. Trotz alledem haben wir angemeldet, dass die Schule der Zukunft für uns in einem Schritt weiter anders aussieht. Ich möchte Ihnen allen noch einmal deutlich machen – die Enquete-Kommissionsmitglieder kennen das –, warum einige Hauptübel nicht beseitigt sind, die für uns ganz zentral sind.

Meine Damen und Herren! Es wird weiter nach der vierten Klasse und dann noch einmal schärfer nach der sechsten Klasse ausgelesen. Die Kinder werden in einem Alter von zehn, elf, zwölf Jahren immer wieder in die Auslese gebracht. Es basiert angeblich auf der Theorie der zwei Begabungen, die aber nirgendwo belegt sind. Wer sagt Ihnen denn, dass sich ein zehnjähriges Kind wissenschaftsorientiert entwickeln wird? Wer sagt Ihnen denn, dass sich ein zehnjähriges Kind praxisbegabt orientieren wird? Hier ist ein Hauptübel, das nicht beseitigt ist. Ein weiteres Übel ist, dass die Förderschulen auch in dem Zwei-Säulen-System bestehen bleiben. Das heißt, sie haben wieder eine Dreigliedrigkeit und können wieder in die nächst niedrigere Stufe abschulen. Unsere größte Sorge ist, dass diese zweite Säule trotz der tollen Ausstattung, die geplant ist, weiterhin eine Schule für die sozial Schwachen ist, aus dem einfachen Grund, weil Sie alle davon ausgehen, dass 35 Prozent der Risikoschüler, die wir haben, in diese Schule gehen sollen. Wir wissen von allen Studien, dass die Risikoschüler identisch sind mit den sozial schwachen Schülern. Das heißt, sie schaffen es dann wieder nicht, alle Talente, alle Fähigkeiten der Kinder tatsächlich zu entwickeln, sich entfalten zu lassen bis hin zu ökonomischen Notwendigkeiten, dass wir diesen Nachwuchs brauchen. Das heißt, Sie schaffen keine heterogene Gruppe, in der wirklich ein lernförderliches Milieu geschaffen wird. Diese Gefahr besteht.

Wir wollen weiterhin eine Schule, die nicht separiert und damit die Schüler nicht hindert, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und ihre Potenziale zu entfalten. Nur die Hauptschule abzuschaffen, ist zu wenig. Das ist nicht ein historischer Kompromiss, sondern die Reaktion auf eine Schulpolitik, die nicht mehr getragen hat. Deshalb wollen wir den Schritt weitergehen und ich freue mich auf eine spannende Diskussion. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Frau Ernst bekommt das Wort.

A C

B D

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch die SPD-Fraktion zieht eine ausgesprochen positive Bilanz der Arbeit in der EnqueteKommission. Auch ich möchte noch einmal würdigen, dass wir über Parteigrenzen hinweg zum Teil sehr bemerkenswerte Ergebnisse erzielt haben und dass wir für uns in Anspruch nehmen, dadurch der Bildungsdebatte nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit Impulse zu geben.

Wir haben immer die Meinung vertreten, dass es gerade in der Schulpolitik sinnvoll ist, auch mal etwas Abstand von Parteipräferenzen und Parteipolitik zu nehmen. Es kann nicht sein, dass Schulpolitik so funktioniert, dass die Schulpolitik einer Legislaturperiode lediglich für die Eltern akzeptabel ist, die die jeweilige Regierung gewählt haben, sondern dass Schulpolitik etwas enthalten muss, das konsensualer ist und gemeinsam getragen wird. Ich finde, dass wir in dieser Enquete-Kommission gezeigt haben, dass das auch möglich ist.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Hamburg schafft die Hauptschule ab und damit beenden wir – ich denke, auch unwiderruflich – eine Schulform, die keine Akzeptanz mehr hat und durch die hohe Konzentration von Jugendlichen, die soziale und auch schulische Probleme haben, ihren Herausforderungen nicht mehr gerecht werden konnte. Ich denke aber, dass die Abschaffung der Hauptschule auch ein Signal an diejenigen ist, für die die Schulform bisher diejenige ist, auf die sie gehen. Ich denke, das Signal wird verstanden, dass man sich denen zuwendet, die große Probleme haben, Anschluss zu finden, Arbeit und Ausbildung zu finden und die sich häufig schon in Klasse 7 aufgeben und keine Perspektive mehr sehen. Wenn die Politik in Hamburg sagt, dass diese Schulform abgeschafft wird, bedeutet das konkrete Hoffnung für viele, die mit dieser Schulform nichts Gutes mehr verbinden können und das ist auch ein wichtiges Signal.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Hamburg verabschiedet sich ebenfalls mit den Empfehlungen der Enquete-Kommission vom dreigliedrigen Schulsystem. Das ist für ein westdeutsches Bundesland ein sehr bemerkenswerter Faktor. Hier ist es auch im überparteilichen Konsens gelungen, in dieser schwierigsten Frage der Schulpolitik sich anzunähern. Auch das ist ein gutes Ergebnis.

(Beifall bei der SPD)

Alles das wird zu nachhaltigen Verbesserungen des Schulsystems führen. Auch der Abbau des Sitzenbleibens, weniger Abschulungen sind richtige Schritte, über die wir Einvernehmen herstellen konnten. Wir wären mit unseren Empfehlungen gerne noch weitergegangen. Die SPD verfolgt in der Schulpolitik die Perspektive einer Schule für alle und wir sehen die jetzt eingeleiteten Schritte – Reduzierung von Sitzenbleiben, Abschulen, Reduzierung der Schulform – als konkrete Schritte in diese Entwicklung. Wir hätten uns gewünscht, auch diesen großen Wurf zu machen. Es blieb uns aber nur, hier ein Minderheitsvotum zusammen mit der GAL zu vertreten.

Auf der anderen Seite haben wir bedauert, dass sich die GAL der Forderung und Entwicklung von Stadtteilschulen nicht anschließen konnte. Ich denke, dass niemand in dieser Stadt etwas gegen die Entwicklung einer Schul