Protocol of the Session on February 23, 2006

Insgesamt ist festzustellen, dass bei einem Haushaltsvolumen von rund 10 Milliarden Euro und 78 000 Mitarbeitern das Unternehmen Hamburg ordentlich geführt wird. Ganz gleich, ob bei der öffentlichen Hand oder der Privatwirtschaft, gilt nun einmal der Grundsatz, wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Obwohl in den Jahresberichten oftmals von spektakulären Einzelfällen zu lesen ist, die dann natürlich auch im Mittelpunkt der Medienberichterstattung stehen, ist eine generelle Verschwen

dung öffentlicher Mittel nicht erkennbar und wird vom Rechnungshof auch nicht unterstellt.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Dennoch werden wir im parlamentarischen Verfahren in den nächsten Monaten ganz genau prüfen, wo und wie öffentliche Mittel effizienter eingesetzt werden können,

(Dirk Kienscherf SPD: Zum Beispiel bei der Ham- burg Marketing GmbH!)

denn jeder Euro, der zuviel beziehungsweise unnötig ausgegeben wird, ist und bleibt eben ein Euro zuviel.

Anders als in der Privatwirtschaft, wo infolge der Konkurrenz der Märkte immer ein Benchmarking unter den Wettbewerbern stattfindet, steht die Verwaltung nur in einem begrenzten Wettbewerb. Hier kommt wiederum dem Rechnungshof eine besondere Rolle zu, denn er ist der Garant für den Wettbewerb innerhalb der Verwaltung und auch er wirft einen Blick über den Tellerrand hinaus. So ist beispielsweise dem diesjährigen Rechnungshofbericht zu entnehmen, dass die Lehrerfortbildung in Bayern kostengünstiger und effizienter sein soll als in Hamburg. Ob und inwieweit in Hamburg der bayerische Standard in der Lehrerfortbildung umzusetzen ist, möchte ich an dieser Stelle nicht voreilig beurteilen. Entscheidend dabei ist, dass die Diskussion infolge des Jahresberichts überhaupt angestoßen wird. Im Rahmen der Beratung des Rechnungsprüfungsausschusses wird sich zeigen, an welcher Stelle Korrekturbedarf besteht.

Die Motivation, eigene Entscheidungen immer wieder kritisch zu hinterfragen, ist in der Verwaltung noch nicht allerorts vorhanden. Nicht umsonst stellen wir bei den Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuss immer wieder fest, dass fundierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Erfolgskontrollen zu wünschen übrig lassen, teilweise sogar mangelhaft sind, wenn sie überhaupt durchgeführt werden. Dabei sind beide Instrumente für eine effiziente und transparente Verwaltung von zentraler Bedeutung. Nur wer sich ständig selbstkritisch prüft, erkennt rechtzeitig den notwendigen Handlungsbedarf.

Im höchsten Maße ärgerlich ist allerdings, dass die Hamburger Universitäten und andere Hochschulen weder für das Jahr 2003 noch für das Jahr 2004 Jahresabschlüsse vorgelegt haben und das, obwohl die Hochschulen bereits im September 2004 im Haushaltsausschuss die Abschlüsse für 2003 für das vierte Quartal 2004 zugesagt hatten. Letztes Jahr genau das Gleiche. Bis Ende 2005 sollten wir die Abschlüsse für beide Jahre erhalten. Bisher ist nichts, aber auch gar nichts, trotz mehrfacher Ermahnungen des Rechnungshofes und der Bürgerschaft geschehen. Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich: Wir erwarten die Vorlage beider Jahresabschlüsse bis Mitte Juni 2006 rechtzeitig zu den Beratungen in dem Rechnungsprüfungsausschuss. Ansonsten wird diese offensichtliche Missachtung des Parlaments ernste Konsequenzen im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen haben.

(Oh-Rufe von der SPD und der GAL)

Abgesehen davon erwarten wir als Parlament eine Erklärung, warum die mehrfach gemachten Zusagen nicht eingehalten wurden. Diese immer wieder angeführte Ausrede, wir wissen nicht, wie wir die kameralistische und

die doppelte Buchführung in Einklang bringen, ist mehr als dürftig.

Ein weiteres Trauerspiel ist zweifelsfrei auch die Anlagepraxis der Stiftung Hochschule für angewandte Wissenschaften. Für die Anlage des Stiftungsvermögens in Argentinien-Anleihen, in höchstem Maße spekulative Aktienfonds, gibt es einfach keine Rechtfertigung. Glücklicherweise ist es nur zu einem Vermögensschaden von 77 000 Euro gekommen und nicht gleich zu einem Gesamtvermögensverfall.

Zu klären sind im parlamentarischen Verfahren auch die Konsequenzen aus den Prüfungsergebnissen des Rechnungshofes zur Überwachung nach dem Medizinproduktegesetz.

Das Medizinproduktegesetz schreibt zu Recht sehr umfangreiche Überwachungsmaßnahmen vor, die bei den meisten medizinprodukteherstellenden Firmen durch so genannte benannte Stellen, beispielsweise TÜV Rheinland, jährlich geprüft werden. Es ist aber unbedingt sicherzustellen, dass es zu keiner Doppelüberwachung kommt und infolgedessen auch zu keiner doppelten Gebührenbelastung für die Unternehmen. Im Mittelpunkt der Kontrollen muss die Suche nach schwarzen Schafen stehen. Das darf aber zu keiner Doppelbelastung von hochspezialisierten Unternehmen führen, die sich im nationalen und internationalen Wettbewerb befinden und regelmäßig äußerst umfangreich überprüft werden. Vor allem ist nicht erkennbar, dass die Verwaltung in Hamburg auch nur ansatzweise mit vertretbaren Mitteln das notwendige Know-how aufbauen könnte, geschweige denn überhaupt muss. Somit reicht es wohl in den meisten Fällen aus, sich nur die laufenden Prüfungsberichte der benannten Stellen vorlegen zu lassen und diese dann durchzusehen.

Der Rechnungshof verdeutlicht in seinem Bericht, dass der Einsatz von Computern in der Verwaltung noch verbesserungsfähig ist. Wenn erst 70 Prozent der Schulen an das Intranet der Schulbehörde angeschlossen sind und die Behörde seit acht Jahren versucht, eine funktionsfähige Software mit dem Namen "Tu was" der Schulverwaltung zur Verfügung zu stellen, dann wird dieser Handlungsbedarf überdeutlich.

Bedauerlich finde ich auch, dass die im Jahre 2002 geschaffene Möglichkeit, beim Finanzgericht Klagen per E-Mail einzureichen, bis heute nur in einem Fall genutzt wurde. Offensichtlich fehlt es hier noch sehr an Akzeptanz, denn das Medienecho war positiv und die bundesweite Resonanz in Fachkreisen beachtlich. Vielleicht muss hier einmal eine Werbekampagne eingeleitet werden, mit der wir mehr darauf aufmerksam machen. Wie bereits eingangs gesagt, sind die von mir aufgezählten Einzelfälle aus dem Rechnungshofsbericht allesamt bedauerlich.

Der Rechnungshof hat sich aber nicht nur mit Einzelfällen befasst, sondern auch allgemeine Feststellungen getroffen. Eine möchte ich zum Schluss ganz besonders erwähnen. Der Rechnungshof hat in seinem diesjähri- gen Jahresbericht ausdrücklich unsere Haushaltspolitik lobend anerkannt,

(Bernd Reinert CDU: Genau!)

für die wir von Teilen der Opposition immer wieder gescholten wurden und werden. In diesem Jahr werden wir

aller Voraussicht nach ein wichtiges Etappenziel erreichen, nämlich einen ausgeglichenen Betriebshaushalt.

(Beifall bei der CDU)

Auch für den nächsten Doppelhaushalt 2007/2008 werden wir an diesem Grundsatz festhalten und die Ausgaben ausschließlich durch die laufenden Einnahmen decken.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus werden wir die Neuverschuldung weiterhin konsequent zurückführen. Dieser Prozess ist sehr schwierig und braucht uns alle. Er wird aber am Ende erfolgreich sein, wie uns sicherlich in einigen Jahren wiederum der Rechnungshof bestätigen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Marx.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Ahrons! Ich habe mich zum Teil ein bisschen gefragt, wer Ihnen diese Rede aufgeschrieben hat, als ob früher alles schlimm gewesen wäre

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wer schreibt denn Ihre?)

und jetzt alles gut geworden sei. Und dann stellen Sie fest, dass nun alles gut sei und Sie sogar alle Ausgaben durch Steuereinnahmen 2007 und 2008 decken könnten. Mit etwas Glück können Sie höchstens die Betriebsausgaben 2007 durch Steuereinnahmen decken und nicht mehr und nicht weniger und die Investitionen werden Sie weiterhin teilweise kreditär finanzieren müssen.

(Karen Koop CDU: Das hat sie doch gesagt!)

Das ist das eine, was man hier festhalten muss.

Das andere, das man bei der Finanzpolitik des Senats festhalten muss, ist, dass es nicht dadurch gelungen ist, dass Ihre Finanzpolitik so toll gewesen wäre. Sie haben dadurch gewonnen, dass es Hartz IV gibt und sich die Steuereinnahmen nicht nur in Hamburg wieder stabilisiert haben.

(Beifall bei der SPD und bei Gudrun Köncke GAL)

Ohne die Mitnahmeeffekte von Hartz IV und steigende Steuereinnahmen würde die Finanzlage ganz anders aussehen und Sie hätten allergrößte Probleme, hier verfassungsgemäße Haushalte einzubringen.

Alle Jahre wieder, könnte man sagen, gibt es den Rechnungshofsbericht. Zunächst möchte auch ich an dieser Stelle Herrn Präsidenten Meyer-Abich und seinem Kollegium für die geleistete Arbeit danken und mich ausdrücklich dafür bedanken, dass wir wieder so ein schönes dickes Werk zum Lesen haben, das wir im Juni im Rechnungsprüfungsausschuss beraten werden.

(Beifall bei der SPD)

Einige wenige Vorfälle aus dem Rechnungshofsbericht, den ich Ihnen allen nur sehr zum Lesen empfehlen kann, möchte ich hier einzeln erwähnen, weil sie besonders interessant sind und deutlich machen, wie wichtig und sinnvoll Kontrolle durch den Rechnungshof ist. Der Rech

nungshof ist nicht nur wichtig wegen der hier genannten Einzelfälle, sondern auch, weil es ihn als Institution gibt und er eine gewisse abschreckende und kontrollierende Wirkung auf die gesamte hamburgische Verwaltung hat. Der Rechnungshofsbericht widmet sich nicht nur der Situation in einzelnen Ämtern und Abteilungen, sondern hat sich auch Querschnittsfragestellungen gewidmet, wie zum Beispiel dem Energiemanagement und den Wasserkosten in den Schulen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Es gibt aber einige spezielle Dinge, die wirklich absurd daherkommen. Der Kassenbestand des Grundstocks – dort geht es um das aus Grundvermögen erlöste Geld – beträgt laut Kasse des Grundstocks 197 150 000 Euro. Laut Vermögensübersicht des Senats zum Schluss des Haushaltsjahres 2004 sind es 192 266 000 Euro, eine Differenz von fast 5 Millionen Euro und das in Zeiten, wo demnächst auf doppelte Buchführung umgestellt werden soll. Solch eine erkleckliche Differenz von 5 Millionen Euro bedarf einer genauen Erklärung.

Der nächste Punkt, zu dem ich überleiten möchte, sind die blauen Polizeiuniformen, an die wir uns alle freiwillig oder auch nicht gewöhnt haben. Dort hat die Innenbehörde über 60 000 Euro nachzahlen müssen, weil man plötzlich doch für diese Uniformentwürfe bezahlen musste, die im Rahmen des Sponsorings kamen. Der Vertrag zur Überlassung der Uniformentwürfe war nicht gerichtsfest dokumentiert worden. Das macht deutlich, dass wir Richtlinien für Sponsoring brauchen, damit die Fachbehörden diese beachten können und sich dann, so hoffe ich, auch daran halten werden.

Zum Schluss möchte ich zum Thema Doppik übergehen. Wir werden künftig die doppelte Buchführung im Haushalt haben; der Rechnungshof hat es in seinem Bericht schon erwähnt. Die doppelte Buchführung beinhaltet nicht nur die Möglichkeit, Investitionen mit ihrem Wertverzehr darstellen zu können, die doppelte Buchführung eröffnet auch die Möglichkeit – das zeigen viele Bilanzfälschungsskandale in der privaten Wirtschaft in dieser Republik –, das eine oder andere zu tarnen, was die Abgeordneten nicht wissen sollen. Doppelte Buchführung beinhaltet auch die Möglichkeit, stille Reserven zu schaffen, die dann wie zufällig in Wahljahren aufgelöst werden. Auch da muss man sehr genau hingucken. Insofern wünsche ich uns allen angenehme Beratungen im Juni im Rechnungsprüfungsausschuss.

(Beifall bei der SPD und bei Gudrun Köncke GAL)

Das Wort bekommt Frau Dr. Lappe.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ahrons, Sie haben sich bei Ihrer Einschätzung des Rechnungshofsberichts ganz schön weit aus dem Fenster gelehnt. Ich hoffe, dass Sie dem auch tatsächlich Konsequenzen folgen lassen werden im Zusammenhang mit den nächsten anstehenden Haushaltsdebatten im Herbst. Wir werden die ganzen Details im Rechnungsprüfungsausschuss im Juni noch eingehender besprechen, wie Herr Marx schon gesagt hat. Ich bin auch schon einige Male in diesem Rechnungsprüfungsausschuss gewesen und habe feststellen können, dass es, unabhängig vom jeweiligen Senat, immer wieder ähnliche und gleiche Probleme gegeben hat. Die sind

sozusagen immun, egal welcher Senat die Regierung führt oder welche Regierungsfraktion es gibt.

Deshalb finde ich es erstaunlich, dass Sie es wagen zu behaupten, unter Ihrer Ägide und unter Ihrer Führung sei nun alles viel besser. Sie haben selbst Beispiele angeführt, bei denen die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zeigen, dass es an allen Stellen mangelt. Das ist früher so gewesen, das ist unter Ihrer Führung so. Da scheinen ganz andere Dinge handlungsleitend zu sein, die vielleicht ideologisch sind, vielleicht persönlich, defizitär oder wie auch immer, aber auf jeden Fall sind sie bisher nicht abgestellt worden und ich bin gespannt, wie Sie das in den Griff bekommen wollen.

Ansonsten bedanke ich mich natürlich auch für den alle Jahre wieder vorgelegten Bericht des Rechnungshofs; auch ich als Dritte werde das jetzt noch zitieren. Das ist vielleicht der ständige Begriff für diese Prüfung, weil es in der Tat alle Jahre wieder ähnliche Ergebnisse sind,