Protocol of the Session on April 14, 2005

(Beifall bei der CDU – Bernd Reinert CDU: Genau!)

denn einige der engagierten Bürger, deren Verhalten hier eben zutage getreten ist, haben genau wie Sie, Herr Müller, ihr Demokratiebild offenbart.

(Zuruf von Manuel Sarrazin GAL)

Genau das wollen wir nicht haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir gehen nämlich von der Achtung vor dem Parlament aus, in jeder Situation, hier am Pult und auch oben auf den Zuschauertribünen.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Lächerlich, lächerlich!)

Wir sehen das Parlament gleichwertig neben der Volksgesetzgebung und deshalb erhalten wir sie und schaffen sie nicht ab, wie Sie uns vorwerfen. Gleichwertigkeit von Parlament und Volksgesetzgebung.

(Michael Neumann SPD: Wo leben Sie eigentlich? Traumwelten!)

Nein. Aber ich glaube, Sie zu überzeugen, ist eine Kunst, die wir gar nicht betreiben wollen. Wir wollen andere überzeugen.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin sicher: Sie zeichnen ein Zerrbild der Zukunft und trauen den Bürgern nichts zu.

(Uwe Grund SPD: So viel zum Thema Demokra- tie!)

Wir wollen hingegen die Volksgesetzgebung nicht abschaffen. Ich glaube, die Bürger werden durch ihr Engagement in den nächsten Monaten und Jahren zeigen, dass unsere Änderung trotzdem oder vielleicht auch gerade sie zu einer lebendigen und wirkungsvollen Demokratie führen wird. Wir werden uns wiedersehen.

(Beifall bei der CDU – Petra Brinkmann SPD: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Steffen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Spethmann, das war schon interessant, uns Anbiederei an die Bürger vorzuwerfen. Wenn man das tatsächlich ernst nimmt, was Sie eben gesagt haben, dann scheint Ihr Ideal ja zu sein, möglichst fern von den Bürgerinnen und Bürgern zu sein. Das klang eben bei Ihrer Rede durch

(Beifall bei der GAL und der SPD)

und das wird auch bei dem deutlich, was Sie hier vorgelegt haben.

Ich fand auch interessant, dass der Innensenator zweimal zu Sitzungen kommt und glaubt, er sei im Rechtsausschuss gewesen.

(Heiterkeit bei der GAL)

Das war allerdings der Verfassungsausschuss. Vielleicht war ihm auch gar nicht so deutlich, in welchem Themenkomplex sich das abspielte, was wir hier verhandeln.

(Michael Neumann SPD: Überfordern Sie ihn doch nicht!)

Es schien ihm irgendwie um Dinge zu gehen wie Verwaltungsvorschriften, wann man ein Amt auf- oder wann zumacht oder wie man irgendeinen Formularbogen vielleicht gestaltet. Das scheint ungefähr die Gewichtsklasse zu sein, unter der der Innensenator dieses Thema verhandelt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Der Innensenator hat auf die interessierten Bürgerinnen und Bürger abgestellt. Das wirkt sich an zwei Stellen aus, einmal bei der Frage der Kopplung des Wahltermins mit den Abstimmungsterminen. Da heißt es dann, na ja, das sei doch nicht so schlimm, wenn man das nicht mit den Wahlen zusammen macht, die interessierten Bürgerinnen und Bürger gingen doch dann zu so einer Volksabstimmung hin. Das kann man natürlich so sehen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist so!)

Einerseits scheint dabei der Versuch durch, die Quoren unterschreiten zu lassen, die notwendig sind, damit eine Volksabstimmung gültig ist. Das ist vollkommen klar und offensichtlich.

Ich glaube aber, dass Sie eine Dummheit auch gegen Ihr eigenes Interesse begehen. Ich meine nämlich, dass es absolut falsch ist, anzustreben, dass sich möglichst wenig Bürgerinnen und Bürger beteiligen, oder darauf zu setzen, dass nur die interessierten Bürgerinnen und Bürger an einer Abstimmung teilnehmen. Ich meine, dass es

notwendig ist, wenn ein Thema zu einem Volksentscheid gebracht worden ist, wenn das Volk aufgerufen ist zu entscheiden, dass nicht nur diejenigen abstimmen, die sagen, ja, ihnen sei das Thema mit den Krankenhäusern wichtig, sondern auch diejenigen, die bislang gesagt haben, das sei ihnen eigentlich relativ egal oder es gehe in die richtige Richtung. Das soll ja auch so sein, dass sich möglichst viele beteiligen. Genau deswegen war ja auch die Volksabstimmung über den Verkauf des Landesbetriebes Krankenhäuser auch richtig aussagekräftig.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es ist im Übrigen auch so – der Senat gibt es ja selbst zu: Der Verfassungsgeber hatte bei Einführung der Verfassungsregeln, die sich auf die Volksabstimmung beziehen, das Ziel, eine hohe Abstimmungsbeteiligung zu erzielen. Das steht selbst in der Drucksache. Das geben Sie selbst zu. Deswegen muss man doch alle Möglichkeiten nutzen, um bei möglichst vielen Volksabstimmungen – wenn es schon nicht bei allen geht – diese hohe Abstimmungsbeteiligung zu erzielen. Das wird nun einmal durch das Zusammenlegen mit den Wahlen erreicht, weil dort natürlich auch viele Leute hingehen, die vielleicht mit dem Volksentscheid selbst nicht so viel zu tun haben.

Eines aber ist bei diesem Thema besonders kurios, wo Sie immer sagen, man müsse einmal dort in diese Einzelregelung hineingucken und in diese. Vieles ist sicherlich bundesweit und international ein Flickenteppich. Da gibt es ganz unterschiedliche Regelungen. Aber bei einem ist Hamburg ganz einmalig unter den Ländern, in denen es überhaupt Volksabstimmungen gibt – wir nehmen einmal nicht diejenigen, in denen es keine Wahlen und Volksabstimmungen gibt: Da gibt es kein Land, das es verböte, Volksabstimmungen am Wahltag durchzuführen. Das gibt es nicht.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Christian Maaß GAL: Ja!)

Ich möchte aber noch etwas zum Themenkomplex "Amtseintragung bei Volksbegehren" sagen. Frau Spethmann hat ja hier gesagt, datenschutzrechtswidrig sei die alte Regelung in der Tat nicht gewesen, aber die neue sei datenschutzfreundlicher. Wir haben das im Verfassungsausschuss erörtert. Dort ist ganz deutlich geworden, wenn man die Initiativen verpflichtete, die Unterschriften auf der Straße auf Einzelbögen zu sammeln statt wie jetzt auf Sammellisten, dann wäre der Effekt des Datenschutzfreundlicheren bereits erreicht, ohne dass man dafür die Straßensammlung ganz abschaffen müsste. Auch dieses Argument trägt nicht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte mich aber auch mit der Frage der Amtseintragung auseinander setzen, wo wir ja wieder den interessierten Bürger haben. Da wird ja gesagt, wenn das die Leute tatsächlich interessiere, dann sollen sie doch in die Ämter kommen. Wenn es nicht genug Leute interessiere, sei das eben Pech. Ich glaube nicht, dass das richtig ist. Ich glaube, dass auch hier wieder gilt, dass möglichst viele Leute tatsächlich mit der Frage unmittelbar konfrontiert werden sollten, ob sie das Volksbegehren unterstützen wollen oder nicht. Ich glaube nicht, dass die Leute alle weich in der Birne sind, wenn sie tatsächlich beim Einkaufsbummel auf dem Wochenmarkt ein Volksbegehren unterstützen. Das ist wirklich eine unmögliche Unterstellung.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es ist schön, das wir bis zum Jahre 2001 eine Regelung hatten, die Ihrem Vorhaben in diesem Punkt ähnelte, wo es eine Amtseintragung gab, allerdings eine, über die alle Bürgerinnen und Bürger mit einer Benachrichtigungskarte informiert wurden, was ja der wesentliche Unterschied zu der Neuregelung ist, die Sie vorhaben. Ich bin mir aus eigener Anschauung absolut sicher, dass das Thema "sozialer Druck" durch die Amtseintragung überhaupt nicht besser geregelt ist und dass auch da der Datenschutz nicht hinreichend gewährleistet ist. 1998 war ja das auch in der Drucksache erwähnte Volksbegehren zum Thema der Volksabstimmung. Ich bin zur Eintragungsstelle gegangen – man musste ja zum Amt gehen – und es war für mich ganz leicht zu erkennen, welche meiner Nachbarinnen und Nachbarn sich schon eingetragen haben,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Aha!)

weil es, wie es im Wahllokal eine Wählerliste gibt, eine Abstimmungsliste gibt, in der die ganzen Menschen nach Adresse sortiert eingetragen sind. Ich konnte dann erkennen, wer sich von meinen Nachbarinnen und Nachbarn schon zur Eintragungsstelle hinbegeben hatte. Das war ganz offenkundig. Ich konnte gar nicht vermeiden, diese Information zu bekommen. So ist es ja auch bei Wahlen, dass man das regelmäßig sieht, nur bei den Wahlen ist es nicht so, dass man weiß, wie die Leute dann abgestimmt haben. Aber beim Volksbegehren gibt es ja nur Hingehen oder Nicht-Hingehen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Da guckt man ganz überrascht! – Dr. Andreas Mattner CDU: Big brother ist das! – Zuruf von der CDU: Schnüffler!)

Wenn man weiß, dass der Nachbar noch nicht hingegangen ist, dann hat man eine sehr interessante Information,

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

eine Information, die man bei der Eintragung auf irgendeine Liste oder auf beliebig hintereinandergereihte Einzelzettel, die auf der Straße gesammelt werden, regelhaft nicht hat, denn es wäre schon extremer Zufall, dass derjenige, der sich vor einem einträgt, auch noch ein Nachbar oder Bekannter ist. Hier sind also auch die Argumente vorgeschoben. Wir haben das Argument ja auch in den Beratungen im Verfassungsausschuss aufgegriffen und haben gefragt, ob Sie einen Fall plausibel machen können, wo sich Leute tatsächlich durch sozialen Druck veranlasst sahen, auf dieser Liste zu unterschreiben. Sie konnten es nicht plausibel machen. Dieses Argument ist absolut vorgeschoben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Dressel.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Der steht hier gar nicht drauf!)

– Tja, ein bisschen Überraschung.