Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Zuckerer, als ich Ihren Antrag las, habe ich ein wenig im Kalender geblättert und geschaut, in welcher Jahreszeit wir uns eigentlich befinden. Für den Wahlkampf – das hat schon der Kollege Goldberg gesagt – kam er zu spät, für den Karneval ist es noch viel zu früh und bis zum 1. April ist es noch ganz lange hin. Aber ganz offensichtlich lassen Sie keine Gelegenheit aus, um sich mit irgendwelchen substanzlosen Anträgen lächerlich zu machen.
Das Thema LBK – das haben wir eben sehr deutlich gehört und hier gebe ich sogar Herrn Zuckerer Recht – ist eigentlich viel zu ernst,
um es in dieser – ich sage es wirklich einmal – lächerlichen und an den Haaren herbeigezogenen Form zu diskutieren.
Wir reden über ein Unternehmen, das unter Ihrer Ägide in eine Situation gebracht worden ist, in der Verbindlichkeiten in Höhe von fast einer Milliarde Euro aufgehäuft worden sind. Und Sie erdreisten sich, heute einen derartigen Antrag zu stellen.
Kollege Goldberg und auch Senator Peiner haben Sie über die finanziellen Aspekte noch einmal deutlich aufgeklärt. Mein Eindruck ist, dass Sie sich von Tatsachen nicht belehren lassen. Trotzdem will ich noch einmal versuchen, Ihnen ein bisschen Nachhilfeunterricht zu erteilen.
Erstens: Unverantwortliches Verhalten der LBKGeschäftsführung. Unverantwortlich ist Ihr Vorgehen, indem Sie permanent die Patienten, die Mitarbeiter und die Bürger dieser Stadt verunsichern, täuschen, mit irgendwelchen Finten versuchen, ein sich hinterm Ofen befindliches Thema wieder hervorzuholen, das es in dieser Form überhaupt nicht mehr gibt.
Herr Marx hat vorhin darauf hingewiesen, dass der Verkauf einer LBK-Klinik zu kritisieren ist; das steht auch in Ihrem Antrag. Hätten Sie sich einmal die Mühe gemacht, ein bisschen nachzuforschen, dann wüssten Sie ganz genau, dass der Verkauf einer Klinik von Anfang an Vertragsbestandteil gewesen ist. Es war nicht unsere Entscheidung, dass das Kartellamt dieses Verfahren ein wenig beschleunigt hat. Eindeutig klar ist aber, dass eines der Häuser verkauft oder ein bestimmtes Umsatzvolumen herausgelöst werden sollte. Hätten Sie sich die Mühe gemacht, die 500 Seiten dieses Vertrages zu lesen, wüssten Sie das. Das wäre natürlich schwieriger gewesen, als zu polemisieren. Aber Sie haben es trotzdem getan.
Dann ist in Ihrem Antrag darauf hingewiesen worden, dass ein Ausstieg aus dem Tarif des öffentlichen Dienstes vorgesehen sei. Sie müssen einmal in die anderen
Bundesländer schauen. Dann werden Sie feststellen, dass dies kein Hamburger und kein LBK-Phänomen ist, sondern das passiert mittlerweile in allen Bundesländern. In einem Punkt gebe ich Ihnen allerdings Recht: Es gibt Gott sei Dank kaum noch SPD-Gesundheitsminister. Sie haben also wenig Gelegenheit, sich entsprechend zu informieren.
Dass es so ist, ist das Ergebnis einer Gesundheitspolitik, die Sie im Bund zu verantworten haben und die nach dem System betrieben wird, dass man einen löchrigen Eimer dadurch repariert, indem man von oben Wasser nachgießt. Das ist ein System, das Sie zementieren wollen, wenn die Art von Bürgerversicherung, die Sie propagiert haben, tatsächlich eingeführt würde.
Dass der LBK bei der Kündigung der Tarifverträge nicht so schrecklich falsch liegt, können Sie an einer kleinen Anekdote sehen: Zum Beispiel hat der Marburger Bund, die Vertretung der Ärzte – sozusagen die Ärztegewerkschaft – die Tarifgemeinschaft mit Ver.di gekündigt, weil er der Meinung ist, dass ohne Ver.di viel vernünftigere und krankenhausspezifischere Verträge zu Stande kommen als beim jetzigen System.
Das ist richtig, wir reden hier über finanzielle Risiken. Ohne die Privatisierung hätte die Stadt Hamburg nämlich das finanzielle Risiko gehabt, jedes Jahr 60, 70, 80 Millionen Euro aus eigener Kraft zuzubuttern. Das Geld haben wir nicht, das wissen Sie.
Das ist Geld – das wissen Sie, Herr Kerstan –, das wir auch nicht hätten zahlen dürfen, denn in Zeiten von Fallpauschalen hätte uns das europäische Recht sehr schnell einen Riegel vorgeschoben, wenn staatliche Krankenhäuser einseitig zu Lasten des Wettbewerbs begünstigt beziehungsweise subventioniert werden.
Dann wird darin über eine Rückabwicklung gesprochen. Das ist von der Sprache her schon sehr verräterisch, denn Abwicklung bedeutet bei uns Einstellen. Irgendwann hätten wir uns wirklich über kurz oder lang, wenn wir nicht teilprivatisiert hätten, die Frage nach einer Einstellung stellen müssen.
Wir wollten den Krankenhausstandort Hamburg sichern und die finanziellen Risiken minimieren. Das ist uns gelungen. Die Privatisierung sichert die Hamburger Krankenhäuser weiterhin auf hohem Niveau. Fallpauschalen und Wettbewerb hätten neues Geld erforderlich gemacht, das wissen Sie ganz genau. Das war der Sinn. Von daher ist die Frage, die Sie gestellt haben, Herr Zuckerer, ob es den Kranken besser oder schlechter ging als heute, einfach gegenstandslos. Der LBK hätte in seiner bisherigen Form diese Herausforderung einfach nicht mehr erfüllen können.
Deshalb beruhigt es mich auch sehr, dass auf diesem Antrag diejenigen sämtlich fehlen, die in Ihrer Fraktion etwas von Gesundheit verstehen. Ich sehe die Namen von Herrn Lutz Kretschmann-Johannsen, Herrn Dr. Schäfer und Herrn Dr. Petersen nicht auf dem Antrag. Es beruhigt mich, dass es wenigstens einige in Ihrer Fraktion gibt, die einen Funken Verstand haben und deshalb einen solchen Antrag nicht mit unterschreiben.
Kein Patient – es geht hier um die Standortsicherung – ist abgewiesen worden oder wird schlechter betreut. Ganz im Gegenteil. Die Verbraucherzentrale selbst, die nicht gerade verdächtig ist, in Hamburg Regierungspolitik zu unterstützen, hat erst vor wenigen Wochen zusammen mit dem LBK ein Projekt zur Qualitätssicherung und -entwicklung vorgestellt. Sie hat den LBK dafür gelobt, dass er Dinge über sich selbst sehr selbstkritisch veröffentlicht und Patienten ein offizielles …
Die Verbraucherzentrale hat den LBK dafür gelobt, dass er sehr selbstkritisch mit solchen Fragen umgeht. Das macht kein Haus, wenn es die Patienten schlechter versorgen will.
Deshalb, meine Damen und Herren und liebe Kollegen von der SPD, hören Sie endlich auf, Anträge zu stellen, die Luftnummern sind. Akzeptieren Sie endlich den Beschluss dieser Bürgerschaft zum Verkauf des LBK. Kommen Sie – das ist meine persönliche Bitte an Sie – wieder zu guter Oppositionspolitik zurück und sparen Sie sich die ollen Kamellen für die Zeit auf, wenn wirklich wieder Karneval ist.
Wer dem SPD-Antrag aus der Drucksache 18/2853 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – das ist mit Mehrheit und bei einigen Enthaltungen abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Mir liegt jetzt das Wahlergebnis vor. Bei der Wahl einer Deputierten der Justizbehörde sind 110 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren alle gültig. Frau Christine Daniel erhielt 88 Ja-, 4 NeinStimmen und 18 Enthaltungen. Damit ist Frau Daniel gewählt worden.
Wir kommen zu Punkt 26, Drucksache 18/2882: Bericht des Innenausschusses zum Thema Großeinsatz der Hamburger Polizei am 25. August 2005.
[Bericht des Innenausschusses: "Großeinsatz der Hamburger Polizei am 25. August 2005" – Drucksache 18/2882 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Konsequenzen aus Versäumnissen bei der Anti-Terror-Fahndung am 25. August 2005 – Drucksache 18/2930 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man hier die Bürgerschaftssitzung wahrnimmt, dann bekommt man nicht immer alles mit, was
draußen passiert. So war es auch vor vier Wochen, als es im Verlaufe der Sitzungen am Mittwoch und am Donnerstag eine der größten Fahndungsaktionen der letzten Jahrzehnte der Polizei in Hamburg gab. Mehr als 1500 Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz. Die Zahl, wie viele hunderte oder tausende von Bürgerinnen und Bürger davon betroffen waren, steht noch aus. Der Senat hat bestätigt, diese nachzuliefern.
Es war nicht etwa irgendeine Fahndung, sondern sie wurde aufgrund eines Terrorverdachtes durchgeführt. Obwohl wir uns alle nicht nur im Wahlkampf, sondern – seit September 2001 – auch in den Zeiten dazwischen immer wieder öffentlich über Terrorabwehrnotwendigkeiten, über die Forderung nach neuen oder verbesserten Sicherheitspaketen auf Bundesebene streiten, gab es ein eigentümliches Schweigen zu diesem Einsatz. Es schien in diesem ganz konkreten Fall im Grunde das gesamte politische und polizeiliche Handeln sakrosankt zu sein und sich jeder politischen Debatte zu entziehen.
Es gab im Innenausschuss bittere Empörung darüber, dass die SPD mit der Presse gesprochen hatte und ähnliche Streitigkeiten. Hätten wir einen derartigen Fahndungseinsatz nach – sagen wir einmal – gewöhnlichen Gewalttaten gehabt, wäre eine politische Auseinandersetzung darüber genauso normal wie sie es im Fall Jessica oder im PUA zur geschlossenen Unterbringung ist. Aber es war nicht so.
Terroristische Überfälle und die latente Bedrohung der Selbstmordattentäter sind Gewalttaten, deren Ausmaß für uns vor zehn Jahren so noch nicht vorstellbar war. Aber gerade deshalb muss man über die geeigneten Gegenmaßnahmen politisch streiten dürfen. Auch und sogar gerade dann, wenn sich ein Anfangsverdacht nicht bestätigte und das polizeiliche Szenario der Terrorabwehr damit die Chance der Bewährung in einer Art Übungssituation hatte.
Gerade weil die besondere Situation einer latenten Bedrohung durch Terror zu massiver Unsicherheit in der Bevölkerung führt, das Aufklärungsinteresse der Medien besonders groß ist und generalisierende Verdächtigungen ganze Bevölkerungsgruppen treffen, muss der Senator für die Maßnahmen auch die politische Verantwortung übernehmen.
Genau das ist in Hamburg in den letzten Wochen nicht passiert. Es gab eine Sitzung des Innenausschusses, in der in einem nahezu zweistündigen Vortrag des Polizeivizepräsidenten die Chronologie der Ereignisse anhand der verschiedenen Parallelen polizeilicher Handlungsstränge nachvollzogen wurde. Wir wissen dadurch auch, wann zum Beispiel der Senator informiert wurde und wann er an welchen Sitzung teilgenommen hat. Diese Darstellung ist eine sehr gute Grundlage, um die politische Überprüfung der gesamten Aktion zu bewerten.
Das haben wir als Abgeordnete der Opposition jedenfalls gedacht. Aber das war leider ein Trugschluss. Es lohnt sich, wenn Sie sich vielleicht in den Herbstferien den Bericht des Innenausschusses anschauen. Lesen Sie die 105 Seiten einerseits wegen der genannten Chronologie und andererseits wegen der Art und Weise, wie der Senat und allen voran der kommissarische Vorsitzende des Innenausschusses, Herr Ahlhaus, mit den Fragen der Abgeordneten umgegangen sind.
Die politische Debatte war nicht gewollt. Nachfragen zu diesem zweistündigen Bericht wurden in der Regel mit dem Verweis, dass alles gesagt worden sei und es nichts mehr zu sagen gebe, zurückgewiesen. Deswegen bin ich ein bisschen gespannt, wie sich die heutige Debatte entwickeln wird.