Das ist fast unmöglich. In Österreich, wo ein ähnliches Verfahren existiert, ist es nur Herrn Schüssel gelungen, der aber sowieso auf Platz eins war. Insofern ist das absolut witzlos.
Sie hebeln also das Entscheidende aus, was diese Verfassungsänderung bringen wollte, nämlich den großen Bürgereinfluss auf die personelle Zusammensetzung. Das tun Sie vor dem moralischen Hintergrund, dass Sie 1991 eine Listenaufstellung gemacht haben, die so aus der Welt war, dass das Verfassungsgericht in einem einmaligen Akt sogar die ganzen Wahlen für ungültig erklärt hat. Eine Partei mit dieser Tradition sagt, die Listenaufstellung der Partei ist uns wichtiger als die Volksabstimmung.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Karen Koop CDU: Wir lernen aus unseren Fehlern! Haben wir es verändert oder nicht? Wir haben es verändert!)
Sie sagen, die Handlungsfähigkeit des Parlaments sei gefährdet, weil keine Experten hineinkämen. Das britische Parlament wird auf der Grundlage des Mehrheitswahlrechts gewählt
und es kann kein einziger Listenkandidat hineinkommen. Es ist noch nie eine Klage gekommen, das britische Parlament sei qualitativ so viel schlechter als etwa die Hamburger Bürgerschaft. Das ist doch lächerlich.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Bernd Reinert CDU: Dann machen wir Mehrheitswahlrecht! – Wolfhard Ploog CDU: Ich kann Ihre Rede nicht er- tragen!)
Das neue Wahlrecht will erzwingen, dass auch der Experte an das Volk geht und sich das Vertrauen seiner Wählerinnen und Wähler holen muss. Es will erreichen, dass Politiker Politik machen und nicht Kirchhoffs, also niemand, der kein Gefühl für Leute hat.
Das können ja Staatssekretäre werden oder Ministerialbeamte. Wir machen diesen großen Unterschied zwischen verwaltungsmäßigen Beratern und Zuarbeitern und den politischen Entscheidungsfindern, deren erste Eigenschaft nicht fachliche Qualifikation im Detail ist, sondern Urteilsfähigkeit. Wenn Sie diesen Unterschied nicht begriffen haben, dann lesen Sie noch einmal Max Weber, das kann immer nützlich sein.
Sie kommen jetzt mit Argumenten aus der Verwaltungskiste nach dem Motto: Sonst bekommen wir nicht unsere richtigen Oberregierungsräte
oder unsere Unternehmer ins Parlament. Die diskutieren sowieso mit keinem anderen, sondern reden nur per Anordnung. Genau das müssen aber Politiker lernen, Sie müssen sich in Situationen zurechtfinden, in denen sie nicht anordnen können, sondern in denen sie überzeugen und gewinnen müssen. Das ist die eigentliche politische Eigenschaft, diese Fähigkeit zu entwickeln. Das neue Wahlrecht macht den Versuch, das uns allen gegenüber dem Volk abzuverlangen, und das hebeln Sie aus.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der CDU-Fraktion! Alles das, was Sie heute ausführen, bestärkt uns in dem Eindruck, dass Sie die Stadt nach eineinhalb Jahren Alleinherrschaft offenbar als Ihre Beute betrachten.
(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke und Claudius Lieven, beide GAL – Karen Koop CDU: Wer hat 44 Jahre seine Beute verwaltet?)
Sie missachten die Volksabstimmung gegen den LBKVerkauf, Sie korrigieren das ungeliebte Wahlrecht, das per Volksentscheid eingeführt wurde, und Sie schneiden die Bezirksgrenzen nach machtpolitischen Ideen der CDU-Ortsvereine zurecht.
Letzteres zeigt die Diskussion, wie sie hinter verschlossenen Türen, aber auch in der Öffentlichkeit bei der CDU geführt wird. Die Frage, ob es sieben, neun, 14 oder 17 Wahlkreise geben soll, entscheiden Sie nicht nach den Leitlinien "Mehr Bürgernähe, schlanke Verwaltung und Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger", sondern allein danach, wie die CDU-Kreisverbände ihre Machtpositionen erhalten können. Nicht, Herr Warnholz, Sie grinsen schon, genauso ist es nämlich.
(Beifall bei der SPD – Bernd Reinert CDU: Meinen Sie Wahlkreise oder Bezirke? Wissen Sie, wovon Sie reden? – Olaf Ohlsen CDU: Keine Ahnung!)
Sie entscheiden danach, wie Sie in einer Stadt, die das Potenzial für eine rotgrüne Mehrheit hat, wie die Bundestagswahlen gerade gezeigt haben, Ihre Positionen in einzelnen Bezirksämtern erhalten können. Das spielt bei Ihnen eine Rolle. Keine Rolle spielt es, wie sich der ge
ballte und laut vernehmliche Protest der Bürger äußert, insbesondere auf Finkenwerder. Das interessiert Sie nicht, außer vielleicht Herrn Hecht, aber der ist heute, glaube ich, gar nicht dabei.
Um das rote Wilhelmsburg aus Harburg herauszunehmen, sollen die Finkenwerder künftig nach Harburg ins Bezirksamt gehen. Insofern ist es dann auch nur konsequent, wenn Sie die CDU-Ortsvereinsvorsitzenden befragen und entscheiden lassen, nicht aber die Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Stadtteile, denn belastbare, sachliche Gründe für diese Entscheidung gibt es nicht. Die auch von Ihnen, Herr Reinert, genannten Gründe erscheinen vorgeschoben. Wilhelmsburg soll, um den Sprung über die Elbe besser gestalten zu können, näher an die HafenCity und damit an Hamburg-Mitte angebunden werden, heißt es sinngemäß. Ich frage mich nur: Was ist mit dem Rest des Sprungs über die Elbe? Sie schaffen eine neue Grenze nach Harburg. Ist es dort nicht genauso wichtig, den Sprung über die Elbe zu betreiben? Ich sehe nicht, was es bringt. Wenn man weiß, dass Sie eigentlich planen, die HafenCity zum unmittelbaren Sonderplanungsgebiet des Senats zu machen, frage ich mich, was das Ganze soll. Sie wollen doch ohnehin die demokratische Kontrolle in Planungsbereichen durch Sonderplanungsgebiete unterlaufen. Dann müssen Sie aber nicht noch Wilhelmsburg an Hamburg-Mitte angliedern.
Finkenwerder wollen Sie an Harburg angliedern, weil die Ortsumgehung und der Airbusausbau gezeigt hätten, dass es problematisch sei, wenn ein Planungsraum zu zwei Bezirken gehört. Abgesehen davon, dass gerade für diese Großprojekte die Senatsbehörden zuständig sind, ist es doch so, dass die wesentlichen Entscheidungen für die Ortsumgehung, aber auch für die Airbuserweiterung, längst gefallen sind. Warum also jetzt noch, Herr Reinert? Vielleicht können Sie uns das beantworten.
Herr Kahrs wird heute gerne zitiert, zitieren Sie ihn doch einmal, wenn er sich zu Finkenwerder äußert. Da hat er klipp und klar gesagt, wohin Finkenwerder gehört. Aber das vergessen Sie.
Vielleicht überlegen Sie, ob es auch für Sie gilt, dass Sie nicht immer Recht haben, und sich einmal Gedanken machen, ob das, was Sie heute beigetragen haben, richtig ist oder ob vielleicht die Bürger dieser Stadt Recht hatten. Vielleicht ist es so.
Auch das Schanzenviertel soll geschlossen unter das Dach Altonas, weil die Probleme, die wir früher hatten – so heißt es –, von drei Bezirken nicht gelöst werden konnten. Die heutigen Probleme des Schanzenviertels sind überhaupt nicht mehr mit denen vergleichbar, die wir vor einigen Jahren dort hatten. Wenn Sie das also aus diesen Gründen machen, dann ist es zu spät, es ist nicht mehr nötig. Es gibt keine sachlichen Gründe für das, was Sie zu tun gedenken, sondern es geht um CDU-Machtstrukturen, es geht darum, ein bisschen weniger Rot in Harburg und vielleicht etwas mehr Grün in Altona zu erhalten und damit Ihre Machtstrukturen zu zementieren.
Das ist also aus der größten Verwaltungsreform seit 1949 geworden, wie Bezirkssenator Peiner die Bezirksreform großspurig angekündigt hat. Daraus wird eine Gebietsreform nach dem Motto "Elbinsel gegen Elbinsel – willst du meine, krieg ich deine".
Ein solches machtpolitisches Vorgehen war vielleicht 1890 zeitgemäß, als Sansibar und Helgoland ausgetauscht worden sind, aber nicht heute, meine Damen und Herren.
Wir fordern Sie deshalb auf, die Bürger in den Stadtteilen zu fragen, ob sie Verschiebebahnhof für Machtinteressen der CDU sein wollen oder auch nicht. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Quast, zur Bezirksverwaltungsreform: Es dürfte auch Ihnen nicht entgangen sein, dass der Ausschuss gerade erst seine Arbeit aufgenommen und – wenn ich mich recht entsinne – auch erst eine einzige Sitzung abgehalten hat.
Was sich dort allerdings anlässt und was der Senat dort vorgeschlagen hat, ist vielversprechend. Da sind wir sicher einer Meinung.
Interessant ist an der heutigen Debatte – außer Ihren nicht sonderlich überzeugenden Ausführungen zur Bezirksverwaltungsreform –