Protocol of the Session on August 24, 2006

Es wurde aber an dieser Stelle eins wieder sehr deutlich, was wir im Verlauf der – ich sage einmal – Regierungsägide von Frau Dinges-Dierig in den letzten zwei Jahren feststellen müssen, dass im Grunde genommen Sie wieder derjenige sind, der versuchen muss, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, der es immer wieder schaffen muss, dass die Senatoren und Senatorinnen, die unter Ihnen dienen, einzuholen, um die Schulpolitik hinzubekommen.

(Lachen bei der CDU)

Es ist im Grunde genommen schon bei der Beantwortung unserer Fragen in der Fragestunde so gewesen, dass die fadenscheinigen Begründungen Gastschüler, Ganztagsschulen, Gerichtsurteil und so weiter nicht in der Addition die Antwort auf die viel zu großen Grundschulklassen geben.

Aber lassen Sie mich noch einmal einen anderen Punkt ansprechen. Mir klingen noch die Worte Ihres Auftritts gestern zur Kinderarmut in den Ohren, da sind Sie an das Mikrofon gesprungen, mussten noch einmal ganz schnell die vielen Dinge aufzählen, die die CDU in den letzten fünf Jahren gemacht hat.

Sie sind ja fünf Jahre dabei und da kann man auch einiges erzählen. Doch ich frage mich auch, was ist von all den Ankündigungen und Maßnahmen tatsächlich bei den Schülerinnen angekommen? Was ist tatsächlich in den Schulen angekommen, vor allen Dingen auch mit Wirkung, dass die Hamburger Schulen tatsächlich besser werden? Ich möchte das an dieser Stelle exemplarisch einmal in der Chronologie an der Sprachförderung, die hier ja immer wieder großes Thema ist, aufführen.

Sie und Frau Dinges-Dierig haben ja nicht gerade die Sprachförderung erfunden. Das ist ein langjähriges Thema in der Hamburger Schulpolitik. Es ist sicherlich immer die Frage gewesen – dahin haben wir als GAL auch im

mer gestrebt, dass diese Sprachförderstunden natürlich verbindlich eingesetzt werden.

Doch was haben Sie mit Ihrer CDU-Politik in den letzten fünf Jahren zur Sprachförderung denn gemacht? Im Grunde genommen, wenn es nach Ihren Ankündigungen ginge, müsste eigentlich Hamburg das beste, ausgefeilteste Sprachförderkonzept der ganzen Republik haben. Aber angekommen ist bei den Schülerinnen und Schülern herzlich wenig. Die Richtung, die Sie einschlagen, ist nicht falsch. Doch in fünf Jahren ist unendlich viel Mist gemacht worden, um das einmal deutlich zu sagen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich beginne einmal der Reihe nach. Der erste Schritt der Sprachförderpolitik war die Änderung des Schulgesetzes – ein Paukenschlag. Kinder, die nicht richtig Deutsch können, sollen nicht mehr eingeschult werden. Doch wie und wo sie Deutsch lernen sollten, dazu gab es bei der Änderung des Schulgesetzes weder Plan noch Maßnahmen.

(Rolf Harlinghausen CDU: Bisher haben Sie nur geredet, Sie haben nichts gemacht!)

Dafür musste schon der Schritt 2 – Herr Harlinghausen – eingeläutet werden, denn die Schulbehörde hat dann in Windeseile die so genannte Viereinhalbjährigen-Prüfung an die Schulen gebracht.

Die Fachleute waren verzweifelt darüber, wie stümperhaft das eingeführt wurde. Das größte Problem dabei war, dass die Schulleiter den erheblichen Sprachförderbedarf feststellen sollten. Den gibt es bei vielen Kindern, egal ob deutscher oder nicht deutscher Muttersprache. Doch weder wurde der genaue Förderbedarf diagnostiziert noch gab es eine Planung, welche Angebote die Kinder bekommen.

Gleichzeitig organisierten Sie Schritt Nummer 3, nämlich die Einführung der Kita-Card. Die sorgte für Aufruhr in der ganzen Stadt, kostete einem Schulsenator das Amt und sorgte auch dafür, dass gerade die Kinder mit hohem Sprachförderbedarf ihre Ganztageskita-Plätze verloren haben.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2003, von einem Sprachförderkonzept noch keine Spur. Man ging in den Wahlkampf mit dem neuen Konzept der Sprachförderung als Wahlkampfslogan. 2004, die CDU regiert inzwischen schon im dritten Jahr, da folgt der vierte Schritt.

Jetzt kommt es, Herr Heinemann, dann wurde erst einmal massiv das Volumen der Sprachförderstunden, der so genannten DaZ-Stunden, gekürzt und die Schulsenatorin lief überall herum, verteidigte diese Kürzungen und sagte, die DaZ-Stunden sind nicht zielgerecht eingesetzt worden.

Aber anstatt dafür zu sorgen, dass sie überall richtig eingesetzt werden, hat sie erst einmal entschieden, zusammenzukürzen. Auf dieser Basis des Zusammenkürzens kann man natürlich sagen, jetzt verteile ich die zielgerecht, aber erst einmal habe ich ein paar hundert Stellen weggenommen. Gleichzeitig erfolgte Schritt fünf. Neben den DaZ-Stunden haben Sie die PLUS-Stunden weggekürzt, ein Förderinstrument, das neben der verlässlichen Ganztagsschule – PLUS heißt das Programm Lesen und Schreiben – dazu geführt hat, dass die KESS 4-Studie so hervorragend für die Grundschulen ausgefallen ist. Dies sind neben längerer Lernzeit ent

sprechende Förderinstrumente, die wirksam sind. Zu diesem Zeitpunkt gibt es immer noch kein Sprachförderkonzept.

Dann kommt der Schritt Nummer 6. 2005/2006, länglich hier erzählt, Sie schrauben die Klassengröße in den Grundschulen in ungeahnte Höhen. Alles ist dazu gesagt. Auf den Anfang kommt es an, meine Damen und Herren, nur nicht bei Ihnen.

Dann folgt Schritt Nummer 7. Im Sommer 2005 gibt es zum ersten Mal den Entwurf für ein Sprachförderkonzept, aber nicht so, dass es 2005/2006 umgesetzt werden könnte, aber immerhin gibt es nach fast vier Jahren CDURegierung ein Konzept. Ich habe mir das an vielen Grundschulen angesehen und mit vielen Kollegen darüber diskutiert. Angekommen ist von der Sprachförderung nach jetzt inzwischen bald fünf Jahren bei den Schülerinnen und Schülern in den Schulen noch gar nichts.

Sie haben eine Politik der Ankündigungen, des Aktionismus gemacht, viel Porzellan zerschlagen, viel Vertrauen verspielt und, ich denke, das wird exemplarisch an dem langen Weg zu einem Sprachförderkonzept deutlich. Das einzig wirklich Gute, das in den letzten fünf Jahren weiterentwickelt wurde, basierend auf rotgrüner Sprachförderkonzeption, ist das diagnostische Instrument HAVAS, das einzige bundesweit anerkannte, wissenschaftlich erarbeitete diagnostische Instrument, um Sprachstände zu erheben. Das ist nicht weiterentwickelt worden, meine Damen und Herren. Das als kleines Beispiel zu Ihrer Schulpolitik des Aktionismus, der Ankündigungen, der wenigen Wirksamkeit bei den Kindern in den Schulen. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat jetzt Frau Senatorin Dinges-Dierig.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Goetsch, Ihre letzten Ausführungen haben gezeigt, dass ich mich heute in der Debatte wirklich auf mein Schwerpunktthema konzentriere, nämlich deutlich zu machen, was der Unterschied zwischen Wahrheit und Unwahrheit ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Da können Sie jetzt viel beichten!)

Ich habe den Eindruck, dass bei Ihnen die Wahrheit bei dem, was eben über die Sprachförderung und die Kürzung der Sprachförderung ausgeführt wurde, nicht so die Rolle spielt. Sie, Frau Goetsch, wissen ganz genau, dass die Schulen in der Zeit der rotgrünen Regierung im Bereich der normalen Unterrichtsausstattung unterausgestattet waren. Das ist die Wahrheit. Die Schulen haben, um Stundenunterricht überhaupt ordnungsgemäß erteilen zu können, diesen aus Sprachfördermitteln erteilt. Das ist die Wahrheit und nicht, wie Sie es dargestellt haben.

(Beifall bei der CDU – Aydan Özoguz SPD: Haben Sie die Sprachförderung gekürzt oder nicht?)

Die Wahrheit im Bereich der Ganztagsschulen ist auch, dass wir heute nicht nur mehr Ganztagsschulstandorte, sondern vor allem bessere Ganztagsschulstandorte haben. Wir haben in den vergangenen Jahren bei der Vergabe der Ganztagsschulstandorte genau gesteuert. Es ging uns nicht darum, beliebig ein oder zwei dazuzusetzen, sondern ganz gezielt um das Thema der frühkindli

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chen Bildung. Ich darf an die Debatte von gestern erinnern.

(Aydan Özoguz SPD: Wie viel Grundschulen wa- ren es noch!)

Frau Hilgers, Sie haben gestern sehr ausführlich über die Bedeutung frühkindlicher Bildung gesprochen, insbesondere in sozial benachteiligten Gebieten. Ich frage Sie: Warum haben Sie in Ihrer langen Regierungszeit nicht gehandelt?

(Zuruf von Dr. Andrea Hilgers SPD)

Sie haben über die lange Zeit gerade mal sieben Standorte im Bereich der Ganztagsgrundschulen geschaffen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ich habe über Kitas ge- redet!)

Heute haben wir 22 Ganztagsgrundschulen. Im nächsten Jahr kommen fünf bis sechs dazu und das bei einem Ausstattungsniveau – und jetzt sind wir wieder bei der Wahrheit –, das höher liegt als das vergleichbarer norddeutscher Bundesländer.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Goetsch zu, Frau Senatorin?

Nein. Darüber hinaus haben wir in den vergangenen Monaten die Anschlussbetreuung in den Ganztagsschulen sichergestellt. Auch dieses ist neu.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ja, weil es keine Ganz- tagsschule ist! Ha, ha!)

Ich denke, wir können daraus sehen, dass wir nicht reden, sondern handeln und das nenne ich verantwortungsvolle CDU-Politik.

(Beifall bei der CDU)

Genauso verhält es sich bei der Sprachförderung. Wer hat denn als erstes das Vorstellungsverfahren der Viereinhalbjährigen als Basis eingeführt? Wer war das denn? Waren Sie das? Nein, es war die CDU-Regierung. Und wozu haben wir das gebraucht? Wir haben es gebraucht, um festzustellen, ob sich die Kinder altersgerecht entwickelt haben. Das ist die Basis gewesen, um davon ausgehend Sprachförderung zu betreiben und festzustellen, wo der Sprachstand der Kinder tatsächlich den Stand noch nicht erreicht hat. Daraufhin haben wir ab 1. August 2006 die verbindlichen Sprachförderkurse für Fünfjährige ein Jahr vor der offiziellen Einschulung eingeführt, und zwar unabhängig davon, ob die Kinder in einer Kita, in einer Vorschule oder in keiner vorschulischen Einrichtung sind.

(Beifall bei der CDU – Aydan Özoguz SPD: Nach fünf Jahren wollen Sie jetzt damit anfangen!)

Die Wahrheit ist weiterhin, dass wir die Ressourcen, die wir haben, nicht nach irgendwelchen beliebigen Kriterien verteilt haben, sondern wir haben einen Sozialindex festgestellt, um wirklich zu sehen, wo die Bereiche sind, die Unterstützung bedürfen. Auf dieser Grundlage werden die Sprachfördermittel zugewiesen. Das hat dazu geführt – wie Herr Heinemann eben ausgeführt hat –, dass wir für eine Reihe von Standorten, die über Jahre vernachlässigt

worden waren, endlich die Mittel haben, die ihnen auch zustehen,

(Wilfried Buss SPD: Nachdem Sie vorher gekürzt haben!)

besonders in den sozial schwachen Stadtteilen.

(Beifall bei der CDU)

Ich sage Ihnen heute schon zu, dass wir noch weiter daran arbeiten werden, den Bedarf noch präziser festzustellen,