Protocol of the Session on January 18, 2006

(Klaus-Peter Hesse CDU: Die müssen doch noch steigerungsfähig sein!)

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Das Verwirrspiel um die Konzernzentrale der Deutschen Bahn ist endlich zu Ende, zum Glück.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Zum Glück denken doch nur Sie, Herr Kerstan!)

Von Anfang an war die Verhandlungslage mehr als rätselhaft. Der Senat behauptet, die Bahn selber hätte den Umzug der Bahnzentrale angeboten. Das bestreitet Bahnchef Mehdorn vehement und sagte, er wollte nur einzelne Konzernfunktionen nach Hamburg verlegen. Der Eigentümer der Bahn hatte von Anfang an klargestellt, dass für ihn ein Umzug gar nicht infrage kommt.

Da stellt sich schon die Frage, ob es jemals wirklich eine Möglichkeit gegeben hat, die Bahn nach Hamburg zu verlegen, außer im Wunschdenken des Bürgermeisters. Vielleicht war es aber auch ganz anders: Bahnchef Mehdorn hatte angeboten, die Hauptzentrale der Bahn in der Eisenbahnwelt der "Miniatur Wunderland" in der Speicherstadt originalgetreu im H0-Maßstab 1 : 87 zu errichten, und unser Finanzsenator, der immer nur ganz groß denken kann, hat das einfach falsch verstanden.

(Lachen bei der GAL und der SPD)

Man kann ja denken, dass dieses absurde Verhandlungstheater ganz amüsant ist, wenn es nicht um zwei zentrale Politikbereiche Hamburgs gehen würde. In Wirklichkeit ist es ein Trauerspiel anzusehen, wie dieser Senat sämtliche politischen Grundsätze über Bord wirft, geblendet von dem Prestigeobjekt einer Bahnzentrale in Hamburg.

Noch 2003 hat dieser Senat dem Vorstand der HHLA schriftlich zugesichert, dass die Mehrheit der HHLA nicht zum Verkauf steht. Ein Verkauf von Anteilen der Hochbahn stand nie zur Debatte. Die bundesweite Ausdehnung der Aktivitäten der Hochbahn über Göttingen hinaus wurde der Hochbahn vom Senat untersagt. Dann kann die Bahn und plötzlich war alles anders.

Auf einmal hielt der Senat es für denkbar – nein, sogar für sinnvoll –, 74 Prozent sowohl der HHLA als auch der Hochbahn zu verkaufen. Die überraschende Begründung dafür war: Nur so könne eine bundesweite Expansion von HHLA und Hochbahn finanziert werden,

(Bernd Reinert CDU: Bundesweite Expansion?)

eine Ausdehnung, die der Senat vorher für politisch unerwünscht erklärt hatte. Nun ist der Bahn-Deal gescheitert und der Senat will auf einmal wieder nur die Minderheit an der HHLA verkaufen und die Hochbahn überhaupt nicht mehr.

Herr Bürgermeister, was denn nun eigentlich? Eines kann doch nur richtig sein.

(Michael Fuchs CDU: Nicht das, was Sie erzählt haben!)

Wenn Sie jetzt sagen, dass man nur eine Minderheit an der HHLA verkaufen solle und die Hochbahn gar nicht, dann war es vorher doch ein Fehler, der Bahn die Mehrheit anzudienen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sieht so eine verantwortungsbewusste und konsequente Strategie für zwei Hamburger Schlüsselunternehmen aus?

Schauen wir uns an, was dieser geplante Deal für Hamburg für Konsequenzen gehabt hätte. Mit der Hamburger Hochbahn hätte die Deutsche Bahn das bundesweit zweitgrößte Bahnunternehmen aufgekauft und einen lästigen Konkurrenten aus dem Markt herausgekauft. Im Hamburger öffentlichen Nahverkehr und dem norddeutschen Regionalverkehr wäre es mit fatalen Folgen für

Angebot und Preisniveau zu einem faktischen Monopol der Bahn gekommen.

Bei der HHLA machen inzwischen 45 Prozent des Umsatzes die Hinterlandverkehre mit eigenen Güterzügen aus. Auch hier hätte die Bahn wiederum einen lästigen Konkurrenten aus dem Markt hinausgekauft, mit dem willkommenen Nebeneffekt, dass man dann auch die Reedereien und Spediteure, die direkte Konkurrenten der Bahnspedition Schenker sind, behindern kann. Allein die Möglichkeit, dass die Bahn die Konkurrenten der Bahn behindern und dort diskriminieren kann, wird dafür sorgen, dass diese Spediteure und Reedereien in Zukunft ihre Ladungen um Hamburg herumlenken werden.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, was lokale Monopole in Hamburg anrichten können. Lokale Monopolisten bieten ein schlechtes Angebot zu überhöhten Preisen, zulasten der Kunden und des Standortes. Es muss wieder das Anliegen der Politik werden, solche lokalen Monopole zu verhindern. Ich sage das auch ganz bewusst als Abgeordneter einer Partei, die den Teilverkauf der HEW und den Totalverkauf von Hein Gas zu verantworten hat.

Sie, Herr Bürgermeister, haben die letzten 25 Prozent der HEW verkauft – ohne Not – und Sie wollen uns jetzt weismachen, ein neues, weiteres Monopol im Hamburger Hafen und im öffentlichen Nahverkehr wäre ein Segen für die Stadt? Und das alles nur wegen einer Konzernzentrale in Hamburg? Herr Bürgermeister, das Scheitern des Bahn-Deals ist für Sie – ohne Frage – persönlich eine schwere Niederlage. Für Hamburg ist Ihr Scheitern ein Segen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Mattner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Senatshandeln war ein richtiger Versuch und er kam auch zur passenden Zeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir leben nun einmal in einer globalen Welt und die HHLA und die Hochbahn brauchen Partner. Es wäre fahrlässig und es wäre Verrat an Hamburgs Interessen gewesen, es nicht mit diesen Partnern für die Zukunft zu versuchen.

Nicht viele Konzerne können neu einen Sitz und so viele Arbeitsplätze nach Hamburg mitbringen. Man muss dann, wenn es in Rede steht, mit einem Konsortialvertrag alle anderen Dinge regeln, man kann langfristige Partner damit gewinnen und man kann die Interessen beider Partner – auch die Interessen Hamburgs – in einem solchen Vertrag verankern. Entscheidend ist, Hamburg bekommt einen weiteren Hauptsitz mehr. Dann sind die Interessen Hamburgs gesichert.

Nun bezweifelt Herr Kerstan wieder bei der ersten Debatte, die wir hatten, die Finanzkraft der Bahn. Das ist ganz niedlich, weil SPD und Grüne zwei Legislaturen in Berlin dafür die Verantwortung hatten. Eben sagte er, die Bahn wird dann zum Monopolisten, obwohl es in Wahrheit darum geht, ein starkes Unternehmen zu schaffen und nicht mehr in der Welt der Bimmelbahn nach Ahrensburg, Herr Kerstan, zu denken. Ich glaube, das verkennen Sie völlig.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es um die Finanzkraft geht: Herr Tiefensee versucht gerade, die Bahn fit für die Börse zu machen. Das jetzt alles in Frage zu stellen, ist schon grotesk.

In der Sache liegen wir mit unserem Senat richtig. HHLA, Hochbahn, Deutsche Bahn mit Konzernsitz in Hamburg, das wäre schon ein weltweit operierender Konzern geworden. Dies muss auch unser Ziel sein. Aber das Scheitern dieser Verhandlungen hat seine Ursache im Zickzackkurs.

(Dr. Till Steffen GAL: Aber des Bürgermeisters!)

Wenn schon die SPD richtig ruft – Sie meine ich nicht, darauf komme ich gleich noch zu sprechen –, auch sie hat einen Zickzackkurs gefahren. Nein, das Scheitern hat hier – das muss klar gesagt werden – einen Namen und der heißt: "Mehdorn".

(Beifall bei der CDU)

Aber kommen wir zu den Sonntagsrednern, die ich hier und auch an anderer Stelle immer zu dem Thema höre. Ständig verlangt die Opposition von uns frühzeitige Informationen, über alles Regierungsverhandeln, weit über die Pflicht hinaus. Das gesamte operative Geschäft soll hier ausgebreitet werden. Dieselben fordern hier gerade wieder – Herr Neumann – Stillschweigen vom Senat und nicht zu vorschnelles, wie er gesagt hat, nach draußen Gehen. Sie vergießen hier nun Krokodilstränen über die "frühe" Information. Das ist nicht anständig.

(Beifall bei der CDU)

Es ist eine große Kunst, den richtigen Zeitpunkt für die Information zu finden.

(Michael Neumann SPD: Ja, die kann er nicht!)

Ich denke, er war richtig gewählt. Alle waren informiert: die Bundesregierung, die Bahn, die Öffentlichkeit, die Opposition und auch Herr Petersen.

Was unterscheidet uns denn noch in der Sache? Ganz einfach. Von 1990 bis 2001 haben Sie hier 5 Milliarden Euro Substanz verbraten: über HEW, HLB, Hein Gas, Flughafen; ich kann das alles gar nicht aufzählen. Herr Neumann hat hier gerade von Frevel gesprochen. Wer sind denn die Frevler? Die Frevler heißen dann für Sie Voscherau und Runde und wir dürfen sie nach Ansicht von Herrn Neumann künftig so nennen.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen, meine Damen und Herren, strategische Partner finden, die mit uns Hamburg auf den richtigen Weg in die Zukunft bringen. Es ging um das Wohl der Stadt.

Herr Neumann hat eben über den Amtseid gesprochen. Herr Petersen hat einmal in der Zeitung geschrieben, man hätte ihn nur anrufen müssen, dann hätte er schon alles geregelt. Tätig werden für Hamburg bedarf keines Auftrags des Bürgermeisters. Das steht übrigens in der Verfassung und im Abgeordnetengesetz. Tätig werden für Hamburg hätte geheißen, Sie hätten mit Minister Tiefensee oder Matthias Platzek verhandeln können, um sie zu überzeugen, dass der Deal für Hamburg und für alle gut ist. Sie hatten Zeit genug gehabt, Sie waren informiert.

(Michael Neumann SPD: Das ist eine neue Theo- rie, die Opposition ist Schuld!)

Mit wem haben Sie denn gesprochen, Herr Neumann? Mit wem haben Sie gesprochen, Herr Petersen? Vielleicht reden sie gar nicht mit Ihnen. Es wäre Ihre Chance gewesen, hier eigene Akzente zu setzen, zu trumpfen und zu sagen, wir haben es geschafft, wir hätten es machen können. Aber Sie haben gar keinen Einfluss.

(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Das sind lächerliche Ablenkungsmanöver!)

Tätig werden für Hamburg ist eine Holschuld für den, der Einfluss hat. Aber Sie haben überhaupt keinen Einfluss und deswegen sind Sie für uns auch nicht der richtige Ansprechpartner.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Egloff.