Sie haben sich im Prinzip entschieden, dass die Mehrheit der Bevölkerung dieser Stadt ihre Probleme in Zukunft ohne staatliche Hilfen bewältigen soll, es sei denn, sie hat einen gesetzlichen Anspruch darauf. Ansonsten finanzieren wir die glitzernde Zukunft dieser Stadt und Luxusprojekte wie eine U-Bahn, die keiner braucht. Das ist Ihre politische Linie für die nächsten drei Jahre.
Wenn das wenigstens noch solide finanziert wäre, dann würden wir hier vielleicht weniger streiten, denn dann ginge es nur um politische Unterschiede. Aber es ist nicht solide finanziert und Sie wissen es alle, die Sie hier sitzen. Alles, was wir gegenwärtig an Paketen dieses Senats haben, wird nicht zum ausgeglichenen Haushalt im Jahre 2006 führen, es sei denn, es geschieht ein finanzpolitisches Wunder und die gibt es in der Regel nicht.
Also: Die Konsolidierung dieses Haushalts der Zukunft dieser Regierung steht in den Sternen. Im Prinzip, auch wenn ich einräume, dass es ungeheuer schwierig ist, machen Sie – ich würde fast sagen, alle Finanzpolitiker in einer gewissen Fairness – im Augenblick nichts anderes als eine Wette auf die Zukunft. Nur selbst dann sollte man eine gewisse Rationalität walten lassen und die vermisse ich in Ihrer bisherigen Politik in der Tat. – Vielen Dank.
Lieber Herr Zuckerer, die Debatte lebt davon, dass man unmittelbar antwortet. Auf einen Punkt möchte ich kurz eingehen, das Thema Effizienz.
Sie können doch rechnen. Sie wissen, dass Jesteburg I erhebliche Vorschläge zur Effizienz, Behördenneugliederung, Ämterverschlankung, zum Wegfall von Mittelbehörden, zur Organisation von Liegenschaften gemacht und umgesetzt hat. Das sind alles aufwachsende Vorhaben. Wir haben in Jesteburg II weitere Vorschläge gemacht, auch das sind Vorhaben, die aufwachsen. Was wir heute oder gestern vorgeschlagen haben, sind zusätzliche Maßnahmen zu Jesteburg I, II und III. Ich denke, Sie sind in der Lage, dieses zu addieren. Das hätten Sie alles vorher erfragen können, dann hätten wir es Ihnen erklären können.
Nun zum Thema Verwaltung. Sie und auch Herr Neumann haben zum wiederholten Male gesagt: Äußern Sie sich zur Verwaltungsreform. Ich glaube, Sie haben mittlerweile hören und lesen können, dass wir das Thema Verwaltungsreform zu einem zentralen Ansatzpunkt dieser Legislaturperiode machen. Es gab in der Vergangenheit das Thema Verwaltungsmodernisierung, E-Government, Bezirksverwaltungsreform. Wir fassen dieses insgesamt zu dem Thema Verwaltungsreform zusammen.
(Dr. Monika Schaal SPD: Und Sie machen eine neue Abteilung in der Finanzbehörde auf. Das ist unglaublich!)
Wir haben vier klare Ziele: Wir wollen den Kunden- und Bürgerservice deutlich verbessern. Wir wollen die Prozesse deutlich beschleunigen. Wir wollen zwischen ministerieller Ebene und Durchführungsebene entflechten, wir wollen aber vor allen Dingen die örtliche Kompetenz unserer politischen Entscheidungsträger vor Ort konkretisieren und stärken.
Aber, Herr Zuckerer, wir gehen bei der Verwaltungsreform nicht davon aus, dass wir erst einmal sagen, wir wollen viele Millionen sparen und dann alle Menschen einladen, konstruktiv in diesem Prozess mitzuwirken. In Übereinstimmung mit den Kammern, den Gewerkschaften und mit allen staatstragenden Gruppen dieser Stadt sind wir uns einig, dass wir für das 21. Jahrhundert eine moderne Verwaltung brauchen. Wir werden diese Ziele umsetzen. Es wäre aber unverantwortlich, wenn die erste Prämisse ist, dass es auch billiger werden muss. Nein, wir wollen leistungsfähiger werden, wir wollen kundenfreundlicher werden, wir wollen schneller werden. Das sind unsere Ziele und Sie wollen nur Geld sparen, stelle ich fest. Das ist nicht in unserem Sinne und auch nicht im Sinne dieser Stadt.
Herr Senator, Ihr Bekenntnis zur Verwaltungsreform, nur um besserer Leistungen willen, ähnliche Bekenntnisse wünsche ich vielen Ihrer Kollegen oder ehemaligen Kollegen in Wirtschaftsunternehmen. Ich höre es zum ersten Mal, dass Effektivitätsgewinne und Effizienzgewinne nicht auch dazu genutzt werden sollen, um Kosten zu senken.
Ich verfüge natürlich nur über die Daten, die Sie uns beispielsweise im Finanzbericht geben. Darin loben Sie sich dafür, dass seit 1995 ein konsolidierungsbedingter Personalabbau im Volumen von 8 Prozent stattgefunden habe.
Wenn man sich die Zahlen anschaut, so zeigt sich, dass – bezogen auf den Index von 1980 – von 1997 bis 2001 ein Abbau um 6,5 Indexpunkte stattgefunden hat. Von 2001 bis 2004 – während Ihrer Zeit – ergibt sich für die ganzen Jahre lediglich ein Abbau um einen Indexpunkt.
Wenn Sie Polizisten einstellen wollen, dann müssen Sie eine Schwerpunktentscheidung treffen und anderswo etwas wegnehmen. Das ist doch die ganze Zeit der Hinweis, dass Sie nicht sagen können, wir stellen Polizisten ein und machen alles andere weiter. Vor diesem Problem stehen Sie.
Es stimmt auch das Zweite nicht, was der Senator gesagt hat. Es ist richtig, dass im Haushalt 2001, den Rotgrün auf der Basis der Mai-Steuerschätzung aufgestellt hat, eine globale Minderausgabe von 100 Millionen Euro enthalten war. Dann gab es einen Konjunkturrückgang. Sie machten den Haushalt weiter auf der Basis der November-Steuerschätzung mit dramatisch verschlechterten Zahlen. Diese dramatisch verschlechterten Zahlen waren natürlich zugleich ein Hinweis darauf, dass ein zusätzlicher Steuerungsbedarf bestehen würde, dass es sich zum Beispiel nicht mehr automatisch ergeben konnte, wovon wir aufgrund anderer Angaben ausgehen konnten, dass möglicherweise oder ziemlich sicher im Bereich der Sozialhilfe mehr ausgegeben werden würde, wenn es einen solchen Konjunkturrückgang gäbe. Das heißt, man muss dann im Haushalt in irgendeiner Weise gegensteu
ern. Sie haben ihn aber dem Gesamtvolumen nach und in bezifferten Zahlen ausgedehnt. Das werfe ich Ihnen vor und nicht, dass die 100 Millionen Euro hätten durchgeschrieben werden können. Es gab offenkundig einen zusätzlichen Steuerungsbedarf, auf den Sie nicht eingegangen sind, sondern im ersten Überschwang Ihrer Regierungsübernahme haben Sie einfach draufgesattelt. Daran tragen wir bis heute.
Schließlich die Verschuldungsobergrenze. Nur Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg führten einen verfassungsgemäßen Haushalt. Ich kann es nicht mehr hören.
Im Prinzip hängt der Gesichtspunkt der Verfassungsmäßigkeit daran, ob der Betriebshaushalt aus laufenden Einnahmen gedeckt werden kann. Das ist in Hamburg seit Mitte der Neunzigerjahre schon nicht mehr der Fall. Nur in den konjunkturbegünstigten Jahren 1999 und 2000 war das der Fall. Sonst war das immer im eigentlichen Sinne nicht verfassungsgemäß. Nur, Hamburg ist anders als die meisten Flächenländer in der Lage, Vermögen zu veräußern, um nicht so tief in nicht verfassungsgemäße Kredite gehen zu müssen. Weil ein reicher Stadtstaat in Zeiten, in denen der Reichtum geflossen ist, Vermögen angehäuft hat, können wir gegenwärtig noch so verfahren, ohne einen außergewöhnlichen Verfassungszustand in Anspruch nehmen zu müssen. Es hat nichts damit zu tun, dass Sie zusätzlich eingespart oder einen besonders guten Haushalt geführt haben, sondern nur, dass Vermögen verkauft worden ist.
Wenn jetzt der Bürgermeister sagt, wir haben gar nichts verkauft, ist das wirklich lächerlich. Wenn Sie die Verkäufe nehmen, die wir in Vergangenheit gemacht haben, oder die Option aus Verkäufen ziehen, die vorher gemacht worden sind, dann ist es offenkundig so, dass Vermögensmittel der Stadt von Ihnen verwendet worden sind, um den Betriebshaushalt, den Sie führen, zu decken. Wenn Sie heute mehr Vermögen verkaufen, um andere Investitionen zu tätigen, mag das im Einzelfall richtig sein, aber es bedeutet überhaupt nicht, dass sich die Vermögensposition verbessert. Sie wollen die Doppik einführen und endlich eine Vermögensrechnung der Stadt haben. Sie berufen sich jetzt aber noch die ganze Zeit darauf, dass Sie nicht in die Verschuldung gegangen seien, sondern nur in Verkäufe. Als ob das dem Prinzip nach etwas anderes sei, wenn Sie wirklich bilanzieren würden.
Das sind nach meiner Wahrnehmung Täuschungsmanöver, die nicht sein müssen. Ich gebe im Übrigen aber gerne zu, dass die Sparmethode, die Sie mit Jesteburg gewählt haben, inzwischen solche Verlaufsformen angenommen hat, dass für einen Abgeordneten faktisch nicht mehr nachzuvollziehen ist, wo welche Beschlüsse umgesetzt worden sind oder nicht. Ich kann immer nur mit Ergebniszahlen zurechtkommen, andere habe ich nicht. Ich kenne nicht die Verlaufszahlen aus den Behörden und sehe in den Ergebniszahlen ein völliges Durcheinander der verschiedenen Programme. Es ist zum Beispiel gegenwärtig wieder völlig undurchschaubar, ob in dem 110-Millionen-Euro-Programm, das Sie gestern verkündigt haben, noch 28 Millionen Euro aus Jesteburg II versteckt sind. Wahrscheinlich sind sie das. Ich habe jedenfalls den Eindruck. Ihren Unterlagen konnte man das nicht entnehmen. Die Presse hatte den Eindruck, als Sie
das vorgestellt haben. Das ist keine seriöse Sparpolitik, wenn keiner mehr durchblicken kann, welche Kurven Sie dabei jeweils ziehen beziehungsweise ziehen müssen, denn Sie arbeiten natürlich auch gegen den Widerstand in den Fachbehörden. Das ist klar, es ist ja nicht freiwillig, dass das so aussieht. Darum finde ich, dass Sie kein vernünftiges Verfahren gewählt haben.
– Aber Sie sehen, in der CDU hat die Frau doch immer das letzte Wort, auch wenn es das Senatsamt nicht mehr gibt.
Normalerweise sollten Haushaltsdebatten die Sternstunden des Parlaments sein. Natürlich sind diese Termine in Zeiten, in denen wir unter solcher Finanzknappheit zu leiden haben, auch für die Regierung nicht angenehm. Wir haben hier einen Schlagabtausch erlebt und wir sind der Überzeugung, auf dem richtigen Weg zu sein und die richtigen Pläne vorzulegen. Wir können das auch begründen, das haben unsere Haushaltsexperten getan. Wenn Sie dagegenreden, dann ist es so, dass Sie eine andere Politik haben wollen, die wir aber nicht mit unterstützen. Damit müssen Sie nun leider leben, denn wir haben die Mehrheit im Raum.
Lassen Sie mich auf Herrn Zuckerer eingehen, der etwas zu den Zuwendungsberichten gesagt hat. Herr Zuckerer, der Zuwendungsbericht, den wir angefordert haben, hat endlich einmal Licht in das Dickicht gebracht. Seit 30 Jahren ist in Hamburg eine Zuwendungspolitik durchgeführt worden unter der Überschrift – wenn ich ins Muttersprachliche komme, werden Sie es mir vielleicht verzeihen –: Lang man tüchtich to, wie hebbt dat jo ook un buten is mehr. Das ist ein Motto, das wir in unserer plattdeutschen Heimat für Feste haben. Nur das Fest, die Verteilung der Gelder ist längst vorbei und Sie haben weiterhin diesen Status aufrecht erhalten. 30 Jahre ist das so gegangen, jetzt sehen wir, wo die Gelder versickert sind. Wir können nicht anders als vernünftig an die Gelder herangehen und sie einsparen. Es ist ein Gebot der Vernunft und kein Gebot von Herrn Peiner, sondern eines, das wir auch in der Fraktion allgemein tragen. Natürlich ist jeder von uns und auch von Ihnen Lobbyist einer besonderen Interessengruppe.
Natürlich tut es uns weh und natürlich sind wir auch nicht mit vollem Herzen dabei. Aber wir wissen ganz genau, dass es keine Alternative zu diesen Sparplänen gibt, und das müssen Sie endlich einmal akzeptieren.
(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Das ist doch Quatsch; das glauben Sie doch sel- ber nicht!)
Sie wissen das ganz genau und Sie benutzen jetzt diese Gelegenheit, um hier irgendwelche Klientele zu verteidigen, und Sie wissen, dass Sie, wenn Sie an der Regie
rung wären, sie nicht bedienen können. Es gibt nichts mehr zu verteidigen. Ich begreife nicht, dass Sie diese angekündigte Sparmaßnahme in dem Maße angreifen.
Ja, ich komme auch zu den Frauen, keine Sorge. Sie kennen mein langjähriges Engagement für die Frauenprojekte.
Aber es gibt keine sakrosankten Gebiete, die immer in irgendeiner Weise herausgenommen wurden. Wenn wir noch zehn Frauenhäuser in Hamburg aufmachen, sind auch diese zehn Frauenhäuser voll.