Protocol of the Session on May 26, 2004

Die Anmeldung dieses Themas an dritter Stelle zeugt nur davon, wie verwirrt die SPD-Fraktion momentan aufgrund ihrer eigenen Turbulenzen in der Fraktion ist, denn es ist deutlich geworden, dass Sie eigentlich gar nicht wissen, was Sie bei der geschlossenen Unterbringung wollen und auch gar kein Konzept haben, was Sie dem gegenüberstellen können.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andrea Hilgers SPD: Im Gegensatz zu Ihnen doch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD! Klären Sie doch bitte endlich – ich habe das das letzte Mal auch schon gesagt – intern erst einmal ab, wohin Sie eigentlich wollen. Wollen Sie in Hamburg tatsächlich eine geschlossene Unterbringung für sozial stark vernachlässigte und teilweise schwerstkriminelle Kinder und Jugendliche oder wollen Sie so weiterwursteln, wie Sie es in den letzten Jahrzehnten gemacht haben? Dazu gibt Ihr Landesparteitag anscheinend andere Auskünfte, als der Kollege Schulz eben am Mikrofon versucht hat, deutlich zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, versuchen, vom Senat eine hundertprozentig sichere,

(Dr. Martin Schäfer SPD: 50 Prozent reichen!)

eine nichts kostende pädagogisch-therapeutische Jugendeinrichtung einzufordern, wo schwerstkriminelle und sozial vernachlässigte Jugendliche alle rehabilitiert werden. So etwas gibt es aber in dieser Republik und auch in Hamburg nicht.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Wir wollen nur, dass sie nicht auf der Straße sind!)

Herr Neumann, wenn Sie sich aufregen, weiß ich, dass ich Recht habe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Kollege Schulz! Die politische Verantwortung für die geschlossene Unterbringung in der Feuerbergstraße

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Tragen Sie!)

tragen wir, Frau Hilgers, vollkommen richtig, und wir tragen sie auch gerne, denn die geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße ist ein gelungenes Konzept

(Beifall und Lachen bei der SPD und der GAL – Dr. Andrea Hilgers SPD: Peinlich, Herr Hesse!)

und dieses Konzept sorgt genau dafür, dass die Kinder und Jugendlichen, die Sie auf der Straße haben herumlaufen lassen, dort vernünftig betreut werden können und zumindest die Chance auf ein vernünftiges Leben nach der Feuerbergstraße haben.

Die GAL wird hier gleich auch noch einmal sprechen, es gibt auch eine Schriftliche Kleine Anfrage, Drucksache 18/273, zu diesem Thema. Darin ist der gesamte Offenbarungseid der GAL, was die geschlossene Unterbringung angeht, schon deutlich geworden, denn da steht schon in der Einleitung, es werde trotz Minderauslastung noch ein Sicherheitszaun gebaut. Natürlich bauen wir Sicherheitszäune, wenn es notwendig ist, weil man nur den erziehen kann, den man auch hat.

(Michael Neumann SPD: Sie haben ja keinen!)

Das Konzept der geschlossenen Unterbringung ist, dass man Mängel auch beseitigen muss, wenn man sie findet und dieses haben wir getan.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Sie experimentieren mit der Sicherheit der Bürger der Stadt! Sie tragen die Verantwortung! Sie haben sie wieder auf freien Fuß gesetzt!)

Herr Neumann sagt gerade, wir trügen die Verantwortung für die Straftaten. Wir tragen die Verantwortung dafür, Herr Neumann, dass wir im letzten Jahr eine Belegung von 5,3 hatten. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass diejenigen, die wir in der geschlossenen Unterbringung hatten, vorher viele Jahre auf der Straße herumgelaufen sind. Das war SPD- und grüne Politik. Wir haben gehandelt, während Sie immer nur gesprochen haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen der SPD! Es gibt keine Alternative zur geschlossenen Unterbringung. Man muss – das wissen Sie und auch der Landesbetrieb, Herr Schulz hat es eben auch angesprochen –, das habe ich auch in der Öffentlichkeit deutlich gemacht, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch weiter für diese schwierige Aufgabe sensibilisieren, für die weiß Gott wahrscheinlich schwierigste Aufgabe, in so einer geschlossenen Unterbringung zu arbeiten. Ich denke, dass sie das schaffen werden, ansonsten werden wir uns natürlich Gedanken über die Trägerschaft machen.

Rotgrüne Verhältnisse allerdings

(Michael Neumann SPD: Da ist überhaupt kein Unterschied! Dafür hohe Kosten!)

wird es mit dieser CDU und mit diesem Senat in Hamburg nicht mehr geben. Dafür werden wir sorgen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Zum Schluss noch kurz ein Satz zu den Kosten.

(Glocke)

Herr Hesse, auch wenn Sie den Schluss ankündigen, Ihre Redezeit ist beendet.

Dann sage ich den letzten Satz.

Ich möchte Ihnen nur mit auf den Weg geben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der GAL, wenn Sie gleich sprechen: Die Kosten der geschlossenen Unterbringung sind genauso hoch wie die der intensiv betreuten Wohneinheiten. Sie sind genauso hoch wie der Bundesdurchschnitt und viel, viel günstiger als ein Neubau. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Blömeke für dreieinhalb Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Hesse, in drei Minuten alles zu sagen, was eigentlich gesagt werden müsste, wird schwer; ich werde es auch nicht machen. Sie haben auf unsere Kleine Anfrage verwiesen.

(Wolfgang Beuß CDU: Kommen Sie doch mal zum Thema!)

Herr Hesse, Ihre Rede machte den Eindruck, als wären Sie gar nicht richtig vorbereitet auf diese Rede, als hätten Sie sich gewünscht, dieses Thema werde gar nicht mehr angesprochen; zum Glück sprechen wir es hier noch an.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es kann doch nicht allen Ernstes Ihre Meinung sein, über ein gelungenes Konzept zu reden, ein Konzept, das eine Entweichungsquote in den ersten sechs Monaten von 100 Prozent hat. In diesen vier Monaten sind nicht nur die drei Jugendlichen, die durch die Presse gegangen sind, entwichen, sondern auf unsere Anfrage haben wir die Antwort erhalten, dass fünf Jugendliche in vier Monaten aus dieser Anlage wieder entwichen sind.

(Michael Neumann SPD: Von 5,3 sind fünf ab- gehauen! Super! Da waren ja die betreuten Wohneinheiten besser!)

Das ist kein gelungenes Konzept.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich bin die Letzte, die mit Geld knausern würde, wenn es um Maßnahmen zur Erziehung, um Jugendhilfemaßnahmen geht, aber wenn wir hier ein Konzept haben, das auf der einen Seite immens viel Geld kostet – ich will die Summe einmal richtig stellen, wir reden hier über 1,5 Millionen Euro Betriebshaushaltskosten –, und auf der anderen Seite ein Konzept, das keinen Erfolg hat, dann spreche ich von Geldverschwendung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Jetzt noch ein Wort zum Konzept. Ganze zehn Jugendliche haben es in diesen anderthalb Jahren geschafft, diese Anlage wenigstens auszusitzen, sind nicht ausgebrochen und haben ihre Zeit ausgesessen. Von diesen zehn Jugendlichen – das machen Sie sich bitte einmal klar – haben nur zwei die drei Stufen sämtlicher pädagogischer Maßnahmen durchlaufen. Ist es da ein Wunder,

dass die Rückfallquote zu kriminellen Delikten bei fast 50 Prozent liegt, Herr Hesse? Da sind Sie sprachlos.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfhard Ploog CDU: Was war denn bei Ihren Erlebnisreisen in den Süden? Gegenruf von Michael Neumann SPD: Da waren sie aber weg!)

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Geldverschwendung sagen. Ihr Senat ist doch derjenige, der knausert, überall wollen Sie einsparen. Allein der Zaun, den Sie neu hingestellt haben, kostet 110 000 Euro, der private Sicherheitsdienst 80 000 Euro. Diese Summen verschwinden woanders bei den Hilfen zur Erziehung. Es fehlt schlicht das pädagogische Konzept.

Ich stelle fest: Die geschlossene Unterbringung ist als Konzept gescheitert. Repressionen bringen Aggressionen und wenn Sie einsperren, dann ist das keine pädagogische Maßnahme, die wir uns vorstellen.

(Michael Neumann SPD: Wenn Sie einsperren würden!)

Wenn Sie einsperren würden.