Bildungssparen wird ein Stichwort werden. Wir werden die Wirtschaft mit einbeziehen müssen, um Stipendien, um Bildungsfonds und Bildungsstiftungen auf den Weg zu bringen und unsere Bildungslandschaft neu zu finanzieren. Sehr wohl ist Bildung für mich keine Ware, wohl aber ein hohes und wertvolles Gut,
das sich aber nicht mehr durch eine Vollkaskomentalität, wie wir sie bisher gehabt haben, finanzieren lässt. Deshalb brauchen wir in unserer Gesellschaft ein neues Bildungsfinanzierungsbewusstsein. Es geht eben nicht mehr nach dem Motto Augen zu und durch. Die CDU trägt für Hamburg und ihre Hochschulen Verantwortung. Wir haben erkannt, was jetzt notwendig ist. Deshalb machen wir den Weg frei für die Einführung sozialverträglicher Studiengebühren. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Selten habe ich eine so unleidenschaftliche Rede zu Studiengebühren gehört wie die von Ihnen, Herr Beuß. Wenn Sie schon Ihre Meinung geändert haben, dann könnten Sie Ihre neue Meinung wenigstens mit mehr Leidenschaft vertreten. Noch besser wäre es gewesen, wenn Sie Ihre alte Meinung behalten hätten. Das wäre wirklich schöner gewesen.
Sie haben davon gesprochen, dass die CDU ein Konzept habe. Ich frage mich, was das für ein Konzept ist. Ich zitiere aus Ihrem Antrag. Da steht als Petitum:
"Der Senat wird ersucht, die Voraussetzung für die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium ab Sommersemester 2006 zu schaffen."
Was ist das für ein Konzept? Das ist ein Antrag, wie man ihn in jedem guten Ortsausschuss stellt. Ich finde, das ist kein Bürgerschaftsantrag, sondern nur die Kurzfassung einer Presseerklärung, die Sie hier beschließen lassen wollen.
Herr Beuß, Sie haben vom Bildungssparen gesprochen. Ja, man muss in dieser Stadt mittlerweile wirklich mit dem Bildungssparen beginnen.
Jeder und jede, die in dieser Stadt ein Kind hat, muss wirklich von Geburt an für die Bildung sparen, und zwar erst für die Vorschule, zuvor wahrscheinlich noch für die Kita, dann für die Schule, dann für das Schulschwimmen und dann kommt das Studium. Ich habe meinen Kindern schon gesagt, dass sie am besten Schuhmacher und Schneider werden sollten, denn dann habe ich wenigstens bald Einnahmen.
Wir haben wirklich einen bemerkenswerten Antrag der CDU. Vor zwölf Monaten haben Sie sich hier noch als Großstadtpartei geriert. Orangefarben waren Sie überall in der Stadt zu sehen. Nun plötzlich fordern Sie Studiengebühren. Wer sich noch erinnert, wie früher Roland Salchow – und Sie haben es selber erwähnt, Herr Beuß – als Abgeordneter in der CDU klar sagte und damals in einer Kampfabstimmung
(Wolfgang Beuß CDU: Das war keine Kampfab- stimmung! – Thomas Böwer SPD: Genau, auch aus der zweiten Reihe!)
Haben Sie doch wenigstens mal ein besseres Gedächtnis, wenn Sie Zwischenrufe machen und sprechen Sie sich mit Herrn Salchow ab.
Herr Salchow hat sich damals in der CDU-Fraktion durchgesetzt, ist hochschulpolitischer Sprecher geworden mit der klaren Ansage, dass es mit ihm keine Studiengebühren gibt. Nun, mittlerweile als Staatsrat, hat Herr Salchow anscheinend nicht mehr jene Durchsetzungskraft, die er vielleicht damals hatte, um seine politischen Ziele durchzusetzen. Die CDU-Fraktion vollendet mit diesem Antrag wirklich Ihr Familienvergraulungsprogramm in Hamburg. Von der wachsenden Stadt haben Sie sich wohl ohnehin schon verabschiedet. Die gerechte Stadt wollten und wollen Sie wohl gar nicht erst. Mit Studiengebühren an staatlichen Hochschulen werden Sie keinen einzigen Studierenden mehr nach Hamburg holen.
Außerdem werden Studiengebühren in den Augen der Finanzbehörde nur dazu führen, dass man sehr bald die Zuschüsse an die staatlichen Hochschulen absenken kann.
Selbst wenn die Studiengebühren zunächst natürlich an die Haushalte der Hochschulen gehen – das will ich gar nicht bestreiten, dass Sie das vielleicht durchsetzen werden –, so wird auf der anderen Seite Finanzsenator Peiner mit sinnlichen Augen darauf achten, wo er dort Geld sparen kann. Das kann es wirklich nicht sein.
Die hochschulpolitische Lage ist doch ganz eindeutig. Unsere Stadt – und in Wahrheit auch die Bundesrepublik Deutschland – braucht mehr gut ausgebildete Studierende. Es ist gerade widersinnig zu glauben, dass man mit einer drastischen Preiserhöhung das Produkt "universitäre Bildung" beliebter macht und die Nachfrage dafür erhöht. Das funktioniert auf keinem einzigen Markt, aber hier soll es geschehen. Vielmehr zeigt uns das Beispiel Australien ganz deutlich, dass die Einführung von Studiengebühren die Nachfrage nach Studienplätzen senkt.
Das wollen Sie anscheinend. Das ist die Wahrheit. Nicht nur wegen der zunehmenden Globalisierung müssen wir doch alle ein Interesse daran haben, dass es Bildung für alle gibt. Aber dieser CDU-Senat hat nur noch das Interesse für ein Konzept von Bildung für alle guten Zahler. Das kann es nicht sein.
Wir wollen eine gerechte Stadt und dazu gehören keine Studiengebühren. Im Übrigen können Sie der BAföGReform entnehmen, welche Auswirkungen es hat, wenn man in einer bestimmten Weise Preise erhöht beziehungsweise Zuschüsse gibt.
Durch die BAföG-Reform ist die Sozialstruktur der Studierenden so verändert worden, dass jetzt mehr Kinder von Eltern aus schlechter verdienenden Familien studieren. Das ist eine ganz klare Veränderung, die zeigt, wie Preise von Bildung Auswirkungen auf das Bildungsverhalten haben.
Wir können erstens feststellen, dass Studiengebühren spätestens in einigen Jahren nach der Einführung nur dem Finanzsenator und niemandem sonst zugute kommen.
Zweitens: Junge Menschen, deren Eltern zwischen Sozialhilfe und Elbchaussee leben, werden von Studiengebühren gezielt in dieser Stadt verschreckt.
Den Schwarzen Peter für Studiengebühren bekommen im Übrigen die Hochschulen zugeschoben, denn – so ist es laut Presseerklärung vorgesehen – die sollen nachher im Detail über die Einführung von Studiengebühren entscheiden. Das kann es wirklich nicht sein. Noch nicht einmal dort wollen Sie sich bekennen.
Der CDU-Antrag ist noch nicht einmal ein Gesetz, obwohl Sie als CDU-Fraktion die Gesetzgebungsmehrheit haben. Nein, ich appelliere an den Senat: Verhindern Sie Studiengebühren in Hamburg.
Herr Salchow, Sie haben meine Unterstützung, wenn Sie die Studiengebühren weiterhin in dieser Stadt verhindern. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Herr Beuß, ich bin konservativ, ich will Gutes bewahren, Bildung ist ein hohes Gut und wir brauchen viele gut gebildete Menschen.