Protocol of the Session on September 29, 2005

Ich glaube, dass ich das Wort "speiübel" benutzt habe, ist nicht so schlimm.

Ich werde das auch begründen. Herr Lühmann, Sie erwecken mit Ihren Anfragen und mit Ihrer Pressekonferenz tatsächlich den Eindruck, als ob dieser Senat dafür verantwortlich ist, wenn sich Radfahrer nicht an rechtliche Vorschriften halten. Das kann ich nicht akzeptieren und möchte Ihnen das gern belegen.

Sie schreiben in Ihrer Pressemitteilung – Radfahrer ausgebremst! Ergebnisse der Großen Anfrage zum Radverkehr –:

"Die Erwähnung polizeilicher Kontrollen hinsichtlich der Großen Anfrage als Fördermaßnahme muten etwas eigentümlich an!"

Hierzu könnte man vielleicht fragen, ob Sie keine polizeilichen Kontrollen mögen. Aber wenn man dann auch noch die Frage unter Punkt 12.2 Ihrer Großen Anfrage liest:

"Wie bewertet der Senat die daraus möglicherweise resultierende Unfallgefahr, wenn Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer vermehrt dazu neigen könnten, nicht mehr an jeder Kreuzung Grün anzufordern, sondern bei Rot zu fahren?",

dann erwecken Sie mit Ihren Fragen tatsächlich den Anschein, als ob Sie dafür Verständnis haben, wenn Menschen mit ihren Fahrrädern bei Rot die Fahrbahn

überqueren und sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten. Was würde das umgekehrt bedeuten, wenn wir sagen würden, dass die Autofahrer zu lange Rot haben? Haben wir dann Verständnis dafür, dass die Autofahrer dann bei Rot über die Ampel fahren? Auch das ist nicht akzeptabel und das kann in keiner Weise hingenommen werden.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Manuel Sarrazin GAL)

Dafür haben wir kein Verständnis. Ich glaube auch, dass es richtig ist, dass sich die Verkehrsteilnehmer an Recht und Ordnung halten.

Ich komme zum letzten Punkt, zur Radwegebenutzungspflicht. Wer war dafür bis zum Jahre 2001 verantwortlich? Die Radwegebenutzungspflicht ist am 1. Oktober 1998 geändert worden. Es ist nichts geschehen, Sie haben in Hamburg nichts veranlasst, um auf diese geänderte Straßenverkehrsordnung einzugehen. Was haben Sie gemacht? Sie haben Schilder zur Radwegebenutzungspflicht über die ganze Stadt verteilt aufgebaut, bestehende Rechte von Radfahrern ignoriert und statt dessen Millionen von Euro für Poller oder für unnötige Radwege schlechter Qualität ausgegeben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie hätten sich lieber um die Umsetzung der geänderten StVO in Hamburg kümmern sollen. Aber zu diesem Zeitpunkt hatten Sie in Ihrer Fraktion noch keinen Experten.

Ich war sehr überrascht, als ich vor kurzer Zeit die "ADFC Radwelt" gelesen habe, denn darin wurde der Kollege Till Steffen lobenswert erwähnt. Warum wurde dies getan? – Weil er mit Erfolg gegen die von Rotgrün angestrebte und auch umgesetzte Radwegebenutzungspflicht am Heussweg gekämpft und mit seiner Meinung für den ADFC rechtlich gesiegt hat. Das heißt, hier hat ein grüner Abgeordneter das bekämpft, was eine rotgrüne Regierung damals mit Erfolg umgesetzt hat. Herzlichen Glückwunsche, Herr Dr. Steffen! Das war eine Meisterleistung.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden, was dieses Thema angeht, jetzt Ihre Suppe auszulöffeln haben und in Einzelfallprüfungen weitere Straßen untersuchen müssen. Wir werden auch prüfen, auf welchen Straßen durch verstärkte Anwendung von Radfahr- und Schutzstreifen, die auf der Fahrbahn markiert werden können, sicherer und zügiger gefahren werden kann.

Das wird aus meiner Sicht natürlich etwas dauern, aber ich glaube, dass man dort eine kostengünstige Verbesserung des Radverkehrs erreichen kann. Mir bleibt als Resümee dieser Rede nur zu sagen: Dieser Senat hat bereits eine Menge für die Radfahrpolitik getan. Wir haben sehr viel Murks von Ihnen übernommen, sind aber auf dem richtigen Weg, um günstige und intelligente Maßnahmen für mehr und besseren Radverkehr in Hamburg zu treffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Gesine Dräger SPD: 20 Mi- nuten und ein Argument!)

Frau Timmermann, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hesse, auch mir war

bei dem, was Sie uns hier geboten haben, streckenweise speiübel.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Mit Lautstärke macht man nicht deutlich, dass man Recht hat. Es war meines Erachtens streckenweise unerträglich, in welcher Art und Weise Sie uns etwas vorgegrölt haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ich möchte bei diesem Thema zu mehr Sachlichkeit zurückkommen, weil es das Thema auch wert ist, sachlich und nicht mit einer derart überladenen Emotion behandelt zu werden.

Ich möchte am Anfang etwas richtig stellen. Es mag möglich sein, dass es Ihnen nicht gefällt, dass zu Zeiten von Rotgrün im Jahre 2001 in die Förderung des Radverkehrs noch 4,4 Millionen investiert wurden. Selbst wenn Sie den Bau der Velorouten mit einem Finanzvolumen von 2,2 Millionen Euro abziehen, bleiben – im Gegensatz zu den heutigen 200 000 Euro, die Sie für die Förderung des Radverkehrs ausgeben – immer noch 2,2 Millionen Euro nach. Von daher muss man alles das, was Sie hier gesagt haben, inhaltlich nicht mehr diskutieren; die Zahlen sprechen für sich.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Vielleicht können wir uns jetzt dem Thema Radfahren in Hamburg sachlich nähern. Welche Priorität dem Thema Radfahren in dieser Stadt eingeräumt wird, wurde hier in den vergangenen Monaten immer wieder angesprochen.

In allen Diskussionen wurde darauf hingewiesen, dass dem Umgang mit den berechtigten Interessen der Radfahrer nach sicheren und befahrbaren Radwegen nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen wird. Die vorliegende Große Anfrage der GAL-Fraktion macht deutlich, dass der CDU-Senat eine aktive Förderung des Radverkehrs nur bedingt betreibt. Seine erste Priorität liegt in der Förderung des Autoverkehrs. Mittel für den Radverkehr werden auf ein nicht mehr hinnehmbares Minimum reduziert. Von einer gleichrangigen Verkehrspolitik ist dieser Senat sehr weit entfernt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich habe schon darauf hingewiesen, dass Rotgrün den Radverkehr noch mit 4,4 Millionen Euro gefördert hat, bei Ihnen jetzt nur noch 200 000 Euro verblieben sind, die Bezirke überhaupt keine Mittel mehr bekommen und man sich nicht wundern muss, dass überall in der Stadt Hinweisschilder stehen, die auf die schlechte Radwegequalität aufmerksam machen.

Zwar ist ein fließender Straßenverkehr für eine Metropole wie Hamburg notwendig und wünschenswert, dazu gehört aber auch, dass die Belange anderer, nicht motorisierter, Verkehrsteilnehmer gleichermaßen gefördert und berücksichtigt werden. Das ist in den vergangenen Jahren von diesem Senat auf alle Fälle nicht passiert.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Man könnte den Eindruck haben, dass für Sie Fahrradfahren nur etwas mit Freizeitgestaltung zu tun hat.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Für mich persönlich: Ja!)

Das kann ich mir vorstellen.

Dass das Fahrrad aber für immer mehr Menschen zum Verkehrsmittel geworden ist und viele Kinder und auch Jugendliche das Fahrrad benutzen, um die Schule zu erreichen, hat dieser Senat anscheinend nicht realisiert. Es reicht nicht, sich nur um die Interessen der Fußgänger und Fahrradfahrer zu bemühen, sondern es müssen viel mehr konkrete Maßnahmen in Angriff genommen werden.

Herr Lühmann hat darauf hingewiesen, dass Hamburg die fahrradunfreundlichste Großstadt ist. Ein solches Ergebnis können Sie nicht ignorieren. Sie wollen die wachsende Stadt und das Einzige, was hier wächst, ist unter anderem das Desinteresse an Fahrradfahrern und an den Belangen der Fußgänger.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die Stellungnahme des ADAC hinweisen, der eher zu Ihnen als zu der Sozialdemokratie eine größere Nähe hat.

(Michael Neumann SPD: Da kann der ADAC ja nichts für!)

Darin konnte man lesen, dass der Radverkehr in Hamburg nicht vernachlässigt werden dürfe, es würden Ziele, Umsetzungskonzepte und Zeithorizonte fehlen, dass die Finanzierungen nicht definiert seien und dass konkrete Maßnahmen benannt werden müssten. Der ADAC hat Recht.

(Beifall bei der SPD)

Im Sommer konnten wir der Presse entnehmen, dass der Senat im Rahmen eines Maßnahmenpaketes die Familien stärken und in diesem Zusammenhang im Jahr 2006 ein Programm für die Verbesserung von Radwegen im Bereich von Schulen in Höhe von 2 Millionen Euro auflegen will. Wofür diese Mittel genau verwendet werden sollen, wer das Programm erarbeitet und umsetzt, ist zwar noch unklar. Es ist aber trotzdem ein Hoffnungsschimmer am Horizont und vielleicht als ein Umdenken zu werten, dass Sie tatsächlich mehr für die Förderung des Radverkehrs tun wollen. Hoffentlich folgen diesem Schritt noch viele weitere, sodass wir in Zukunft das Gefühl haben, dass Ihnen die Radfahrer wirklich am Herzen liegen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat jetzt Senator Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Fahrradfahren ist etwas Schönes. Ich freue mich auch, wenn dies hier im Hause propagiert wird. Herr Lühmann, besonders drollig ist für mich die Sicht der Grünen. Ich erinnere mich aus meiner Parlamentarierzeit, dass es Vorstöße von der GAL gab. Als Sie noch nicht mit regierten, wurden von Ihnen Dienstfahrräder für Spitzenpolitiker gefordert.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Das änderte sich schlagartig, als die GAL in den Senat einrückte. Das Erste, was die GAL-Senatsvertreter machten, war, dass sie mit einem Dienstwagen vom Hof gefahren sind. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der CDU)

Ich erinnere viele grüne Politiker, die mit Diensthubschraubern durch die Gegend fliegen.