Protocol of the Session on March 30, 2006

Was haben wir heute? Heute haben wir die Tatsache, dass die SAGA die GWG kauft und auf der Pressekonferenz der Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführer, Lutz Basse, der staunenden Öffentlichkeit vermittelte, dass das aus dem Cashflow bezahlt werden könne. Was sollen wir also dazu sagen, dass aus zwei öffentlichen Wohnungsbauunternehmen insgesamt etwa 620 Millionen Euro unmittelbar abgezogen und im hamburgischen Haushalt eingesetzt werden? Darf ich Sie fragen, meine Damen und Herren von der CDU, ob nach Ihrer Auffassung der Zweck eines städtischen Wohnungsbauunternehmens darin besteht, dass es für Investitionsprogramme des Senates für den Hamburger Haushalt über 600 Millionen Euro bereitstellt, oder hat ein Wohnungsbauunternehmen vielleicht andere Zwecke?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Darf ich Sie fragen, was ein Mieter der SAGA und der GWG denkt, wenn er davon erfährt? Zweifellos sind die SAGA und die GWG zwei der bestgeführten Wohnungsbauunternehmen der Republik. Aber was habe ich als Mieter davon, wenn diese beiden Unternehmen inzwischen offensichtlich eine Ersatzbank für die Finanzierung des Hamburger Haushaltes sind? Ich muss sagen: nichts, gar nichts.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Damit kommen wir zur Bewertung dieses großartigen Immobiliendeals. In dieser Frage sitzen die Heuschrecken im Senat und plündern öffentliche Unternehmen aus, um den Hamburger Haushalt zu finanzieren. Das ist nicht der Zweck öffentlicher Unternehmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das ist die erste Bemerkung. Die zweite nimmt Bezug auf eine Äußerung des Vorstandsvorsitzenden der SAGA anlässlich einer Pressekonferenz, als er gefragt wurde, wie er das Vorgehen des Senates bewerte. Er hat gesagt,

der Senat verhalte sich wie ein Hedge-Fonds. Darf ich Sie fragen, ob ein hamburgischer Finanzsenator seine Aufgaben angemessen erledigt oder auch der Senat, wenn er sich wie die Geschäftsführung eines HedgeFonds verhält, meine Damen und Herren von der CDU?

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Damit kommen wir auch zur finanzpolitischen Bewertung dessen, was Sie da tun. Ihre Sparanstrengungen stehen in umgekehrtem Verhältnis zu Ihren Bemühungen, öffentliches Vermögen zu veräußern. Sie finanzieren mit der Veräußerung von Vermögen Investitionsprogramme in dieser Stadt. Da schrecken Sie wirklich vor nichts zurück. Nicht nur, dass einem Wohnungsbauunternehmen 600 Millionen entzogen werden, nein, auch der Stadtentwässerung, die als Unternehmen hoch verschuldet ist, wurden 45 Millionen an Abführungen entzogen. Die HGV hat 65 Millionen Euro gezahlt. Wir könnten diese Liste immer weiter fortführen. Das, was Sie hier tun, ist die staatliche Kreditaufnahme zurückzuführen und dafür die Verschuldung und die Abführung der öffentlichen Unternehmen zu erhöhen. Das kann keine seriöse Finanzpolitik sein.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ihre Finanzpolitik führt nicht nur dazu, dass wir unter ganz neuen Fragestellungen darüber diskutieren müssen, was eigentlich eine verdeckte Kreditaufnahme sei. Nein, Ihre Finanzpolitik führt vor allen Dingen dazu, dass am Ende dieser Legislaturperiode das Vermögen der Stadt weitgehend verzehrt ist. Ich sage ausdrücklich: Das ist keine Schatzsuche, die Sie da betreiben. Das ist das Auffressen der Werte dieser Stadt. Deshalb: nicht mit uns.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Kruse.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Mensch, der noch zu Zeiten aufgewachsen und sozialisiert worden ist, als das öffentlich-rechtliche Fernsehen noch allein programmgestaltend war,

(Ingo Egloff SPD: Das waren noch gute Zeiten!)

muss ich sagen: Herr Zuckerer, Sie hätten prima in das Programmschema der ARD gepasst. Sie hätten dann nur Ihren Beitrag mit den Worten "meine lieben Tierfreunde" einleiten müssen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Meine lieben Tierfreunde, Herr Zuckerer hat uns einen kleinen Freund mitgebracht, die Heuschrecke. Nun ist die Heuschrecke ein Wesen aus biblischer Überlieferung. Aber in Hamburg – und das bedauert Herr Zuckerer hier sehr – steht sie inzwischen auf der Roten Liste. Das liegt nicht daran, dass es keine Heuschrecken mehr gäbe.

(Ingo Egloff SPD: Die sitzen auf der Senatsbank!)

Es liegt daran, dass die Schwärme der Heuschrecken über den Ländern kreisen, in denen SPD-Ministerpräsidenten

(Beifall bei der CDU)

Privatisierung nach Kassenlage machen. Nun kann ich ja verstehen, dass die Sozialdemokraten, die sich zwar für

die Umwelt noch nicht übermäßig erwärmt haben, aber dieser Spezies nachtrauern, da sie jahrzehntelang vor jeder Bürgerschaftswahl durchs Land ziehen

(Dr. Monika Schaal SPD: Sind Sie eigentlich vor- bereitet?)

und sagen konnten, Achtung, Achtung, es sei zwar schlimm unter ihnen gewesen, aber wenn die CDU an die Regierung komme, dann verkaufe sie die Wohnungen der Wähler. Nun ist die CDU an der Regierung und sie hat diese immer noch nicht verkauft. Nun ist die CDU an der Regierung und sie verhindert auch für die Zukunft, diese zu verkaufen. Das, was Sie jetzt erlöst, was Sie als wunderbare Geldvermehrung empfinden, …

(Werner Dobritz SPD: Sie plündert die Mieter aus!)

"Sie plündert die Mieter aus"? Das ist aber merkwürdig. Die Mieten werden ja nicht erhöht.

(Zurufe von der SPD: Dauernd, dauernd!)

Was hätten Sie denn gemacht? Sie hätten sich gefreut, dass die regelmäßigen Abführungen von SAGA und GWG in den Betriebshaushalt verplempert werden.

Wir wollen ganz klar den Betriebshaushalt herunter- und die Investitionen herauffahren. Deswegen investieren wir. Das ist ja das Schöne: Unsere Mieter bleiben nicht nur Mieter der Stadt, sie behalten nicht nur sozialverträglich Wohnraum, sondern sie behalten auch die Jobs, um diesen Wohnraum bezahlen zu können, denn diese Jobs werden gesichert und vermehrt durch die Investitionen, die wir tätigen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Zuckerer, Sie haben eine wunderbare Umdeutung vorgenommen, da ja die Sozialdemokraten nicht ohne das Gespenst der Heuschrecken leben können. Da die klassischen Heuschrecken nicht mehr da sind, ist jetzt die Stadt ihre eigene Heuschrecke. Im Sinne der "BildZeitung", die einmal geschrieben hat "Wir sind Papst", sagen Sie jetzt: Hamburg, wir sind Heuschrecke.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Schönes Bild!)

Das heißt – und das ist das Geniale –, die Stadt profitiert von sich selbst zugunsten ihrer Bürger. In diesem Sinne übernehmen wir diese Rolle herzlich gern und werden es nicht zulassen, dass Sie oder andere Kollegen

(Ingo Egloff SPD: Sind Sie qualifiziert, Herr Kruse? Da war Herr Tants ja eine Leuchte dagegen!)

in Zukunft die wirklichen Heuschrecken ins Land lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Kruse, wenn Sie der Meinung sind, die Mieten würden ja nicht steigen, es gebe für die Vermieter keinerlei Nachteile, frage ich mich, ob die Gesellschaft irgendwie bisher 500 Millionen Euro gebunkert hat, von denen man noch nichts wusste. Oder woher stammen die?

Noch im Dezember 2005 teilte uns der Senat in der Drucksache angesichts der Erbbaurechtsablösung mit,

das Paket der zu kaufenden Grundstücke beziehungsweise abzulösenden Rechte in der Größenordnung von 114 Millionen Euro stelle beide Unternehmen, insbesondere in den kommenden Geschäftsjahren, vor enorme finanzielle Herausforderungen. Zwei Monate später waren es 500 Millionen Euro mehr. Aber das sei kein Problem. Das gehe aus dem Cashflow. Was ist denn da in der Zwischenzeit passiert?

(Ralf Niedmers CDU: Versuchen Sie es einmal mit einer Zeitraumbetrachtung!)

Zeitraumbetrachtung. In fünf oder zehn Jahren soll das dann kommen. Gut, aber wenn 114 Millionen Euro in mehreren Jahren eine riesige Belastung sind, sind 500 Millionen darauf, auch über einen längeren Zeitraum, doch eine markante Steigerung dieser Belastung. Mir kann kein Mensch erzählen, dass Sie Geld aus einer Gesellschaft herausbringen, deren Einnahmen ausschließlich von ihren Mietern kommen und deren Ausgaben dafür verwandt werden, dass entweder neu gebaut oder Instandhaltungsstau aufgelöst wird.

Insofern dreht es sich hier tatsächlich darum, dass Sie aus den Mietern der Stadt 500 Millionen Euro zusätzlich für den Haushalt herausholen wollen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

In einem Punkt gebe ich Herrn Zuckerer nicht Recht, wenn er sagt, das sei einfach Vermögensverzehr. Sie sagen ja, Sie wollten diese 500 Millionen anschließend wieder in neue Investitionen anlegen. Man könnte sie auch in der Größenordnung so qualifizieren: Etwa so viel soll ja neu zusätzlich in den Ausbau des Hafens gesteckt werden. Man könnte also verkürzt sagen, hier solle aus den Mieten der städtischen Wohnungen die Erneuerung und Erweiterung des mittleren Freihafens finanziert werden. Diese 500 Millionen Euro werden von den Mietern der SAGA und der GWG geholt. Das genau ist Ihr Programm und das ist ein ziemlich bemerkenswertes. Dann erklären Sie noch, die Mieter hätten den Vorzug, ihre Arbeitsplätze finanzieren zu können. Seit wann besteht Wirtschaftspolitik darin, dass ich per Stadt organisiere, dass meine Mieter höhere Mieten bezahlen oder schlechtere Wohnungen haben, damit einige im Hafen einen Arbeitsplatz bekommen? Das ist doch ein grotesker Zusammenhang. So haben Sie es dargestellt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zusammengenommen bleibt der Umstand, dass Sie hier zu Beginn der Legislaturperiode erklärt haben, es komme in dieser Legislaturperiode nicht zum Verkauf von SAGA und GWG. Okay, das werden Sie in dieser Legislaturperiode nicht machen. Gleichzeitig belasten Sie aber SAGA und GWG durch diese Situation des gegenseitigen Kaufes mit einer Größenordnung von Abführungen, die dem Verkauf nahe kommt beziehungsweise den späteren Verkauf nahe legt, da die Schuldenlast, die dieser Gesellschaft aufgedrückt wird, enorm ist, und natürlich als nächstes Verkaufserlöse ins Auge stechen lässt. Sie haben ja auch Ihre Garantie ausschließlich auf die laufende Legislaturperiode bezogen.