Protocol of the Session on March 29, 2006

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Der Präsident des Senates hat mir mit Schreiben vom 28. März 2006 mitgeteilt, dass er am Vortage Herrn Senator Dr. Kusch gemäß Artikel 34 Absatz 2 Satz 1 der Verfassung aus seinem Amt als Senator, der Freien und Hansestadt Hamburg entlassen habe. Damit sei die Amtszeit von Herrn Senator Kusch als Mitglied des Senates beendet.

Mit einem weiteren Schreiben vom 28. März 2006 hat der Präsident des Senates beantragt, den zwischenzeitlich von ihm gemäß Artikel 34 Absatz 2 zum Senator berufenen Carsten-Ludwig Lüdemann am heutigen Tage durch die Bürgerschaft bestätigen zu lassen. Dazu ist Ihnen als Tischvorlage die Drucksache 18/3965 zugegangen, die als Tagesordnungspunkt 01 nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen wurde.

Die Fraktionen sind übereingekommen, das Verfahren zur Bestätigung der Berufung eines Senators zu Beginn der heutigen Sitzung durchzuführen.

Daran anschließend findet anstelle der Aktuellen Stunde eine Aussprache über die aktuelle politische Lage statt. Die Fraktionen sind übereingekommen, dass hierfür jeder Fraktion sowie dem Senat eine Redezeit von 25 Minuten zur Verfügung stehen soll.

Des Weiteren haben die Fraktionen abweichend von der Empfehlung des Ältestenrates vereinbart, dass die Tagesordnung um zwei weitere Punkte ergänzt werden soll. Es handelt sich dabei zum einen um den Dringlichen Senatsantrag zur Umstrukturierung der Behörden, den Sie heute als Drucksache 18/3960 erhalten haben. Zum anderen haben Sie heute mit der Drucksache 18/3958 einen Bericht des Wirtschaftsausschusses bekommen. Die genannten Drucksachen wurden als Tagesordnungspunkt 22 b beziehungsweise Tagesordnungspunkt 55 a nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen.

Darüber hinaus sind die Fraktionen übereingekommen, dass auch die Tagesordnungspunkte 3 und 6 b vertagt werden sollen. Es handelt sich dabei um die Wahl eines vertretenden Mitglieds des Hamburgischen Verfassungsgerichtes aus der Drucksache 18/3431 sowie um die Wahl eines Deputierten aus der Drucksache 18/3939.

Ich rufe sodann Punkt 1 auf, Drucksache 18/3965, Antrag des Ersten Bürgermeisters: Bestätigung der Berufung eines Senators.

[Antrag des Ersten Bürgermeisters: Bestätigung der Berufung eines Senators – Drucksache 18/3965 –]

Nach Paragraph 4 des Senatsgesetzes entscheidet die Bürgerschaft über die vom Ersten Bürgermeister beantragte Bestätigung eines Senators ohne Aussprache in geheimer Abstimmung. Vereinbarungsgemäß findet diese Abstimmung in Wahlkabinen statt. Wir verfahren so, dass Frau Thomas und Frau Martens abwechselnd die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen werden. Ich bitte Sie, dann zur Kanzleibank zu gehen und dort Ihren Stimmzettel entgegenzunehmen. Jeder Stimmzettel enthält Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Mit dem Stimmzettel gehen Sie

bitte in eine der beiden Wahlkabinen und nehmen Sie Ihre Wahlentscheidung dort vor. Ich bitte, die Stimmzettel jeweils nur mit einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Willen des Mitgliedes nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig. Nach der Wahlhandlung begeben Sie sich bitte zu Frau RogalskiBeeck, bei der die Wahlurne steht. Stecken Sie dann Ihren Stimmzettel dort in die Wahlurne. Ich darf nun Frau Thomas bitten, mit dem Wahlaufruf zu beginnen.

(Der Namensaufruf wird vorgenommen.)

Meine Damen und Herren! Ist ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden? – Ich stelle fest, dass alle Abgeordneten aufgerufen worden sind und die Stimmenabgabe abgeschlossen ist. Damit erkläre ich die Wahlhandlung für beendet. Ich bitte, nunmehr die Stimmenauszählung vorzunehmen. Für die Dauer der Auszählung ist die Sitzung unterbrochen.

Unterbrechung: 15.15 Uhr _____________

Wiederbeginn: 15.25 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Es sind 119 Stimmzettel abgegeben worden, davon waren alle gültig.

Herr Carsten-Ludwig Lüdemann erhielt 62 Ja-Stimmen, 57 Nein-Stimmen und keine Stimmenthaltung.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Ich bitte nun Herrn Senator Lüdemann, nach vorne in unsere Mitte zu kommen.

(Die Anwesenden erheben sich.)

Nach Artikel 38 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg haben die Mitglieder des Senates vor Antritt ihres Amtes vor der Bürgerschaft einen Eid zu leisten. Ich lese Ihnen den Wortlaut des Eides vor:

"Ich schwöre, dass ich Deutschland, dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der hamburgischen Verfassung die Treue halten, die Gesetze beachten, die mir als Mitglied des Senates obliegenden Pflichten gewissenhaft erfüllen und das Wohl der Freien und Hansestadt Hamburg, soviel ich vermag, fördern will."

Ich bitte Sie, bei erhobener rechter Hand die Beteuerungsformel "Ich schwöre es" oder "Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe" nachzusprechen.

Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.

Im Namen des ganzen Hauses wünsche ich Ihnen eine glückliche Hand in der Amtsführung und viel Erfolg im Interesse unserer Hamburger Bürgerinnen und Bürger. Herzlichen Glückwunsch.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Platz zu nehmen und das Telefonieren einzustellen.

Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg hat mir mitgeteilt, dass der Senat Herrn Senator Carsten-Ludwig Lüdemann mit dem Amt des Präses der Justizbehörde betraut hat. Ferner hat der Senat beschlossen, Frau Bürgermeisterin Schnieber-Jastram mit der Verantwortung gemäß Artikel 42 Absatz 2 der Verfassung für die Bereiche Gesundheit und Verbraucherschutz zu betrauen.

(Zuruf von der GAL: Das ist ja unglaublich!)

Wir kommen nun zur Aussprache über die aktuelle politische Lage. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass hierfür jeder Fraktion sowie dem Senat eine Redezeit von 25 Minuten zur Verfügung steht. Das Wort wird gewünscht? – Der Abgeordnete Petersen bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lüdemann, auch von unserer Seite herzlichen Glückwunsch, viel Erfolg. Wenn Sie gerade 63 CDU-Abgeordnete beglückwünscht haben, muss ja einer dabei gewesen sein, der das nicht so ganz ernst gemeint hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelter Beifall bei der GAL – Hartmut Engels CDU: Sehr vorsichtig!)

Wir befinden uns auf dem vorläufigen Höhepunkt einer Regierungskrise unglaublichen Ausmaßes und Sie, Herr Bürgermeister, und mit Ihnen die CDU in Hamburg nutzen Ihre absolute Mehrheit seit Wochen aus, um dem Ansehen der Stadt in Deutschland zu schaden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das jüngste Beispiel ist die Protokoll-Affäre, die längst eine Senatskrise geworden ist.

(Zuruf von der CDU: Erzählen Sie einmal etwas Neues!)

Hier wird systematisch gegen geltendes Recht verstoßen und ich sage Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir in der Opposition werden hier gemeinsam nachfragen und es wird einen weiteren Untersuchungsausschuss geben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Mit dem Handeln, das in den letzten Monaten in den Behörden und auch hier stattgefunden hat, wird die Arbeit eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ad absurdum geführt. Wenn geheime Akten aus Behörden angefordert werden, dann kann das nicht mit einem rechten Weg zu tun haben. Sie, Herr Reinert, haben versucht – gestern noch in einer Sendung mit mir gemeinsam –, dieses unglaubliche Verhalten zu verniedlichen, und führten aus, dass es in mehreren Bundesländern durchaus üblich wäre, so zu verfahren. Das ist ein Verständnis eines Fraktionsvorsitzenden, das zur parlamentarischen Demokratie nicht so richtig passt, Herr Reinert.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der Untersuchungsausschuss ist das schärfste Instrument, das ein Parlament hat, und Sie nehmen einen Missbrauch dieses Rechts einfach hin. Das kann es nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich stimme dem CDU-Rechtsexperten, Herrn Professor Karpen, zu, wenn er feststellt, dass so ein Regierungsverhalten dem Parlamentarismus und der Demokratie schadet.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Verhalten und auch die Amtsführung des viel zu spät gefeuerten Senators Kusch war längst despektierlich und es bleibt Ihr Geheimnis, Herr von Beust, warum Sie so lange an diesem Mann festgehalten haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es bleibt auch Ihr Geheimnis, warum Sie diesen Mann eigentlich zum Senator gemacht haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Im Verhalten des ehemaligen Senators Kusch in den letzten Tagen gibt es durchaus Parallelen zum Senator Schill. Sie haben, Herr Bürgermeister, diese Menschen zu Senatoren gemacht, die dem Anspruch an einen Hamburger Senator weder fachlich noch charakterlich gewachsen waren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)