Protocol of the Session on April 12, 2006

Sie haben schon einmal Erfahrungen mit dem Bepackungsverbot machen dürfen. Das ist eine rechtliche Figur, die mittlerweile recht bekannt ist, ein Verbot, das verhindert, dass der Opposition dieses Instrument der Kontrolle, die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss, aus der Hand genommen wird. Es ist eben nicht zulässig, dass die Regierungsmehrheit neben einen Untersuchungsgegenstand, den die Opposition so wählt, wie sie es für richtig hält, noch einen viel weiter gespannten Untersuchungsgegenstand stellt.

(Bernd Reinert CDU: Das ist derselbe Kern! – Dr. A. W. Heinrich Langhein CDU: Warum soll das nicht zulässig sein?)

Wenn die Regierungsfraktion der Meinung ist, es gäbe daneben noch ein anderes Thema, das auch interessant

sei, dann steht es ihr frei, einen weiteren Ausschuss einzurichten. Vor diesen Ausschuss können Sie dann die gesamte Landespressekonferenz vorladen, Sie können auch meine Großmutter vorladen und fragen,

(Bernd Reinert CDU: Die ist interessanter als Sie!)

ob ich beim Weihnachtsplausch irgendwelche dollen Sachen erzählt habe. Dann können Sie machen, was Sie wollen, aber das Bepackungsverbot, das in der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte sehr gefestigt ist, wird dem einen Riegel vorschieben, dass Sie das in dem Ausschuss machen, in dem wir aufklären wollen, wer an dieser Sabotage des Senats am Parlament mitgewirkt hat.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte die grundlegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1978, die im Weiteren bestätigt wurde, zitieren. Das Bundesverfassungsgericht sagt:

"Das Schwergewicht der Untersuchungen liegt naturgemäß in der parlamentarischen Kontrolle von Regierung und Verwaltung, insbesondere in der Aufklärung von in den Verantwortungsbereich der Regierung fallenden Vorgängen, die auf Missstände hinweisen."

(Olaf Böttger CDU: Und Fehlverhalten aufdecken!)

Das ist der Sinn und Zweck von Untersuchungsausschüssen und genau auf diesem Gedanken gründet das Bundesverfassungsgericht das Bepackungsverbot. Alles, was effektiv geeignet ist, genau diesen Sinn zu gefährden, ist nicht zulässig. Sie können das in einem eigenen Ausschuss machen, wenn Sie dazu Lust haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Diese Aufklärung von Missständen im Verantwortungsbereich der Regierung tut auch Not, denn das, was wir hier erleben und bisher schon wissen, deutet darauf hin, dass der Fisch vom Kopf her stinkt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir erleben eine Sozialsenatorin, die tatsächlich in Interviews sagt, bei uns hat niemand die Protokolle gelesen. Zu dem Zeitpunkt hat man vielleicht gedacht, dass irgendwo in der Behörde jemand diese Protokolle gelesen hat und dies hat die Senatorin wirklich nicht gewusst, also haben wir uns das ein bisschen genauer angesehen. Es gab eine interessante Anfrage der SPD, wie es denn komme, dass die Senatorin diese Antwort in diesem Interview gegeben habe. Dann hieß es, sie habe ihren damaligen Kenntnisstand wiedergegeben. Jetzt haben wir gelernt, dass die Leiterin der Präsidialabteilung, der Staatsrat, die Pressesprecherin und die persönliche Referentin solche Unterlagen hatten und die Senatorin hat ihren Kenntnisstand wiedergegeben. Entweder redet sie wirklich mit niemandem, bevor sie irgendwelche Presseäußerungen macht, oder sie hat die Unwahrheit gesagt; die beiden Möglichkeiten gibt es.

Das ist in der Tat ein interessanter Vorgang, den man sich sehr genau ansehen muss. Der Kopf beim Fisch sitzt ganz oben und wir haben heute in den Zeitungen von einem Vorgang lesen dürfen, in dem auch der Bürgermeister in einem sehr schwierigen Licht erscheint; das ist eben schon zitiert worden. Dieser Untersuchungsbericht wurde eigens angefertigt, um die erkannten Missstände auszumerzen. Wochenlang diskutieren wir über diesen

Missstand, dass mit vertraulichen Unterlagen innerhalb des Senats gearbeitet wird, die diese Stellen nicht haben dürfen. Der Bürgermeister setzt einen Sonderermittler ein und was passiert mit seinem Bericht? Uns wird gesagt, da stehen wieder vertrauliche Daten drin, die nicht breit gestreut werden dürfen. Dieser Bericht wird dann entweder von ihm, von Staatsrat Schön oder Staatsrat Gedaschko verteilt. Diese Sache macht doch unbedingt eine Aufklärung und auch eine Konzentration auf das Handeln des Senats notwendig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir werden die Missstände im Senat aufklären und ihn mit dieser Sabotage der parlamentarischen Arbeit nicht davonkommen lassen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Jetzt hat Herr Marx das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss ist neben dem Haushaltsrecht und dem Recht der Bürgerschaft, den Präsidenten des Senats beziehungsweise den Gesamtsenat oder einzelne Senatsmitglieder zu wählen oder nachzuwählen, das hochheiligste Recht, das die Bürgerschaft als Parlament in Hamburg hat.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das ist ja fast katho- lisch!)

Dieses schärfste Schwert des Parlaments soll von der CDU zu einem Krummdolch umgearbeitet werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL und Lachen bei der CDU)

Nichts anderes planen Sie mit Ihrem allzu durchsichtigen Entlastungsangriff, nichts anderes haben Sie vor.

Ganz bemerkenswert finde ich aber, dass bei dieser Debatte heute Herr Senator Uldall da ist. Der hat nach allem, was man heute weiß, mit der Protokollaffäre

(Michael Neumann SPD: Bisher, Vorsicht!)

und der Feuerbergstraße wirklich nichts zu tun. Sie können uns natürlich darüber aufklären, wenn es anders sein sollte. Und auch Herr Staatsrat Schulz ist zumindest in diesem Zusammenhang weder in der einen noch in der anderen Weise genannt worden.

(Wolfhard Ploog CDU: Wie ist denn Ihre Rolle?)

Dieser Umgang des Senats mit dem Parlament ist schon bemerkenswert.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Frechheit!)

Man stelle sich vor, dass bei früheren Untersuchungsausschüssen in anderen Konstellationen vielleicht Frau Helgrit Fischer-Menzel nicht anwesend gewesen wäre. In der Zeit, als sie dann Abgeordnete war, hat auch Herr von Beust hinlänglich kritisiert, dass Sie bei der Debatte des Schlussberichts nicht anwesend war. Aber die heutige Debatte möchte Herr von Beust nach seinem Misserfolg vor zwei Wochen anscheinend nicht live mitmachen.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Bernd Reinert CDU: Warten Sie den Schlussbericht ab!)

Für mich ist der Maßstab in diesem Untersuchungsausschuss, der jetzt kommen wird, das, was Herr von Beust vor fast fünf Jahren formuliert hat. Die Gretchenfrage ist doch, welche Verantwortung der- oder diejenige hat, der als Senator oder Staatsrat an der Behördenspitze steht. Vor diesem Hintergrund ist das, was heute auf der Senatsbank zu sehen ist, besonders peinlich.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Zur CDU möchte ich noch einen Satz sagen: Wenn Sie wirklich ein eigenes Erkenntnisinteresse hätten, was ich zunächst einmal unterstellen würde, weil Sie ja auch Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind,

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das ist nett!)

dann hätten Sie keinen Zusatzantrag stellen müssen,

(Bernd Reinert CDU: Oh doch!)

wie er hier heute schon zu Recht kritisiert worden ist, sondern Sie hätten einen Antrag stellen müssen, in dem Sie abfragen, warum der Untersuchungsbericht des Sonderermittlers Gedaschko, der nur in drei Exemplaren vorhanden ist, trotzdem in Auszügen oder womöglich ganz bei einer bekannten Hamburger Zeitung gelandet ist. Das ist die eigentlich spannende Frage für das Parlament und nicht,

(Dr. Willfried Maier GAL: Welche Überlegung dazu geführt hat, es nur an die "Bild"-Zeitung zu geben!)

ob irgendwo mal irgendein Parlamentarier mit Journalisten gesprochen hat oder nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie haben noch die Chance, Ihren Zusatzantrag zurückzuziehen. Ich hoffe, dass Sie das im Laufe der Debatte noch tun.

Herr Krüger hat jetzt das Wort.

(Bernd Reinert CDU: Rück den Krummdolch mal wieder gerade!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es besteht Einigkeit darüber, dass es nicht hinnehmbar ist, wenn vertrauliche Protokolle und Unterlagen aus einem PUA in die Hände Unbefugter gelangen. Da sind wir uns in diesem Haus sicherlich einig und werden auch nicht weiter darüber diskutieren. Weil aber genau hier Einigkeit besteht, möchte ich zunächst einmal dem Ersten Bürgermeister und dem Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft dafür danken, dass sie sehr schnell Sonderermittler eingesetzt haben, die zügig tätig geworden sind, ihre Berichte sehr schnell vorgelegt haben und damit schon einmal einen wesentlichen Meilenstein geleistet haben.

(Beifall bei der CDU)

Genauso zügig, wie diese Berichte vorgelegt worden sind, hat der Erste Bürgermeister bereits durchgreifende Konsequenzen gezogen

(Michael Neumann SPD: Zügig!)