Das war nicht gut, nicht sinnvoll und auch nicht aufrichtig. Bei aller aktuellen Betroffenheit ist es unsere gemeinsame Aufgabe, eine Regelung auf den Weg zu bringen.
(Olaf Böttger CDU: Frau Präsidentin, warum be- kommt Herr Neumann keinen Ordnungsruf, er hat einen Vogel gezeigt. Das kann doch nicht ange- hen! – Glocke)
Lautes Schreien ersetzt hier auch nichts. Ich habe das nicht gesehen. Es ist mir berichtet worden. Ich hätte ihn danach zur Ordnung gerufen.
Dann tue ich es jetzt, obwohl ich hier nicht über jedes Stöckchen springe, das Sie mir hinhalten, aber auch non verbale Gesten sind zu rügen, Herr Neumann. – Jetzt bekommt Herr Goldberg das Wort.
Wer sich unverantwortlich verhält und andere unnötig sowie wiederholt in Gefahr bringt und schädigt, beweist damit nicht gerade seine Eignung als Hundebesitzer. Ein dezidierter Bußgeldkatalog ist der erste Schritt zur Disziplinierung. In groben Fällen ist es unausweichlich, ein Verbot des Haltens und Führens von Hunden zu erlassen und durchzusetzen.
Einvernehmen haben wir zwischen den Fraktionen bei der Kennzeichnungspflicht, der Haftpflichtversicherungspflicht und der Verpflichtung zur Mitführung eines Versicherungsnachweises sowie beim allgemeinen Leinengebot im gesamten städtischen Bereich.
Wir müssen aber ebenso den Bedürfnissen der Hundehalter Rechnung tragen und sinnvolle Öffnungen schaffen.
Diese können zeitlicher, saisonaler und örtlicher Natur sein. Hundeauslaufflächen sind bei aller Problematik der Konzentration von Tierkonflikten auf solchen Plätzen das eine. Hier sind wir bisher leider noch nicht in dem Maße ausgerüstet, wie es nötig ist. Aber wir können uns auch vorstellen, in öffentlichen Grünanlagen allgemein festgelegte Ausnahmen an Morgen- und Abendstunden oder Herbst- und Wintermonaten zu schaffen. Eine Regelung, die den Hundehaltern artgerechte Hundehaltung verwehrt, weil sie ihrem Vierbeiner in der Stadt nicht mehr ausreichend Bewegung verschaffen können, wird schon aus tierschutzpolitischen Gründen ein Rohrkrepierer.
Wir müssen die Hundebesitzer mitnehmen, indem wir die Möglichkeit eröffnen, durch vernünftiges und verantwortliches Handeln Freiräume zu gewinnen. Hierzu gehört der Nachweis ausreichender Sachkunde über Haltung, Erziehung und Ausbildung. Hierzu gehört die Persönlichkeit des Hundes, dessen Verträglichkeit für Mensch und Tier im Rahmen eines Wesenstest zu zeigen ist. Jeder Hund verhält sich mit jedem Hundeführer anders und zeigt ein anderes Maß an Gehorsam und Führigkeit. Für eine Befreiung vom Leinengebot muss nicht nur der Hund und nicht nur der Hundeführer, sondern das Gespann aus Mensch und Hund geeignet sein. Das gilt es zu prüfen.
Die Hauptaufgabe besteht jetzt darin, für Sachkundeprüfung, Eignungsnachweis, Wesenstest und Gehorsam sinnvolle Standards zu entwickeln und gesetzlich festzuschreiben.
Ich denke, wir sind uns einig, dass wir zügig ein gutes, ausgleichendes und einheitliches Hundegesetz brauchen. – Vielen Dank.
Erstens: Ich werde das Gefühl nicht los, dass bei mindestens einem Drittel der Redner und Rednerinnen, die hier gesprochen haben, ein bisschen viel Pathetik im Vordergrund war und der Anlass für diese Rede sowie die öffentliche Auseinandersetzung mit diesem Thema leider auch nur die bitteren und gefährlichen Vorfälle waren, die wir in den letzten Wochen öffentlich verfolgen durften.
Zweitens: Die Auseinandersetzung mit den Hundehaltern und Hundehalterinnen führt man – und das ist durchaus auch eine bittere Erkenntnis aus den Vorfällen in der rotgrünen Koalition – immer nur mit Unterstützung der Öffentlichkeit. Ansonsten ist diese Auseinandersetzung nur sehr schwer zu führen. Das haben Sie hier auch mehrfach deutlich gemacht. Wenn Sie jetzt aber sozusagen die Hundehalter und -halterinnen nach vorn stellen und behaupten, dass das diejenigen sind, die Schuld haben, und dass sich nur mit Repressionen etwas ändern lässt, ist das, finde ich, zu kurz gegriffen.
Seit ungefähr einem Jahr erhalten Sie aus der Opposition die notwendigen Anregungen für eine Debatte der neuen Hundeverordnung. Sie haben aber erst jetzt anlässlich dieser Vorfälle damit begonnen. Das ist bitter genug. Was Herr Dräger hier vorgetragen hat, ist zu begrüßen. Ich finde, die Opposition hat hier gute Arbeit geleistet. – Vielen Dank.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Frank-Thorsten Schira CDU: Die GAL, die SPD weniger!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir bitte zu diesem Thema, das ja auch sehr emotional diskutiert wird, zunächst zwei persönliche Hinweise: Erstens bin ich Vater und zweitens seit vielen Jahren auch Hundehalter. Ich sage das, um deutlich zu machen, dass mir beide Perspektiven durchaus vertraut sind.
Und noch etwas: Nur wenige Minuten nach der tragischen Beißattacke in Wilhelmsburg im Jahre 2000 bin ich selbst vor Ort gewesen. Ich erinnere mich heute noch sehr gut an die Eltern von Volkan, an die Reaktionen der Mitschüler und der Lehrer, die Augenzeugen dieses Vorfalles geworden sind, sowie an die Gespräche mit den Polizisten. Sie können mir glauben, diese Eindrücke vergisst man nicht.
Jeder Hundebiss ist einer zuviel. Hierüber sind wir uns einig. Gerade, wenn innerhalb von zwei Wochen gleich
mehrmals über derartige Vorfälle berichtet wird, ist die öffentliche Diskussion nur zu verständlich. Jedes Mal waren Menschen, insbesondere Kinder betroffen. Ich meine damit nicht nur die körperlichen Verletzungen, sondern auch die psychischen Folgen. Aber genau deshalb ist es auch wichtig, die Emotionalität nunmehr wieder ein bisschen aus der Diskussion herauszunehmen und zu betrachten, worüber wir hier eigentlich reden.
Es ist festzustellen, dass zumindest die Zahl der gemeldeten Vorfälle in den vergangenen Jahren glücklicherweise zurückgegangen ist und im Jahre 2004 noch 445 betrug. Insbesondere die Vorfälle mit Kampfhunden sind in den letzten Jahren auf 20 Prozent heruntergegangen. Weiterhin ist festzustellen, dass in der Mehrheit der Fälle – etwa 60 Prozent – glücklicherweise keine Menschen betroffen waren.
Man konnte in den vergangenen Tagen in der Presse lesen, dass nach der Einschätzung von Tierärzteorganisationen immerhin drei Viertel aller Beißvorfälle im häuslichen Bereich geschehen, also in der eigenen Wohnung, im eigenen Haus und im eigenen Garten. Geht man nach den Informationen über die Vorfälle der letzten Tage, kann man ganz klar entnehmen, dass auch in allen diesen Fällen bereits eine Leinenpflicht bestand. Daher, Herr Neumann, eignet sich dieses Thema nicht für Populismus, sondern bedarf einer ernsthaften und sachlichen Diskussion.
Zu diesem Zweck möchte ich Ihnen gern ein paar Zeilen vorlesen und ich Sie, Herr Neumann, bitten, ganz genau zuzuhören.
"Die Überprüfung hat ergeben, dass die Einführung eines generellen Leinenzwanges nicht sinnvoll ist. Eine ausreichende Zahl von Freilaufflächen in bedarfsgerechter Verteilung steht nicht zur Verfügung und kann voraussichtlich nicht geschaffen werden. In Hamburg ist nach der Hundeverordnung bereits in folgenden Fällen ein Leinenzwang vorgeschrieben für:
gefährliche Hunde außerhalb befriedeten Besitztums, in Treppenhäusern und auf Zuwegen von Mehrfamilienhäusern,
Hunde, die gewohnheitsmäßig Menschen oder Tiere verfolgen, anhaltend anbellen oder sonst erheblich belästigen,
Hunde in Einkaufszentren, Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und bei Veranstaltungen mit großen Menschenansammlungen.
Grün- und Erholungsanlagen nach der Verordnung zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen,
in den Schutzgebieten im Sinne des Paragraphen 15 des Hamburgischen Naturschutzgesetzes, soweit im Einzelfall das Mitnehmen eines Hundes nicht überhaupt untersagt ist.
Damit – und das ist das Spannende – ist für potentiell gefährliche Hunde generell Leinenzwang vorgeschrieben. Andere Hunde sind in weiten Bereichen der Stadt ebenfalls anzuleinen. Werden diese Vorschriften befolgt, so sind die Gefährdungen nicht zu erwarten. Die Einführung eines generellen Leinenzwanges auch für potentiell ungefährliche Hunde wäre nach Auffassung der Bezirksämter, der Umweltbehörde, der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales unverhältnismäßig. Sowohl bei den bestehenden Anleinverpflichtungen als auch bei einem darüber hinausgehenden generellen Leinenzwang stellt sich die Frage der Durchsetzbarkeit, wozu das Personal zur Überprüfung fehlt. Eine Einführung eines generellen Leinenzwanges könnte sogar dazu führen, dass die bereits bestehenden Vorschriften nicht mehr beachtet werden würden."
Wissen Sie, wer das geschrieben hat? Das ist im Jahre 2000 unter rotgrün von der Umweltbehörde geschrieben worden.
Damals hatten wir in Hamburg 17 statt heute 60 Auslaufflächen und wir hatten seinerzeit sage und schreibe acht Mitarbeiter im Hundekontrolldienst. Und nochmals, Herr Neumann, die Zahl der Vorfälle war größer.
Der Senat hat in den vergangenen Jahren gehandelt. Die verstärkte Überprüfung der Hundehalter und die geahndeten 2000 Ordnungswidrigkeiten, dreimal so viel wie je zuvor, – der Senat hat darauf hingewiesen –, hat eindeutig Wirkung gezeigt. Aber offenbar reicht dieses allein nicht für alle Situationen aus. Das ist nun deutlich geworden.