Protocol of the Session on April 27, 2005

stehen wir letztendlich vor dem Dilemma, dass trotz weltweit führendem technischen Know-how am Standort Harburg die Arbeitskosten im internationalen Standortwettbewerb der Unternehmensgruppe nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

(Ingo Egloff SPD: Sie haben doch Gewinne er- zielt!)

Aber nach zwei Jahren mit Riesenverlusten.

Sie sind nicht mehr wettbewerbsfähig. Heute verlieren wir diese Arbeitsplätze und irgendwann auch die Forschung und Entwicklung, wenn wir nicht rechtzeitig auf Bundesebene die richtigen Weichen stellen.

(Beifall bei der CDU)

In Berlin sind Reformen notwendig, ist Kontinuität notwendig

(Michael Neumann SPD: Kontinuität heißt Wie- derwahl!)

und die klare Aussage, wo wollen wir überhaupt hin. Wir können in Hamburg nicht die Fehler kompensieren, dass die Stadt einfach ein Unternehmen übernimmt, wie die SPD das jetzt von Phoenix fordert. Sie wissen ganz genau, dass das nicht gegangen wäre. Die staatliche Planwirtschaft, wie Sie das vorschlagen, ist vor rund 15 Jahren grandios unter Pauken und Trompeten untergegangen.

(Beifall bei der CDU)

Der Verweis auf Beiersdorf in dieser Frage ist nur ein Beleg dafür, dass Sie wirklich von Wirtschaftskompetenz keine Ahnung haben.

(Beifall bei der CDU)

Im Fall Beiersdorf stand ein konkretes Kaufgebot, die Möglichkeit einer Tranche, die Bitte der Firma um Mithilfe,

(Michael Neumann SPD: Und die Interessen von Herrn Peiner!)

ganz im Gegenteil zu Phoenix, bei Conti 75,6 Prozent. Es war vorausgesagt, dass 22 Prozent oder 27 Prozent – das ist im Moment nicht der springende Punkt – zu Conti gehen, es gab also gar keine Möglichkeit, da heranzukommen. Es bestand in der Vergangenheit und es besteht auch heute keine Möglichkeit der Übernahme einer Sperrminorität, nicht einmal in der Theorie. Daher entbehrt Ihr Vorwurf an den Senat in diesem Falle jeder Grundlage.

Meine Damen und Herren! Der Hamburger Senat betreibt eine entschlossene Industriepolitik und die Erfolge geben uns Recht; Airbus und Beiersdorf sind nur zwei Beispiele dafür. In Hamburg steigt die Zahl der versicherungspflichtigen Beschäftigten im Gegensatz zum Bund, da geht es nämlich runter.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn es eine Rede gibt, die von eigenem Versagen ablenken will, Frau Ahrons, dann war Ihre Rede eben ein besonders gutes Beispiel dafür,

(Beifall bei der GAL und der SPD)

denn die Arbeiter bei Phoenix haben Sie mit keinem einzigen Wort erwähnt. Sie haben hier nur über Bundespolitik geredet. Es geht aber um einen ganz konkreten Fall, um ein Hamburger Unternehmen.

Natürlich ist diese Debatte über die Auswirkungen der Globalisierung und auch die Rolle der Wirtschaft in der Gesellschaft notwendig und Phoenix ist leider ein trauriges Beispiel für diese Debatte. Es geht nicht darum, dass zwei Unternehmen, die im Moment, wie Frau Ahrons hier insistiert, am Rande des wirtschaftlichen Untergangs stehen, sondern beide Unternehmen die besten Ergebnisse ihrer Geschichte erwirtschaftet haben und trotzdem Arbeitsplätze abbauen. Das ist leider kein Einzelfall in Deutschland. Darüber hinaus ist dieser Fall ein besonders trauriges Beispiel dafür, wie manche der Führer in der Wirtschaft ihre gesellschaftspolitische Verantwortung sehen. Es hat vor wenigen Jahren eine Vereinbarung zwischen der Stadt und Phoenix gegeben. Phoenix wollte einen Teil seines Industriegeländes an einen Einzelhändler verkaufen; Herr Mattner weiß, wovon ich spreche.

(Michael Neumann SPD: Heinemann auch!)

Davon versprach sich Phoenix einen wesentlich größeren Gewinn, als diese Industriefläche industriell zu nutzen. Die Stadt hat diesem Ansinnen zugestimmt, hat dafür aber Bedingungen gestellt. Und diese Bedingungen waren nicht nur, dass die Arbeitsplätze am Standort gesichert werden, sondern dass weitere Arbeitsplätze in Hamburg geschaffen werden. Der neue Eigentümer von Phoenix hat gerne diesen geldwerten Vorteil übernommen, den die Zugeständnisse der Stadt gebracht haben, ist aber nicht bereit, seinen Teil der Vereinbarung, nämlich Arbeitsplätze in der Stadt zu sichern, zu erfüllen.

(Inge Ehlers CDU: Die Vereinbarung galt nur drei Jahre! – Bernd Reinert CDU: Wie lange galt denn die Vereinbarung?)

Diese Vereinbarung war nicht nur eine Standortsicherungsvereinbarung für das Personal, sondern hier sollte eine zusätzliche Produktion aufgebaut werden. Im Zuge dieser Übernahme hat der Investor aufgrund einer Auflage der EU diese Produktion verkaufen müssen. Das Geld hat er jetzt bar auf der Hand.

Aber das wirklich Perfide ist nicht nur, dass dieser Investor jetzt seine Zusage bricht, sondern dass er sogar sagt, diese Zusage sei der Grund dafür, dass jetzt noch weitere Produktionen verlagert werden müssen, weil das alte Management den großen Fehler begangen habe, sich politisch zu binden und Zusagen zu geben. Das ist wirklich an Dreistigkeit nicht zu überbieten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn Politik auf einen solchen offenkundigen Bruch von Vereinbarungen stillschweigt wie dieser Senat, wie der Herr Bürgermeister und Herr Senator Uldall, die öffentlich kein einziges Wort dazu verlieren,

(Michael Neumann SPD: Shit happens!)

dann geben sie die Verantwortung, die sie in diesem Bereich tragen, auf und das können wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es handelt sich hier in zweifacher Form um ein Politikversagen und nicht nur um ein Marktversagen.

Erstens: Wenn man ein Geschäft macht und vom Geschäftspartner geprellt wird, dann hat auch eine Regierung das Recht und die Pflicht, dagegen zu protestieren.

Zweitens: Sie erfüllen damit noch nicht einmal das Minimalstaatsgebot von new-liberalen Ideologen, die im so genannten Nachtwächterstaat die Rolle des Staates darin sehen, das Justizwesen und Vertragsfreiheit zu garantieren.

Ich weiß natürlich genau wie jeder andere hier im Raum, dass diese Vereinbarungen alle nicht justitiabel sind. Sie sind aber politisch und moralisch bindend. Und dadurch, dass dieser Senat diesen Skandal nicht öffentlich macht, nimmt er auch den Bürgern eine Möglichkeit zu reagieren. Unsere Bürger haben das Recht als mündige Wähler, ihre Entscheidungen zu treffen und je nach Verhalten der Politik ihr Kreuzchen hier oder dort zu machen.

(Christian Maaß GAL: Oder Conti zu kaufen!)

Das gleiche Recht haben sie natürlich auch als mündige Konsumenten. Insofern ist es natürlich auch für die Bürger dieser Stadt eine öffentliche Angelegenheit, über diesen Skandal etwas zu erfahren. Sie haben es vorgezogen, dazu zu schweigen und auch das ist eindeutig Politikversagen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr von Beust, Sie haben sich zum selbsternannten Schutzherrn der kleinen Leute in dieser Stadt erklärt.

(Rolf Harlinghausen CDU: Er ist es!)

Ich fordere Sie nicht auf, jetzt nur in diese Debatte einzusteigen, sondern ich fordere Sie auf, in diesem Punkt endlich tätig zu werden und auch zu handeln und Harburg und die Arbeiter bei Phoenix nicht im Regen stehen zu lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Senator Uldall.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Rede von Herrn Petersen haben wir sie jetzt endlich wieder: die gute, alte, linke SPD.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Ich habe mich natürlich gefragt, warum Sie diese linke Rede gerade heute gehalten haben, vielleicht weil in einer Zeitung heute morgen diese kümmerlichen Umfragewerte für die SPD veröffentlicht wurden?

(Beifall bei der CDU)

Auf der Suche nach einem Weg versucht man alles das zu machen, was man vor vierzig Jahren bereits als falsch ad acta gelegt hat, Herr Petersen. Es ist nicht gut für die Stadt, wenn Sie diesen Kurs in Hamburg weiter verfolgen.

(Beifall bei der CDU)