Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer die Schulbehörde fragt, bleibt dumm – Chaos um Büchergeld und mehr
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir am Anfang, auch aufgrund der Zurufe, die ich bekommen habe, eine kurze Bemerkung in eigener Sache. Sie alle haben heute den Presseberichten entnehmen können, dass mein Abgeordnetenbüro in einer Gewerbeimmobilie meiner Frau lag und nicht mehr liegt. Das war politisch ungeschickt. Falls mein Verhalten dem Ansehen des hohen Hauses geschadet haben sollte, tut mir das Leid; es war nicht meine Absicht. Ich habe Konsequenzen gezogen und hoffe, die Schlagzeilen der Zukunft betreffen weniger uns und unser Verhalten als vielmehr unsere interessanten Debatten zum Beispiel zum Thema Kapitalismuskritik.
Ich bin Franz Müntefering überaus dankbar, dass er das Thema, ob die Menschen für die Wirtschaft da sind oder die Wirtschaft für die Menschen, in den Vordergrund gebracht hat. Ich habe eine Rede mitgebracht und möchte zwei Zitate vorlesen. Erstes Zitat:
"Die Globalisierung droht die Grundlagen einer sozial gerechten Wirtschaftsordnung, wie sie von der sozialen Marktwirtschaft an sich konzipiert und begründet war, zu zerstören."
"Das Schlimme ist, dass in beiden Fällen die wirtschaftliche Existenz von Zehntausenden, ja Hunderttausenden von Menschen zerstört wird. In unsere Wirtschaft und Gesellschaft ist inzwischen der große Egoismus
eingezogen, der globale Marktfundamentalismus; die neuen Götzen sind Börsenjobber, Aktionäre und Industrierepräsentanten. Es ist eine moderne Form globaler Ausbeutung und so dumm, wie der ManchesterLiberalismus vor 200 Jahren."
"Wir dürfen nicht zusehen, wie dieser schrankenlose Kapitalismus die Schicksale von Millionen Menschen vernichtet."
Das hat nicht Franz Müntefering gesagt, das ist nicht vor drei Monaten gesagt worden, sondern am 6. Dezember 2001 von Heiner Geißler.
Ein praktisches Beispiel dafür, wie diese Marktwirtschaft funktioniert, haben wir hier in Hamburg; Phoenix zeigt das. Phoenix ist von der Conti AG übernommen worden mit der Absicht, einen Konkurrenten loszuwerden. Das Ergebnis dieser Übernahme ist, dass 2500 Arbeitsplätze in höchstem Maße gefährdet sind. Ich gehe davon aus, dass in Form einer Salamitaktik in zwei Jahren kein Arbeitsplatz mehr in diesem Bereich in Harburg vorhanden ist und das nur, weil die Rendite von Phoenix von 15 Prozent nicht ausreichend ist. So wird ein 140 Jahre altes Industrieunternehmen und damit auch der Standort kaputtgemacht und noch mehr Menschen verlieren ihren Job in den Zulieferbetrieben. Und das alles ohne einen Cent volkswirtschaftlichen Nutzen und für Hamburg ein Riesenschaden, wenn wir allein die Steuerausfälle berücksichtigen. Wir hätten die Chance gehabt, einzugreifen, wenn im letzten Sommer der Senat zugegriffen und ein 27-Prozent-Aktienpaket für 60 Millionen Euro gekauft hätte. Frau Ahrons. 27,5 Prozent wären es gewesen und damit hätte Conti die Lust verloren, Phoenix aufzugeben. Das Ergebnis wäre gewesen, dass wir dort noch einen Betrieb mit 2500 Arbeitsplätzen hätten. Sie und auch Herr Uldall haben aber sehr deutlich gesagt, der Wettbewerb werde es regeln. Wir sehen jetzt, was der Wettbewerb regelt: Wir werden dort in Zukunft keine Arbeitsplätze mehr haben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses Land, wenn Sie immer nur den Wettbewerb regeln lassen, vor die Hunde geht.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sie haben Harburg besucht und sich dort viele wichtige Einrichtungen angeschaut, nur leider die Phoenixianer vergessen. Das ist schade, ich bedauere das. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie gezeigt hätten, dass wir in Hamburg Solidarität mit den Menschen vor Ort zeigen.
Ein letzter Satz, wenn es erlaubt ist: Ich würde mich freuen, wenn alle hier im Saal am 1. Mai den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Seite stehen und an der Kundgebung in Hamburg für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen teilnehmen würden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Phoenix gehört zu Harburg wie Blohm + Voss zum Hamburger Hafen.
Die Wurzeln von Phoenix gehen auf das Jahr 1856 zurück und seit 1872 ist Phoenix eine börsennotierte Aktiengesellschaft, mit die älteste in Deutschland überhaupt. Aus diesem Grund und vor allem auch aufgrund der individuellen Schicksale, die an jedem Arbeitsplatz hängen, ist der Verlust von 860 Arbeitsplätzen ein schwerer Schlag für die Betroffenen und ein schwerer Schlag für die Stadt Hamburg.
Doch mit dieser heutigen Debatte versucht die SPD nur, Sand in die Augen der Bürger zu streuen. Sie ist nichts anderes als ein Bestandteil der Sozialismuskampagne
des SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering; Herr Petersen hat uns das eben auch eindeutig vorgesprochen.
"Arbeiter auf die Barrikaden" ist Ihr Tenor, aber auf die Barrikaden gegen das Versagen der rotgrünen Wirtschaftspolitik in Berlin,
denn die politische Verantwortung für den Arbeitsplatzabbau bei Phoenix liegt nicht beim Hamburger Senat, sondern bei Gerhard Schröder und der Bundesregierung.
Seit 1998 tritt Deutschland auf der Stelle, steht an letzter Stelle in Europa. Und in diesem Jahr geht es auch nicht weiter, wie gestern das Frühjahrsgutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizierte.
Ach, nach zwei Jahren Verlust einen Gewinn von 5,5 Millionen Euro, das ist doch nicht der höchste...
Die SPD zündet im Vorfeld der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen eine Nebelgranate nach der anderen, um von ihrem Versagen abzulenken.
Die SPD steht nicht für Marktwirtschaft mit sozialem Antlitz, sie steht für Arbeitslosigkeit, Stagnation und Staatsverschuldung.
(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Überlegen Sie mal, wer die Staatsverschuldung herbeigeführt hat!)
Deutschland muss wieder wettbewerbsfähig werden, die Arbeit muss bezahlbar werden. Bei den Phoenix-Werken
stehen wir letztendlich vor dem Dilemma, dass trotz weltweit führendem technischen Know-how am Standort Harburg die Arbeitskosten im internationalen Standortwettbewerb der Unternehmensgruppe nicht mehr wettbewerbsfähig sind.