Wenn man sich parallel anschaut, was die Evaluierung der Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt ergeben hat, dann ist diese Maßnahme mit Sicherheit falsch. Die Ergebnisse zeigen, dass 40 Prozent der Menschen, die die Interventionsstelle nutzen, keinen deutschen Pass haben. Im Vergleich dazu haben 13,5 Prozent der weiblichen Hamburger Bevölkerung keinen deutschen Pass. Diese Ergebnisse sind im Grunde eine Ergänzung der bundesweiten Studie, die wir im letzten Jahr von der Bundesregierung vorgelegt bekommen haben – in dem Fall war es eine Untersuchung von Frauen türkischer Herkunft –, die auch davon ausgeht, dass die einer erhöhten Bedrohung durch häusliche Gewalt ausgesetzt sind in Kombination mit einer erhöhten Bedrohung durch Gewalt im öffentlichen Raum, das heißt, Gewalt durch die Mehrheitsgesellschaft. Dies spricht dafür, dass dieses Phänomen, das wir hier zahlenmäßig erfassen können, auch ein Stück mit der Situation in der Fremde, mit der Migration an sich zu tun haben wird.
Das entbindet uns aber nicht davon, uns darum zu kümmern. Die Folge müsste eher sein, verstärkt Prävention und Beratung einzuführen und da setzt unser Antrag an. Wir sind der Auffassung, dass gerade die Integrationszentren der geeignete Ort sind, nicht nur Frauen und Migrantinnen, sondern auch Migranten entsprechende Informationen über die Errungenschaften zu vermitteln, die wir in Bezug auf das Thema Gewalt gegen Frauen haben, und somit sowohl Beratung als auch Prävention geleistet werden kann.
Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass es in der jüngeren Vergangenheit, beispielsweise durch einen Kongress der Hürryet in Hamburg, bei dem Frau
Schnieber-Jastram Schirmfrau war, oder auch durch die Veröffentlichung der SCHURA zum "Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen" Ansätze gibt, dass dieses Thema innerhalb der Migrantinnen- und Migrantengemeinde deutlich erkannt worden ist als Problem und dass man aktiv werden will. Diese Gelegenheit sollten wir nutzen, um mit den Migrantinnen- und Migrantenverbänden, mit den entsprechenden Organisationen, mit religiösen Gemeinschaften zusammen ein Bündnis, ein Netzwerk gegen häusliche Gewalt, gegen Gewalt gegen Frauen zu gründen.
Ich glaube, dass das ganz wichtig ist und wir das unbedingt im Hinblick darauf tun müssen, dass wir ein Grundgesetz haben, das von uns fordert, in dieser Weise aktiv zu werden.
Lassen Sie sich nicht von unseren vermeintlichen hiesigen Entwicklungsvorsprüngen blenden, denn es ist aus meiner Sicht egal, ob wir von einer, vielleicht etwas banalisierend gesagt, tragischen Beziehungstat sprechen oder vom Ehrenmord. Letztlich ist all diesen Dingen gemein, dass sie auf der höher geschätzten Würde eines Mannes im Vergleich zu einer Frau basieren, und das ist das Gemeinsame, das Verbindende und das gilt es, hier zu bekämpfen. Das können wir auf der Grundlage unserer Gesetze, unseres Rechts und indem wir diese Dinge offensiv vertreten und in den Integrationszentren den betroffenen Frauen und Männern zur Verfügung stellen. Dazu fordern wir Sie auf und dazu hätte ich gerne Ihre Unterstützung. – Danke.
Frau Dr. Lappe, vielen Dank, dass Sie uns heute noch einmal den globalen Aspekt Frauen und Gewalt vorgestellt haben. Ich glaube, das verbindet uns wirklich und dagegen wollen wir alle etwas tun.
Wir befinden uns allerdings in Hamburg und haben einen Antrag, der die Hamburger Situation betrifft. Auch dort sind wir uns einig, dass die Zahlen, die das Interventionszentrum herausgefunden hat, natürlich erschreckend sind und dass Frauen mit anderem kulturellen Hintergrund überdurchschnittlich von Gewalt betroffen sind. Das muss uns Ansporn sein, hier weiter tätig zu werden.
Es ist uns auch klar, dass es für Frauen mit anderem Hintergrund als Deutsche, wobei auch die viele Probleme haben, besonders schwierig ist, Beratungsangebote anzunehmen, wenn sie Gewalt in der Familie erfahren. Die GAL spricht hier insbesondere, nachdem wir das auch schon in der letzten Sitzung des Sozialausschusses besprochen haben, das Thema der Integrationszentren an und es geht Ihnen ja darum, wo das Thema angesiedelt werden soll. Sie waren auch bei der letzten Sitzung des Sozialausschuss und ich hatte den Eindruck, dass es weder die SPD noch die Grünen völlig ablehnen, dass künftig die fachliche Beratung in den Regeldiensten der Stadt Hamburg wahrgenommen wird. Es ist vielmehr die Frage, wie das verlagert wird und ob es am Ende auch kulturell kompetent gemacht wird; aber darauf werden wir auch achten.
Es geht aber darum, dass die Fachberatungen auch spezifischere Angebote machen können. Ich will daran erinnern, dass in der letzten Sitzung des Sozialausschuss auch gesagt wurde, dass der Landesaktionsplan zur Gewaltprävention kommen soll und die Sozialbehörde uns bald einen Vorschlag vorlegen wird, wie sie verfahren wird. Ich bin mir sicher, dass es vor dem Sommer 2006 sein wird, denn Sie haben gefordert, dass bis 2006 etwas zu dem Thema vorgelegt werden soll. Die Senatorin und der Staatsrat haben uns zugesagt, das Thema häusliche Gewalt weiter aufzuarbeiten und uns dann vorzustellen. Wenn es dann Defizite geben sollte, was Frauen mit Migrationshintergrund betrifft, können wir hier gerne noch einmal darüber diskutieren, aber diese Zeit sollten wir dem Senat geben. Allerdings werden wir auch nachfragen, wenn es nicht kommt, aber ich bin da sehr zuversichtlich.
Sie haben das Verfassungsgebot der Gleichstellung hier noch einmal genannt, als ob Sie der CDU sagen müssten, dass wir das auch ja ernst nehmen sollen. Natürlich nehmen wir das ernst, aber diese Frage wird in der ergänzenden Migrationsberatung schon erarbeitet und es wird mit den Ratsuchenden und Kursteilnehmern darüber gesprochen. Wir brauchen also im Integrationszentrum dazu keinen extra Leistungsbezug und wieder Geld dafür auszugeben, denn diese Dinge werden selbstverständlich in der ersten und auch in der nachholenden Migrationsberatung gemacht werden.
Um es kurz zu sagen: Wir sind genauso wie Sie gegen die häusliche Gewalt gegen Frauen. Und egal, woher sie kommen – deswegen gibt es auch keine Frauen erster und zweiter Klasse –, haben sie ein Anrecht darauf, dass wir unsere Maßnahmen auch weiterhin verbessern. Das haben wir in mehreren Sozialausschusssitzungen besprochen und sobald dieser Landesplan vorliegt, werden wir gegebenenfalls genau dieses Thema neu diskutieren, sollten Sie damit noch ein Problem haben. Deshalb werden wir den Antrag aber ablehnen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Machaczek, sich hinzustellen und zu sagen, die Zahlen seien erschreckend, wir müssten uns des Themas annehmen, es sei wirklich furchtbar, was da passiere, aber einfach abwarten zu wollen, was unser Senat so macht und das irgendwann in ein paar Jahren wieder auf die Tagesordnung zu setzen, unsinniger kann man gar nicht mehr miteinander debattieren.
Frau Lappe hat das Thema sehr genau dargestellt. Sie hätte es wahrscheinlich noch sehr viel intensiver machen können. Ich möchte an dieser Stelle nur drei Zahlen nennen, die schon eingängig sind. Es gibt verschiedene Untersuchungen – auch das ist bereits genannt worden – und ich denke, die Studie, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben wurde, hat wirklich sehr deutliche Zahlen hervorgebracht.
Wenn wir hören, dass Frauen bei uns seit dem 16. Lebensjahr körperliche Gewalt erleben und zum Beispiel Frauen, die türkischstämmig sind, dies mit 50 Prozent angeben, dann ist das eine erschreckend hohe Zahl, über die man nicht einfach hinweggehen kann. Bei den mehrheitlich Deutschen – das ist immer die Vergleichszahl – sind 37 Prozent auch nicht gerade eine Zahl, von der man sagen kann, es wäre alles wunderbar; die Zahlen sind einfach erschreckend hoch. 38 Prozent der Türkischstämmigen geben zum Beispiel an, Gewalt durch den Partner erlebt zu haben, übrigens auch 25 Prozent der anderen, hauptsächlich deutschen Untersuchten.
64 Prozent der Frauen, die von Gewalt betroffen sind, geben an, dass sie Verletzungsfolgen haben und 55 Prozent der Deutschen geben dies ebenfalls an. Da können wir doch nicht sagen, das debattieren wir einmal irgendwann.
Dieser Antrag – das müssten Sie schon zugestehen – würde eigentlich sehr wohl in unsere Ausschussarbeit passen, denn was machen wir zurzeit; Sie haben es selber angesprochen. Wir debattieren die Arbeit der Integrationszentren aufgrund der Großen Anfrage der SPD. Wir sind beim letzten Mal damit nicht fertig geworden und wollen dies weiterführen.
Sie haben das soeben auch angesprochen. Meine Wahrnehmung unserer Reaktionen war eine etwas andere, als die, die Sie gerade beschrieben haben. Wir haben immer wieder hinsichtlich der Beratungen in den Integrationszentren nachgefragt. Zum einen wird dann erklärt, dass eine Sozialberatung eigentlich überhaupt nicht stattfinden beziehungsweise die Beratung grundsätzlich zurückgefahren werden soll und zum anderen sagen Sie soeben selber, dass die Regeldienste das übernehmen können.
Daraufhin haben wir nachgefragt: Wer sind eigentlich diese Regeldienste? Wie sieht deren Personaldecke aus? Über die allgemeinen sozialen Dienste haben wir hier schon debattiert. Wer soll denn das dort noch zusätzlich machen? Dann muss man dort aufstocken und auch noch einmal darüber nachdenken, wer eigentlich in unserer Stadt kompetent ist.
Die GAL macht hier den Vorschlag, dass man Menschen in den Integrationszentren hat, die verschiedene Sprachen sprechen und bei denen sich sehr viel Kompetenz bündelt, weil sie tagtäglich mit diesen Themen zu tun haben. Dort kommen Frauen hin, die ein sehr niedrigschwelliges Angebot vorfinden.
Das heißt, wir sprechen nicht über diejenigen meist gebildeten und ökonomisch unabhängigen Frauen, die sich alles selbst zusammensuchen können, sondern wir reden vom Gegenteil. Und für diese Frauen benötigen wir entsprechende Angebote, dass sie eine Anlaufstelle haben, wo man sie fachkundig berät und natürlich auch fachkun
dig dann weiter verweisen kann. Aber zunächst einmal müssen sie fachkundig beraten werden und daher muss das auch jetzt debattiert werden.
Es gibt noch einen gemeinsamen von der SPD initiierten Antrag, den Sie dankenswerterweise auch mitgetragen haben. Wir haben gemeinsam einen Antrag gegen Zwangsverheiratung eingebracht, um das nochmals in Ihr Gedächtnis zu rufen. Auch das wird in der nächsten Woche debattiert. Ich meine sogar, das auf der Tagesordnung gesehen zu haben. Das hatte im August schon einmal auf der Tagesordnung gestanden. Seinerzeit hat die Behörde um etwas Zeit gebeten. Das haben wir alle gern getan und jetzt soll hierüber Auskunft gegeben werden.
Frau Özoguz, ich muss Sie an dieser Stelle leider unterbrechen, aber es ist mal wieder zu laut. Ich bitte um etwas mehr Ruhe im Raum. Frau Özoguz, bitte.
Wir sprechen über Integrationszentren. Wir sprechen bereits über diese Geschichten, die mit Zwangsverheiratung zu tun haben, und jetzt kommt ein Antrag hinzu, die häusliche Gewalt noch aufzunehmen,
denn das gehört unmittelbar zusammen. Lasst uns das hier gemeinsam debattieren. Der Antrag heißt: Lasst uns das debattieren. Warum um alles in der Welt weigert sich die CDU, diese Debatte im Ausschuss aufzunehmen. Das ist völlig unerklärlich.
Ich kann eigentlich nur zusammenfassen: Denken Sie noch einmal darüber nach! Hier geht es um eine inhaltliche Auseinandersetzung. Sie müssen heute gar nicht sagen, dass Sie etwas annehmen. Der Antrag besagt, dass wir das inhaltlich debattieren wollen.
Ich möchte schon noch erwähnen: Wenn Sie einfach etwas hier von der Tagesordnung wischen und sagen, dass Sie sich hiermit gar nicht befassen wollen, dann ist das eine Aussage, die ungefähr besagt, dass Sie gegenüber Opfern und Frauen ignorant sind und Sie das nicht betrifft, was dort passiert. Es ist ein Selbsteingeständnis, dass Sie überhaupt nicht dazulernen wollen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern noch zwei oder drei Sachen ergänzen. Frau Machaczek, Ihre Begründung, das abzulehnen, ist natürlich genauso gut eine Begründung, hier zuzustimmen. Wenn Sie sowieso schon Ähnliches vorhaben,