Protocol of the Session on October 27, 2004

(Beifall bei Uwe Grund SPD)

Ich komme selbst aus einem ländlichen Teil Hamburgs, der in vielerlei Hinsicht dem Alten Land vergleichbar ist. Ich weiß, dass die Flächenansprüche der Gesamtstadt die Dörfer in der Stadt belasten. Aber, meine Damen und Herren, man muss auch sagen, dass keines dieser Dörfer in der Stadt für sich allein lebt. Jedes lebt durch die Stadt und mit der Stadt und das gilt auch für Neuenfelde.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Sicher, niemand möchte überhaupt eine Startbahn in seiner Nachbarschaft und die Verlängerung der Startbahn belastet Neuenfelde. Doch sie bedeutet eben nicht die Zerstörung Neuenfeldes, wie von interessierter Seite behauptet wird. Neuenfelde wird kein zweites Altenwerder. Es bekommt Bestands- und Zukunftsgarantien. Niemandem wird die wirtschaftliche Existenzgrundlage genommen, der Bestand an Obstbauflächen wird erhalten und Bebauungspläne werden die Fortentwicklung des Ortes ermöglichen.

Dennoch hat die Stadt in der gegenwärtigen Situation ein Glaubwürdigkeitsproblem.

(Christian Maaß GAL: Sie auch!)

Herr Maaß, das Problem der Glaubwürdigkeit haben von allen hier im Saal am ehesten Sie, die Sie sich jetzt verabschieden.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Nach den Erfahrungen steht der Vorwurf der Salamitaktik im Raum und es bedarf mehr als einer Absichtserklärung, die rechtlich nicht verbindlich ist, um diesen Vorwurf auszuräumen. Deswegen begrüße ich im Namen der CDUFraktion das Angebot des Senats, am Ende der verlängerten Startbahn eine Grunddienstbarkeit eintragen zu lassen, dass die dort belegenen Grundstücke nicht ohne Einverständnis der Grundeigentümer für eine erneute Startbahnverlängerung genutzt werden dürfen. Diese Festlegung gibt Neuenfelde ein Vetorecht gegen weitere Flächenansprüche. Wenn man das Bild von der Salamitaktik noch einmal aufgreifen will, dann muss man konstatieren, dass die Stadt die restliche Salami in die Hände Neuenfeldes legt und kein anderes Fleckchen in dieser Stadt ist rechtlich so unanfechtbar vor Veränderungen geschützt.

(Beifall bei der CDU)

Zudem muss man die Frage stellen: Ist Neuenfelde wirklich einheitlich und geschlossen gegen die Startbahnverlängerung?

(Michael Neumann SPD: Nein!)

Leben und wohnen dort nicht auch Menschen, deren wirtschaftliche Existenz vom Flugzeugbau und seinen Entwicklungschancen abhängt?

(Beifall bei der CDU)

Und sollte die Kirchengemeinde sich nicht auch um die Sorgen und Nöte dieser Menschen kümmern, statt sich einerseits auf eine rein juristische Argumentation zurückzuziehen

(Michael Fuchs CDU: Sehr wohl!)

und andererseits per Gemeindebrief die Bibel zu instrumentalisieren?

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident. Ich appelliere im Namen der CDU-Fraktion und vieler Hamburger an die Menschen in Neuenfelde, die Entwicklung ihres Dorfes zu sichern und die Entwicklung Hamburgs nicht zu blockieren, damit wir gemeinsam in die Zukunft gehen können.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Neumann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Bürgermeister Voscherau hat 1997 die Entscheidung getroffen, dass Hamburg sich um die Produktion des A380 bewirbt. Das war, ist und das bleibt eine richtige und eine gute Entscheidung für unsere Stadt.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Bürgermeister Runde hat gemeinsam mit Thomas Mirow und auch mit der Unterstützung der GAL dafür gesorgt,

dass Hamburg dann im Jahre 2000 den Zuschlag erhalten hat. Auch das war und ist eine gute Entscheidung.

Die Argumentationen sozialdemokratischer Senate haben auch vor Gericht überzeugt. Jedes Anhängeverfahren wurde zugunsten von Airbus und damit zugunsten von Hamburg entschieden. Auch nach dem Regierungswechsel stehen wir Sozialdemokraten nach wie vor und in der Zukunft zu Airbus und zu der Entscheidung, den A380 in Passagier- und Frachtversion in Hamburg zu bauen und auszuliefern.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Wir standen auch dazu, als Herr von Beust in seiner Koalition aus CDU, Schill-Partei und FDP keine eigene Mehrheit hatte. Wir haben als Opposition dem damaligen Rechtssenat die Mehrheit für Airbus und den A380 gerettet. Wir haben damals nicht den einfachen Weg gewählt, uns herauszuhalten. Wir wählen auch heute nicht den einfachen Weg. Wir wollen gemeinsam mit der Mehrheit der Menschen unserer Stadt, dass Airbus die Produktion des A380 hier ansiedelt und dass Airbus sich hier in Hamburg weiter entwickeln kann. Wir wollen gemeinsam, dass dieses Flugzeug auch von Hamburg aus geliefert werden kann.

Es kommt nun darauf an, das Signal der Einigkeit dieses Hauses in unsere Stadt, besonders aber nach Neuenfelde und auch nach Toulouse zu senden. Nach Toulouse, weil es bei aller Freundschaft und Gemeinsamkeit zwischen unseren Ländern und Städten klar ist, dass Toulouse nur darauf wartet, die Hamburger Produktionsanteile zu übernehmen. Aber auch nach Neuenfelde, weil wir nach langer Zeit endlich wieder mit den Menschen sprechen müssen, statt nur über sie zu sprechen. Daher ist es richtig, dass heute Abend endlich das geforderte Gespräch stattfinden wird, bei dem es keine Sieger und Besiegte geben darf.

Wir müssen einen gemeinsamen Weg erarbeiten über die berechtigten Interessen Hamburgs und seines Umlandes, müssen aber auch die Interessen des Dorfes Neuenfelde und seiner Einwohner unter einen Hut bekommen können, denn es geht auch um die Angst der Menschen in Neuenfelde, die befürchten, ihre Heimat zu verlieren. Diesen Menschen gegenüber müssen wir endlich ehrlich sein. Fehler müssen eingestanden und neues Vertrauen muss aufgebaut werden. Hierzu sind wir Hamburger Sozialdemokraten und auch ich ganz persönlich bereit.

(Beifall bei der SPD)

Es ließe sich noch vieles über das Vorgehen des Krisenmanagements der Senate und seiner Unterhändler in den letzten Jahren und auch Wochen sagen. Das hilft aber nicht weiter, sondern einzig und allein der Blick nach vorn.

Ich habe dem Senat, der CDU, im Juni bei der Haushaltsberatung bei dem Thema Airbus Zusammenarbeit angeboten und ganz konkret noch einmal am 10. August. Diese Angebote sind leider bisher noch nicht aufgegriffen worden. Obwohl uns in diesem Hause viel trennt – wir werden später über die Schließung des Frauenhauses und über das rechtswidrige Kita-Einführungsgesetz debattieren – biete ich heute für meine Fraktion, für meine Partei erneut die Zusammenarbeit für den A380 in Hamburg an.

Wir begrüßen in diesem Zusammenhang, dass der Senat gestern eine Bestandsgarantie für Neuenfelde vorgestellt hat. Das tun wir, obwohl wir in den vergangenen Monaten sehr, sehr schlechte Erfahrungen mit der Verlässlichkeit des Bürgermeisters gemacht haben. Die Glaubwürdigkeitskrise, in der wir jetzt und der Senat jetzt steckt, macht das Gespräch in Neuenfelde sicher nicht einfacher.

Wir haben aber trotzdem die Chance, dauerhaft zu den drei großen Weltstandorten der Luftfahrtindustrie zu gehören, und wir Sozialdemokraten wissen, dass nur eine ökonomisch erfolgreiche Stadt auch eine soziale Stadt sein kann. Das war immer das sozialdemokratische Erfolgsrezept für Hamburg. Lassen Sie uns also gemeinsam alles dafür tun, um in dieser wichtigen Zukunftsfrage eine gute Lösung zu finden. Eine Lösung ohne Sieger und Besiegte, eine Lösung für Airbus, aber auch eine Lösung für Neuenfelde. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Maaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte eingangs eine kurze Bemerkung zur Medienberichterstattung der letzten Tage machen. Egal, wie man zur Frage der Verlängerung der Start- und Landebahn steht, kann es nicht angehen, dass einzelne Medien Privatpersonen an den Pranger stellen, die nichts weiter tun, als ihre Rechte wahrzunehmen, die ihnen nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zustehen und die sie von den Gerichten bescheinigt bekommen haben.

(Beifall bei der GAL)

Hier werden Grenzen des Anstandes überschritten und das geht nicht. Aber nicht nur in diesem Punkt trägt die öffentliche Debatte der vergangenen Wochen und Tage mittlerweile aus meiner Sicht irrationale, bisweilen hysterische Züge.

(Bernd Reinert CDU: Aus Ihrer Sicht stimmt das!)

Ich möchte daher diese Debatte dafür nutzen, um für eine Rückkehr zur Sachlichkeit und zum Pragmatismus zu werben. Ich möchte für einen Strategiewechsel des Senats werben, denn die derzeitige Strategie – man muss das wohl vielleicht eher ein Dogma nennen – führt zu nichts weiter, als zu Unfrieden in der Stadt und in Neuenfelde. Sie ist auch ökonomisch nicht vernünftig.

Die zentrale Frage darf doch nicht mehr sein: Mit welchen Mitteln und um welchem Preis bekommen wir diese Landebahnverlängerung unbedingt hin? Die zentrale Frage muss doch lauten: Wie bekommen wir die noch ausstehenden 100 Arbeitsplätze aus dem Arbeitspaket des A380 nach Hamburg und wie kann Hamburg die Zukunft von Airbus und von Neuenfelde sichern? Das ist die zentrale Frage und nicht das Dogma, wie diese Landebahnverlängerung unbedingt durchgesetzt werden kann.

(Beifall bei der GAL)

Bei der Beantwortung dieser Frage ist eine Vorfestlegung auf die Landebahnverlängerung als einzige Antwort schädlich, denn die fehlenden 100 Arbeitsplätze und die Zukunftssicherung für Airbus können auch ohne diese Maßnahmen erreicht werden.

(Olaf Ohlsen CDU: Sie haben nichts begriffen, Herr Maaß!)

Das kann auf zwei Wegen funktionieren. Zum einen, wenn der Senat gegenüber Airbus Härte zeigt und auf die Einlösung des Versprechens von Airbus pocht, das Airbus vor Gericht abgegeben hat und auf dessen Grundlage Hamburg 750 Millionen Euro investiert hat, nämlich das Versprechen, dass der Bau des Auslieferungszentrums nicht an einer weiteren Landebahnverlängerung hängt. Die Zukunftssicherung für Airbus und für Neuenfelde kann zum anderen selbst dann gelingen, wenn Airbus seinen angekündigten Wortbruch wahr macht und tatsächlich das Auslieferungszentrum nicht nach Hamburg holen sollte. Dann kann Hamburg und auch die rotgrüne Bundesregierung auf eine Umschichtung von 100 Arbeitsplätzen aus anderen Bereichen nach Hamburg innerhalb des Konzerns bestehen. Solche Kompensationsgeschäfte sind bei Airbus auch überhaupt nicht neu. Sie sind auch für Hamburg überhaupt nichts Neues.

Außerdem steht Airbus bei Hamburg im Wort, nämlich die versprochenen 2000 Arbeitsplätze auch tatsächlich zu liefern, gerade weil Hamburg trotz der angespannten Haushaltssituation 750 Millionen Euro investiert hat.

(Beifall bei der GAL)