Herr Uldall führt die Diskussion Sozialismus/Kapitalismus. Bei allem Respekt, das ist eine Diskussion der alten Männer, das ist 1989 auf den Straßen von Leipzig entschieden worden. Diese Diskussion gibt es nicht, die machen Sie gerne auf, aber das sind nur Stereotypen, die Sie abrufen können.
Deshalb müssen wir die Frage stellen, welche Erfahrungen die Menschen machen. Sie haben heute einen Großteil Ihrer Rede vom Empfang zum 1. Mai recycelt, Herr Bürgermeister, und an Europa appelliert. Es sind nicht die Gewerkschaften, die an Europa zweifeln, es sind nicht Sozialdemokraten, die an Europa zweifeln, an Europa und der Verfassung zweifeln im Grunde Ihre bayerischen Kollegen, es ist die CDU im Bundestag, es sind nicht Sozialdemokraten. Sozialdemokraten sprechen Probleme an, die wir in Europa haben, Sozialdemokraten stehen aber zur europäischen Idee und auch zur Verfassung. Ihre Parteigänger gehen von der Fahne.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Marcus Weinberg CDU: Und jetzt Ihre Vorschlä- ge!)
Deshalb – da haben Sie Recht – dürfen wir nicht die Angst der Menschen ausnutzen. Nur, wer nutzt diese im Moment aus? Im Moment wird die Angst der Menschen von dem einen oder anderen ausgenutzt, der schlichtweg mehr Geld rausholen will, der die Rendite nach oben schrauben will.
Beim Umgang mit den Ängsten der Menschen und dem Drohpotenzial, den Arbeitsplatz zu verlieren, stehen wir in der Verantwortung. Da sind wir Sozialdemokraten der Auffassung, dass wir einen starken Staat brauchen, einen Staat, der bereit ist, auch in den Konflikt zu gehen und nicht windelweich reagierend, wie Herr von Beust es gerade mal so allgemein fabulierend tat. Man muss auch deutlich sagen, dass es Menschen gibt, mit denen man sich nicht mehr an einen Tisch setzt, weil das, was sie tun, unter der Gürtellinie ist.
Deshalb gibt es von uns auch keine pauschale Kritik an Unternehmerinnen und Unternehmern. Im Gegenteil. Es gibt große Unternehmen, wie die Familie Otto, die sehr viel für diese Stadt geleistet hat, auch über das hinaus, was sie leisten müssen. Aber es gibt eben auch viele, die es nicht tun und es gibt viele, die die Neigung haben, alles mitzunehmen und alles zu machen, was möglich. Wir als Staat müssen da Grenzen aufzuzeigen und nicht alles möglich machen. Dazu müssen wir die Kraft aufbringen und dürfen nicht den Mantel des Schweigens darüber decken und Angst aussenden nach dem Motto, das Kapital ist ein scheues Reh, wir dürfen es nicht verhuschen. Wir müssen bereit sein, dass derjenige, der in Deutschland investiert, auch sehr viele Vorteile hat. Ich wünsche allen Unternehmern, die jetzt nach China gehen, viel Vergnügen mit der Entwicklung, die es in China geben wird. Dann wird man nämlich wieder sehen, was es wert ist, dass in Deutschland, in Europa soziale Errungenschaften sicher sind, dass wir Frieden und Freiheit haben, dass wir eine Justiz haben, dass wir eine Polizei haben, auf die wir uns verlassen können und dass es auch hoch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Das ist auch ein Wert an sich für uns und unsere Gesellschaft.
Helmut Schmidt hat einmal gesagt, die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen. Damit hat er Recht. Das Problem
ist, dass das heutzutage nicht mehr stimmt. Heute wird das Geld abgezogen. Wo es nur möglich ist, wird Gewinn gemacht. Wir als Politikerinnen und Politiker sind in der Verpflichtung, das deutlich zu machen und nicht rückwärts gewandt Sozialismusdebatten zu führen wie Herr Uldall. Das kann er zwar tun, das ist aber die Geschichte der Vergangenheit, und da ist er gut. Wir wollen in die Zukunft schauen und die Zukunft heißt, dass wir den Menschen Sicherheit geben müssen, dass wir den Menschen Perspektiven geben. Wir müssen auch wieder deutlich machen, dass wir wollen, dass es besser in dieser Gesellschaft geht. Es geht nicht nur um Zukunft, sondern es geht um Fortschritt, damit die Menschen wieder Zutrauen haben und Verantwortung übernehmen und bereit sind, in ihre eigene Zukunft zu investieren.
Und dazu gehört nicht das, was dieser Senat tut, wenn hier von Bildungspolitik oder anderen Dingen gesprochen wird.
Ein letzter Satz zum Abschluss. Wer hat denn in Hamburg die Steuern erhöht, als es zu neuen Aufgaben kam? Wer hat denn die Grundsteuer erhöht, Herr von Beust? Das haben Sie gemacht, das waren nicht wir Sozialdemokraten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Herr Bürgermeister, Sie haben wenigstens den Kern dieser Debatte aufgenommen und manche Dinge gesagt, bei denen man zumindest den Eindruck gewinnen konnte, dass bei Ihnen eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Thema stattfindet. Das Problem daran ist letztendlich, dass Sie hier manchmal schöne Reden halten, sich aber in die Politik, die von Ihren Senatoren in dieser Stadt gemacht wird, die mit Ihren schönen Worten nicht zu tun hat, nicht einmischen. Wenn man Herrn Senator Uldall zugehört hat, so klang das ganz anders und das ist wirklich das große Problem mit Ihrer Regierung.
Wenn das, was Sie eben gesagt haben, auch Kern der Politik Ihres Wirtschaftssenators wäre, dann müssten wir heute vielleicht gar nicht über diesen Punkt reden.
Herr von Beust, Sie haben gesagt, was kann man schon nationalstaatlich tun, man könne nur hingehen und ein bisschen reden, was solle man sonst tun. Das ist genau das Problem. Wenn man das Problem so sieht, dann hat man schon verloren, denn, Herr Uldall, die soziale Marktwirtschaft, die wir hier in Deutschland mal hatten, war ein nationalstaatliches Konzept und dieses Konzept zerbricht angesichts der Globalisierung, was noch übrig ist, zerbröselt immer mehr. Die Frage ist, was an seine Stelle tritt. Natürlich war es damals auch ein großer Kampf, die soziale Marktwirtschaft in Deutschland einzuführen. Sie stehen da in der Tradition eines Ludwig Erhard und einer großen Volkspartei CDU, die sich dieser Aufgabe gestellt hat. Natürlich, meine Damen und Herren, reicht es jetzt nicht die sozialen Unternehmer zu fordern – das wäre mit Sicherheit zu kurz gegriffen –, aber man muss das Prob
lem benennen. Die größte Gefahr für den Kapitalismus – Herbert Hoover, der amerikanische Präsident hat das einmal so genannt – sind seine gierigen Kapitalisten.
Wenn die nationalstaatlichen Regularien nicht mehr funktionieren, die die Gier regulieren, Herr Heintze, dann müssen wir darüber reden, was man international tun kann, auf europäischer Ebene – Herr von Beust sprach es kurz an –, vielleicht in der OECD, vielleicht auch in der UNO. Wir müssen ganz ehrlich sagen, dass es die Konzepte zur internationalen Regulierung im Moment nur nicht gibt. Wenn etwas Gutes aus dieser Debatte, die wir heute auch hier führen, herauskommen könnte, dann wäre es die Aufgabe an uns, diese Konzepte zu entwickeln. Damit das, was in der Vergangenheit auf nationalstaatlicher Ebene die soziale Marktwirtschaft geregelt hat, auch auf internationaler Ebene durch notwendige Regulierungen endlich stattfinden kann, meine Damen und Herren. Darum, Herr Uldall, war Ihr Beitrag ein Schritt in die Vergangenheit, denn mit dem Gegensatz Kapitalismus und Sozialismus hat das nun wirklich nichts zu tun. Ich plädiere dafür, diese Debatte nicht abzublocken. Lassen Sie sie uns weiter führen und vor allem als Arbeitsauftrag zu begreifen, dem dann irgendwann Konzepte und Taten folgen. Ich glaube, das sind wir den Menschen in dieser Gesellschaft schuldig. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu Beginn eine Bemerkung zu Herrn Kerstan. Es ist schon beeindruckend, welche systemtheoretischen, philosophischen Reden von Ihnen geschwungen werden, der Sie sich hier als Anwalt einer Industriepolitik hinstellen. Das ist derselbe Herr Kerstan, der zusammen mit seinen Freunden in Neuenfelde gegen die Startbahnverlängerung und damit gegen Arbeitsplätze gekämpft hat.
Wenn man Herrn Neumann gehört hat mit seiner Rede und seiner Forderung nach einem starken Staat, lieber Herr Neumann, fragt man sich, seit wann Gerhard Schröder regiert.
Es ist viel zu lange. Wenn bei ihm wirklich ein Konzept vorhanden wäre, dann hätte er seit 1998 Zeit gehabt, das zu realisieren. Aber Herr Heintze hat vorhin sehr deutlich darauf hingewiesen, dass wir in all diesen Jahren immer das Schlusslicht in Europa gewesen sind und als Schlusslicht auch noch immer weiter zurückfallen. Ihr Weg führt also in die Irre und Sie wissen überhaupt nicht, wohin Sie letzten Endes wollen.
und den Bundeskanzler, der sagt, ich kümmere mich um die Bosse und was herauskommt, ist Wurschtelei und ganz Deutschland leidet darunter.
Der einzige konkrete Lösungsvorschlag, der von Herrn Neumann kam, ist es wirklich wert, hier noch einmal herausgehoben zu werden, nämlich dass Sie sagen, mit den Leuten, die hier Arbeitsplätze abbauen, Arbeitsplätze verlagern, reden wir einfach nicht mehr. Toller Vorschlag. Herr Neumann, das wird die Wirtschaft wieder nach vorne bringen.
Sehr geehrter Herr Reinert, Ihr Weg führt im Kreis herum. Sie fangen genau da an, wo Frau Ahrons vorhin aufgehört hat, nämlich mit dem Wegdrücken jeder Verantwortung nach Berlin, nach Europa oder sonst wohin, um nur nicht über das reden zu müssen, was in Hamburg ist. Frau Ahrons hat damit angefangen, Sie setzen es fort. Sie sind weit gekommen in dieser Debatte. Das kann man schon sagen.
Die Debatte war offenbar so spannend, dass auch der Bürgermeister eingegriffen hat. Was aber wirklich fehlt, Herr Bürgermeister, ist, dass Sie konkret werden, dass Sie auch sagen, welches Verhalten in der Wirtschaft und in der sozialen Marktwirtschaft in Ordnung ist und welches nicht. Sie sagen es nur Wischiwaschi, irgendwo gibt es da Böse, Gute, Soziale, Unsoziale. Sie benennen es nicht und das ist ein Problem für die Unternehmer, die mit viel Herzblut und sozialer Verantwortung in dieser Stadt arbeiten. Die werden nämlich von Ihnen mehr oder weniger in eine Reihe gestellt mit denen, die es nicht tun. Jeder von uns spricht ja viel mit Unternehmerinnen und Unternehmern und weiß, wie schwer sich so mancher seine Entscheidungen macht, wie viel da dranhängt. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer wissen, was ihre Entscheidungen für die Familien, für die Arbeitnehmer, für ganz Hamburg bedeuten. Diese Unternehmerinnen und Unternehmer müssen Sie stärken und Sie tun es nicht, wenn Sie die in einen Topf mit denen werfen, die sich höchst unsozial und höchst verantwortungslos in dieser Stadt benehmen.