Carola Veit

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Last Statements

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Koop, die Pressemitteilung des Senats von vorgestern hätten Sie uns hier nicht vortragen müssen, die konnten wir selbst lesen.
Wirklich schade finde ich aber, dass wir immer noch über die gleichen Probleme reden müssen, die es bereits vor vier Jahren gab. Es sind aber nicht die gleichen Kinder und ihre Familien, denn von denen hat bereits eine ganze Grundschulgeneration die massiv verschlechterten Bedingungen ertragen müssen, die der Von-Beust-Senat hier eingeführt hat:
Kinder, die wegen der von Ihnen eingeführten Gebühren nicht zur Vorschule gegangen sind, obwohl sie es bitter nötig gehabt hätten, Kinder, die in immer größeren Grundschulklassen lernen mussten, Kinder, die nicht mehr aus ihren Stadtteilen herauskommen, weil Sie ihnen die Schülerfahrkarten weggenommen und gleichzeitig die Bücherhallen dicht gemacht haben, Kinder, die nicht mehr ordentlich Schwimmen lernen, die Sie nicht mehr in die Kitas lassen, wenn die Eltern keine Arbeit haben, und so weiter.
Das alles, meine Damen und Herren, ist nicht lebenswert und das alles hat dieser Von-Beust-Senat zu verantworten.
Nun hat der Erste Bürgermeister, der es offenbar vorzieht, nicht mehr an der Debatte teilzunehmen, dereinst öffentlich erklärt, Soziales könnten wir uns wieder leisten, wenn es uns besser ginge, und hat damit soziale Kälte zum offiziellen Leitbild dieser Regierung erklärt. Nun hat er gestern folgerichtig gesagt, die soziale Spaltung der Stadt sei eine Erfindung der SPD. Gestern hieß es in einer Pressemitteilung der Stadtentwicklungsbehörde von Senator Gedaschko, dass die Stadtteilentwicklung der sozialen Spaltung der Stadtgesellschaft entgegenwirken und zwischen den benachteiligten Quartieren und der Gesamtstadt Brücken bilden wolle. Das ist doch bemerkenswert.
Lassen wir einmal einen richtigen Experten zu Wort kommen. Professor Jens Dangschat, Professor für Siedlungssoziologie und Experte für Stadtentwicklung, früher an der Universität in Hamburg, sagte in einem Interview mit der "Hamburger Morgenpost" am 10. August 2007 auf die Frage, ob die soziale Spaltung größer geworden sei, ja.
- Noch ein Zitat, Herr Reinert:
"Es muss mehr getan werden gegen die soziale Spaltung der Stadt."
Das sagte Bischöfin Jepsen am Adventsempfang am 6. Dezember letzten Jahres.
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nehmen diese Warnungen ernst und ich begrüße in diesem Zusammenhang ganz herzlich Hamburgs künftigen Ersten Bürgermeister Michael Naumann und seine Frau.
Wir sind froh, wenn wir hier einige Senatoren nicht sehen, aber die leeren Bänke in den CDU-Reihen sprechen Bände bei diesem Thema. Ich will gern noch ein Wort zum Ersten Bürgermeister sagen.
- Herr Mattner, Herr Ploog, Herr Reinert, Herr Harlinghausen.
Als wir gestern über Kinderschutz debattierten, hat der Erste Bürgermeister auch nicht an der Debatte teilgenommen.
Er war so gegen 19.00 Uhr weg. Da haben wir gedacht, na ja, er ist bei irgendeiner Bambi-Verleihung oder bei sonst etwas Wichtigem. Heute Morgen durften wir aber per Radiointerview erfahren, warum er nicht da war. Er hat sich den Anfang des Fußballländerspiels im Fernsehen angesehen. Das fand er langweilig, hat kurz in einen Krimi hineingeschaut und am Ende zum Buch gegriffen. So ernst nehmen Sie dieses Thema, meine Damen und Herren.
Fakt ist - Frau Koop, jetzt komme ich zu den Ergebnissen der Großen Anfrage der GAL -, dass, diesem Senat zu einem echten Umsteuern entweder die Einsicht oder der Mut oder beides gefehlt hat. Sie haben gerade einmal sechs Stadtteilen besondere Hilfe zukommen lassen. Alle wissen, wir haben mehr benachteiligte Quartiere.
Eigentlich haben Sie 13 selbst schon einmal identifiziert. Zwar sind in einigen Problemvierteln die ersten Grundschulklassen kleiner geworden, gleichzeitig liegt die Versorgung mit Krippen- und Kita-Plätzen ausgerechnet in den Stadtteilen mit großen sozialen Problemen weit unter dem Durchschnitt und ist real sogar abgesunken. Sie mögen das lebenswert finden, wir nicht.
Die CDU hat die Ganztagskindergartenplätze nach eigenen Zahlen in sozial benachteiligten Gebieten um über 30 Prozent reduziert. Das sind die Bereiche, in denen frühe Förderung besonders wichtig ist. Sozialsenatorin Schnieber-Jastram hat hier genau das Falsche gemacht. Sie mögen das lebenswert finden, wir nicht.
Mit der Einführung neuer Gebühren für das Mittagessen, für Vorschule, für Schulbücher und für das Studium hat der Von-Beust-Senat Bildung noch mehr vom Ein
kommen der Eltern abhängig gemacht. Das leistet der sozialen Spaltung in dieser Stadt noch mehr Vorschub. Sie mögen das lebenswert finden, wir nicht.
In Hamburg lebt fast jedes vierte Kind in Armut. Das haben wir hier oft diskutiert. Ich nenne noch eine weitere Zahl. Der Anteil der Kinder, deren Eltern die Gebühren für die Kinderbetreuung aufgrund finanzieller Härte vom Senat erlassen bekommen, liegt nicht bei einem Viertel. Gerade einmal 1,2 Prozent brauchen keine Kindergartengebühren zu zahlen und sind bei Ihnen Härtefälle.
Wie kann der Von-Beust-Senat angesichts dieser Zahlen von sich behaupten, er engagiere sich auch für eine bessere Zukunft der Kinder aus sozialen Problemvierteln? Sie werden nicht müde, sich bei jeder passenden Gelegenheit dafür zu loben, was Sie alles in benachteiligten Quartieren tun. Aber es reicht nicht aus, vor jedes frisch angesäte Stück Rasen ein buntes Band zu spannen, damit einer der Herren Senatoren das hinterher durchschneiden kann.
Die von den Menschen und Einrichtungen in den Stadtteilen angeschobenen Projekte sind wirklich gut, Frau Koop, und ich gehe sehr gern auf die Hip-Hop-Akademie in Billstedt für die Jugendlichen und die "Klangstrolche" für die Kindergärten ein. Das sind zwei hervorragende Projekte, die der Bürgermeister medienwirksam besucht hatte. Was ist die Wahrheit, Frau Koop? Dieser Senat finanziert beide Projekte bis Ende Februar dieses Jahres - dann ist Schluss. Das ist bitter, das ist traurig, das ist unglaubwürdig, das ist Ihre Art, Politik gegen die Menschen zu machen, die vor Ort etwas aufgebaut haben. Dafür gehören Sie abgewählt.
Frau Koop, Sie brauchen den Kopf nicht zu schütteln. Sie rühmen sich immer Ihrer besonders guten Kinderbetreuung in Hamburg. Das haben Sie eben auch wieder gemacht. Dabei wissen Sie genau, dass das eine Verdrehung ist, genauso wie die Erzählung von angeblich ausgeglichenen Haushalten und viele andere Behauptungen, die uns Ihre Propagandaabteilung immer wieder auftischt und unter das Volk bringt. Es gäbe in Hamburg keinen einzigen zusätzlichen Kindergartenplatz, wenn wir ihn Ihnen nicht gemeinsam mit Hamburgs Eltern abgetrotzt hätten, meine Damen und Herren von der CDU.
- Doch, Herr Stehr, die Wahrheit ist, dass Sie die Plätze einrichten mussten, weil Ihnen das Kinderbetreuungsgesetz, das Sie nicht gewollt haben, das vorgibt.
Sie haben nichts Besseres zu tun gehabt, als unmittelbar das Personal in den Kitas zu reduzieren und später als eine Art Zugabe das Essensgeld einzuführen und einseitig die Plätze nur an berufstätige Eltern zu vergeben. Es ist auch nicht wahr, meine Damen und Herren, dass alle Kinder, die es nötig haben, einen Kindergartenplatz bekommen. Das mag in bestimmten Stadtvierteln so sein, aber in Billstedt zum Beispiel, Frau Koop, führen alle Kitas Wartelisten - das wissen Sie genau -, weil es nicht genug Plätze für die Kinder gibt, die Betreuung dringend brauchten. Die müssen bei Ihnen draußen bleiben und
das ist schändlich.
- Ja, Herr Harlinghausen, Sie wissen das natürlich nicht. Sie finden Ihre Wähler in anderen Gegenden.
- Aber wahr ist es trotzdem.
Wirtschaftlicher Erfolg, Herr Harlinghausen, und soziale Gerechtigkeit bedingen einander und sind untrennbar miteinander verbunden. Für die SPD waren das immer zwei Seiten einer Medaille. Aber Sie hätten auch dazulernen müssen, dass Ihre Maßnahmen in weiten Teilen der Stadt Familien überhaupt nicht erreichen. Das haben Sie nicht. Jahrzehntelang ist Hamburg gut damit gefahren, beide Seiten der Stadt im Auge zu behalten. Leuchtturmprojekte hat es immer gegeben, das gebe ich gern zu, aber früher hat der Senat darauf geachtet, dass möglichst alle Hamburger - seit einigen Jahrzehnten auch die Hamburgerinnen - daran teilnehmen können. Das vermissen wir bei Ihnen, aber das wird sich nach dem 24. Februar auch wieder ändern. - Vielen Dank.
Herr von Frankenberg, Jessica ist fast drei Jahre tot. Andere Länder haben inzwischen verbindliche U-Untersuchungen. In anderen Ländern bekommen die Kinder ihre Chance, untersucht zu werden. In Hamburg bekommen sie diese Chance nicht und das ist Ihr Versagen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Nagel, ich weiß nicht, was Sie da auf Ihrer Fachtagung gemacht haben, aber mit der Situation der Kinder und Jugendlichen in Hamburg scheinen Sie sich nicht besonders beschäftigt zu haben.
Mir ist auch nicht klar, warum Sie mit solch einer Fachkonferenz angeben, während Sie sich gleichzeitig der Expertenanhörung im Ausschuss verweigert haben. Herr Hesse, wo Sie doch angeblich so viele tolle Zahlen haben. Ich gehe jetzt nur auf eine ein, aber die Zahl der Schulabbrecher dümpelt seit 2001 um die 11 Prozent herum. Die hat vielleicht einmal zwischen 10,7 und 12 Prozent geschwankt.
Da mögen Sie eine Differenz von 18 Prozent errechnet haben, aber Fakt ist doch, dass es in dieser Stadt Stadtteile mit Schulabbrecherquoten von 30 bis 40 Prozent gibt. Was ist das denn für eine Zahl und das ist der eigentliche Skandal. Da brauchen Sie hier nicht mit kleinen Rosinenpickereien anzukommen.
Ich weiß auch nicht, Herr Hesse, weswegen Sie sich hier ständig für Ihr ewig am Rande der Illegalität herumdümpelndes Scheiter- und Schauerprojekt Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße rühmen. Das ist wirklich nicht das, was uns an dieser Stelle weiterbringt.
Über den ASD reden wir nachher noch. Ich möchte jetzt ein paar Realitäten ansprechen, die nicht so viel mit Wahlkampf zu tun haben, aber mit den Jugendlichen in dieser Stadt.
Dass Junge meinen, die Alten verstünden sie nicht, ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheitsgeschichte. Dass Veränderungen und Fortschritt entstehen, gerade weil die Jungen sich anders verhalten als die Alten, liegt auf der Hand. Wie Gesellschaften aussehen, in denen alte Männer versuchen, Veränderungen mit staatlicher Gewalt und Unterdrückung zu verhindern, das können wir uns an verschiedenen Stellen dieser Welt angucken. Das wollen wir nicht. Wir wollen und müssen akzeptieren, dass sich auch unser Zusammenleben verändert. Ich glaube, bis dahin sind wir uns weitgehend einig hier im Hause.
Einigkeit besteht wahrscheinlich auch noch darin, dass wir bei aller Veränderung nicht wollen, dass bestimmte menschliche oder gesellschaftliche Normen über Bord geworfen werden. Niemand hier akzeptiert Gewalt und Unterdrückung. Schläger, zumal Totschläger, wollen wir alle nicht und auch keine sinnentleerte Zerstörungswut.
Wir wollen, dass jeder angstfrei und ohne Bedrohung leben kann, zu jeder Tageszeit und in jedem Viertel. Herr Dr. Jäger, das ist schon ein Hamburger Problem. Ich denke, das gilt für die CDU und den Senat genauso wie für uns und natürlich für die GAL.
Erschreckend finde ich aber, wie unfähig und unflexibel sich bisweilen unser Staat und auch dieser Senat zeigen, dafür die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Fragen muss man doch, warum junge Leute aufeinander losgehen, warum Rentnerinnen und Rentner verprügelt und zusammengetreten werden, warum wir in stetig zunehmendem Maße auf mutwillig herbeigeführte Zerstörungen treffen. Statt an den Symptomen herumzudoktern, gilt es, die Ursachen zu bekämpfen und darin liegt auch der
entscheidende Unterschied zwischen Ihrem dürftigen Konzept, Herr Senator Nagel, und uns, meine Damen und Herren von der CDU. Gegen Gewalt gehen wir Sozialdemokraten mindestens so entschlossen vor wie Sie, aber genauso entschieden bekämpfen wir die Ursachen von Gewalt.
Wenn hier immer wieder verschiedene Einzelmaßnahmen hervorgehoben werden, dann zeigt das das ganze Dilemma, Ihre Hilflosigkeit auf. Natürlich wird jede kleine Hilfe irgendetwas bewirken, aber Sie sollten so ehrlich sein und zugeben, dass ein paar Erzieherstunden hier und ein Sozialarbeiter dort am grundsätzlichen Dilemma Ihrer Politik nichts verändern wird. Sie haben gerade in den von Ihnen selbst identifizierten benachteiligten Stadtteilen Ganztags-Kitaplätze und Krippenplätze verhältnismäßig abgebaut. Jetzt kommen Sie hier mit einem "earlystarter"-Präventions-Projekt. Da nennen Sie absolut ehrgeizige Präventionsprojekte im Kindergarten, die es im Bundesgebiet alle schon gibt. Vier gleichzeitig wollen Sie umsetzen, die teilweise wissenschaftlich vorbereitet und begleitet werden müssen, die anspruchsvoll und aufwendig sind, mit Elterngruppen und intensiver Arbeit am Kind. In Hamburg-Mitte, zweifellos der am meisten belastete Bezirk, wollen Sie zur Realisierung dieser vier hochanspruchsvollen Projekte ganze eineinhalb Stellen zur Verfügung stellen. Ich finde, das zeigt überdeutlich, wie wenig ernst Sie es meinen.
Meine Damen und Herren, Senator Nagel! Auf diese Art und Weise können Sie noch weitere hundert Maßnahmen erfinden. So werden Sie das Problem nicht lösen.
Ich will auch noch einmal auf das Interview mit dem Richter Plewig im "Hamburger Abendblatt" eingehen, das Christiane Blömeke schon zitiert hat. Der ist ja nebenbei Professor für Devianzpädagogik, also die Pädagogik von Abweichlern, an der Universität in Lüneburg. Er schreibt:
"Die aktuell mit 'Globalisierung', 'Risikogesellschaft' usw. schlagwortartig bezeichneten fundamentalen Umwälzungen führen gegenwärtig zu Verteilungskämpfen, die die Bedeutung von Jugendkriminalität, deren Bewertung und die Bedeutung der gesellschaftlichen Rahmendingungen besonders hervortreten lassen."
Hier liegt doch ein wesentlicher Schlüssel für unsere heutigen Probleme. Das haben Sie offenbar bei Ihrer Fachkonferenz völlig ausgeklammert. Es ist auch der Versuch zur Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum, der den Jungen aus Billstedt, von der Veddel, aus der Lenz-Siedlung oder aus Neuwiedenthal dazu bringt, Normen zu verletzen. Er weiß, dass er genau ein Leben hat und das kann er entweder in der ihm zugewiesenen Rolle unten verbringen oder er kann versuchen, nach oben zu kommen. Wir wollen, dass er nach oben kommt, mit einer angemessenen Schule, mit einem uneingeschränkten und kostenlosen Zugang zum Studium, mit einer ausreichenden Anzahl an Lehrerstellen und so weiter.
Wir wollen, dass alle jungen Leute ihre Chancen bekommen und dass es nicht vom Geldbeutel der Eltern
abhängt, ob sie ihr Leben unten oder oben verbringen. Wir wollen ihnen genau diese Chancen geben, auch deshalb, weil wir denken, dass sie das von anderen, von gewalttätigen Irrwegen abhält. Das ist auch ein Geheimnis von sinnvoller Prävention, Herr Hesse. Aber genau das verweigern Sie den Jugendlichen. Deshalb sind in Wahrheit Sie mit Ihrer Politik der Ausgrenzung und der sozialen Spaltung mit Schuld daran, wenn Gewalt eskaliert, wenn es immer mehr Viertel in dieser Stadt gibt, in denen sich Ältere nicht mehr auf die Straße trauen.
Sie sind mit Ihrer Umschichtungspolitik seit 2001 dabei, diesen sozialen Frieden massiv zu untergraben. Sie nehmen einem großen Teil der jetzt heranwachsenden Generation die Lebenschancen. Deshalb tragen Sie eine Menge Verantwortung dafür, wenn junge Leute andere Wege suchen.
Wer Kita-Gruppen vergrößert, wer die Lernmittelfreiheit abschafft, wer Vorschulgebühren einführt, wer Deutschkurse einstellt, wer Studiengebühren erhebt, wer eine ganze Hochschule für Menschen ohne Abschluss abschafft, wer in großem Umfang ganze Stadtteile vernachlässigt, der ist letzten Endes auch Schuld daran, wenn in Niendorf Rentner zusammengetreten werden, wenn es Gewalt auf dem Kiez gibt und wenn Hamburg insgesamt für junge Menschen und manche, die mit ihnen zu tun haben, von einer weitgehend sicheren zu einer leider unsicheren Stadt geworden ist. Was die Kompetenzen angeht, Herr Dr. Jäger und Herr Hesse, …
Hat die CDU keine Redezeit mehr? Herr Hesse kann sich doch gleich melden.
Das Forsa-Institut hat im Januar in Hessen ermittelt, dass nicht nur Kriminalität und Jugendgewalt für ein wichtiges Problem gehalten wird, nein, sie haben auch ermittelt, dass die SPD in der Problemlösungskompetenz gegenüber der CDU die Nase vorn hat. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit sechs Jahren erleben wir jetzt,
wie Sie sich eine verantwortungsvolle Politik für Kinder und Jugendliche in dieser Stadt vorstellen. Mit aller bei diesem Thema gebotenen Zurückhaltung kann ich für meine Fraktion feststellen, dass unsere Vorstellungen offenbar voneinander abweichen.
Wir sind davon überzeugt, dass ein wirksamer Kinderschutz und wirksame Politik für Hamburgs Kinder nur funktionieren kann, wenn es gelingt, ein funktionierendes Netzwerk aufzubauen, ein Netzwerk, das so eng geknüpft ist, dass niemand hindurchfällt. Sie hingegen weigern sich hartnäckig, weitere Maschen zu knüpfen und Löcher zu stopfen, obwohl dieses durch Landespolitik und Landesgesetzgebung möglich wäre. Wenn es dann wieder einmal schief geht und die Zeitungen bundesweit über die miesen Bedingungen berichten, unter denen viele Kinder in Hamburg aufwachsen müssen, dann zählen Sie stolz Ihre bisherigen Maßnahmen auf. Aber das reicht nicht, meine Damen und Herren.
Fast ein Viertel der Kinder in unserer Stadt lebt in Armut. Das wäre ein Grund, vielleicht einmal über das allgemeine Gebühreninkasso nachzudenken, das Sie für Hamburgs Familien eingeführt haben. In Ihrer jüngsten Pressemitteilung loben Sie sich noch selbst dafür, die Vorschulgebühren in den letzten Jahren nicht erhöht zu haben, eine Gebühr, die Sie doch zum Schuljahr 2005/2006 erst eingeführt haben. Das ist wirklich unverschämt.
Die Landeselternvertretung der Hamburger Kindertagesstätten, der LEA schlägt Alarm, weil nach ihren Erkenntnissen rund ein Viertel der Eltern in Brennpunkten ihre Kinder vom Mittagessen abgemeldet hat, nachdem dieser CDU-Senat das Mittagessen dort mit Gebühren belegt hat. Ich fragte den Senat, welche Erkenntnisse er zu dem Thema hat. Ergebnis: Gar keine. Der Senat erklärt, es handele sich nicht um eine Gebühr, sondern um ein Essengeld. Außerdem könne man sich nicht vom Mittagessen abmelden, man könne nur eine andere Betreuungszeit wählen, die eben ohne Mittagessen stattfinde. Solche Antworten zeugen von Selbstzufriedenheit und Ignoranz.
Sie vernachlässigen, wie es vielen Kindern in bestimmten Quartieren geht und ob es dort möglicherweise eine Entwicklung gibt, die schlecht für die betroffenen Kinder und eine Bedrohung für unsere Gemeinschaft ist. Beim Mittagessen geht es ja nicht um die Summe, die für das Essen zu zahlen wäre, sondern schlicht um das Problem, dass es Eltern in dieser Stadt gibt, die ihren Kindern das Essen nicht ermöglichen. Ich finde, Sie wären es den Kindern schuldig, sich mit diesem Problem wenigstens einmal zu befassen.
Dass Sie von der CDU sich verweigern, wenn es darauf ankommt, haben wir immer wieder erlebt. Dieses Parlament hat schon gemeinsam versucht, der Senatorin behilflich zu sein. So haben wir im Sonderausschuss Jessica lange darüber beraten. Wir haben einstimmig
eine ganze Reihe von Vorschlägen und konkreten Maßnahmen beschlossen, die dafür sorgen sollten, dass so etwas nie wieder passiert. Umgesetzt sind wesentliche Punkte bis heute nicht. Sie haben trotz einstimmigen Beschlusses, Herr Bürgermeister, Frau Senatorin, der Bürgerschaft bis heute nicht die Sollstärken der Allgemeinen Sozialen Dienste überprüft und angepasst, obwohl es dort immer noch regelmäßig Überlastungsanzeigen gibt, und das ist nicht in Ordnung.
Stattdessen hat sich die Senatorin in Jenfeld feiern lassen, als eine Reihe von privaten Sponsoren die neuen Räume für die ARCHE übergeben haben. Aber es lebt fast ein Viertel der Hamburger Kinder in Armut und sie leben nicht alle in Jenfeld. Keine Missverständnisse: Den Sponsoren und insbesondere der Kirche kann natürlich nicht genug gedankt werden für solch ein enormes und großzügiges Engagement. Es ist ganz großartig, dass es in dieser Stadt immer wieder Menschen gibt, die einfach handeln und Gutes tun, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, und wir sind diesen großen und kleinen Sozialmäzenen und Ehrenamtlichen sehr dankbar.
Meine Damen und Herren! Während Sie in Hamburg seit Jahren den Kinder-, Jugend- und Bildungsbereich als Steinbruch für Ihre Leuchtturmpolitik benutzen, hat sich der Wind im Bund wie auch in einigen unionsregierten Ländern gedreht. Aus dem Saarland, aus NordrheinWestfalen und aus Bayern hören wir, dass dort das Netz der Hilfen dichter geknüpft wird. Dort werden verschiedene Modelle umgesetzt, wie die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder, die sogenannten U-Untersuchungen verbindlicher gemacht werden können. Ein Grund dafür ist die richtige Erkenntnis, dass jede Untersuchung mehr auch eine Chance darstellt, Vernachlässigungen oder Misshandlungen früher zu erkennen. Auf diesem und auch anderen Gebieten hätten Sie die Chance dafür zu sorgen, dass es Hamburgs Kindern in Zukunft besser geht. Geben Sie sich einen Ruck. Unsere Anträge dafür und zu anderen Themen liegen heute und morgen zur Abstimmung.
- Ja, Herr Hesse, echt. Gucken Sie mal auf die Tagesordnung. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Damen und Herren! Kinder sind wirklich das Zukunftsthema für unsere Stadt. Schade nur, dass es von Ihnen und Ihrem Senat seit Jahren so beharrlich gegen die Wand gefahren wird.
Wenn man natürlich einen Ersten Bürgermeister hat, der sich immer erst dann für soziale Belange interessiert, wenn der öffentliche Druck zu groß wird, sollte einen das vielleicht nicht überraschen. Aber wir sind dann doch immer wieder erschüttert, was dieser Senat so zustande bringt.
Ein richtiges Bollwerk gegen Kinderlärm kauft er sich jetzt. Die Behörde für Soziales und Familie finanziert über eine Extra-Zuwendung eine 60 Meter lange Lärmschutzwand vor dem Neubau eines Kindergartens. So löst man bei Ihnen Konflikte, wenn der öffentliche Druck zu groß wird. Aber man löst sie eben schlecht.
Vielleicht wäre es für die CDU sinnvoller, statt über ein Betreuungsgeld über ein Spießergeld nachzudenken,
A C
B D
damit die angeblich von Ihnen gewünschten Kinder in den Nachbarschaften dann auch angenommen werden.
Für die Marienkäfer gibt es jetzt Elternabende nur nach Voranmeldung. Aktionen im Garten am Wochenende sind generell verboten. Das hat Ihre Verwaltung ausgehandelt, Herr van Vormizeele. Herzlichen Glückwunsch, da haben Sie sich ordentlich für die Kinder ins Zeug gelegt.
- Nein, Herr Harlinghausen kann sich gerne melden. Ich habe nicht so viel Zeit. - Danke.
In der Antwort auf meine Kleine Anfrage schreiben Sie:
"Damit diese Belastungen [für die Nachbarn] nicht spürbar erhöht werden, hat das Bezirksamt […] die für die Nachbarn günstigen Regelungen getroffen."
Für die Kinder günstige Regelungen haben in der Abwägung offenbar überhaupt nicht stattgefunden oder verloren. Ich finde das schlecht.
Fast zwei Jahre hat es gedauert, einen neuen Standort für die Kita Marienkäfer im Stadtteil Marienthal zu finden. Das müsste doch auch Ihnen zu Denken geben. Dass Sie Ihre Planungskapazitäten in symbolträchtige Prestigeobjekte stecken und die Bezirke mit den Bebauungsplänen nicht hinterherkommen, ist ein offenes Geheimnis. Aber die Schwierigkeiten, die es jetzt speziell in Marienthal gab, sind keine besonderen Schwierigkeiten. Sie werden so oder in anderer Form auch anderenorts auftauchen. Mir sind jedenfalls schon weitere neue Fälle bekannt. Überall in der Stadt gibt es veraltete Baustufen- oder Bebauungspläne, die für soziale Einrichtungen, Sportplätze und Kindergärten ein großes Problem sind, wenn man nichts unternimmt. Da hätte der von Ihnen vor der Zeit mit einem neuen Mandat gesegnete Oberbaudirektor einmal ein echtes Betätigungsfeld. Aber Herzog & de Meuron planen eben keine Kindergärten. Wir haben jedenfalls große Sorge, dass dieses Beispiel Schule macht. Der erste Fall, Frau Strasburger, ist übrigens immer ein Einzelfall.
Immerhin werden wir allein im Krippenbereich in den nächsten fünf Jahren mindestens 6.000 neue Kita-Plätze brauchen. Wo wollen Sie die eigentlich alle hinbauen, wenn Sie nicht die Voraussetzungen ändern? In die Gewerbegebiete? Ich halte das nicht für eine gute Lösung.
Dass die Nachbarn auch am neuen Standort erfolgreich gegen die Kita vorgehen konnten und Einschränkungen durchgesetzt haben, über die ganz Deutschland wieder einmal die Nase rümpft und wegen der die Menschen von überall her mit dem Finger auf das wieder einmal kinderfeindliche Hamburg gezeigt haben, liegt unter anderem daran, dass Sie unsere Vorschläge für eine vernünftige
Regelung für ein Gesetz, dass Kinder- und Jugendlärm privilegiert, und damit eine Möglichkeit leichtfertig vom Tisch gewischt haben. Ich glaube nicht, dass Sie es nicht besser gewusst haben. Ich denke, Ihnen liegen die Wählerstimmen von ein paar Hunderttausend Haus- und Grundbesitzern einfach näher als die der Eltern von 59.000 Kindern, die die Hamburger Kitas besuchen.
Frau Koop hatte auch schon gesagt, bei diesem Einzelfall müsse man nicht gleich in hektische Betriebsamkeit verfallen. Aber Sie sorgen doch gerade mit Ihrer Politik dafür, dass es nicht bei einem Einzelfall bleiben wird.
- Vielen Dank, Herr Harlinghausen.
Das in der UN-Kinderrechtskonvention geltende Recht auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung schlägt sich in Ihrer Politik leider nicht nieder und das ist traurig.
Leise Kinder braucht das Land, das ist offenbar die Maxime der CDU. Wir sagen: Ein Hamburger Kinderlärmgesetz ist möglich, richtig und dringend nötig. Wir haben unseren Gesetzentwurf gestern erneut eingebracht. Wenn Sie noch andere Ideen haben, diskutieren wir die auch gerne mit Ihnen. Aber am Ende werden Sie sich für die Kinder entscheiden müssen oder gegen sie. - Vielen Dank.
- Regen Sie sich nicht so auf. Ich habe nur fünf Minuten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat ist ja heute richtig engagiert. Schade, dass er auf die Hauptkritikpunkte nicht eingeht.
Ich frage mich, Herr Dr. Jäger, so wie Sie offensichtlich hinter dieser Aktion stehen, ob Sie für alle anderen 800 Hamburger Kitas auch prüfen wollen, ob die eventuell Voraussetzungen haben, dass sie eigentlich eine Lärmschutzwand bräuchten.
Der Punkt ist doch, dass Sie zwei Jahre lang im gesamten Stadtteil Marienthal nicht in der Lage waren, ein Grundstück oder ein Objekt zu finden für diese Kita. Sie hätten die Sache auch ganz anders lösen können für die Marienkäfer als jetzt über unser Gesetz oder das der GAL. Das ist nicht der Punkt, aber Sie haben sie gar nicht gelöst in den zwei Jahren und das ist schlecht.
Es mag sein, dass der Bauträger zufrieden ist mit der Lösung, wenn die Stadt die Mauer bezahlt. Das kann ich mir vorstellen. Natürlich gönnen wir der Kita von Herzen ihre neue Einrichtung, aber es geht uns darum, Lösungen zu finden, die solche Konflikte künftig möglichst vermeiden, Herr Senator. Sie kritisieren unsere Gesetzentwürfe und machen aber keine eigenen Vorschläge. Sie finden das alles normal und werden es beim nächsten Mal - hoffentlich nicht -, aber wahrscheinlich genauso machen oder wie sollen wir uns das vorstellen.
Mauern vor Kinder zu bauen, um die Menschen vor den Kindern zu schützen, ist unserer Meinung nach, Herr Böttcher, jedenfalls nicht verhältnismäßig und keine gute Abwägung. Sie sind die erste Regierung in Hamburg und der erste Senat, der in einem Neubaugebiet eine Kita auf dem Dach baut und der eine Lärmschutzmauer um eine Kita zieht.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die chinesischen Philosophen haben derzeit Konjunktur, wobei die verschiedenen Senatsmitglieder sie dann auf den Pressekonferenzen auch gern einmal durcheinanderwerfen. Ich zitiere einmal:
"Es ist besser, ein kleines Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu jammern."
Das hat auch ein kluger alter Chinese gesagt.
- Ich habe grundsätzlich nichts gegen ein kleines Licht, Herr Harlinghausen, aber die Menschen und besonders die Eltern und Familien dieser Stadt warten darauf, dass endlich die großen drängenden Probleme angepackt werden und dass bei Kinderarmut, bei teilweise verschlechterten Bedingungen in den Kindertagesstätten, bei etlichen katastrophalen Ergebnissen in der Schulpolitik sowie bei stetig wachsender Jugendgewalt nicht kleine Lichter, sondern Scheinwerfer angehen, um bildlich zu bleiben. Und hierauf warten die Eltern und Familien bei Ihnen und Ihrer Politik vergeblich.
Wer den Hamburgerinnen und Hamburgern und insbesondere Familien neben Steuern, Gebühren und Abgaben immer neue Lasten auferlegt, der muss auch etwas bieten. Aber die 725.775 Euro aus dieser Drucksache sind wahrlich kein bedeutender Ansatz, der zu feiern wäre. Ich vermute, die Lärmschutzmauer ist nicht wesentlich günstiger.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Selbstverständlich sind wir dafür, dass diese angesichts der gravierenden Probleme in diesem Bereich sehr kleine Maßnahme bei den Spielhäusern in Angriff genommen wird, weil das ein klitzekleines bisschen hilft. Aber es bleibt nur ein kleines Licht.
Ein Punkt liegt mir zu diesem Thema noch am Herzen. Wenn man Presseverlautbarungen glauben darf, dann hat der Bürgermeister im Rahmen seiner Feierstunde zur angeblichen Sanierung des Haushalts unter anderem ausgeführt, dass für ein solches Ziel, also die Haushaltskonsolidierung, die Bürger schon schmerzhafte Opfer bringen müssten. Als Beispiel hat er das Büchergeld, also die von der CDU verfügte Aufhebung der Lernmittelfreiheit angeführt. Abgesehen davon, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass es eigentlich lächerlich ist, erst das von Generationen tüchtiger Hamburgerinnen und Hamburgern zusammengetragene Staatsvermögen zu verscherbeln, um dann erstaunt festzustellen, dass man etwas im Portemonnaie hat.
Aber wenn Herr von Beust, der unter anderem die Verantwortung für ein 300 Millionen Euro Grab namens U 4, für eine teure Umgestaltung des Jungfernstiegs, der jetzt schon wieder aufgerissen wird, für das zum Glück verworfene Protzobjekt auf dem Domplatz und für jede Menge Schickimicki hier und dort zu übernehmen hat, also wenn ausgerechnet dieser Bürgermeister den Hamburger Müttern und Vätern sagt: "Schade, aber künftig müsst ihr für die Vorschule eurer Kinder zahlen, für die
Schülerinnen und Schüler tief in die Tasche greifen und studieren können eure Kinder auch nicht mehr so ohne Weiteres",
dann war das mindestens geschmacklos, wenn nicht zynisch. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Die Hamburger Familienpolitik hat in einem Kernbereich in den vergangenen Jahren einen weiteren Schritt nach vorne getan. Unser erfolgreiches Kita-Gesetz beinhaltet einen Rechtsanspruch, der deutlich über den des Bundes hinausgeht. Es hat so viele Kinder in Betreuung gebracht wie nie zuvor in Hamburg.
Sie dürften eigentlich klatschen, obwohl es diesen großen Fortschritt in der Familienpolitik nicht wegen, sondern trotz der CDU-Politik in Hamburg gibt.
Erst durch ein erfolgreiches Volksbegehren ist es seinerzeit gelungen, den Senat an den Verhandlungstisch zu zwingen. Sie wollten diese Kinderbetreuung nicht, für die Sie sich jetzt stets so rühmen.
Auf Erfolgen darf man sich nie ausruhen, noch nicht einmal, wenn es die eigenen wären. Inzwischen hat aber dieser CDU-Senat dafür gesorgt, dass die an sich sehr positive Entwicklung in Hamburg einen äußerst fragwürdigen Verlauf genommen hat. Der Erfolg wurde nämlich sehr teuer erkauft, mit weniger Personal in den Kitas, mit mehr als 30 Prozent Verlust von Ganztagsplätzen, mit 10 Prozent weniger Krippenplätzen und mit 5 Prozent weniger Hortplätzen in Stadtteilen mit sozialen Problemlagen. All das findet vor allem in Regionen statt, in denen die Kinder die Plätze besonders dringend bräuchten. So sieht es leider aus, wenn die CDU in Hamburg den Willen der Menschen umsetzt.
Sie behaupten dennoch stets und ständig, selbstzufrieden und unverdrossen, dass es Hamburgs Familien prächtig gehe und dass Ihre Familienpolitik, Frau Senatorin, spitze sei. Dass das leider falsch oder höchstens die halbe Wahrheit ist, haben wir an dieser Stelle und anderswo immer wieder gesagt. Belegt haben Sie es sich aber inzwischen selbst, denn Ihr eigener Senatsmonitor "Wachsende Stadt", der eben schon angesprochen wurde, ist Ihrer Spitzenreiterrhetorik irgendwie entwischt. Im Großstadtvergleich der Kinderbetreuung schafft Hamburg nach Ihren eigenen Berechnungen bei den Drei- bis Sechsjährigen und im Hortbereich gerade einmal den Durchschnitt. Das ist traurig.
Es gibt weitere Belege dafür, wie wenig haltbar Ihre Spitzen-Beteuerungen in Wahrheit sind. Die Bundesregierung hat in der letzten Woche zum zweiten Mal den sogenannten Familienatlas herausgegeben. Dafür hat das renommierte Prognos-Institut eine gewaltige Datenmenge aus 439 deutschen Kreisen und kreisfreien Städten zusammengetragen, gewertet, gewichtet und dann festgestellt, Hamburg ist unter Ihrer Führung nicht spitze, sondern insgesamt allenfalls Mittelmaß.
Nicht einmal in dem Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in dem es im Wesentlichen um Kinderbetreuung geht, landet Hamburg auf einem vorderen Platz. Aber das kommt dabei heraus, wenn man beim Ausbau der Plätze gleichzeitig die Qualität von Bildung und Betreuung in den Kitas senkt und nur an Masse statt an Klasse denkt.
Besonders schlimm und peinlich ist das Ergebnis im Familienatlas übrigens im Handlungsfeld Wohnsituation. Ihre sogenannte wachsende Stadt, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, landet dabei auf Platz 436 von 439 Teilnehmern. Das ist peinlich, das ist blamabel und das zeigt an dieser Stelle überdeutlich das Scheitern Ihrer Politik.
In anderen Bereichen sieht es kaum besser aus, nicht bei den Kindern, nicht bei der Familie, nicht bei der Schule. Bei der durchschnittlichen Klassengröße in der Grundschule erreichen Sie ebenfalls den traurigen vierhundertsechsunddreißigsten Rang von 439. Nun sagen Sie nicht, das sei ein Erfolg, es hätte ja noch schlimmer kommen können. Das ist zu wenig, Herr Bürgermeister, Frau Senatorin, meine Damen und Herren von der CDU, das ist kein gutes Ergebnis Ihrer Politik. Hamburgs Familien haben Besseres verdient.
Ich appelliere an Sie, endlich auf die zu hören, die vielleicht auch etwas von dem Thema verstehen. Nehmen Sie die vielfältige konstruktive Kritik auf, die seit Jahren von Arbeitgeberverbänden, von Gewerkschaften, von den Wohlfahrtsverbänden und auch von der Opposition vorgetragen wird. Erledigen Sie endlich Ihre Hausaufgaben. Schaffen Sie endlich Ganztagsplätze für alle Kinder, die es nötig haben, in den Kitas und in den Grundschulen. Sorgen Sie endlich für den Einstieg in die Beitragsfreiheit und schaffen Sie Ihr allgemeines Gebühreninkasso für Familien wieder ab.
Schaffen Sie endlich die Voraussetzungen für frühkindliche Bildung, nicht durch abstrakte Bildungspläne für die Kitas, sondern schaffen Sie die personellen und finanziellen Ressourcen, damit diese auch umgesetzt werden können.
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie werden demnächst mit erheblichen finanziellen Nachforderungen für das Kita-System kommen, weil die Fallzahlen nach dem erfolgreichen Volksbegehren weiter steigen. Wir werden Ihnen dabei natürlich helfen, wir werden Ihnen
A C
B D
zustimmen. Wir werden Ihnen bis zum 24. Februar 2008 helfen, danach haben Sie Gelegenheit, uns dabei zu unterstützen,
dass in Hamburg in Bezug auf Kinder und Familien wieder anständig regiert wird. - Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Überzeugungstäterinnen, die nicht gewillt sind, sich zu bessern, bekommen hoffentlich nächstes Jahr im Februar Strafverschärfung.
Auch von mir noch einmal: Andrea, Du wirst uns in verschiedenen Funktionen sehr fehlen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im hier vorliegenden Bericht heißt es wörtlich:
"Damit legt der Senat gegenüber der Bürgerschaft Rechenschaft über wesentliche familien- und jugendpolitische Entscheidungen und Entwicklungen ab. In einem gesonderten Bericht wird sich der Senat mit den Lebenslagen von Leistungsbeziehern nach Sozialgesetzbuch II und XII (…) befassen, der die besondere Situation von Familien, Kindern und Jugendlichen in diesen Leistungsbereichen beleuchten wird."
Das klingt zwar nett, aber im Klartext heißt es, dass gerade die Familien und Kinder, die am stärksten auf staatliche Hilfen angewiesen sind, in diesem Bericht nicht stattfinden.
Auf 73 nett gestalteten Seiten gibt es fast keine Informationen über die Kinder von Arbeitslosen, über Familien im Sozial- und Transferleistungsbezug, kein Wort über die, die auf solidarische Hilfe besonders angewiesen wären. Frau Dr. Hilgers und Frau Blömeke haben bereits gesagt, dass eine wesentliche Entwicklung, nämlich die der zunehmenden sozialen Spaltung der Stadt, die gerade im Bereich von Kindern und Jugendlichen, wo alle Weichen gestellt werden, so alarmierend ist, bei Ihnen komplett ausgeblendet wird und sie ist auch in der Rede der Senatorin ausgeblendet worden.
Eine wesentliche Entscheidung des Senats ist es offenbar, bestimmte Problemlagen einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen. Da wird sich hier hingestellt und gesagt, die Kinderarmut hätte keinen Platz in Hamburg. Wofür sind denn das Löwenhaus und die Arche da und warum gibt es sie, Frau Strasburger? Sie wollen nicht wissen, wie die unterschiedliche Entwicklung der Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Stadtteilen Hamburgs aussieht; das ist zynisch.
Dass dies, Frau Senatorin, kein wichtiges Handlungsfeld sein soll, das in so einen Bericht gehört, wie Sie eben sagten, versteht wohl niemand. Übrigens ist auch kein Kind für die Arbeitslosigkeit seiner Eltern verantwortlich.
Meine Damen und Herren! Wenn ein Senat Jahr für Jahr etliche Milliarden Steuergelder zur Verfügung hat, ist es nicht besonders bemerkenswert, davon auch ein paar Hundert Millionen für Kinder, Jugendliche und Familien auszugeben, insbesondere dann, wenn es sich im Wesentlichen um gesetzliche Leistungen oder Rechtsansprüche handelt. Das ist weder bemerkenswert noch eine besondere Leistung, es ist schlicht die Aufgabe dieses Senats; Frau Dr. Hilgers hat es bereits gesagt. Dass bei den Maßnahmen auch ein paar vernünftige sind, liegt in der Natur der Sache. Schließlich haben Sie von uns eine kompetente Verwaltung mit vielen exzellenten Kennern der Materie übernommen.
Bemerkenswert ist vielmehr, Herr Hesse, dass Sie sich einfach weigern, einen erheblichen Teil der Hamburgerinnen und Hamburger überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Sie schreiben in Ihrem Bericht, die seien nicht wesentlich und deshalb müssten sie auch nicht vorkommen. Frau Senatorin, damit bleiben Sie sogar noch hinter Ihrem Bürgermeister zurück. Der fährt nach eigenem Bekunden immerhin ab und zu, maskiert mit einer Baseball-Cap, durch die von ihm erkannten Problemstadtteile und schaut sich aus dem Auto heraus das Leben genau dieser Jugendlichen an, die Sie bewusst und mit voller Absicht bei Ihrer Politik ausklammern.
Fragen Sie ihn doch einmal, Frau Senatorin, vielleicht leiht er Ihnen mal seine Mütze und, Frau Strasburger, vielleicht kommen Sie auch gleich mit.
In Wahrheit entlarvt dieser Kinder- und Jugendbericht doch Ihre gesamte Politik. Wenn jemand nicht einmal wissen will, wie es den Bedürftigen dieser Stadt geht, wer eigentlich Hilfe benötigt, dann will er in Wahrheit auch nicht helfen und das, Frau Senatorin, ist die Ignoranz und soziale Kälte, die wir Ihnen regelmäßig vorwerfen.
Die Zeichen Ihres Nichthandelns sind zum Teil alarmierend. Im Juni haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bergedorfer Allgemeinen Sozialen Dienstes einen Brief an den Bürgermeister geschrieben. Sie haben Über
lastungsanzeigen gestellt, weil sie nur noch mit unbezahlten Überstunden, Wochenend- und Nachtarbeit die schlimmsten Fälle verhindern und Kinder schützen konnten. Das passt übrigens nicht zu dem, was Sie vorhin erzählt haben, Frau Strasburger, und das war übrigens auch nicht der erste derartige Brief. Mühsam haben wir vor zwei Jahren im Rahmen der Jessica-Untersuchung das Thema ASD und Personal überhaupt nur erörtern können,
weil Sie sich lange geweigert haben und die Mitarbeiter Maulkörbe bekamen.
Sie tönten stets, alles sei in Ordnung und das Personal reiche aus. Dann wurden irgendwann in den Bezirken zumindest die vorhandenen Stellen wieder besetzt, aber es war auch ganz schnell klar, dass das nicht reichen würde und diese Briefe belegen es. Sie haben seitdem in allen Ihren Berichten geschrieben, dass Sie, wie wir es gemeinsam im Sonderausschuss gefordert hatten, die Sollstärken der ASD-Mitarbeiter überprüfen und gegebenenfalls anpassen würden. Diese Arbeit haben Sie bis heute, mehr als zwei Jahre nach dem Tod von Jessica, immer noch nicht gemacht.
Nun kommt aus Bergedorf wieder einmal Post und was macht der oberste Dienstherr? Gar nichts. Wir haben gestern im Familienausschuss nachgefragt: Es gäbe keinen neuen Sachstand, der Bergedorfer Brief habe überhaupt nichts ausgelöst und die Senatorin sei eigentlich auch gar nicht zuständig.
Meine Damen und Herren! Das ist keine glaubwürdige Politik. Während Sie einen bunten Strauß an Maßnahmen ankündigen und eben auch wieder angedeutet haben, knausern Sie ausgerechnet im Kernbereich des Kinderschutzes.
Frau Strasburger und Frau Schnieber-Jastram haben über einige Seiten dieses ungenügenden Berichts gesprochen, die sie immer wieder gerne betonen. Sie haben dabei auch wieder einige falsche Behauptungen wiederholt. Es stimmt, dass die Kindertagesbetreuung ausgebaut worden ist, aber doch nur, weil wir sie mit einem Volksbegehren durchgesetzt haben, nachdem Sie sie hier immer wieder abgelehnt haben, und die Eltern seitdem Rechtsansprüche haben.
Ebenso stimmt es, dass eine Reihe der Hilfsmaßnahmen für Familien gut und sinnvoll sind. Einen Teil davon haben Sie sich ausgedacht, ein großer Teil hat seinen Ursprung in den Initiativen von uns und auch der GAL und ein nicht unerheblicher Teil ist durch Vorgaben der Bundesregierung möglich geworden, durch rotgrüne Initiativen, die jetzt mit einiger Verspätung auch Hamburg erreicht haben. Nehmen Sie Ihre Verantwortung auch gegenüber den 63.000 Kindern wahr, die in Hamburg in Armut leben.
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Wenn Sie nicht endlich akzeptieren, dass Kinder und Familien kein lästiges Anhängsel der wuchernden Stadt sind, wenn Sie nicht endlich beginnen, sich um die zu kümmern, die es nötig haben, dann werden Sie Ihrer Verantwortung gegenüber der Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern nicht gerecht. Es reicht nicht aus, jede neue Schachtel Buntstifte für eine Hamburger Kita zu feiern, Frau Senatorin. Es ist nicht genug, eine halbe Stelle hier und eine kleine Maßnahme da zu feiern. Hören Sie auf, diejenigen auszublenden, die auf unserer aller Hilfe angewiesen sind; sie sind auch Teil dieser schönen Stadt.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ob wir in Hamburg spitze sind, Frau Senatorin, da sind wir noch nicht so sicher.
Mit dem Fall Jessica jedenfalls waren wir bundesweit ganz weit unten.
Frau Senatorin, es klingt immer wieder nett, was Sie oder auch Ihre Kollegin Schnieber-Jastram hier erzählen, so nach dem Motto: Alles ist gut. Aber zur Wahrheit würde doch auch gehören, dass man nichts oder wenigstens nichts Nennenswertes verschweigt. Das Thema ist ja auch ein bisschen größer als diese Drucksache. Wir reden hier über bedauernswerte Kinder aus meist armseligen Verhältnissen. Da muss man hier auch noch einmal sagen und zugeben, dass wir 2003 zwar auch schon 46 000 Kinder im Sozialhilfebezug hatten, aber dass es jetzt 64 000 Kinder sind, die Transferleistungen erhalten. Das ist fast die Hälfte mehr in nur zwei Jahren, meine Damen und Herren. Das ist auch eine Schande für diese Stadt und da kann man sich nicht hier hinstellen und so tun, als habe man alle Probleme gelöst. Sie schaffen doch zum großen Teil erst die Probleme.
Meine Damen und Herren! Vor zwei Jahren mussten wir bei den Ermittlungen des Sonderausschusses in vielen, mitunter quälenden Sitzungen erfahren, wie löchrig das so viel gerühmte soziale Netz für Hamburgs Kinder ist. Quälend war es, weil es in der Tat eine Schande für eine der reichsten Städte Europas ist. Wir haben in aller Deutlichkeit feststellen müssen, dass hier viel zu wenig getan wurde. Die Senatorinnen haben damals Besserung gelobt. Im Ausschuss mochten Sie bisher nicht mit uns darüber reden. Deswegen, Herr Frankenberg, ist es auch keine Überraschung, dass wir das hier anmelden. Dann bekommen Sie es eben hier um die Ohren.
Aus der Drucksache lernen wir nun, dass der Formularverkehr und Datenaustausch zwischen Jugendämtern, Familienkassen, Schulen, Polizei, dem Allgemeinen Sozialen Dienst und den Kindertageseinrichtungen besser funktioniert und dass auch wirklich jemand ans Telefon geht, wenn es klingelt und nicht nur im KJND, wenn dort um des Kindeswohl besorgte Menschen anrufen und dass auch die Stellen besetzt werden. Das ist gut, aber das konnte man doch wohl auch erwarten von unserer Hamburger Verwaltung, dass sie das organisieren kann, wenn sie denn gut ausgestattet ist.
Die Frage ist doch, Frau Senatorin - und ich finde es schade, dass Sie die nur gestreift haben -, was in diesen
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zwei langen Jahren seit dem Tod von Jessica wirklich bei den Menschen angekommen ist, die Hilfe brauchen? Es geht doch nicht nur um die Frage, wie schlimme Fälle besser entdeckt werden können, mit Schülerregistern und so weiter. Wir wollten doch alle gemeinsam, dass Möglichkeiten geschaffen werden, mit denen so etwas von vornherein verhindert werden kann. Da ist in der Tat viel zu wenig passiert und es bleibt auch vieles im Klein-Klein.
Sie rühmen sich insgesamt mit über 100 einzelnen neuen Projekten im Kinder- und Jugendbereich, dass Sie die erdacht hätten und mit dieser schönen runden Zahl wollen Sie dann der staunenden Öffentlichkeit verkaufen, dass sich die Situation für Hamburgs Kinder verbessert habe. Einmal abgesehen davon, dass sich kaum noch jemand in diesem Maßnahmendschungel zurechtfindet und, Herr von Frankenberg, das ist dann schon weniger Handlungsschwerpunkt, das ist dann doch wieder eher die Gießkanne. Da ist leider Vieles reine Kosmetik.
Nehmen wir zum Beispiel den Ausbau der Hebammenprojekte. Die haben Sie ja nicht erdacht, sondern ein kleines bisschen ausgebaut, von sieben auf dreizehn. Jetzt werden es vielleicht noch mal 16. Warum denn so zögerlich? Die Projekte sind doch gut. Der Erfolg ist von allen unbestritten, aber was Sie machen, ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Meinen Sie, dass Sie damit Probleme lösen?
Oder auch die Eltern-Kind-Zentren. Wir haben uns damals im Sonderausschuss in langen Sitzungen von den Experten berichten lassen, wie erfolgreich die britischen Early Excellence Centres arbeiten und wir wollten das auch für Hamburg haben. Dabei geht es um die Familien, die kurz vor der Kindeswohlgefährdung stehen. Sie gründen jetzt mit den Eltern-Kind-Zentren ein paar Early Excellence Centres light. Die sollen die elterliche Erziehungskompetenz stärken, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen die Eltern auch mal zu Hause aufsuchen. Das alles soll mehrsprachig geschehen. Das klingt gut, aber nur bis man dann erfährt, dass Sie pro Einrichtung ganze 19 Erzieherwochenstunden zur Verfügung stellen. An drei Tagen in der Woche sollen sich eineinhalb Erzieherinnen und Erzieher vier Stunden lang um jeweils 13 Kinder und ihre Familien kümmern, aufsuchend und mehrsprachig. Frau Senatorin, meine Damen und Herren, das ist wirklich Kosmetik.
Ich mache das noch einmal deutlich, weil ich diese Zahlen wirklich wichtig finde. Die EU-Experten sagen, dass man eine Erzieherin für drei solcher Kinder bräuchte und die Gruppen sollten nicht größer als acht Kinder sein. Das wären dann 13 Erzieherwochenstunden pro Kind. Wenn man Ihr Projekt umrechnet, dann kommt man auf nicht einmal 1,4 Erzieherwochenstunden pro Kind. Das ist wirklich ein Skandal. 13 Stunden in Europa und 1,4 Stunden in einer der reichsten Städte der EU. Das geht wirklich nicht.
Herr von Frankenberg, kleinere Klassen fallen Ihnen ein. Kleinere Kitas fallen Ihnen bis heute nicht ein. Das ist und bleibt auch deswegen ein Skandal, meine Damen und Herren, weil Sie gerade in den ärmeren Stadtteilen die Kinder massiv aus den Kitas hinausgedrängt haben. Wir können es hier nicht oft genug betonen. Sie verweigern
den Kindern von Arbeitslosen nach wie vor die Betreuung, obwohl alle Erfahrung zeigt, dass gerade in dieser Gruppe viele Kinder dringend auf die Kita angewiesen wären.
Das wissen Sie doch, Herr Heinemann. In den von Ihnen definierten benachteiligten Stadtteilen, Herr Heinemann, gibt es immer noch weniger Krippenplätze als wir Ihnen 2001 hinterlassen haben, denn Sie haben nicht nur abgeschafft, Sie haben auch umverteilt.
Auch für diesen Skandal sind Sie verantwortlich.
- Danke, Frau Präsidentin! Herr Heinemann, ich hoffe, Sie informieren sich, vielleicht sprechen Sie einmal mit Ihrem Bürgermeister. Der Bürgermeister hat, nachdem er nun fast sechs Jahre im Amt ist, anscheinend eingegriffen, nur Sie haben es nicht gemerkt. Vor vier Wochen hat er der staunenden Öffentlichkeit verkündet, er wolle nun das Kita-Angebot auch für Kinder von Eltern ausbauen, die nicht berufstätig sind, weil gerade die Kinder in sozialen Brennpunkten - das hatte Herr von Beust bemerkt und der Zeitung mitgeteilt - benachteiligt sind. Ja, wer hätte das gedacht? Außerdem hat er noch bemerkt, dass es um die Qualität der Kitas insgesamt in Hamburg wohl auch nicht so gut bestellt ist. Die wolle er jetzt auch verbessern. Das klingt zunächst einmal gut. Aber, meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben ja dafür gesorgt - und ich finde, Ihre Zwischenrufe belegen das auch, dass Sie nach wie vor davon überzeugt sind -, dass die Zustände in Hamburger Kitas so sind wie sie eben sind, so schlecht. Jetzt, acht Monate vor der Bürgerschaftswahl, schaut Ihr Bürgermeister - bei der Debatte ist er leider wieder nicht anwesend, das ist er bei dem Thema eigentlich nie - treuäugig in die Kameras und redet davon, dass er etwas verbessern wolle. Dagegen wäre nichts zu sagen, wenn jemand seine Fehler einsieht, wenn er es denn wirklich täte,
denn es ist gerade mal ein halbes Jahr her, dass Sie den Doppelhaushalt 2007/2008 beschlossen haben. Wir wollten damals Verbesserungen für die Kitas und die Kinder in dieser Stadt. Sie haben, wie immer, alles abgelehnt. Ich glaube nicht, dass die Hamburgerinnen und Hamburger jetzt dem Bürgermeister glauben werden.
Viele von Ihnen haben dieses grauenhafte Bild vom "durchs Rost fallen" benutzt. Durchs Rost fällt man ins Feuer und das wollten selbst Sie nicht für Hamburgs Kinder, aber auf dem Rost wird man auch gegrillt oder gebraten. Ich weiß nicht, ob das besser sein soll. Das, was Sie, Frau Senatorin, jetzt in immer neuen Variationen einem großen Teil der Hamburger Kinder anbieten, führt direkt und ohne Umwege in den tiefen Keller der sozialen Benachteiligung. Was Sie hier als soziale Politik verkaufen wollen, das ist und bleibt in Wahrheit eine Politik der sozialen Spaltung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt diese hübsche Geschichte von Henry Ford, der einmal versucht hat, den Unterschied zwischen Hühner- und Enteneiern zu erklären. Geschmacklich und vom Nährstoffgehalt sei der Unterschied nicht groß, hat er gemeint.
Genau Frau Ahrons, während die Ente still ihre Eier legt, macht die Glucke bei jedem einzelnen Ei ein unheimliches Gegacker. Daran läge es – meint Ford –, dass alle Welt Hühnereier anstatt Enteneier essen.
Bitte keine Missverständnisse! Ich möchte weder die Senatorin noch Frau Strasburger mit einer Glucke verwechseln. Ich wollte einfach nur darauf hinweisen, dass die CDU und der Senat jetzt offenbar den Plan verfolgen, jede einzelne Familien- und sozialpolitische Maßnahme als große Neuerung, Errungenschaft und Wohltat zu präsentieren. Mit Werbung allein löst man die Probleme nun einmal nicht, die Sie zum Teil erst geschaffen haben. Hierauf komme ich gleich zurück.
Frau Strasburger, ich möchte noch eine Bemerkung zum Thema schnelles Handeln machen. Ihr Antrag vom 24. August zu diesem Thema war nicht neu.
Sie haben lediglich am 24. August die Tatsache begrüßt, dass der Senat sich bereits mit den Planungen zu diesem Thema beschäftigt hat.
Wir haben uns vor fast zwei Jahren nach dem Tod von Jessica aus Jenfeld intensiv mit der Frage beschäftigt, wie wir gerade solche Kinder, die keine Kita besuchen, besser in den Blick bekommen. Meine Fraktion hat hier eine ganze Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die Sie alle abgelehnt haben. Die U-Untersuchungen lehnen Sie leider heute noch ab.
Ein Vorschlag war auch, nach dem Vorbild der britischen Early Excellence Centres offene Angebote für Kinder und Eltern zu unterbreiten und diese mit Elternbildung und Kinderbetreuung zu koppeln. Aufsuchende Sozialarbeit sollte das Angebot ergänzen.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU, waren seinerzeit skeptisch. Nun hat der Senat an die Idee angelehnt und eine Art "Early Excellence Centre Light" geplant. Um es vorwegzunehmen, das ist besser als nichts und daher begrüßen wir auch die Maßnahme. Was wir vor allem begrüßen, ist das Engagement, mit dem sich die Träger in Hamburg diesem Thema zuwenden.
In der Senatsdrucksache ist die Zielgruppe für diese Aktionen ziemlich klar beschrieben. Es geht um Familien, die sozusagen kurz vor der Kindeswohlgefährdung stehen. Es geht um Eltern, deren elterliche Erziehungskompetenz gestärkt werden soll. Auch aufsuchende Sozialarbeit – Sie nennen es jetzt nachsuchend – ist Bestandteil des Konzeptes, weil die betreffenden Eltern oftmals anders nicht erreicht werden können.
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Natürlich soll das alles auch mehrsprachig geschehen. Familien mit Migrationshintergrund sollen künftig durch eine auf ihre jeweilige Herkunft gerichtete Ansprache an die Angebote der neuen Eltern-Kind-Zentren herangeführt werden. Das klingt wirklich großartig.
Skeptisch macht allerdings, dass Sie das alles mit ganzen 27 Personalwochenstunden pro Einrichtung erreichen wollen.
An den drei Tagen pro Woche, an denen eine solche Einrichtung für je vier Stunden geöffnet sein wird, sollen sich anderthalb Erzieherinnen und Erzieher um 13 Kinder und ihre Eltern beziehungsweise Familien kümmern. In dieser Zahlenkonstellation wird das sicherlich eine spannende Veranstaltung werden.
Die Experten der EU-Kommission, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, haben ganz eindeutige Empfehlungen für Unter-Dreijährige herausgegeben. Dort heißt es, dass die Gruppen bei einer Erzieherin pro drei Kinder aus acht Kindern bestehen sollten und nicht mehr. Sie packen 13 anstatt acht Kinder in die Gruppe
und eine Erzieherin muss sich dann um acht bis neun Kinder und ihre Eltern kümmern. Das ist sehr mutig, Frau Senatorin, denn das sind für die besonders schwierigen und problematischen Kinder noch schlechtere Bedingungen, als sie im Landesrahmenvertrag für die Kindertagesstätten enthalten sind.
Irgendwie haben Sie das offenbar auch selbst erkannt, denn Sie gehen in der Drucksache davon aus, dass die Aktivitäten der neuen Zentren dazu führen werden, dass zusätzliche Krippen-Gutscheine ausgegeben werden müssen. Eigentlich müsste es heißen: "wieder ausgegeben werden müssen".
675 000 Euro für 2007 und das doppelte für 2008 setzen Sie für diese neuen Krippenplätze ein. Das sind ungefähr 130 Krippenplätze für die benachteiligten Stadtteile Hamburgs, von denen Sie ausgehen, Frau Strasburger. Hiermit erreichen Sie nicht einmal den Stand, den wir Ihnen 2001 hinterlassen haben. Das ist wirklich traurig.
Wir haben das schon des Öfteren besprochen, aber das ist bei Ihnen offenbar nicht angekommen oder völlig in Vergessenheit geraten, dass – seitdem Sie regieren – der Versorgungsgrad im Krippenbereich in diesen 13 Stadtteilen mit besonderen sozialen Problemlagen um 10 Prozent real gesunken ist. Wenn Sie nur die Krippenplätze, die wir Ihnen hinterlassen haben, gehalten hätten, müssten wir genau in diesen Stadtteilen rund 150 Krippenplätze mehr haben. Hier kommen Sie unter dem Strich schon mal auf ein Minus von 20 Plätzen.
Sie haben nicht nur diese Plätze in den Stadtteilen mit den von Ihnen per Lippenbekenntnis erkannten sozialen Problemlagen abgeschafft, sondern Sie haben auch um
verteilt. Das, Frau Strasburger, ist in der Tat eine soziale Wende.
In den übrigen Stadtteilen ohne soziale Problemlagen gibt es inzwischen 25 Prozent Krippenplätze mehr. Wenn Sie diese Steigerung auch in den benachteiligten Quartieren mitgemacht hätten, müssten dort nochmals rund 350 Krippenplätze mehr sein. Sie haben also eine Differenz von 500 Krippenplätzen in Billstedt, Billbrook, Dulsberg, Horn, Jenfeld, Lohbrügge, Lurup, Rothenburgsort, St. Georg, St. Pauli, Steilshoop, Veddel und Wilhelmsburg. Sie bewilligen großzügig 130 Plätze mehr, und durch welchen Rost – das ist Ihre Formulierung – die übrigen 370 Plätze fallen, ist Ihnen offenbar egal.
Sie wollen Ihre Politik der sozialen Spaltung weiter betreiben. Sie finden es offenbar richtig, wie diese Stadt auseinander wächst und schämen sich hierfür auch nicht, was traurig ist.
Natürlich begrüßen wir die Einrichtung der Eltern-KindZentren. Das ist gar keine Frage. Die Idee ist gut. Aber wir benötigen mehr und bessere präventive Angebote und nicht nur Werbung. Diese Drucksache ist allenfalls ein Baustein.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, Frau Meyer-Kainer, um es gleich vorweg zu sagen: Wir begrüßen selbstverständlich,
dass nach Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen, Berlin, Bayern, Thüringen und Schleswig-Holstein nun auch in Hamburg ein Konzept zur Förderung von Teilzeitausbildungen umgesetzt werden soll.
Wir hätten uns gewünscht, dass Hamburg mit so einem Vorstoß nicht erst an elfter Stelle steht, aber Frauen- und Familienförderung hat bei Ihnen leider keinen sehr hohen Stellenwert. Das ist auch einer der Unterschiede zwischen dieser wachsenden Stadt und einer menschlichen Metropole.
Dabei ist das mit den Teilzeitausbildungen ein alter Gedanke, der in der 16. Legislaturperiode schon zu entsprechenden Überlegungen im Hamburger Gleichstellungsausschuss führte. Eltern, die schon eine Ausbildung haben, können halbtags arbeiten, Auszubildende konnten das nicht. Die rotgrüne Bundesregierung hat deshalb mit der Änderung des Berufsbildungsgesetzes die nötigen gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Das hat dann leider bis 2005 gedauert und da regierten in Hamburg bekanntlich schon Sie. So blieb es dann bis heute liegen, aber besser spät als nie.
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Der zugrundeliegende Gedanke ist sehr schlicht, Frau Meyer-Kainer hat es ja bereits skizziert.
Weil eine qualifizierte Berufsausbildung die wichtigste Voraussetzung für eine eigene Lebensperspektive ist, müssen wir erhebliche Anstrengungen dafür unternehmen, dass gerade auch junge Frauen und Männer mit Kindern eine qualifizierte Ausbildung erhalten können.
Aber so, wie schon die Vereinbarkeit von Elternschaft und Erwerbstätigkeit überhaupt ein vielfach ungelöstes Problem ist, gilt es in noch viel stärkerem Maße für die Vereinbarkeit von Ausbildung und Familie. Schwierige Kinderbetreuung, skeptische Ausbildungsbetriebe und überforderte Berufsschulen machen es vor allem jungen Müttern sehr schwer. Dass eine Berufsausbildung auf Teilzeitbasis grundsätzlich funktioniert, zeigen die Erfahrungen in den schon erwähnten übrigen Bundesländern.
Vor diesem Hintergrund, Frau Meyer-Kainer, ist es eigentlich unverständlich, warum Ihr Antrag so sehr im Allgemeinen bleibt.
Sie haben selbst gesagt, wie viele Fragen für Sie da noch offen sind. Denn wie es konkret aussehen und funktionieren soll und mit welchen Maßnahmen, Angeboten und Initiativen für beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – es klappen soll, haben Sie sich leider noch nicht überlegt. Das ist schade.
Ich will nur ein Beispiel nennen, das Sie eben selbst erwähnt haben, für das Ihnen aber keine Lösung eingefallen ist. Wer an einer Teilzeitausbildung teilnimmt, erhält auch nur einen Teil der Ausbildungsvergütung. In vielen Berufen ist schon die komplette Ausbildungsvergütung nicht üppig. Da ist dann eine Teilzeitvergütung als Familieneinkommen, Frau Meyer-Kainer, ein richtiges Problem.
Aber es hat sich längst ein bundesweites Netzwerk zu dem Thema gebildet. Die nächste norddeutsche Tagung zum Erfahrungsaustausch findet noch in diesem Monat statt. Vielleicht schickt der Senat ja jemanden hin, der sich da schlau machen kann, damit Hamburgs junge Mütter und Väter nicht noch weitere Monate und Jahre warten müssen, bis auch sie in den Genuss dieser fortschrittlichen rotgrünen Regelung kommen können. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Frau Senatorin Dinges-Dierig, es wäre schön gewesen, wenn Sie auf unseren Antrag oder auch auf den sehr ähnlichen Zusatzantrag der GAL einmal eingegangen wären. Das habe ich aber leider nicht vernehmen können.
Sie haben auch offenbar Ihre eigene Drucksache zu der Sache gar nicht gelesen, denn dort geht es nicht um alle besonders förderbedürftigen Kinder, sondern nur um die Kinder mit Sprachförderbedarf. Lesekompetenzstufe 1 nicht erreicht, würde ich sagen.
Herr Heinemann hat vorhin selbst ausgeführt, dass bekanntlich dieser Senat im vergangenen Schuljahr mit der Wiedereinführung des Schulgelds begonnen und Vorschulgebühren eingeführt hat. Er hat damit faktisch einen erheblichen Teil der Hamburger Fünfjährigen von dem Besuch der Vorschule ausgeschlossen. Die Behörde behauptet zwar immer wieder, dass Kinder in besonderen Härtefällen von den Gebühren befreit werden können, aber ganze 20 der 5680 Hamburger Vorschulkinder sind
von den Gebühren befreit. Während über 50 000 Kinder unserer Stadt in Armut leben, also jedes fünfte Kind,
ist bei Ihnen gerade einmal jedes zweihundertfünfzigste Kind ein Härtefall.
Hier sind Ihnen bei den Kleinen ganz mächtig die Koordinaten verrutscht und peinlicher kann man sich wohl selbst kaum in die Tasche lügen.