Protocol of the Session on December 16, 2004

Die Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe die Drucksache 18/1104 auf, Gemeinsamer Bericht des Gesundheitsausschusses und des Haushaltsausschusses zum Thema Teilprivatisierung des LBK Hamburg.

[Gemeinsamer Bericht des Gesundheitsausschusses und des Haushaltsausschusses über die Drucksache 18/849: Teilprivatisierung des LBK Hamburg (Senatsantrag) – Drucksache 18/1104 –]

Ziffer 1 der Ausschussempfehlung hat die Bürgerschaft in unserer gestrigen Sitzung einstimmig in erster und zweiter Lesung angenommen.

Ziffer 2 ist sie mehrheitlich gefolgt.

Die zu den Spiegelstrichen 4, 5 und 9 des Senatsantrages erforderliche zweite Lesung konnte gestern noch nicht erfolgen, weil es hierzu Widerspruch aus dem Hause gab.

Die Fraktionen haben vereinbart, dass heute eine Beratung in zweiter Lesung stattfinden soll. Jeder Fraktion und dem Senat stehen hierfür 15 Minuten Redezeit zur Verfügung. Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Petersen bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegen den Willen einer großen Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger schließen Sie heute das Kapitel der städtischen Krankenhausversorgung. Gerade jetzt gilt zunächst ein Dank an das Personal, das in den letzten und auch in den kommenden Wochen, und zwar in allen Kliniken für die Hamburgerinnen und Hamburger hervorragende Arbeit leistet.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Es ist schon bemerkenswert, dass die CDU-Fraktion keinen Dank für alle übrig hat.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das ist doch selbst- verständlich, wir brauchen Ihre Showveranstaltung nicht! – Zurufe: Kommen Sie mal zur Sache!)

Vor allen Dingen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LBK haben in den letzten drei Jahren sehr viel Unsicherheit erleben müssen und sie haben eine ungewisse Zukunft vor sich.

Der LBK ist durch Sie zu einem Spekulationsobjekt verkommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Jeder, der sich ein wenig mit der Materie beschäftigt hat, weiß, dass die Firma Asklepios ohne einen Börsengang dieses Geschäft gar nicht durchführen kann.

Was bedeutet Börsengang für die Menschen: Das bedeutet, die Kosten gehen herunter, die Gewinne gehen hoch und die Arbeitsplätze gehen herunter.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt viele verschiedene Beispiele, davon möchte ich nur zwei nennen.

Erstes Beispiel: Schering – Die Firma Schering hat einen Gewinn von 15 Prozent.

(Wolfhard Ploog CDU: Die betreiben doch gar kei- ne Krankenhäuser!)

Um den Gewinn auf 18 Prozent zu erhöhen, entlassen sie weit über 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Zweites Beispiel: Phoenix – Auch die Firma Phoenix ist als Aktiengesellschaft aufgekauft worden und das Ergebnis ist, dass ein Unternehmen, was gerade in diesem Jahr eine sehr gute wirtschaftliche Situation hat, 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren muss.

Was bedeutet nun der Börsengang für den LBK? Für die Patientinnen und Patienten bedeutet das, dass einfache und billige Behandlungen durchaus durchgeführt werden, aber komplizierte und teure Behandlungen zukünftig nicht mehr vorgenommen werden können.

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist doch dummes Zeug! – Zurufe von der CDU – Glocke)

Meine Damen und Herren!

Wenn Sie hier derart widersprechen, dann will ich Ihnen einmal das LBKForum vom März 2004 vorhalten. Darin hat Herr Prof. Heinz Lohmann ein Interview gegeben und gesagt – Zitat:

"Um wirtschaftlich zu überleben, müssten sich Krankenhäuser auf einfache Leistung mit geringem Ressourcenaufwand konzentrieren. Komplizierte Behandlungen müssen hingegen aus Kostengründen rationiert werden. Längere und immer längere Wartezeiten wären dann die Folge."

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Welcher Partei gehört er an? – Beifall bei der SPD und der GAL)

Bis heute ist es noch so, dass Behandlungsentscheidungen in der Regel von Ärzten, Chef- und Oberärzten vorgenommen werden. Wenn jemand eine neue Hüfte bekommt, wird beispielsweise entschieden, welches Modell dort eingebaut wird, da es verschiedene Modelle gibt. Es gibt Hüften, die einzementiert werden. Sie sind günstig, haben aber den Nachteil, dass diese, wenn eine neue eingebaut werden muss, kaum noch herausgehen.

(Wolfgang Beuß CDU: Jetzt gibt es das kleine Einmaleins der Orthopädie!)

Herr Beuß, hören Sie ruhig zu, Sie können noch etwas lernen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Aber es ist typisch, wie Sie reagieren, wenn jemand, der aus dem Fach kommt, Ihnen einmal sagt, wie es geht.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Auf der anderen Seite gibt es die Möglichkeit, eine Hüftendoprothese ohne Zement einzubauen, die in der Regel sehr viel besser funktioniert, aber auch teurer ist. Noch entscheiden das Ärzte. In Zukunft wird der Verwaltungschef darüber entscheiden, welche Hüften eingebaut werden und welche nicht.

Weiterhin bedeutet der Börsengang natürlich…

(Harald Krüger CDU: Das hat doch nichts mit dem Börsengang zu tun! – Und weitere Zurufe von der CDU – Glocke)

Meine Damen und Herren! Nicht alle zusammen, sondern alle nacheinander. Genügend Redezeit ist vorhanden und jetzt hat das Wort der Abgeordnete Petersen.

Ich kann weitere Beispiele anführen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: 15 Minuten haben Sie, machen Sie mal weiter!)

Es gibt beispielsweise verschiedene Herzschrittmacher. Auch hier entscheidet zukünftig der Verwaltungschef, welche Herzschrittmacher eingekauft werden und welche nicht.

(Barbara Ahrons CDU: Das hat einen Vorteil, dass ich weiß, was das kostet!)

Also diesen Einwand kann nur jemand geben, der privat versichert ist.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Sie haben den Vorteil, dass Sie sich jede medizinische Leistung leisten können. In der Zukunft werden die Patienten, die normal versichert sind, nicht jede medizinische Leistung erhalten. Daher ist Ihnen die Abstimmung egal.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das ist im Übrigen auch genau der Grund, warum Sie sich so leicht mit dieser Abstimmung tun.

Es wird für das Personal sehr viel härter werden. Schon in den letzten Jahren ist es so, dass der LBK massiv Personal abgebaut hat. Von rund 15 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es jetzt noch knapp über 10 000 und diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten mehr als vorher. Das heißt, dass die Versorgung in den Krankenhäusern in manchen Bereichen durchaus gefährdet ist.

(Harald Krüger CDU: Ja, von Direktoren! – Zuruf von Dr. Willfried Maier GAL)

Herr Maier, ich versuche weiterzureden. Es ist nicht so ganz einfach, wenn so dämliche Sprüche kommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Glocke)