Die Steuerschätzung, die uns jetzt vorgelegt worden ist, hat eine erneute Verschlechterung von 260 Millionen Euro gebracht. Diese Verschlechterung teilt der Senat in Mindereinnahmen und Mehrzahlungen in den Länderfinanzausgleich auf.
Die eine Hälfte soll gekürzt werden – nach der gleichen Jesteburg-Methode, die bisher schon nicht geklappt hat – und die andere Hälfte sollen mehr Einwohner und damit verbunden geringere Zahlungen in den Länderfinanzausgleich regeln. Der Plan ist also: 10 000 Einwohner Wachstum pro Jahr. Das Problem dabei ist nur, dass wir schon in den letzten Jahren jeweils um 10 000 Einwohnerinnen und Einwohner gewachsen sind. Gleichzeitig sind natürlich auch die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich gestiegen. Das heißt, dieses Konzept wird nicht aufgehen.
Hier wird offensichtlich das Feld dafür bereitet, die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich grundsätzlich aus dem Haushalt herauszurechnen. Das kann man machen, das kann man sogar irgendwie begründen und wir können uns auch heute und in den nächsten zwei Tagen und vielleicht auch 2006 selbst belügen. Aber die Defizite, die Neuverschuldung und der ständige Verkauf des Vermögens werden dadurch nicht weniger. Unsere Kinder und Enkel werden die Rechnung in Form von Schulden, unglaublichen Zinszahlungen und in Haushaltslöchern verschwundenem Tafelsilber bezahlen müssen. Das ist nicht in Hamburgs Interesse.
In diesen 44 Jahren haben sich – zugegebenermaßen – 18 Milliarden Euro Schulden angesammelt. Unter der Voraussetzung, dass Sie das zusammen hinbekommen und der Bürgermeister wirklich bis 2008 Bürgermeister bleiben sollte, ist es so, dass er die Geschwindigkeit und den Marsch in die Verschuldung verdoppelt hat. Er macht jedes Jahr mit der Planung, die Sie bisher vorgelegt haben, doppelt so viel Schulden wie alle sozialdemokratischen Bürgermeister vorher.
Zurück zum Länderfinanzausgleich. Wer den Länderfinanzausgleich ständig thematisiert, schafft bei den Menschen eine Erwartungshaltung, die er nicht erfüllen kann. Diese Erfahrung haben beim letzten Mal übrigens auch die Herren Teufel, Koch und Stoiber hinnehmen und erleiden müssen. Fragen Sie dort einmal nach, Sie haben ja gute Kontakte. Ich kann Ihnen nur raten, die Finger von einer Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zu lassen. Hier hätte Hamburg – das haben die Forderungen 2000 schon bei den Südländern gezeigt – ganz schlechte Karten und mehr zu verlieren als zu gewinnen.
Wir können von Glück sprechen, dass das im Jahre 2000 noch einmal gut gegangen ist. Das lag auch daran, dass wir damals einen Bürgermeister hatten, der etwas von Finanzen und vom Finanzausgleich verstand.
Die hohen Zahlungen im Länderfinanzausgleich bedeuten immer, dass ein Land im Ländervergleich relativ gut dasteht.
Wir in Hamburg haben eine robustere Einnahmesituation als andere Bundesländer, aber die kommt nicht über Nacht, die kommt auch nicht in zwei oder drei Jahren. Sie ist vor allem ein Erfolg der Wirtschafts- und Strukturpolitik sozialdemokratischer Senatoren und Bürgermeister.
Sie wollen hier doch nicht allen Ernstes die Leistungen von Max Brauer, von Paul Nevermann, von Herbert Weichmann oder Henning Voscherau und Ortwin Runde klein reden.
Wenn es um die Probleme in unserer Stadt geht, verweisen Sie immer wieder sehr gern auf die 44 Jahre sozialdemokratischer Regierung in Hamburg und immer auf die eigenen kleinen Pflanzen, die Sie erst in zwei Jahren setzen konnten. Gleichzeitig lassen Sie sich aber für die Früchte, die andere gesät haben, als Bürgermeister des Jahres feiern. Das geht so auch nicht und entspricht nicht der Wahrheit. Das wissen Sie selbst.
Den Strukturwandel vom Werften- und Industriestandort zum Dienstleistungs- und Handelszentrum, zur Medienstadt haben nicht Sie, Herr Bürgermeister und Ihre Kollegen in der Fraktion, sondern Ihre sozialdemokratischen Vorgänger im Amt erreicht.
Das können Sie weder durch häufiges Dagegenrufen und -schreien aus dem Gedächtnis der Menschen noch aus dem Stolz der Sozialdemokraten entfernen.
Zurück zur angeblichen Reduzierung des Länderfinanzausgleichs. Ich sage Ihnen schon heute: Bei den vielen Faktoren, die bei der Berechnung des Länderfinanzausgleichs eine Rolle spielen, liegen Ihre Ausreden, warum das mit den geringeren Zahlungen wieder einmal nicht geklappt habe, warum der Senat natürlich nie daran Schuld trüge und warum trotzdem alles gut werden wird, in der Schublade. Menschlich ist das zwar verständlich, solche Ausreden zu suchen, politisch ist es aber falsch.
Das läuft genauso wie bei der Idee, durch Vermögensverkäufe – das war eine Idee von Herrn Freytag, die er jahrelang immer wieder im Haushaltsausschuss zelebriert hat – die Schulden und Zinszahlungen zu reduzieren. Das hat bisher nicht funktioniert. Sie wollten auf diese Weise 75 Millionen Euro einsparen. Am Ende floss alles, was Sie an Tafelsilber verkauft haben, das Sie im Übrigen nur verkaufen können, weil es in 44 Jahren von irgendjemandem – ich weiß nicht, vom wem – geschaffen worden ist, in Ihre Haushaltslöcher. Es wurde aber im Ergebnis nicht ein einziger Euro gespart.
(Barbara Ahrons CDU: Sie werden immer weniger Prozente kriegen, wenn Sie so weitermachen! Immer wieder der alte Zopf. Dass Sie das nicht merken!)
Das Einsparziel wurde dann schlankweg per Pressemitteilung als erreicht erklärt, weil die Zinsen im Moment zugegebenermaßen niedrig sind. So geht man aber nicht in einer wirklich ernsten Finanzlage mit der Gesundung unseres Haushalts um. Das ist nicht in Hamburgs Interesse. Hamburg braucht nicht nur einen rhetorisch, sondern einen tatsächlich ausgeglichenen Haushalt.
Die Menschen in unserer Stadt brauchen ihn zur Bewältigung ihrer alltäglichen Probleme, sei es Kriminalität, Arbeitslosigkeit oder Verschmutzung im Stadtteil. Die Menschen brauchen einen tatsächlich ausgeglichenen Haushalt für die Gestaltung ihrer Zukunftschancen durch Bildung, Qualifizierung und Kindertagesbetreuung.
Um den Menschen in unserer Stadt aber diese Zukunftschancen nicht zu verwehren, sondern ermöglichen zu können, brauchen wir in Hamburg nicht noch mehr leere Ankündigungen, nicht noch mehr leere Versprechungen, nicht noch mehr Sonntagsreden, in denen das Leitbild der "Wachsenden Stadt" ausgeschmückt wird, ohne dass konkrete Konzepte oder Maßnahmen folgen.
Meistens werden diese Versprechen, Ankündigungen und Leitbilder noch mit ganz viel PPP – Public-privatepartnership – angereichert, die nichts anderes bedeutet als: Wir haben da zwar irgendeine Idee, wissen aber überhaupt noch nicht, wie wir das bezahlen sollen.
Das hat – das respektiere ich – nach drei Jahren mittlerweile auch die CDU-Fraktion gemerkt und ersucht den Senat nun mutig, ein Konzept vorzulegen. Das ist wirklich ein Höhepunkt des konservativen Parlamentsverständnisses.
Zu einem wirklichen Plan für Hamburg, der aus mehr als nur Versprechen, Leitbildern und Ankündigungen besteht, gehört vor allem ein ganzheitliches Konzept, wie wir in Hamburg wieder mit den laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben finanzieren können.
Bis 2015 scheiden rund 25 000 Menschen aus dem Hamburger öffentlichen Dienst aus. Da kann man nicht, wie bisher immer, nur dort etwas sparen, wo zufällig eine Stelle frei wird. Die Chance, den personellen Umbruch der nächsten Jahre für eine umfassende Modernisierung des öffentlichen Dienstes zu nutzen, dürfen wir nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen. Wir brauchen einen Plan, mit dem wir auch im Konsolidieren aktiv die Richtung vorgeben und die richtigen politischen Schwerpunkte setzen. Wir dürfen uns auch in der Konsolidierung nicht von dem Anspruch freimachen, Politik zu gestalten, vor allem die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.
Zu einem solchen Plan gehört auch, an die Strukturen der Hamburger Verwaltung heranzugehen, an Verwaltungsabläufe, an Hierarchien, an die Entflechtung der Ebenen, der Behörden, der Fachbehörden, der Bezirke. Dazu gehört auch die Frage, wie viele Mitarbeiter wir an welcher Stelle brauchen, um die notwendigen Dienstleistungen zu erbringen. Hier müssen Effizienzsteigerung, Qualität, Schnelligkeit und vor allen Dingen mehr Kundennähe im Mittelpunkt stehen. Ein solcher Umbau jedoch kann nur mit den Beschäftigten und nicht gegen sie erfolgen. Es kann auch nur immer wieder dann gelingen, wenn der Senat nicht ständig mit betriebsbedingten Kündigungen droht. Bis heute hat der Senat der Bürgerschaft kein Konzept zur Gestaltung dieses Umbruchs vorgelegt. Das ist auch nicht in Hamburgs Interesse.
Deshalb fordere ich Sie auf, uns einen solchen Masterplan vorzulegen. Dann diskutieren wir gemeinsam in und mit der Stadt, was notwendig ist und was nicht.
Vor zwölf Wochen erwiderte ich auf Ihre Regierungserklärung, Herr von Beust, dass wir Sozialdemokraten eine konstruktive, eine gestaltende Opposition sein werden.
Wir müssen gemeinsam für Hamburg, für die Menschen in unserer Stadt, in der Finanzpolitik auch über die Wahlperiode hinaus denken. Wir machen es uns nicht leicht, fordern immer nur mehr und lehnen gleichzeitig jede Maßnahme des Senats ab. Das ist nicht unser Oppositionsverständnis.
Wir Hamburger Sozialdemokraten bieten Ihnen deshalb unsere Unterstützung für eine Politik an, die unseren Haushalt wieder auf gesunde Beine stellt.
Eine solche Finanzpolitik werden wir ebenso unterstützen, wie wir den Kauf von Beiersdorf-Anteilen durch die Stadt zur Sicherung des Standorts Hamburg unterstützen. Zu einer solchen Politik gehört aber auch Ehrlichkeit,