Protocol of the Session on May 26, 2004

Wenn Sie einsperren würden.

Was wir brauchen, ist ein Neuanfang

(Wolfhard Ploog CDU: Wie soll der aussehen? – Gegenruf von Michael Neumann SPD: Tür zu!)

und darum bin ich der SPD dankbar, dass sie dieses Thema angemeldet hat. Es gibt einen Neuanfang, der uns jetzt noch eine Chance bieten würde. Fangen Sie endlich an damit, investieren Sie die Gelder in gute pädagogische Konzepte, setzen Sie sich mit den Fachleuten, mit den Experten zusammen und handeln Sie bitte endlich. Ihr Konzept der geschlossenen Unterbringung ist gescheitert, denn Repression erzeugt Aggression und es führt nicht zu einer Lösung der Probleme unserer randständigen Jugendlichen, denen wir helfen möchten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das war eine Punktlandung, was die Dauer der Redezeit betraf, ich hätte nicht zu klingeln brauchen. Wir sind am Ende der Aktuellen Stunde und kommen nun zu den Wahlen.

Ich rufe die Punkte 3 bis 5 auf.

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit – Drucksache 18/228 –]

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit – Drucksache 18/229 –]

[Unterrichtung durch den Präsidenten der Bürgerschaft: Wahl eines Mitglieds für das Kontrollgremium nach dem Gesetz zur Umsetzung von Artikel 13 Absatz 6 des Grundgesetzes – Drucksache 18/255 –]

Wir haben drei Wahlen vorzunehmen. Die Fraktionen haben vereinbart, dass diese in einem Wahlgang durchgeführt werden sollen. Die Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen je ein Feld für Ja-Stimmen, für Nein-Stimmen und für Enthaltungen. Sie dürfen bei den Stimmzetteln bei jedem Namen ein Kreuz machen,

aber bitte nur eins. Mehrere Kreuze bei einem Namen beziehungsweise weitere Eintragungen oder Bemerkungen machen den Stimmzettel ungültig. Auch unausgefüllte Zettel gelten als ungültig. Bitte nehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidungen vor und ich bitte die Schriftführerinnen, die Stimmzettel einzusammeln.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenommen.)

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Das ist so. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden jetzt ermittelt. Ich werde sie Ihnen im Laufe der Sitzung bekannt geben.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 28, Antrag der CDU-Fraktion: Bebauung der Konversionsfläche in Jenfeld – familienfreundliches Wohneigentum mit Flexibilität.

[Antrag der Fraktion der CDU: Bebauung der Konversionsfläche in Jenfeld (Lettow- Vorbeck-Kaserne) – familienfreundliches Wohneigentum mit Flexibilität – Drucksache 18/247 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksachen 18/310 und 18/314 je ein Antrag der GAL- und der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: Bebauung der Lettow-Vorbeck-Kaserne in Jenfeld – Drucksache 18/310 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Bebauung der Konversionsfläche in Jenfeld (Lettow-Vorbeck-Kaserne) – Drucksache 18/314 –]

Alle drei Drucksachen möchte die GAL-Fraktion an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Abgeordnete Dr. Hochheim.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Einen Moment, Frau Dr. Hochheim. Als ich eben die Wahlprozedur bekannt gegeben habe, war es nicht so schlimm, dass es im Hause unerträglich laut war, aber bei den Debatten sollten Sie zumindest die Lautstärke etwas dämpfen. Es dient auch der Verständlichkeit der Redner.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der GAL)

Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Die ehemalige LettowVorbeck-Kaserne liegt in einem Hamburger Stadtteil, der geprägt ist von Montagebausiedlungen der Siebzigerjahre. Deshalb hatte es der Stadtteil in der Vergangenheit auch nicht immer leicht. 1988 betitelte das "Hamburger Abendblatt" noch Jenfeld als einen Stadtteil ohne Zukunft. Durch erhebliche Anstrengungen von Verwaltung, Vereinen, Initiativen und nicht zuletzt der Politik, die die Gelder aus der sozialen Stadtentwicklung bereitstellten, konnte Jenfeld stabilisiert werden. 1997 bezeichnete das "Hamburger Abendblatt" nun Jenfeld auch schon als Tristesse im Aufwind.

Heute ist es meiner Meinung nach mehr als das; Jenfeld beginnt aufzublühen. Dennoch können wir auch heute nicht sagen, dass alle Probleme Jenfelds gelöst seien. Knapp 17 Prozent der 26 000 Einwohner leben von Sozialhilfe. Damit hat Jenfeld die höchste Quote aller Hamburger Stadtteile. 54 Prozent der Wohnungen in Jenfeld sind Sozialwohnungen, das ist dreimal so viel wie der

Hamburger Durchschnitt, der bei ungefähr 17 Prozent liegt.

Deshalb wundert es auch nicht, dass viele Hamburger die schönen Seiten Jenfelds nicht kennen und der Stadtteil noch immer im Gleichklang mit anderen Problemstadtteilen genannt wird. Das Negativimage ist leider trotz vieler sozialer Maßnahmen noch immer erhalten geblieben.

Nun haben wir mit der ehemaligen Lettow-VorbeckKaserne eine einmalige Chance. Wir haben die Chance, mit der Bebauung des 28 Hektar großen Geländes – das ist größer als beispielsweise das Heiligengeistfeld, um eine Vergleichsgröße zu nennen – eine tief greifende nachhaltige Veränderung und eine Imageaufwertung des Stadtteils herbeizuführen. Die Konversionsfläche liegt mitten im Herzen Jenfelds. Sie eignet sich für eine Bebauung, insbesondere für den Wohnungsbau, denn eine intakte Infrastruktur kann Jenfeld bieten. 15 Kindergärten, vier Grundschulen, vier weiterführende Schulen und viele weitere Sozialeinrichtungen stehen den Bürgern zur Verfügung. Ich glaube, nicht jeder Stadtteil kann mit einer solchen Fülle von Sozialeinrichtungen aufwarten, demnach eine hervorragende Fläche für die wachsende Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Die Idee, die diesem Antrag zugrunde liegt, ist deshalb auch denkbar nahe liegend. Immer noch wandern Hamburger Familien ins Umland ab, weil sie dort Wohneigentum zu günstigeren Preisen erhalten. Wohneigentum ist in Hamburg weiterhin Mangelware. Mit 24 Prozent Eigentumsquote hinken wir anderen Bundesländern und Städten weit hinterher und das, obwohl jeder Zweite mit der Anschaffung von Wohneigentum liebäugelt.

In Jenfeld sollten wir diesen Familien eine Alternative zum Umland bieten, Grundstücke zu moderaten Preisen im Eigentumsbereich.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus sollten wir den Familien die größtmögliche Individualität beim Bauen ermöglichen. Die Zeiten der Standardfamilien, denen Standardlösungen offeriert werden konnten, sind vorbei. Das Besondere ist gefragt, wenn Hamburg mit dem Umland konkurrieren möchte.

(Beifall bei der CDU)

Heutzutage legen zum Beispiel die einen Familien Wert auf große Wohnküchen, die anderen wollen mit mehreren Generationen unter einem Dach leben. Wieder andere benötigen beispielsweise große Arbeitszimmer oder Hobbyräume. Dafür dürfen wir nicht das gesamte Areal, wie in der Vergangenheit meist bei anderen Konversionsflächen geschehen, an einen Großinvestor vergeben, der zwangsläufig Lösungen von der Stange anbieten würde, sondern müssen kleinteilig die Grundstücke vergeben und damit den zukünftigen Bewohnern Individualität und Flexibilität bei ihrer Bebauung erlauben.

(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Meinen Sie? So wie in der HafenCity!)

Auf gar keinen Fall dürfen wir als Gesetzgeber den Bebauungsplan mit Zielen überfrachten und damit die Individualität der Bürger einschränken. Deshalb, meine verehrten Abgeordneten der GAL, meine ich, wenn Bürger Häuser in ökologischer Bauweise auf der Fläche bauen möchten, dann werden wir dies unterstützen. Es gibt

dafür zahlreiche Fördermöglichkeiten. Einen staatlichen Zwang durch Festlegung im Bebauungsplan oder Ähnliches werden wir aber dafür nicht ausüben. Das sage ich hier und jetzt ganz klar und deutlich.

(Beifall bei der CDU)

Unter den von mir geschilderten beiden Voraussetzungen, nämlich günstige Grundstücke und größtmögliche Freiheit, individuell nach den eigenen Wünschen in der Stadt zu bauen, können wir Haushalte nach Jenfeld locken, die sonst die Stadtgrenzen verlassen würden. Den Stadtteilen tun diese Familien gut, weil damit das Sozialgefüge neu gemischt wird und langfristig wird vielleicht sogar Jenfelds Image verbessert. Statt eines Problemstadtteils wird es ein junger, frischer, familienfreundlicher Hamburger Stadtteil werden.

(Beifall bei der CDU)

"Junges Jenfeld" wäre vielleicht ein Slogan, mit dem der Start in die neue Ära beworben werden könnte. So einfach die Idee jedoch klingt, so schwierig ist aber die praktische Umsetzung. Still und starr ruht das Areal nun weitgehend schon seit 1998, als der letzte Soldat das Gelände verließ. In der Zwischenzeit gab es zwar viele Überlegungen. Ich möchte hier nur einige nennen: Medienhochschule, Tansania-Park, multifunktionale Sportstätten und Freizeitpark TV-World. Aber passiert ist nie etwas.

Seit einiger Zeit liegen für diese Konversionsflächen Überlegungen auf dem Tisch, die eine Ausweisung von Wohn- und Gewerbeflächen sowie Grünzügen vorsehen. Die Senatskommission hat diese Ziele im Mai letzten Jahres nochmals bestätigt.

Dass auch aus diesem Plan bislang nichts geworden ist, begründet sich aus der starren und defensiven Haltung des Grundeigentümers, dem Bundesvermögensamt. Der Bund arbeitet mit dieser wenig konstruktiven Haltung nur auf ein Ziel hin, auf Zeit zu spielen, damit er so viel Geld wie möglich aus einer Vermarktung dieser Fläche herausholen kann. Dieses Ziel ist im ökonomischen Sinne legitim, kann aber nicht im Interesse verantwortungsvoller Hamburger Politiker sein.

(Beifall bei der CDU)

Der Stadtteil darf nicht dem schnöden Mammon des Bundes zum Opfer fallen.

(Beifall bei der CDU – Bernd Reinert CDU: Ge- nau!)

Mich wundert, dass die Abgeordneten der SPD und der GAL dabei so ruhig bleiben können. Das ist ein Eingeständnis dafür, dass sie kein großes Interesse haben.

(Wolfhard Ploog CDU: Die haben es nicht ver- standen!)

Wir versuchen, einen Punkt im GAL-Zusatzantrag zu prüfen, nämlich ob die Stadt die Fläche als Zwischenerwerber kauft. In Zeiten leerer Kassen sind Zwischenfinanzierungen von Grundstücken nur im Ausnahmefall zu begründen. Sollte sich der Bund aber weiterhin renitent verhalten, müssen wir dieses wohl ernsthaft in Betracht ziehen.