Protocol of the Session on September 29, 2005

(Beifall bei der CDU – Gesine Dräger SPD: Sie sollen doch nicht so schreien!)

Zu Ihrer Frage zu den finanziellen Aspekten, Herr Sarrazin: Verbesserungen der Radverkehrsanlagen werden nicht nur – das wissen Sie auch – aus dem Titel "Förderung des Radverkehrs" erzielt, sondern grundsätzlich auch bei Investitionsmaßnahmen aus anderen Titeln wie zum Beispiel Grundinstandsetzung, Unfallstellenbeseitigung, Erschließung oder Neu-, Um- oder Ausbau von Straßen. Die Verbesserung der Radverkehrsanlagen ist dort zwar nicht Auslöser der Maßnahmen, aber die vorliegenden Mängel, die an Radwegen festgestellt werden, werden dort beseitigt. Auch das ist Geld, das in Radwege fließt. Auch das muss hier einmal erwähnt werden.

(Beifall bei der CDU)

Hamburg hat – das bedaure ich wirklich – heute leider nicht mehr die finanziellen Mittel, um die verfehlte Fahrradpolitik der letzten Jahrzehnte zu korrigieren und dort etwas zu erneuern. Sie haben es, liebe Kolleginnen und Kollegen, jahrzehntelang versäumt, Hamburger Radwege instand zu halten. Sie haben lieber viele neue und billige Radwege gebaut, haben sich bei irgendwelchen Festen dafür feiern lassen, aber Rücklagen oder Ähnliches haben Sie nie gebildet. Da haben Sie einfach gesagt, die bräuchten Sie nicht, das würde irgendwann schon jemand bezahlen. Deswegen sind die Radwege so schlecht.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Manuel Sarrazin GAL – Glocke)

Herr Sarrazin, ich rufe Sie zur Ordnung.

– Was hat er denn Schlimmes gesagt?

Er hat ständig dazwischengerufen.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Der Franz Josef Strauß der GAL!)

– Ich fand das nicht so schlimm. Aber gut, wenn die Präsidentin, das meint …

(Glocke)

Ich weiß, Herr Hesse, dass Sie das mögen. Aber ich habe hier für Ordnung zu sorgen, wenn ich den Eindruck habe, dass es aus dem Ruder läuft, und nicht, wenn Sie das denken. Bitte fahren Sie fort.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wieso hat er eigentlich einen grünen Schlips um?)

Kommen wir jetzt zum ADFC-Klimatest. Das war der große Anfang von Herrn Lühmanns Rede, als er sagte, wie schlimm das alles in Hamburg sei und der ADFC-Klimatest habe uns das bewiesen. Schauen wir doch einmal, was der ADFCKlimatest genau gesagt hat. Der ADFC-Klimatest hat für alle Großstädte einen Wert knapp unter 4,0 gehabt. Berlin liegt sogar bei 4,09, Köln bei 4,14. Ich will unser Ergebnis nicht schön reden. Aber dieser Senat ist auch dafür nicht verantwortlich.

Zu Münster zum Beispiel stand in der "Hamburger Morgenpost" vom 13. September 2005 – Herr Reschreiter sitzt, glaube ich, noch dort oben:

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Nicht herumschleimen, hier!)

"'Aber wir machen das kontinuierlich seit 20 Jahren', so Stephan Böhme vom Stadtplanungsamt. Und so liegt in Münster der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehrsaufkommen bei 35,1 Prozent."

Das ist Politik, die man langfristig macht. Wenn man den Anteil der Radfahrer langfristig erhöhen möchte, muss man auch langfristige Radfahrerpolitik machen

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Das muss man mal machen!)

und darf sich hier nicht hinstellen und behaupten, seit 2001 sei dieser Senat dafür verantwortlich. Das haben Sie in Ihrer Zeit weder angestoßen noch getan.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, die Sie sich hier so aufregen: Ich hätte ja zu gern auch einen Fahrradklimatest aus dem Jahr 2001 vorgelesen, um zu sehen, wie schlimm es wirklich geworden ist, denn das behaupten Sie ja. Ich habe leider nur einen aus dem Jahre 1991 gefunden. Dort hatte Hamburg die Note 4,76. Ich weiß gar nicht, wer damals hier regiert hat. Wir waren es nicht.

Zu den Geburtsfehlern des Radwegenetzes und der Verantwortlichkeit habe ich ja bereits einiges gesagt, auch dass wir die Fehler der Vergangenheit nicht korrigieren können. Dass Sie sich jedoch, lieber Kollege Lühmann, hier hinstellen und sagen, dieser Senat und diese CDU solle das Geld in die Hand nehmen, das Sie zu dem Zeitpunkt, als es noch zur Verfügung stand, nicht in die Hand nehmen wollten, – das ist, glaube ich, noch nicht eines Ordnungsruf würdig – ist frech und geradezu unverschämt.

(Beifall bei der CDU)

Ihre heute vorgetragenen Wünsche und Träume sind in Hamburg nicht mehr finanzierbar. Ich sage aber ganz eindeutig: Wir wollen auch vieles von dem, was Sie hier angesprochen haben, gar nicht finanzieren. Ich spreche damit gern einen Punkt an, aus dem sich Widersprüche ergeben.

Stichwort verkehrsadaptive Lichtsignalanlagen, die Schlauampeln. Senator Dr. Freytag hat – das wissen wir alle; dieses Projekt wird jetzt erweitert – am Ring 2 so genannte Schlauampeln eingeführt, die für die Autofahrer den Verkehr flüssiger gestalten sollen. Das will die CDU

Fraktion, das unterstützen wir und haben dies schon gefordert, als wir noch in der Opposition waren. Aber Sie – hier beziehe ich die SPD ausdrücklich mit ein – haben es nie gewollt und auch nicht gemacht. Ich warte schon auf Ihren Beitrag, wenn Sie, Frau Timmermann, sagen, dass Sie das alles nicht wollen, was auf dem Ring 2 hinsichtlich der computergesteuerten Ampeln passiert. Das wäre ehrlich.

(Gesine Dräger SPD: Sie brüllen so!)

Stattdessen versteckt sich die SPD hinter dieser Frage und Herr Lühmann sagt hier, dass die Radfahrer jetzt Grün anfordern müssten.

(Glocke)

Lassen Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Gregersen zu?

Danke, Herr Hesse.

Für wen wird der Verkehr durch Ihre Schlauampeln denn schneller fließen? Für den Autofahrer oder für den Radfahrer? Meiner Meinung nach ist es so, dass der Radfahrer …

(Glocke)

Fragen sind keine Meinungen.

Sie können sich gleich melden, wenn Sie mit mir debattieren wollen. Aber ich beantworte Ihre Frage trotzdem, ohne dass Sie noch einen Satz dazu sagen.

Es ist eine Selbstverständlichkeit, Frau Gregersen. Wir bringen computergestützte Ampelanlagen an, damit dort der Verkehr für die Wirtschaft, aber auch für den Individualverkehr auf der Straße besser fließt. Wir wollen leistungsstarke Hamburger Ringstraßen und dafür nehmen wir auch in Kauf, dass der eine oder andere Radfahrer an der Ampel Grün anfordern muss und nicht – wie bisher – die Grüne Welle hat. Uns ist ein leistungsstarker Verkehr auf dem Ring wichtiger. Deswegen sind computergestützte Anlagen auf dieser Ringstraße auch notwendig und wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Durch diese Maßnahme, lieber Kollege Lühmann, geht der Radverkehr auch nicht kaputt, sondern wir würden im Zweifelsfall nur den gesamten Verkehr schädigen, wenn wir das, was Sie an den verkehrsadaptiven Signalanlagen bemängeln, nicht machen würden. Das wollen wir auf keinen Fall.

Herr Kollege Lühmann hat die Hamburger Straße angesprochen. Ich bin geradezu dankbar für diese Vorlage, denn die Hamburger Straße ist ein Beispiel dafür, wie unser Senat intelligente Fahrradpolitik mit Sicherheit und gesteigertem Verkehrsfluss kombiniert. Ich möchte nicht aus der Großen Anfrage oder aus meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage zitieren; das hat Kollege Lühmann dankenswerterweise vorhin schon getan.

Es bleibt eigentlich nur noch festzuhalten, dass wir erkannt haben, dass eine frühere Maßnahme – für die wir nicht verantwortlich sind – zur Unübersichtlichkeit und zu einem sehr tragischen, tödlichen Unfall an dieser Stelle geführt haben.

(Ingrid Cords SPD: Was soll das denn?)

Die Unfallkommission der Behörden für Inneres und für Stadtentwicklung und Umwelt haben sich mit dieser Thematik sehr intensiv beschäftigt und festgestellt, dass dort sowohl von der Stadtentwicklungsbehörde als auch von anderen Stellen Baumaßnahmen geplant sind. Die Lösung war, dass die Baumaßnahmen so kombiniert werden, damit die Maßnahmen zur Steigerung des Verkehrsflusses erfolgreich sind und trotzdem mehr Sicherheit für Radfahrer gewonnen werden kann. Das ist eine intelligente Politik nicht nur für den Individualverkehr, sondern auch für Radfahrer. Für diesen Vorschlag gebührt der behördenübergreifenden Unfallkommission ein großer Dank. Ich hoffe, dass das auch so umgesetzt wird.

(Beifall bei der CDU)

Herr Lühmann, ich komme zum vorletzten Punkt, zu den Verkehrsverstößen. Auch dazu hat die CDU eine ganz klare Position. Die CDU begrüßt ausdrücklich die längst überfälligen Sonderaktionen der Hamburger Polizei bei Radfahrverstößen in Hamburg in den letzten Tagen. Denn das – wenn man sich einmal anschaut, wie sich Radfahrer im Straßenverkehr verhalten – reduziert Unfälle, Herr Lühmann. Das deckt sich auch mit den Meinungen und Einschätzungen vieler Hamburgerinnen und Hamburger, die nämlich auch die schwarzen Schafe unter den Radfahrern sehen.

Wenn ich sehe, wie Sie, Herr Lühmann, und die GAL mit diesem Thema umgehen, wird mir speiübel.

(Zurufe von der GAL)

Ich glaube, dass ich das Wort "speiübel" benutzt habe, ist nicht so schlimm.