Protocol of the Session on February 2, 2005

Wenn es wenigstens im öffentlichen Dienst jemanden gäbe, der verzweifelt darauf wartet, einen Orden annehmen zu können. Aber der Senat hat auf meine Kleine Anfrage heute mitgeteilt, dass im letzten Jahr keiner einen solchen Antrag gestellt hat, weder für einen Orden von ausländischen Mächten noch für einen inländischen. Gibt es vielleicht in Ihrer Fraktion irgendeinen, der sich verzehrt, einen zu bekommen und es jetzt endlich darf?

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

Wie kommt eine Fraktion dazu, sozusagen U-hoch-10 – unerheblich, unwichtig, unnötig etc. – zu machen? Niemand erwartet, dass Sie den Zusammenhang zur Globalisierung herstellen, aber vielleicht gibt es den bei Orden.

(Heiterkeit bei der SPD)

Deshalb kommen wir jetzt zum wirklich Abnormen Ihres Antrages. Die hamburgische Ordenspraxis gründet auf eine jahrhundertlange Tradition. Diese Tradition hat sich bis zum heutigen Tage für die Mitglieder der Verfassungsorgane, des Senats, der Bürgerschaft und für die öffentlich Bediensteten der Hansestadt Hamburg erhalten.

(Wolfgang Beuß CDU: Noch ein Konservativer!)

Kern dieser Tradition war das besondere Verständnis von Freiheit und von Unabhängigkeit dieser Stadtrepublik. Die Bürger dieser Stadt erkannten niemanden über sich an und deshalb nahmen sie auch keine Auszeichnungen an.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das ist so nicht richtig!)

Das ist ein Teil ihres Selbstverständnisses gewesen. Der andere Teil ihres Selbstverständnisse war, mehr zu sein als zu scheinen. Das war ihr Selbst- und Pflichtverständnis. Auf diese Tradition, die einmalig und groß ist, kann man stolz sein. Die CDU-Fraktion ist es aber offensichtlich nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Hartmut Engels CDU: Sie bekommen den Orden Wider den tierischen Ernst!)

Diese Geschichtslosigkeit tut einem durchaus weh und die mangelnde politische Kultur auch. Aber irgendwie liegt es vielleicht in Logik des Abnormen – denn auch Abnormes hat eine Logik –, dass Sie dazu kommen.

Wenn man den Kern Ihrer Politik betrachtet, dann befindet sich darin der schöne Schein, die Äußerlichkeit, Glitzer und Glamour, Glanzlichter, Leuchttürme, die aufgehübschte City und eine fieberhafte Suche nach Weltstadtprojekten, denn darüber kann man auch die sozialen Probleme dieser Stadt verdrängen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Jetzt wird es heuchle- risch!)

Wenn sich ein Senat ab und zu als Eventagentur und nicht als Regierung betätigt, finden Sie das gut.

(Christoph Ahlhaus CDU: Zum Thema!)

Dann ist es nur konsequent, wenn man sich irgendwie mit Orden auseinander setzt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Vielleicht setzen Sie demnächst eine Arbeitsgruppe ein,

(Barbara Ahrons CDU: Gute Idee! Machen Sie mal einen Antrag!)

die das Ritual der Verleihung angemessen neu inszeniert. Es werden Ihnen zwar keine hamburgischen Intendanten für diese Choreographie zur Verfügung stehen, aber irgendwie wird es gehen. Sie können auch eine Gebühr für die verschiedenen Stufen der Verleihung erheben, das würde zu Ihnen passen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das, was Sie hier machen, ist nicht nur unnötig, es ist peinlich. In dieser Stadt braucht das niemand. Man braucht hier nicht über Gleichbehandlung oder sonst was reden. Wenn Ihnen nichts anderes einfällt, um Ihr nicht vorhandenes Profil zu schärfen, tut es uns Leid.

Wenn Sie Größe hätten, würden Sie den Unsinn aus dem Verkehr ziehen. Wenn diese Senatoren, die dort sitzen, etwas von einem hanseatischen Stil hätten, würden sie das jetzt stoppen. Dazu fordere ich Sie auch auf.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Steffen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich war auch erstaunt, als ich diese rechtspolitische Initiative der CDU auf den Tisch bekam. Ich dachte auch, dass es so manches geben würde, was man anfassen könnte, aber die CDU nimmt sich dieses Thema vor.

Ich fand es auch total erstaunlich, als ich mir die Begründung dieses Antrags durchlas, dass darin nicht mit einem Wort auf diesen historischen Kontext, den es in der Tat gibt, eingegangen wird. Frau Spethmann hat das vorhin so ein bisschen in ihrer Rede getan, aber ich bin der Meinung, dass diese Regelung eine wunderbare Hamburgensie ist und sie verweist auf eine tolle Tradition. Das hat Herr Zuckerer sehr gut herausgearbeitet. Es wäre sehr schade, wenn man auf diese Tradition verzichten und sich davon verabschieden würde, ohne dass man tatsächlich gewichtige Gründe ins Feld führt, warum gemeint wird, dass diese Tradition ein Riesenproblem darstellt, das durch ihre Abschaffung gelöst wird.

Persönlich finde ich es schade, weil mein absoluter "Lieblings-Tatort" seinen Schluss verlieren würde. Es handelt sich um eine Folge eines "Tatorts" aus Hamburg mit Manfred Krug und Charles Brauer. Die Folge nennt sich "Undercovercamping".

(Michael Neumann SPD: Ja, die ist groß!)

Dieser "Tatort" hat zum Gegenstand, dass die Briefmarkensammlung des belgischen Königs abhanden gekommen ist. Die beiden Polizisten werden auf die Diebe angesetzt. Zum Schluss geht natürlich alles gut aus, die Briefmarkensammlung befindet sich unten bei den Pedalen eines Klaviers, sie wird gefunden und zum belgischen König zurückgebracht. Wie sich das gehört, möchte sich der König bei diesen beiden so erfolgreichen Polizisten bedanken. Sie sollen einen Orden erhalten, der auf einem Samtkissen ausgebreitet wird. Manfred Krug sagt, dass so ein Orden auf dem Sarg schon etwas Schönes wäre. Charles Brauer sagt dann, dass Hamburger keine Orden annehmen würden, worauf Manfred Krug sagt:

"Wir sind keine Hamburger, wir sind Berliner!"

(Heiterkeit bei der GAL und der SPD)

Die wunderbare Sentenz aus diesem "Tatort" könnte künftig nicht mehr geschrieben werden. Das wäre äußerst schade.

(Beifall bei der GAL, der SPD und bei Dietrich Rusche CDU)

Das kommt zu dieser erschreckenden Geschichtslosigkeit hinzu, die diesem Antrag innewohnt.

Herr Zuckerer hat den realen Hintergrund dieser Initiative hinterfragt. Es stellte sich heraus, dass kein Beamter beantragt hat, einen Orden verliehen zu bekommen. Vielleicht ist es auch ein Problem, dass es gar nicht genügend Orden für Beamte gibt. Wenn Sie das so angehen wollen, dass die Beamten künftig mehr und mehr mit Orden ausgezeichnet werden sollen, dann würde es vielleicht nicht mehr so wehtun, wenn der Verdienst gekürzt wird. Wenn die Beamten künftig vor lauter Orden nach vorne gebeugt gehen sollen, dann müssen wir mehr Orden für Beamte schaffen.

(Michael Neumann SPD: Wenn das Geld weniger wird, werden die Orden größer!)

Orden kosten Geld, das ist ziemlich aufwändig. Hamburg kann sich das nicht leisten.

Aber Ihre Initiative beantwortet eine Frage, die wir uns seit gestern stellen: Was wird Herr Kusch am nächsten Dienstag als neue Bundesratsinitiative vorstellen?

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der SPD)

Es wird die Schaffung eines deutschen Beamtenordens sein. Damit sollen besonders verdiente Beamte ausgezeichnet werden. Herr Kusch wird uns damit sicherlich schon am nächsten Dienstag beglücken.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte dem CDU-Antrag aus der Drucksache 18/1617 zustimmen und das 28. Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Beamtengesetzes beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen. – Buh-Rufe bei der SPD und der GAL) )

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Haus? – Wer widerspricht? – Damit ist der Widerspruch relevant.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Denkt noch mal nach!)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf, Drucksache 18/1621, Bericht des Innenausschusses: Bürgernaher Ordnungsdienst in den Bezirken.

[Bericht des Innenausschusses über die Drucksache: 18/1201: Bürgernaher Ordnungsdienst in den Bezirken (SPD-Antrag) – Drucksache 18/1621 –]

Wer wünscht das Wort? – Der Abgeordnete Rosenfeldt hat es.