Protocol of the Session on January 17, 2007

(Bettina Machaczek-Stuth CDU: Fragen Sie selber mal!)

Das mache ich gerne.

Alle wollen scheint mir und trotz so viel Harmonie packt es Ihr Senat einfach nicht und er ist in den Handlungsempfehlungen aufgeführt.

Ein letzter Punkt – und das ist in meinen Augen der wesentliche Punkt – betrifft, wie sollte es anders sein, die Finanzen. Papier ist geduldig. Uns liegen hier stolze 84 Seiten vor, zu denen engagierte Menschen ihre Gedanken und Erfahrungen beigetragen haben. Dann gibt es zwei Zeilen auf Seite 2, die vielleicht der Kern der Senatsaussage sind: Durch das Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern werden keine zusätzlichen Ausgaben verursacht.

Meine Damen und Herren! In diesem Handlungskonzept – ich habe es heute nachgezählt – gibt es 136 Handlungsempfehlungen und Sie sagen, es gibt nicht einen Cent mehr dafür, egal wie viele davon dann umgesetzt werden. Das kann eigentlich nur zwei Dinge bedeuten: Entweder Frau Senatorin Schnieber-Jastram darf zugunsten einiger Empfehlungen ihren Kahlschlag bei den Migrantenorganisationen weiterführen oder am Ende war das meiste doch nur eine große Show und das hoffe ich wirklich im Interesse aller nicht. Ich bin mir ganz sicher, dass die Senatorin uns noch etwas dazu sagen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Gudrun Köncke GAL)

Das Wort bekommt Frau Güçlü.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, gestatten Sie mir, ein paar Worte an Frau Thomas zu richten, die jetzt leider nicht da ist. Ich bin sehr erfreut, dass es ihr jetzt nach fast drei Jahren gelungen ist, heute das erste Mal meinen Namen bei den Aufrufen richtig auszusprechen. Ich gratuliere ihr zu dieser Integrationsleistung. Aber damit sind wir auch beim Thema.

(Karen Koop CDU: Oh, das ist ja lächerlich!)

Wir haben uns sehr gewundert und auch sehr darüber gefreut, Frau Senatorin und auch die CDU-Fraktion, dass Sie von Ihrer alten Integrationspolitik abkehren, denn wir erinnern uns alle noch sehr gut an die vielen Debatten, in denen Sie gebetsmühlenartig immer wieder auf pragmatische Einzelmaßnahmen gesetzt haben und die Idee für ein Konzept, die Anträge für Konzepte kategorisch ablehnten. Umso erstaunter sind wir über den Sinneswandel

und die Ankündigung gewesen. Ich kann für meine Fraktion sagen, dass wir diese Initiative begrüßen. Wir haben immer gesagt, dass Hamburg ein Handlungskonzept für Integration braucht und haben das Konzept im Entstehungsprozess auch konstruktiv begleitet. Das möchte ich sehr deutlich sagen. Wir werden auch die Umsetzung mit Argusaugen weiter im Blick haben. Bei allem Lob für Ihre Initiative, Frau Senatorin, und auch für den Versuch, hier endlich einmal ressortübergreifend zu denken, hat das Handlungskonzept auch Defizite. Bevor ich die kurz benenne, muss ich noch eine Aussage von Ihnen, Frau Senatorin, richtig stellen. Sie haben bei der Bekanntmachung des Handlungskonzeptes davon gesprochen, dass Hamburg hier Pionierarbeit geleistet hätte und das erste Bundesland sei, das ein Integrationskonzept auflegt. Ich kann nur sagen, dass diese Aussage schlichtweg falsch ist. Nordrhein-Westfalen, Bremen und auch Berlin haben schon seit mehreren Jahren Integrationskonzepte. Ich habe Ihnen das Berliner Konzept einmal mitgebracht. Es ist auch ganz interessant, dass das Hamburger Konzept zum Beispiel einfach nur den Titel trägt "Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern", während das Berliner Konzept den interessanten Titel trägt "Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken". Ich glaube, das macht auch hier die Haltung in den Konzepten sehr deutlich.

Es gibt noch einen interessanten Unterschied zwischen diesen beiden Konzepten. Während der Senat in Hamburg den integrationspolitischen Handlungsbedarf in erster Linie als ökonomische Notwendigkeit betrachtet, stellt das Berliner Konzept den gesamtgesellschaftlichen Nutzen von Integration in den Mittelpunkt. Hier sehen wir im Hamburger Konzept noch echten Änderungs- und Ergänzungsbedarf.

Auch wenn Sie hier von der Bereicherung durch kulturelle Vielfalt sprechen – das ist auch in manchen Passagen im Konzept zu finden – und sich dann aber die Maßnahmen anguckt, bleibt das nur Rhetorik, denn in den Maßnahmen findet das keinerlei Berücksichtigung. Im Gegenteil. Der altbekannte Defizitansatz durchzieht eigentlich alle Handlungsfelder des Konzeptes. Es wird immer wieder beklagt, dass die Menschen nicht ausreichend Deutsch sprechen. Es wird eine gewisse Anpassungsfähigkeit eingefordert, aber wirklich neue Akzente setzt es nicht. Es bündelt im Grunde genommen mehrere Handlungsfelder.

Trotzdem ist das Konzept ein positives Signal. Deswegen begrüßen wir das auch, aber, ich meine, an den entscheidenden Stellen, nämlich da, wo es wirklich darum geht, neue Weichen zu stellen und wo es um strukturelle Veränderungen geht, da fehlt Ihnen tatsächlich der Mut. Das hatte meine Vorrednerin, Frau Özoguz, auch schon gesagt.

Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel des Bildungssystems noch einmal deutlich machen. Hier wurde auch von den Verbänden und Migrantenorganisationen im Kongress sehr eindeutig gefordert, dass strukturelle Änderungen notwendig sind. Es wurde die Einheitsschule gefordert und auch wir haben mit unserem Konzept "9 macht klug", aber auch mit unserem Integrationskonzept "FORMEL Vielfalt" Vorschläge gemacht, aber die ignorieren Sie nach wie vor, da ist Ihre ideologische Verbohrtheit noch viel zu groß.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Ich möchte auch noch einmal zu den Prüfaufträgen kommen, die Frau Özoguz schon erwähnte. Das ist ja nicht irgendwie zufällig, warum an manchen Stellen Prüfaufträge formuliert und an anderen Stellen schon ganz konkrete Maßnahmen vorgeschlagen werden. Wenn Sie sich das genauer angucken, sind nämlich die Prüfaufträge exakt die Stellen, wo es tatsächlich um strukturelle Veränderungen geht. Es wird an keiner Stelle des Konzepts darüber ausgesagt, wer, wie, wen, wann darüber informiert, was die Prüfaufträge ergeben, was hier die Informationswege sind. Darüber schweigt das Konzept nach wie vor. Der zentrale Punkt ist, Frau Senatorin – auch das hat Frau Özoguz schon gesagt –, dass Sie uns nicht davon überzeugen können, dass Sie diesen umfangreichen Maßnahmenkatalog mit dem gleichen Budget realisieren wollen, das jetzt zugrunde liegt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal daran, dass das Budget für Integrationsförderung schon vor wenigen Jahren um 30 Prozent gekürzt wurde. Gleichzeitig stellen wir fest, dass der Integrationsbedarf in der Stadt immer größer wird. Ich glaube, Frau Machaczek war es, die vorhin noch einmal eindrucksvoll die Zahlen vorgestellt hat. Wir wissen, dass der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund gerade bei Kindern und Jugendlichen wächst. Wir kennen Ihren umfangreichen Maßnahmenkatalog. Selbst wenn Sie alle Projekte, die wir jetzt in der Stadt haben, nicht mehr finanzieren und das Geld neu anlegen würden, um Ihre Projekte zu realisieren, würde es bei Weitem nicht reichen.

Es ist interessant, dass diese Bedenken, die wir hier haben, nicht nur von uns geteilt werden, Frau Senatorin, sondern auch von Ihrer Finanzbehörde. Ich möchte hier einen Satz aus der Stellungnahme der Finanzbehörde zum Integrationskonzept zitieren. So heißt es dort:

"Es fehlen generelle Aussagen zum Ressourceneinsatz, der klar und transparent dargestellt werden sollte."

Dem können wir uns hier nur anschließen. Ich möchte noch zu einem anderen Kritikpunkt kommen, der für uns ganz wesentlich ist. Sie erheben zwar mit diesem Konzept den Anspruch, ein umfassendes Konzept, das alle Menschen mit einbezieht, geschaffen zu haben, doch eine ganz wesentliche Gruppe blenden Sie aus. Die hatten Sie im ersten Entwurf des Konzepts als Fußnote "Menschen im ungesicherten Aufenthaltsstatus". Im neuen Entwurf haben Sie sich immerhin den Raum genommen und sie als Zielgruppe, und zwar als ausgeschlossene Zielgruppe definiert, das heißt, selbst Menschen im Duldungsstatus dürfen nicht an Integrationsmaßnahmen teilnehmen. Das muss man sich noch einmal vor Augen führen. In der ersten Debatte heute ging es um Menschen im illegalisierten Aufenthalt. Selbst da haben Sie gesagt, Frau Senatorin, die, die Hilfe brauchen, werden dann auch schon Hilfe bekommen. Selbst die Menschen, die rechtmäßig hier sind, zwar keinen gesicherten Aufenthalt haben, weil der Duldungsstatus keine Bleibeberechtigung in dem Sinne ist, schließen Sie aus. Das halten wir für fatal und wir glauben, dass die Folgekosten viel höher sein werden als würde man jetzt generell die Möglichkeit schaffen, dass sie an den bestehenden Migrationsmaßnahmen partizipieren und bei den Maßnahmen des Integrationskonzepts mitgedacht werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich möchte hierzu noch einmal aus der Stellungnahme der Finanzbehörde zitieren. Also ein Partner, der uns

sonst nicht sehr nahe steht, teilt auch hier unsere Kritik. Da heißt es:

"Das Handlungskonzept sollte auch Angebote für Menschen mit einem ungesicherten Aufenthaltsstatus enthalten. Gezielte Sprachförderung sollte auch im Sinne der Verknüpfung von Sprachförderung und Familien- und Elternförderung nicht nur auf den Personenkreis der bleibeberechtigten Migranten beschränkt bleiben, sondern auch auf Migranten im Status der Duldung ausgeweitet werden."

Frau Senatorin, einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen scheinen in dieser Frage weiter zu sein als Sie. Ich würde mir wünschen, dass Sie sich hier endlich einmal einen Ruck geben.

(Beifall bei der GAL)

Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass Sie eine gute Vorlage geliefert haben, die aber an einigen Stellen wesentlich nachgebessert werden muss. Machen Sie aus dem Konzept ein Konzept für alle Menschen und stellen Sie vor allem die notwendigen Ressourcen dafür bereit. Sonst wird das Konzept ein zahnloser Tiger, ein Papier, das irgendwo in einer Schublade verstaubt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Schnieber-Jastram.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat hat endlich am 19. Dezember vergangenen Jahres dieses Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern gebilligt.

(Dirk Kienscherf SPD: Endlich, nach vielen Jah- ren!)

Solch ein Konzept ist erstmalig und deswegen ist dieses auch ein historischer Moment für diese Stadt,

(Beifall bei der CDU)

denn keiner Regierung zuvor ist es gelungen, ein Integrationskonzept vorzulegen. Es ist – das ist in der Debatte auch deutlich geworden –, glaube ich, ganz unstrittig, dass es eine der wichtigsten Aufgaben ist, Menschen, egal, woher sie kommen, in die Gesellschaft zu integrieren und dass wir dieses nicht nur als sozialpolitische Aufgabe, sondern vor allen Dingen auch als Chance sehen. Das empfinde ich im Übrigen als einen weiteren, großen Fortschritt, Integration nicht als Problem, als Anstrengung zu betrachten, sondern Integration mit allen Vorteilen, mit allen Bereicherungen als Chance zu empfinden. Das ist, glaube ich, wichtig. Das müssen wir alle tun und wir heißt eben nicht nur die Politik, sondern dazu zählen die Medien, Kirchen, Vereine, Verbände, die gesamte Gesellschaft, denn dieses ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir alle wissen, dass Integration auf Offenheit beruht, auf Toleranz, auf Verantwortung aller Gesellschaftsmitglieder. Sie ist vor allen Dingen immer auch ein zweiseitiger Prozess, in dem wir uns gegenseitig anerkennen und in dem wir gemeinsam Verantwortung für eine Gesellschaft übernehmen. Deswegen möchte ich auch in diesem Zusammenhang eines ganz deutlich machen: Was wir nicht akzeptieren können, ist eine Missachtung der Grundwerte unserer Gesellschaft. Dazu

gehören auch und insbesondere das Züchtigungsrecht des Ehemannes, dazu zählen Zwangsverheiratungen und auch sogenannte Ehrenmorde. Hier wegzuschauen unter dem Deckmantel der kulturellen Vielfalt das hat, glaube ich, ganz und gar nichts mit Toleranz zu tun.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Es ist von allen Rednerinnen gesagt worden, dass dieses Konzept eine Fülle von Handlungsfeldern hat. Ich will deswegen exemplarisch nur einige wenige benennen. Der eine wichtige Punkt ist die Beherrschung der deutschen Sprache, ganz unstrittig ein zentraler Punkt, denn Sprache ist und bleibt der Schlüssel einer erfolgreichen Integration.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Das ist ja total neu!)

Deswegen setzen wir bereits im Vorschulalter mit unseren Sprachförderangeboten an, machen frühe Sprachtests an der Stelle und auch verpflichtenden Sprachunterricht.

(Dirk Kienscherf SPD: Da haben Sie doch ge- kürzt!)

Wir fördern übrigens auch – worüber es inzwischen wieder einen wissenschaftlichen Streit gibt – die Zweisprachigkeit, weil wir unverändert glauben, dass es wichtig ist, auch die Heimatsprache gut zu können, um so Sicherheit zu gewinnen.

(Beifall bei der CDU)

Ein zweiter zentraler Punkt ist, jungen Menschen eine Perspektive zu geben, das heißt, auch den Anteil junger Migranten mit Schulabschluss deutlich zu fördern, denn das ist eines der großen Probleme in dieser Stadt. Der Bürgermeister hat einen Aktionsplan initiiert, mit dem 1000 junge Menschen mit Migrationshintergrund innerhalb von zwei Jahren zusätzliche Perspektiven für Arbeit und Ausbildung bekommen sollen. Also auch über dieses Projekt werden wir Unternehmen zusätzlich anregen, die Potenziale von jungen Menschen zu nutzen und zu fördern.

Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist das Ehrenamt. Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft, die soziale Integration von Kindern, Jugendlichen, Familien und älteren Menschen stehen in unserem Konzept im Mittelpunkt. Wenn Menschen Verantwortung für die Gesellschaft und die Stadt übernehmen, dann ist das, glaube ich, ein Zeichen für gelungene Integration. Wir alle wissen in gesellschaftlichen Zusammenhängen, dass es hier noch eine Menge zu tun gibt. Ich glaube, wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, auch an dieser Stelle dafür zu sorgen, dass es eine gleichmäßige Beteiligung aller Menschen gibt, egal, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Jedenfalls wollen wir dieses deutlich unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben bereits zu Beginn dieser Sitzung in einer anderen Debatte über Menschen ohne verfestigten Aufenthaltsstatus gesprochen. Es ist richtig, dass sie nicht Bestandteil dieses Programmes sind. Dieses Programm erhebt auch nicht den Anspruch, dort die gesamte Ausländerpolitik zu finden, sondern wir müssen, glaube ich, wirklich sehr deutlich gucken, wer einen rechtlichen Status hat, der uns verpflichtet, hier Antworten zu geben,

was nicht heißt, dass wir nicht auch sozialpolitische Antworten für diejenigen finden, die keinen rechtmäßigen Status haben. Ich glaube, das ist vorhin in der Debatte auch schon deutlich geworden. Ich habe es jedenfalls sehr deutlich gesagt.

Ich finde, dass wir mit diesem Projekt den Vergleich mit anderen Bundesländern überhaupt nicht scheuen müssen, sondern wir können stolz auf dieses Programm sein.

(Dirk Kienscherf SPD: Was macht denn die Finan- zierung des Konzeptes?)