Großstadtverkehr finden Sie auch in Schweden, in Österreich und natürlich auch in Nordamerika. Gerade in der Großstadt kommt es auf vorausschauendes Fahren an und das wird hierbei insbesondere geübt. Der Hamburger Fahrlehrerverband hat unser Konzept als überaus positiv beurteilt.
Der Bundesrat hat dieses Modell bereits beschlossen. Andere Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben einstimmige Beschlüsse dazu gefasst. Die Verkehrswacht zahlreicher Länder und die Bundesanstalt für den Straßenbau haben umfangreiche Untersuchungen zu diesem Vorschlag unternommen und sich ebenfalls dafür ausgesprochen. Die Experten vom Verkehrsgerichtstag in Goslar haben unseren Vorschlag fast einstimmig gutgeheißen. Sollten Sie also noch Informationsbedarf haben, können Sie die Unterlagen gern bei mir einsehen.
Sogar die Weltgesundheitsorganisation hat Deutschland aufgefordert, wirksame Maßnahmen zu erlassen, damit weniger junge Fahranfänger im Straßenverkehr getötet werden.
Die CDU-Fraktion sieht somit dringenden verkehrspolitischen Handlungsbedarf. Wir werden angesichts der hohen Unfallzahlen junger Fahranfänger nicht weiter abwarten, sondern handeln. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Herr Trepoll! Gestern habe ich den Zeitungen entnommen, dass der Kollege Hesse aus der CDU-Fraktion die Revolution im Straßenverkehr ausrufen wolle.
Wir führen den Führerschein ab 17 ein, hieß es da sinngemäß, und notfalls auch allein und ohne die Zustimmung aus Berlin. Im Antrag der CDU heißt es jetzt nur noch, Hamburg möge die Idee des Führerscheins ab 17 unterstützen, und als Testbundesland mitmachen, wenn es denn zu einer bundeseinheitlichen Regelung kommen solle.
In dieses Bett nun mitzuspringen, macht hier sicherlich niemandem Probleme. Ihr Antrag ist dermaßen nichts sagend, dass er wohl einstimmig angenommen werden könnte.
Die Intention Ihres Antrages allerdings lehnen wir ab. Deswegen wollen wir auch eine Überweisung, deswegen gibt es auch zwei Zusatzanträge.
Worum geht es? Es ist statistisch belegt, dass junge Fahranfänger überdurchschnittlich viele Unfälle verursachen. Dagegen soll vorgegangen werden und das ist gut so. Das Bundesverkehrsministerium und nicht die CDUFraktion Hamburg hat deshalb Ende 2001 eine Projektgruppe eingesetzt, die nach eingehender Prüfung Anfang 2003 einen Großversuch zum so genannten "begleiteten Fahren" vorgeschlagen hat. Die Projektgruppe fordert dabei ausdrücklich, zunächst bundeseinheitliche Regeln und Verhaltensmuster aufzustellen. Über diese Regeln wird seither zwischen dem Bund und den Ländern verhandelt, zuletzt vor einer Woche am 18. Mai. Es zeigt sich, dass einige Länder einen solchen Versuch unterstützen, andere vehement dagegen sind, und zwar unabhängig davon, welche Partei die jeweilige Regierungsmehrheit stellt. Konsens ist aber, dass es bundeseinheitliche Kriterien geben muss. Schon im Interesse der Handhabbarkeit ist dies notwendig oder meinen Sie, es sei für unsere Polizeibeamten praktikabel, beim Unfall eines Siebzehnjährigen erst anhand von 16 unterschiedlichen Verfahrensmodellen herausfinden zu müssen, ob der Siebzehnjährige und sein Beifahrer nun ein rechtmäßiges Gespann waren oder nicht?
Dessen ungeachtet und ohne dafür kompetent oder auch nur gesetzgeberisch zuständig zu sein, hat Niedersachsen in einigen Landkreisen vor knapp sechs Wochen einen eingeschränkt gültigen, angeblichen Führerschein für Siebzehnjährige eingeführt. Er gilt, wenn eine erziehungsberechtigte Person auf dem Beifahrersitz sitzt, wenn diese Person vorher einen speziellen Kurs besucht und außerdem keine nennenswerten Einträge in Flensburg hat. Die ganze Regelung soll übrigens nur bis zum Jahresende gelten. Zu den Erprobungslandkreisen gehören Harburg und Lüneburg, sodass wir auch in Hamburg mit den siebzehnjährigen Fahrern rechnen müssen.
Dies ist doch schon ein Skandal an sich. Unser Nachbarland setzt sich über die Regelungskompetenz des Bundes hinweg und wenn es schief geht, tragen Hamburger Verkehrsteilnehmer die Folgen.
Aber unsere Hamburger Polizei ist ja Kummer gewohnt und hat sich darauf eingestellt. Die zuständigen Fachkommissariate kennen die niedersächsischen Regelungen und wissen, worauf sie zu achten haben; ich habe das einmal nachgefragt.
Herr Trepoll und Herr Hesse fordern nun, dass der Senat Hamburg ebenfalls als Testgebiet zur Verfügung stellen soll, nennen aber ganz andere Regelungen als die niedersächsischen bezüglich der Begleitperson. Bei Ihnen sind nicht mehr Mutter oder Vater verantwortlich, sondern irgendjemand, wenn er denn über 30 Jahre alt ist.
Können Sie sich das Chaos vorstellen, das auf der Straße entsteht, wenn die nächsten Länder noch andere Regelungen erfinden, weil sie glauben, sie hätten noch bessere Ideen?
Was die Experten des sozialdemokratischen Bundesverkehrsministers vorschlagen und was das größte rotgrünregierte Bundesland Nordrhein-Westfalen interfraktionell als Modell fordert, kann so schlecht nicht sein. Deshalb war und ist natürlich die Hamburger SPD-Fraktion in der Sache nicht gegen einen Modellversuch "Führerschein ab 17".
In anderen Staaten – Sie haben es schon ausgeführt – gibt es das begleitete Fahren für Anfänger seit Jahren und es spricht einiges dafür, dass auch bei uns die Zahl der Unfälle gesenkt werden könnte, an denen Fahranfänger beteiligt sind. Aber ob in Deutschland wirklich funktioniert, was im Flächenland Schweden ein Erfolg ist, ist ungewiss. In Österreich nehmen gerade einmal 10 Prozent der Siebzehnjährigen den Stress einer womöglich chronisch besserwisserischen Begleitperson auf sich.
Meine Herren von der CDU, würde wohl Herr Roock als Antragsteller ein Jahr lang Herrn Rusche als Beifahrer ertragen oder umgekehrt?
Schon bisher haben wir eine zweijährige Probezeit für Führerscheinneulinge. Die Begleitfahrzeit soll jetzt darauf angerechnet werden. Aber was ist eigentlich, wenn die Siebzehnjährige nur ganz vereinzelt mit Mama und Papa fährt, weil die dazu keine Zeit haben oder Siebzehnjährige dazu keinen Bock? Dann gilt er ein Jahr früher als fertiger Fahrer, obwohl er viel weniger Praxis hat als die jungen Leute, die bisher mit 20 Jahren ihre Probezeit hinter sich haben und trotzdem – Sie haben es gesagt – überdurchschnittlich viele Unfälle verursachen.
Die Herren von der CDU glauben, sie wüssten schon alle Ergebnisse. Die Experten sind sich da aber nicht so sicher. Statt bei Herrn Hesse oder Herrn Trepoll nachzufragen, schlagen sie Flächentests vor. Einen guten Test zeichnet aus, dass er genau definierte einheitliche Bedingungen schafft, damit am Ende aussagekräftige Resultate herauskommen. Diese Bedingungen muss der Bund definieren und dabei ist er gerade. Verzögert worden ist das unter anderem dadurch, dass um des lieben Friedens willen ein Modell gefunden werden muss, das irgendwie den rechtswidrigen Alleingang Niedersachsens wieder einfängt.
Natürlich gibt es eine Reihe rechtlicher Fragen zu klären. Was passiert eigentlich dem Siebzehnjährigen, den Sie in Hamburg ohne bundeseinheitliche Regelung ans Steuer lassen, wenn er in Trittau oder Pinneberg einen Unfall baut? Können Sie sicher sein, dass jede Haftpflichtversicherung darauf verzichtet, sich bei den Eltern des Siebzehnjährigen schadlos zu halten, wenn er trotz Begleitung einen Unfall verursacht und einen anderen Menschen verletzt, tötet oder zum Krüppel fährt? Was ist, wenn der volltrunkene dreißigjährige Begleiter leider nicht mehr helfend eingreifen konnte? Auch im Bereich von Sanktionen ist nämlich viel zu regeln.
Herr Trepoll, Herr Hesse, meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen im Grundsatz Recht. Wenn es einen Erfolg versprechenden Weg gibt, Unfälle zu verhindern, sollte er beschritten werden, und zwar so schnell, wie dies auf vernünftige Art möglich ist. Für Hektik und unverantwortliche Hast gibt es aber keinen Grund.
Straßenverkehr ist gefährlich. Wir sollten nicht um der bloßen Effekthascherei willen die notwendige Sorgfalt außer Acht lassen. Deshalb wollen wir eine bundeseinheitliche Lösung.
Seit Herr Benz das erste dreirädrige Automobil auf die Straße brachte, sind nahezu 130 Jahre vergangen. Die Menschheit hat sie ganz gut ohne begleitetes Fahren verbracht. Es spricht relativ viel dafür, dass sie es auch noch ein paar Monate durchhalten wird, solange nämlich, bis die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, dass wir bundeseinheitlich unter gleichen sicheren Bedingungen testen können.
Und dann – da stimme ich Ihnen zu – wollen wir Hamburgerinnen und Hamburger natürlich dabei sein. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist ja heute ein eher harmonischer Tag. Niemand hier wird sich hinstellen und sagen, wir müssten nichts tun, um etwa bei der Gruppe der jungen Erwachsenen ernsthaft neue Wege zu beschreiten, um die extrem hohen Unfallzahlen zu senken. Niemand ist gegenüber der Wirklichkeit so blind, dass er nicht erkennte, dass es in Schweden und in Österreich ebenfalls ein Erfolg war, dieses Modell einzuführen, und der sich nicht ein bisschen wundern würde, warum der Erfolg in Österreich ungefähr ein Drittel der Erfolgsrate von Schweden beträgt und zum Beispiel in den USA die Schwankungsbreite der Erfolge zwischen 60 Prozent – was wahnsinnig gut ist – und nur 4 Prozent liegt. Da kann man sich schon einmal fragen, woran das liegen mag. Ist das die Ausgestaltung des jeweiligen Modells, ist das eventuell die jeweilig unterschiedliche Situation, könnte es sein, dass zum Beispiel in New York nur 4 Prozent Unfallrückgang erreicht wurden, während in Nevada alles ganz prima geklappt hat?
Wenn es in Österreich 15 Prozent Rückgang der Unfälle gibt, dann kann man sich darüber insgesamt sehr freuen, das will ich nicht in Abrede stellen. Aber sind die Zahlen in Wien und Salzburg die gleichen wie auf dem Lande? Diese Frage müssen wir uns hier stellen. Ist deswegen Hamburg als Großstadt wirklich geeignet, mit dieser Maßnahme vorzupreschen?
Herr Trepoll, ich wollte Sie nur einmal fragen, wie schreibt man "gönnerhaft"? Sie haben sich zuerst auf uns bezogen und gesagt, wie die GAL da herangeht, könne man das nicht tun. Vielleicht interessiert es Sie, Herr Trepoll, dass die Bedenken, die wir in unserem Antrag geäußert haben, im Wesentlichen vom ADAC geteilt werden, dem
Sie ja sonst auch sehr gerne folgen, der Deutschen Polizeigewerkschaft und dem Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft, die einfach fragen, wie die genauen Rahmenbedingungen seien. Wir müssen nämlich sehr genau hinsehen, welchem Risiko wir nicht nur die Verkehrsteilnehmer aussetzen, sondern insbesondere die Begleitpersonen. Die Versicherer wissen heute noch nicht, wie die Situation ist, wenn es zum Schadensfall kommt. Sie wissen nicht, ob nicht – rein rechtlich gesehen – bei einer uneinheitlichen Regelung zwischen verschiedenen Bundesländern an einer Landesgrenze angehalten werden müsste. All das muss geregelt werden. Das heißt, wir müssen uns im Ausschuss intensiv fragen, ob dieses Modell für den Großstadtverkehr geeignet ist und wie wir rechtliche Unsicherheiten, die bis heute bestehen, rechtzeitig ausräumen können. Ich weiß nicht, warum Sie das im Ausschuss nicht machen wollen.