Protocol of the Session on November 24, 2004

(Beifall bei der SPD)

Sie verspielen hier einen Konsens, der möglich gewesen wäre, durch eine wirklich fahrlässige politische Art. Wir haben in vielen Punkten – Frau Goetsch hat es erwähnt – einen Konsens. Wir wollen alle die Verselbstständigung der Schulen in großem Maße. Wir wollen, dass die Schulleiter mehr Verantwortung haben. Wir wollen das eigenverantwortliche Budget für die Schulen. Wir wollen die kaufmännischen Geschäftsführer. Da haben wir ja viel gemeinsam. Was Sie jetzt machen, nur aus der Sicht heraus, die Wirtschaft müsse mehr Einfluss haben, kann ich nicht nachvollziehen.

Die Handelskammer und die Handwerkskammer haben Zwangsmitgliedschaften für die Wirtschaft. Das muss man auch einmal sehen. Ich selbst bin Geschäftsführer und mit einer kleinen Firma selbständig und weiß, dass die Handelskammer mitnichten für alle sprechen kann. Wir selber bilden aus und die Handwerkskammer hat sich noch nie um uns gekümmert. Dieser Fokus auf die Handels- und Handwerkskammer ist falsch. Ich sage Ihnen, die staatliche Schulaufsicht, die wir haben, Artikel 7 Grundgesetz, ist hier nicht ausreichend berücksichtigt. Das ist doch das Problem und da bedeutet es, dass wir eine doppelte Mehrheit für die staatliche Aufsicht brauchen. Das heißt, die normalen Mitglieder müssen demokratisch legitimiert sein – demokratisch und nicht von der Handwerkskammer – und sie müssen dann als staatliche Vertreter auch die Mehrheit haben. Die haben sie nach Ihrem Modell ja gar nicht, sondern sie sind darauf angewiesen, dass die Schülervertreter und die Lehrervertreter mitstimmen würden. Nur im Dissens, das heißt, wenn es pari steht, fifty-fifty, nur dann kommen Sie als Senatorin zum Zuge. Da müssen Sie doch selbst sagen: Das reicht nicht.

Ich sage Ihnen, wenn Sie ein bisschen mehr überlegen und nicht so viele Baustellen im Schulbereich aufmachen würden, immer noch eine und noch ein Projekt, dann würden Sie einen großen Konsens in der Stadt finden, wenn Sie auf die Menschen zugehen. Aber nein, das wollen Sie anscheinend nicht, Sie wollen es durchpeit

schen. Dieser Schweinsgalopp, den Sie hier vorlegen, bringt uns allen nichts. In dieser wichtigen Sache gilt es, einen Konsens anzustreben, und zu diesem Konsens gehören die SPD, die GAL, aber auch die Gewerkschaften dazu. Das sollten Sie sich noch einmal überlegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen, wenn Sie immer behaupten, das Volksbegehren sei damit erfüllt, dann ist das falsch. Wir haben – um das noch einmal deutlich zu machen – diesen Zusatzantrag vorgelegt, um unsere abweichende Meinung hier deutlich zu machen. Auch wenn Sie mit Mehrheit Ihrem Antrag zustimmen, ändert das nichts an einem deutlichen Verstoß. Sie können nicht Leute vereinnahmen, die sich von Ihnen nicht vereinnahmen lassen wollen. Ich sage Ihnen, Sie müssen hier noch viel tun.

(Beifall bei der SPD und bei Gudrun Köncke GAL)

Herr Heinemann hat jetzt das Wort.

Meine Damen und Herren! Nur noch drei, vier Anmerkungen. Die meisten inhaltlichen Argumente hat ja Frau Senatorin Dinges-Dierig schon gebracht. Sie haben gesagt, das sei ein Antrag der Behörde und die CDU-Fraktion habe sich hier einmal wieder – ich weiß nicht mehr, was Ihre Wortwahl war – zum Bettvorleger gemacht. Den Antrag habe ich höchstpersönlich geschrieben,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das macht ihn nicht besser!)

nicht aber die entsprechenden Eckpunkte im Papier. Das – und das ist auch gar kein Geheimnis, das haben wir öffentlich so bekannt gegeben – ist ein Papier, das in Gesprächen mit der Wirtschaft, mit der Behörde und mit der CDU-Fraktion entstanden ist. Die CDU-Fraktion ist in diesen Gesprächen auch selbstbewusst genug gewesen, ihre Position entsprechend einzubringen. Von daher ist das ein Papier, das von den entsprechenden Partnern zusammen erstellt worden ist, um das noch einmal deutlich zu sagen.

Herr Riecken, zu dem, das Sie gerade sagten: Ich persönlich habe diverse Gespräche geführt, und zwar auf allen Seiten, sowohl mit den Gewerkschaften als auch mit der Wirtschaft als auch mit den Berufsschulleitern und so weiter. Ich habe versucht, auch in diesen Gesprächen herauszubekommen, was denn den Gewerkschaften und den Berufsschulleitern wirklich wichtig ist. Da stellte sich heraus, dass das, was eben ganz groß immer darüber stand nach dem Motto "Privatisierung" und so weiter, eher ein Schlagwort war: "Das geben wir ja zu, das hat sich populistisch ganz gut gemacht, aber eigentlich haben wir auch nichts gegen selbstständige Berufsschulen, wir sind eigentlich alle dafür." Aber dann ist natürlich das eigentliche Argument – jetzt, heute, kommen Sie auch heraus damit –, dass Sie mitregieren wollen. Es geht Ihnen gar nicht darum, dass der Staat die absolute Mehrheit in den Gremien behält, nein, der Staat darf ruhig nur ein Drittel der Stimmen haben, Hauptsache, die Gewerkschaften haben ein Drittel der Stimmen. Das ist Ihnen wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Das ist das einzige Argument, das hier noch einigermaßen tragfähig erscheint.

Wir haben ja vorhin schon den Usus hier gebrochen, dass ein ehemaliger Senator sich nicht wieder zu seinen Themen meldet. Vielleicht, Herr Pumm, überlegen Sie auch einmal – ich würde es jedenfalls gern wissen –, in welcher Funktion Sie hier sprechen. Etwas Zurückhaltung, glaube ich, wäre in solcher Funktion vielleicht auch einmal angemessen.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Für wen reden Sei denn? Sagen Sie das mal!)

Jetzt hat Frau Goetsch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Heinemann, Sie vergaloppieren sich da. Dann dürfte der eine oder andere hier überhaupt nicht mehr ans Mikrofon gehen, wenn Sie das so auslegen.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Jan Peter Riecken SPD: Schon wieder!)

Lassen Sie mich noch drei Bemerkungen machen. Zum einen, Frau Senatorin: Sie haben vergessen, sich bei der ganzen Lobeshymne, die Sie da losgeworden sind, auch bei Ihrem Staatsrat zu bedanken.

Zum Zweiten muss man sagen, dass, Herr Riecken …

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich bitte doch um Ruhe. Hören Sie Frau Goetsch zu oder

(Bernd Reinert CDU: Keine Drohungen, bitte!)

führen Sie Ihre Gespräche bitte draußen weiter. Bitte fahren Sie fort, Frau Goetsch.

Dann muss man noch einmal zur Zeitschiene etwas sagen. Zeit war nun mehr als genug. Sie haben das drei Jahre lang verbaselt. Sie persönlich nicht, Frau Dinges-Dierig, aber es ist drei Jahre lang hü und hott gegangen. Ich weiß gar nicht, wie viele Projekte und Arbeitsgruppen verschlissen worden sind, um zu einem Ergebnis zu kommen. Herr Heinemann, ich bin die Letzte, die sagt, ich will da mitregieren.

(Karen Koop CDU: Oh!)

Sie machen etwas ganz Sträfliches. Sie heben die in der Berufsbildung verankerte Korporation aus, die bundesweit gilt. Sie hebeln ihn aus, nichts anderes ist es. Ich könnte mich sogar mit dem Landesinstitut anfreunden, ich könnte mich mit einem Kuratorium anfreunden, aber nicht, dass die Arbeitnehmervertreter am Katzentisch sitzen. Das geht nicht, das hat nichts mit der Berufsbildung zu tun, wie sie hier in der Bundesrepublik verankert ist. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Abgeordnete Herr Frank hat mir mitgeteilt, dass er aus beruflichen Gründen befangen sei. Er wird deshalb an der Abstimmung nicht teilnehmen.

Zunächst zum Antrag der Fraktionen von SPD und GAL aus der Drucksache 18/1291. Wer möchte ihn beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drucksache 18/1282 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit angenommen.

Wer möchte dem Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL aus der Drucksache 18/1210 zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Punkt 58 auf, die Drucksache 18/1223 in der Neufassung, Antrag der Fraktion der CDU, der SPD und der GAL: Anliegen des Volksbegehrens "Unser-WasserHamburg".

[Interfraktioneller Antrag: Anliegen des Volksbegehrens "Unser-WasserHamburg" – Drucksache 18/1223 – (Neufassung)]

Wer wünscht das Wort? – Herr Kruse, Sie haben es.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ohne Water geiht dat nich!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kommen wir zum versöhnlichen Teil des Abends.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Entschuldigen Sie, Herr Kruse, aber erst, wenn Ruhe im Saal herrscht. Ich bitte um Ruhe.

(Zuruf von Jens Kerstan GAL)

– Herr Kerstan, das ist die Vorfreude auf die gemeinsamen Beschlüsse.

Auch bei dieser Debatte, beim Volksbegehren "UnserWasser-Hamburg" haben wir ab und an das Argument "Wasser ist keine Ware" gehört. Ist das denn so? Das kommt natürlich darauf an, nämlich darauf, wie das Wasser denn daherkommt. Wenn das so verpackt daherkommt, dann steht da heute "Hella" drauf, und wenn uns Preis und Qualität nicht mehr gefallen sollten, können wir wechseln, zu Apollinaris, Fachinger, was immer Sie gern haben wollen. Ich nenne so viele, weil ich glaube, dafür wird man nicht abgeklingelt. Aber gut, wir können es ja einmal versuchen.

Wenn uns also dort etwas nicht passt, können wir leicht den Anbieter wechseln. Es ist ein umfassendes Angebot vorhanden. Sie können es heimisch haben oder aus Italien, vielleicht auch aus Amerika, was immer Ihnen gerade schmeckt. Dort gibt es also tatsächlich einen Markt.

Beim Trinkwasser, dass mit dem Mineralwasser eines gemeinsam hat – zumindest das Hamburger Trinkwasser –, die hohe Qualität, vom Preis allerdings sensationell viel niedriger liegt, ist die Situation anders. Das wird durch die Leitung geschickt und ich glaube, es gehört keine Phantasie dazu, zu sagen, es gibt nur ein Leitungsnetz für Wasser und es ist nicht vorstellbar, dass wir irgendwann an unserer Wasseruhr einen Schalter haben, wo wir beliebig den Anbieter wechseln können. Das funktioniert nicht. Sie können auch nicht – anders, als in einem Stromnetz, wo theoretisch Liberalisierung erfolgreich sein könnte – einfach einmal sagen, der eine hat billiges Wasser, das gerade eben den EU-Qualitätskriterien ent

spricht, und bezahlt dafür weniger, und der andere holt sich halt das gute Hamburger Wasser und zahlt dafür ein bisschen mehr. Das funktioniert nicht aus einer Leitung. Das geht nicht. Das ist uns allen immer klar gewesen.

Entsprechend ist es dann auch so gewesen, dass bei der Bewertung öffentlicher Unternehmen der Senat die Hamburger Wasserwerke in eine Kategorie eingestuft hat, wo mindestens die wesentliche Kontrolle bei der Stadt liegen müsste. Auch das war vollkommen richtig, das so zu tun. Allerdings hat das dann natürlich schon ein bisschen die Tür für Spekulationen in der Richtung geöffnet, na ja, was kann denn das bedeuten und was würde das bedeuten, wenn z. B. Anteile verkauft würden. Die Eingruppierung in diese Kategorie anders als andere Unternehmen, die vollständig oder zur Hälfte verkauft werden können, war sicherlich richtig. Sie hat allerdings auch zu der Debatte geführt. Ich bin ganz froh, dass wir sie geführt haben, und ich weiß auch aus der letzten Legislaturperiode, dass alle hier vertretenen Fraktionen – meistens durften ja Herr Maaß, Frau Dr. Schaal und ich diskutieren – immer die gleiche Meinung vertreten haben, nämlich das die Wasserwerke nicht verkauft werden dürften, auch nicht anteilig. Ich musste mich dann naturgemäß damit zurechtfinden, dass man gegenüber der Regierungsfraktion etwas mehr Misstrauen hat. Das ist eine Rolle, die haben Sie früher einmal gehabt, die haben wir heute. Damit müssen wir leben, das ist auch in Ordnung. Wir haben also dort immer gesagt, dass es in diesem Falle anders ist, weil es ein natürliches Monopol ist und weil es nicht ein natürliches Monopol einer Ware ist, die zur Kategorie "nice to have" gehört, wo man sagen könnte, na ja, Gott, das gibt es zwar nur einmal, da kann man keinen normalen Markt herstellen, aber der Staat muss es nicht tun. Wasser ist – das wissen wir alle – Grundlage des Lebens. Insofern müssen wir bei einem natürlichen Monopol des wichtigsten Lebensmittels schlechthin, wo man keinen Wettbewerb herstellen kann – Liberalisierung hat ja immer den Zweck, Wettbewerb für den Bürger herzustellen –, dafür Sorge tragen, dass die Qualität und die Sicherheit des Trinkwassers immer gewährleistet ist, nicht nur heute, sondern bis in die Ewigkeit, so lange wir leitungsgebunden Wasser bekommen.

(Beifall bei GAL und vereinzelt von der CDU und der SPD)