Ich gehe jetzt davon aus, dass alle Stimmzettel eingesammelt wurden. – Das ist der Fall. Ich schließe die Wahlhandlung. Das Wahlergebnis wird ermittelt und Ihnen im Laufe der Sitzung bekannt gegeben werden.
Ich rufe sodann den Tagesordnungspunkt 38 auf, Drucksache 18/2208, Antrag der CDU-Fraktion: Unterstützung der freiwilligen Einführung einheitlicher Schulkleidung.
[Antrag der Fraktion der CDU: Unterstützung der freiwilligen Einführung einheitlicher Schulkleidung – Drucksache 18/2208 –]
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich heute im Parlament zu einem Thema sprechen darf, das uns in Hamburg, aber auch im Bundesgebiet schon viele Jahre beschäftigt. Selten war die Rückmeldung auf eine parlamentarische Initiative, die wir vorgestellt haben, bundesweit so groß und dies, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, über alle Parteigrenzen hinweg. Gleiches kann ich glücklicherweise auch von Hamburg berichten. Ich möchte mich – auch wenn wir vorhin schon kräftig Bundestagswahlkampf gemacht haben – ausdrücklich bei den Kollegen der SPD, insbesondere bei Frau Ernst, beim Kollegen Böwer – der das Thema vor sehr langer Zeit auch schon einmal angepackt hat –, aber auch bei Frau Goetsch für die faire Zusammenarbeit bedanken.
Beide Oppositionsparteien sind nicht den einfachen und falschen Weg gegangen und haben sich diffamierend und lächerlich zu diesem Thema geäußert, sondern sie haben die Bereitschaft zur Unterstützung für diesen niedrigschwelligen und – das ist sehr wichtig – freiwilligen Weg signalisiert. Dies zeigt sehr deutlich, dass wir endlich gemeinsam die pädagogischen Chancen sehen und nicht nur eine Diskussion über das Aussehen der Kleidung führen müssen.
Seit mehreren Jahren wird in Hamburg bereits über dieses Thema diskutiert. Das liegt – das muss man neidlos anerkennen, darüber freue ich mich auch – insbesondere daran, dass seit September 2000 an der Haupt- und Realschule in Hamburg-Harburg, in Sinstorf, erfolgreich und freiwillig Schulkleidung getragen wird. Das Gruppen- und Zusammengehörigkeitsgefühl ist – das hat sich dort in den letzten Jahren gezeigt – deutlich gestärkt worden. Die Schüler sind im Unterricht weniger abgelenkt und entwickeln ein höheres Selbstvertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Was auch sehr wichtig ist: Neuzugänge können einfacher integriert werden. Schüler aller Nationalitäten und sozialen Schichten haben die gleiche Chance, ihre Individualität zu entfalten. Die Eltern freuen sich über die Abnahme des Druckes, teure Markenkleidung kaufen zu müssen, und die Kinder, die diese Schule besuchen, freuen sich darüber, dass sie wegen der fehlenden Markenkleidung nicht mehr aufgezogen und ausgegrenzt werden. Das Selbstwertgefühl wird an der Haupt- und Realschule Sinstorf mittlerweile durch Persönlichkeit und Sozialkompetenz erworben und nicht mehr über die Identifikation über die Markenkleidung. Gerade das ist das Entscheidende, wenn wir einheitliche Schulkleidung einführen wollen.
Bereits im Jahr 2000 hat der Senat auf eine Kleine Schriftliche Anfrage von mir geantwortet, dass der freiwilligen Einführung von einheitlicher Schulkleidung rechtlich, aber auch pädagogisch nichts im Wege stehe.
Ich möchte sagen, wo ich Hamburgs Ziele bei der Einführung einheitlicher Schulkleidung sehe: Wir wollen als
CDU-Fraktion mit diesem Antrag erreichen, dass es in zehn bis zwanzig Jahren an den meisten Hamburger Schulen freiwillig einheitliche Schulkleidung gibt. Wir wollen mit diesem Antrag erreichen, dass die Eltern gezielt bei der Anmeldung diejenigen Grundschulen aussuchen, bei deren Profil Schulkleidung angeboten wird. Wir wollen – das ist der entscheidende Unterschied zu den letzten Jahren –, dass unsere Bildungsbehörde nicht wie bisher nur passiv unterstützt, sondern auch Eltern, Lehrer und Schulen bei der Einführung aktiv begleitet.
Ich bin überzeugt, dass andere Bundesländer dem Hamburger Beispiel folgen werden und dass diese erste erfolgreiche – und ich denke, auch im Konsens getragene – parlamentarische Initiative in einem deutschen Bundesland von vielen anderen Bundesländern übernommen wird.
Unterstützen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen mit Ihrer Zustimmung diesen wichtigen Schritt und helfen Sie in Zukunft durch Werbung an vielen Schulen vor bei Ihnen Ort, dass auch dort freiwillig einheitliche Schulkleidung – keine Schuluniformen, sondern einheitliche Schulkleidung – eingeführt wird und somit auch das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Klima an den Schulen verbessert werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Hesse, alle Achtung. Da haben Sie ja heute nach den aus Ihrer Sicht sehr langweiligen und überflüssigen Debatten um die geschlossene Unterbringung und Ihr gescheitertes Konzept der Feuerbergstraße endlich einmal ein richtiges Aufregerthema gefunden. Offen gesagt, ich kann mir das richtig gut vorstellen, wie sie total frustriert von den ewigen Rechtfertigungs- und Niedrig-häng-Arien in der Diskussion um den PUA jetzt endlich einmal sehnsüchtig nach etwas Leichtem
Da kam Ihnen Ihre adrette Bekleidungsbeauftragte gerade recht und schwupps hatte die Hamburger Öffentlichkeit ein strahlendes Heile-Welt-Bild auf dem Rathausbalkon und Sie hatten endlich einmal einen problemlos heiteren wie überflüssigen Antrag.
Aber sagen Sie einmal ehrlich, Herr Hesse: Was gibt es in diesem Antrag substanziell Neues zu entdecken? Er beschreibt doch lediglich langjährig praktizierten schulischen Alltag im Rahmen individueller Schulprogrammentwicklung. Wer wollte Schulen zurückpfeifen, die einheitliche Schulkleidung in ihr Programm aufgenommen
haben und meinen, damit für alle etwas Gutes zu tun, oder ihre Erfolge damit infrage stellen? Wer wollte Schulen, die sich inspiriert fühlen, auf diesem Weg weiter zu gehen und Neues auszuprobieren, in Ihrem Vorhaben behindern, immer vorausgesetzt, er ist von allen wirklich gewollt?
Natürlich erkennt es auch die SPD-Fraktion an, wenn Schulen mit einheitlicher Schulkleidung für sich eine Stärkung des Gruppen- und Wir-Gefühls feststellen und für dieses Ziel eine Menge Arbeit investieren. Wir würden selbstverständlich jede Schule mit einem solchen Vorhaben unterstützen, wenn es ohne Ausübung von Zwang und Druck passiert. Nur deshalb werden wir Ihren Antrag annehmen.
Das ist aber doch eigentlich keine Frage und schon gar nicht eine echte Debatte wert, oder, Herr Hesse? Ihre wahre Motivation nämlich, die hinter diesem Antrag steckt, ist der Versuch, von den eigentlichen Problemen, mit denen die Schulen zu kämpfen haben, abzulenken.
Lassen Sie uns doch lieber einmal über diese Probleme reden, die der Senat und Ihre Fraktion zu verantworten haben: Kürzungen ohne Ende, Verschlechterung des Personalschlüssels, größere Klassen, Unterrichtsausfall in Schwindel erregender Höhe, Einführung der Vorschulgebühren, Abschaffung der Lehrmittelfreiheit,
Sie wollen mit Ihrem Antrag einen Weichspüler über diese ganze Misere gießen, nach dem Motto "Außen hui, innen pfui". Herr Hesse, das nenne ich einen bescheidenen und zynischen Versuch, die Schulwelt, die Sie gerade zerdeppern, schönzureden. Ich bezweifle sehr, dass irgendeine Schule in Hamburg im Moment nur ein Fünkchen Energie übrig hat, um sich über Kollektionen einheitlicher T-Shirts, Pullis, Röcke oder Hosen Gedanken zu machen. Die Schuhe haben Sie übrigens dabei noch vergessen. Solange Sie mit Ihrer desaströsen Politik die Schulen strangulieren und die Arbeits- und Lernbedingungen auf unverantwortliche Art und Weise verschlechtern, werden Sie mit keiner noch so cleveren Logistik weitere Schulen motivieren, neben gerade zwangsweise konstituierten Lernmittelausschüssen auch noch einen Schulkleidungsausschuss zu gründen.
Auch der in Ihrem Antrag zitierte Giessener Wissenschaftler, Herr Dr. Dickhäuser, der Schulklassen mit und ohne einheitliche Schulkleidung über einen längeren Zeitraum untersucht und verglichen hat, sagt ganz klar:
"Es wäre naiv zu glauben, dass lediglich ein einheitlich farbiger Pulli diese Probleme in deutschen Klassenzimmern löst."
"Auch unsere Untersuchung zeigt nicht eindeutig, dass es die Schulkleidung ist, die die Unterschiede zwischen den Klassen bewirkt."
Damit also einheitliche Schulkleidung als ein richtiger Baustein zur Wirkung kommt – wenn er wirklich von allen gewollt ist –, muss das gesamte Klima stimmen und die jeweilige Schule wieder eine gesunde Arbeitsgrundlage haben. Ein Zustand, von dem aufgrund Ihrer derzeitigen Politik leider nicht die Rede sein kann.
Ich würde Ihnen im Übrigen dringend empfehlen, Eltern nicht den Eindruck zu vermitteln, sie würden jetzt noch für Schulkleidung zusätzlich zur Kasse gebeten, wo doch der Senat gerade dabei ist, bei Kita- und Vorschulgebühren, bei Schulbüchern und Studiengebühren die Hand aufzuhalten. Sie betonen in Ihrem Antrag ja gerade, dass diese Initiative vornehmlich in den Grundschulen gestartet werden soll. Bedenken Sie bitte dabei, dass gerade in diesen Altersstufen der Zuwachs in der Kleidergröße nicht gerade unerheblich ist. Oder wollen Sie auch hier Ihre Politik der sozialen Spaltung in den Klassenzimmern fortsetzen, dass Eltern, die schon jetzt keinen Cent mehr übrig haben, dann auf Schulflohmärkte angewiesen sind und die anderen sich für ihre Kinder stets die neueste Kollektion leisten können?
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, machen Sie sich endlich gerade, fordern Sie den Senat schleunigst auf, sich von seiner falschen Familien- und Bildungspolitik zu verabschieden,
helfen Sie dadurch mit, dass an den Schulen wieder ein besseres Klima herrscht, dann – das werden Sie sehen – kommt die einheitliche Schulkleidung wie von selbst, oder auch nicht. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Hesse, Ihre Anfrage vom 12. Dezember 2000 habe ich mir noch einmal angeguckt. Dort wird sehr deutlich, dass es zu diesem Zeitpunkt schon möglich war, Schulkleidung klassenweise einzuführen. Das ist nämlich eine Frage der selbstverantworteten Schule. Auch schon im Jahr 2000 war das möglich. Es ist also nicht erst jetzt im Rahmen des Modellversuches möglich.
Jetzt ist es fünf Jahre später und wir haben da einen schönen Antrag vorliegen. Ich würde sagen, er schadet nicht. Man könnte auch sagen: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Wie gesagt, er schadet nicht, löst aber auch nicht die drängenden Probleme der Schulpolitik in Hamburg, wie meine Vorrednerin schon sagte. Damit will ich es dann auch bewenden lassen. – Danke.