Deutschland ist leider Gottes mit diesem dreigliedrigen Schulsystem nicht Spitze in der Welt, sondern wir sind Spitze bei der Ungerechtigkeit der Bildungschancen. Das schreibt uns die OECD ins Stammbuch und das ist schlimm und furchtbar.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Robert Heinemann CDU: Dann gehen Sie doch mal zum Stammtisch!)
Deswegen ist das Wesentliche dieser Debatte – das muss auch für Sie gelten –, dass wir wegkommen müssen von diesen alten ideologischen Denkstrukturen, hin zu einer ganz neuen Denkart.
Sie sagen nur, das würden Sie wollen, aber die Realität ist ganz anders. Sie wollen immer zulasten derer umschichten, die es am nötigsten hätten. Das ist der richtige Weg in die entsprechende Sackgasse. Das ist das Schlimme.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Weinberg, es ist richtig, die FünfMinuten-Beiträge sind nicht dafür geeignet, diese Schuldebatte richtig inhaltlich auszufüllen. Doch ich muss mich bei dieser ganzen Debatte wundern. Seit über einem Jahr haben wir unser Konzept "9 macht klug" im Netz; wir haben es verteilt, wir haben es kommuniziert. Sie haben es immer noch nicht begriffen, das ist das Erstaunliche dabei.
Das ist auch der Grund, warum wir hier und heute immer wieder mit Engelszungen versuchen zu erklären, was hinter diesem Konzept steckt. Trotzdem verstehen Sie nicht, dass man Individualität auch in einer Klasse fördern kann, dass Individualität auch bedeutet, innerhalb einer Klasse zu gucken, welcher Schüler welche Hilfe oder Förderung braucht.
Für Sie bedeutet Förderung von Individualität zu sagen: Dieses Kind kommt auf das Gymnasium, dieses auf die Realschule und dieses auf die Hauptschule. Das haben Sie nicht begriffen, das tut mir Leid.
Herr Heinemann, Sie haben gesagt, die GAL ignoriere den Elternwillen. Das ist der Hohn schlechthin. Sie sind für mich die personifizierte Ausgabe von Missachtung von Elternwillen.
Ich will das ausführen. Ich frage mich allen Ernstes, wo Sie gewesen sind und den Elternwillen gehört haben, als es darum ging, dass Eltern aufgestanden sind und gesagt haben, das Lehrerarbeitszeitmodell zerstöre die Struktur der Schulen und würde den Kindern die Lust am Lernen und den Lehrern die Lust am Unterrichten nehmen und zerstöre eine Lernkultur. Wo haben Sie da auf die Eltern gehört? Gar nicht.
Wo haben Sie auf die Eltern gehört, als die versucht haben, Ihnen zu erklären, dass sie keine Erhöhung der Klassenfrequenzen wollen. Frau Senatorin Dinges-Dierig sagte, ein Schüler mehr oder weniger in der Klasse würde nichts ausmachen. Jetzt sitzen beispielsweise 30 Schüler im Chemiekurs. Wo sind Sie gewesen und haben den Elternwillen gehört, darüber nachzudenken, das zu reduzieren?
Zu guter Letzt: Wo sind Sie gewesen, Herr Heinemann, als es um den Elternwillen ging – das Thema werden wir morgen ausführlich diskutieren –, die integrativen Regelklassen nicht abzuschaffen? Da haben Sie sich bewusst darüber hinweggesetzt und haben die Elterngruppe integrative Regelklasse nicht einmal angehört, sondern am nächsten Tag verfügt: Wir machen Politik, wir bestimmen. Herr Heinemann, das hat überhaupt nichts mit Elternwillen zu tun.
Es ist außerordentlich wichtig, diese Strukturdebatte zu führen. Mit dem dreigliedrigen Schulsystem kommen wir hier nicht weiter. Es ist keine Geisterdebatte, sondern eine Debatte, die hier und jetzt geführt werden muss. Es ist ein gutes Zeichen, dass Sie anfangen, sich weiter mit
uns darüber auseinander zu setzen. Ich hoffe, Sie sind weiter lernfähig und können uns auch weiterhin folgen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei dem, was man von Rotgrün eben gehört hat, muss man glauben, dass die letzten drei Jahre hier im Hause bildungspolitisch völlig an Ihnen vorbeigegangen sind.
So ist zum Beispiel an Ihnen vorbeigegangen, Herr Buss, dass – wie Sie es immer so schön bezeichnen und Frau Goetsch hat es auch gesagt – die Frage der Ganztagsschulen und Suppenküchen eine Debatte ist. Man kann an dieser Stelle nicht oft genug sagen, dass das die Standards sind, die Ihre Bundesbildungsministerin Bulmahn gesetzt hat. Also beklagen Sie sich bitte nicht in Hamburg.
Sie wissen genau, dass der Standard der Hamburger Ganztagsschulen wesentlich höherer ist als der, den Ihre Bundesministerin in Berlin festgesetzt hat.
Frau Blömeke sagte, das dreigliedrige Schulsystem habe versagt und die IR-Klassen seien die Glückseligmachung aller Kinder. Man muss sich die Frage stellen, warum es Rotgrün in ihrer Regierungszeit in der vorletzten Periode bei einem Modellversuch belassen hat, wenn sie doch heute alles so genau weiß. Es ist ein Modellversuch und die CDU hat den Mut gehabt, dieses in der letzten Legislatur mit dem Schulgesetz zu beenden und klare Richtlinien für alle Eltern und für alle Kinder in dieser Stadt aufzustellen und nicht nur die Partikularinteressen einiger Eltern zu berücksichtigen, die ihre Kinder in IR-Klassen schicken können, weil es in ihrem Einzugsgebiet IRKlassen gibt. Im Gegenteil. Mit der Ungleichbehandlung ist Schluss. Wir sagen, alle Kinder, die gefördert werden müssen, sollen die notwendige Hilfe mit Transparenz für Hamburg erhalten.
Es gehört eine ganz schöne Frechheit dazu, hier immer zur CDU zu sagen, wir gucken auf PISA. Sie haben völlig vergessen, dass wir für Hamburg etwas viel Wichtigeres haben, was kein anderes Bundesland hat. Wir haben die LAU-5-, die LAU-7-, die LAU-9- und die LAU-11-Studie von Rosi Raab in Auftrag gegeben. Zwei Aussagen aus den LAU-Studien, die für Hamburg absolut wichtig sind, müssen Sie sich doch ins Gehirn geschrieben haben. In jeder LAU-Studie haben wir bestätigt bekommen, dass Mädchen einen Lernvorsprung vor Jungen haben
und dass "in Hamburg soziale Barrieren wirksam sind" – und das bei der vielfach propagierten Schule, die die SPD vorwiegend zu verantworten hat, mit den höchsten Schüler-pro-Kopf-Ausgaben. Gerade dieses Schulsystem, in das Geld "ohne Ende" pro Kopf hineingepumpt wurde, ist ohne Wirkung geblieben. Es ist klar, dass sich die CDU dieser modernen Herausforderung stellen muss. Das tun
Stichwort Gerechtigkeit. Sie stellen sich hier hin und erwähnen nicht, dass im Jahre 2001 während der SPDRegierung 14 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Schulen ohne Abschluss verlassen haben und wir damit die höchste Quote hatten.
Das ist ein dreistes Stück. Wo ist die soziale Gerechtigkeit, wo ist Ihr Herz für all die, die die Schulen nicht verlassen haben? Frau Goetsch, Sie wissen, dass an dieser Stelle die von mir geliebten Hauptschul- und Realschulabschlusskurse kamen, die in Ihrer Regierungszeit abgeschafft und während unserer Regierungszeit wieder geschaffen worden sind. Die Hauptschule ist weder die von der SPD in der vorletzten Regierungsperiode titulierte "Restschule",
noch ist sie eine Schule, die ausgedient hat. Es geht darum, dass wir etwas für die Schwächsten tun müssen und die CDU tut das an dieser Stelle.
Die neunjährige Schule als Allheilmittel zu propagieren, unterstellt, wie Herr Dr. Maier es vorgetragen hat, dass das längere Zusammenbleiben und das spätere Selektieren in jedem Fall von Vorteil ist. Trotz alledem wissen wir, dass von 16 Bundesländern sogar im rotrot regierten Berlin die sechsjährige Grundschule kein Erfolgsmodell ist. Das heißt, eine längere Grundschulzeit hat sich in Deutschland in anderen Ländern – nicht einmal in den von der SPD dominierten – durchgesetzt. Ich weiß nicht, mit welcher Schlauheit Sie glauben, für Hamburg zu sagen, bei sechs Jahren legen wir noch einmal drei Jahre obendrauf, das muss der Renner werden.
Im rotroten Berlin hat sich die sechsjährige Grundschule nicht durchgesetzt. Es ist ein Irrglaube, dass nach neun Jahren die Kinder einen Lernvorsprung haben vor dem, den sie im bisherigen System haben.
Als wir 2002 mit dem Schulausschuss in Göteborg in Schweden waren, haben wir gehört, dass es dort kein Sitzenbleiben gibt. Das wussten wir alle. Es gibt aber ein Problem damit, dass es genügend Schülerinnen und Schüler gibt, die im Unterricht nicht mitkommen. Das eine ist das Formale, das ist richtig, aber es ist doch ein Irrglaube anzunehmen, dass ganz Skandinavien die Antwort auf die Problematik gibt.
Insofern kann man nicht immer sagen, Finnland, Schweden und die anderen skandinavische Länder hätten die richtigen Lösungen. Die Bedingungen in den Ländern sind historisch völlig anders als in Deutschland und in Hamburg. Das wissen Sie, meine Damen und Herren.