Die politische Debatte war nicht gewollt. Nachfragen zu diesem zweistündigen Bericht wurden in der Regel mit dem Verweis, dass alles gesagt worden sei und es nichts mehr zu sagen gebe, zurückgewiesen. Deswegen bin ich ein bisschen gespannt, wie sich die heutige Debatte entwickeln wird.
Um Ihnen aber im Voraus das Lesen der 105 Seiten zu ersparen, bringe ich Sie in einer Kurzfassung zu dem Punkt, wo es um Politik geht. Und es geht um Politik bei dieser Fahndungsaktion. Ich fasse also kurz zusammen:
Aufgrund einer Aussage eines Zeugen wurden am späten Abend des 24. August polizeiliche Maßnahmen eingeleitet, die in der Nacht um 3 Uhr bis zum nächsten Morgen ausgesetzt wurden. Dafür wurde inzwischen ein Bauernopfer gefunden und versetzt. Um 13 Uhr des nächsten Tages wurde die Glaubwürdigkeit des Zeugen bestätigt, gleichzeitig wurde aber auch nicht von einer Anschlagsgefahr ausgegangen. Das steht wörtlich auf Seite 25/26 des Berichts.
Auf der Seite 26 steht auch, dass es das polizeiliche Ziel war, eine schnellstmögliche Identifizierung der vom Zeugen bezeichneten Personen zu erhalten. Ich wiederhole es noch einmal: Von einer konkreten Anschlagsgefahr wurde nicht ausgegangen. Der Senator wird im Übrigen auch so aus der am Abend stattfindenden Pressekonferenz zitiert. Um 17.30 Uhr – der Senator war anwesend – wurde beschlossen – weil Gefahr im Verzug gewesen sei –, eine öffentliche Großfahndung nach drei Tatverdächtigen einzuleiten.
An dieser Stelle, Herr Senator, möchte ich natürlich wissen, was Sie dazu bewogen hat, eine Großfahndung einzuleiten. Wieso war Gefahr im Verzuge, wenn gar keine Anschlagsgefahr bestand? Das sind Fragen, die Sie beantworten und die uns auch weiter beschäftigen müssen. Wir haben möglicherweise – ohne dass das jemand hofft, aber niemand kann es ausschließen – ähnliche Einsätze vor uns. Genau an der Stelle beginnt die Politik.
Großfahndung bedeutet nämlich, dass das geschieht, was wir selbst zum Teil auf der Straße erlebt haben: Es wurden tausende von Menschen kontrolliert, sie wurden gefragt, wohin sie wollen, sie mussten sich ausweisen, es wurden Taschen durchsucht. Es werden – um es ganz einfach zu formulieren, denn so stand es auch in den Zeitungen – arabisch aussehende Männer verdächtigt. In allen Zeitungen wurde diese Fahndung unter der Überschrift "Terrorfahndung" bezeichnet. Hier hätte man – wenn man es gewollt hätte – in der Pressekonferenz etwas anderes signalisieren können.
Es gab – um es noch einmal zu sagen – keinen Anschlagsverdacht. Die Staatsanwaltschaft hat auch keine Fahndung veranlasst, sondern Sie haben diese eingeleitet und sich dabei auf das Polizeigesetz bezogen. Auch das steht in der Chronologie. Das war unverhältnismäßig, Herr Senator.
Damit sind wir natürlich immer bei der Diskussion Freiheit gegen Sicherheit, Sicherheit auf Kosten der Freiheit. Das sind große Worte und hat viel mit den Grundbestandteilen unserer Gesellschaft zu tun. Ich glaube, wir müssen dieses immer wieder politisch hinterfragen. Wir sollten uns alle auf diese politische Debatte einlassen, nicht gerade bei dem Thema Terrorverdacht oder Gefahr eines Terror
anschlages leise werden und nicht mehr öffentlich darüber streiten, ob die Maßnahmen angemessen sind oder nicht.
Es gibt natürlich auch einen anderen Aspekt. Die Darstellung der verschiedenen polizeilichen Maßnahmen – ab der Meldung des Zeugen – lassen viele umständliche Entscheidungswege erkennen. Man könnte sagen, das sei typisch hanseatisch, eigenbrötlerisch und es werde zunächst einmal mit Bordmitteln reagiert. Nicht nur der Verfassungsschutz, vor allem auch die Bundesbehörden sind viel zu spät informiert worden. Der Verfassungsschutz ist zum Beispiel nicht in die Bewertung des Zeugen einbezogen worden. Auch das finden Sie in der Chronologie.
Das ist nicht das Problem einzelner Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, sondern der polizeilichen, aber vor allem der politischen Führung. Die eingesetzten Kräfte können – wie beispielsweise beim Sturmflutschutz – nur so gut sein wie das Konzept. Dafür tragen Sie die politische Verantwortung.
Die SPD hat einen Antrag vorgelegt und möchte eine Schwachstellenanalyse. Ich glaube, das ist der richtige und notwendige Einstieg. Wir werden dieses unterstützen.
Mein Fazit aus dem, was wir bis jetzt über die Chronologie dieses polizeilichen Großfahndungseinsatzes wissen:
Erstens: Wenn es wirklich die Gefahr eines Anschlages gegeben hätte, dann wären die eingeleiteten Maßnahmen für die Sicherheit der Stadt nicht ausreichend gewesen.
Zweitens: Wenn aber die Gefahr eines Anschlages gar nicht bestand, dann waren die Maßnahmen unverhältnismäßig und die öffentliche Panikmache ohne Not.
Und das alles – wie bei dem schon damals etwas merkwürdigen Antiterroreinsatzes am Bundeswehrkrankenhaus vor der Bürgerschaftswahl – geschah ein paar Tage vor der Bundestagswahl. Sie können jetzt protestieren und sagen, dass diese Unterstellung wieder typisch für die GAL sei, aber streiten Sie bitte politisch mit uns. Gehen Sie ein auf die Fragestellungen; das fehlt bisher. Die CDU, aber vor allem der Senator, verstecken sich hinter dem Bericht des Polizeivizepräsidenten. Sie verteidigen noch nicht einmal politisch die Maßnahmen der Polizei. Hoffentlich darf der Antiterrorkoordinator wenigstens jetzt seine konzeptionelle Arbeit tun.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, der Beginn dieser Debatte – gerade auch der Beitrag von Frau Möller – hat gezeigt, dass in den vergangenen Tagen über kaum ein anderes Thema so viel Unsinn geredet worden ist, wie über den Polizeieinsatz vom 25. August.
Dies geschah leider auch von Mitgliedern dieses Hauses und leider offensichtlich auch – damit meine ich aus
drücklich nicht Sie, Frau Möller – aus Gründen des Wahlkampfes und aufgrund einer übersteigerten Profilneurose eines einzelnen Abgeordneten.
um damit parteipolitische Possenspiele zu betreiben. Deshalb lassen Sie mich nach der Aufarbeitung der Fakten im Innenausschuss Folgendes feststellen:
Erstens: Der Einsatz war nicht nur verhältnismäßig, sondern er war dringend geboten. Die Polizei war mit einem ernst zu nehmenden und schwerwiegenden Verdacht konfrontiert worden und musste auf der Basis dieses Kenntnisstandes alles tun, um einen möglichen Anschlag zu verhindern. Wer dies bestreitet, Frau Möller, gefährdet die Sicherheit unserer Stadt.
Der Maßstab für die Bewertung – das muss doch jeder vernünftig Denkende einsehen – muss die Erkenntnislage des 25. August sein und nicht das, was wir vier Wochen später wissen. Nur so ist eine seriöse und auch politische Aufarbeitung möglich, der wir uns nicht verschließen wollen.
Das gefällt Ihnen vielleicht nicht. Vor zwei Stunden haben Sie noch gesagt, dass Ihnen die öffentliche Meinung heilig sei. Hören Sie sich jetzt einmal an, wie die öffentliche Meinung lautet.
"dass die Hamburger Bevölkerung in Ihrer Mehrzahl diesen Tribut ihrer Polizei gern gegeben haben. Denn sie konnte dabei beobachten, dass sie sich auf ihre Sicherheitshüter verlassen kann. Das war nicht immer so,
Diese Einsicht und Vernunft, die die Menschen in Hamburg in der Bewertung dieses Polizeieinsatzes gezeigt haben, würde ich mir auch von den Abgeordneten der Opposition wünschen.