Damals wäre es notwendig und richtig gewesen, dieses durchzuführen, aber Sie haben aus wahltaktischen Gründen blockiert. Und heute stehen Sie da und sagen, das ist heute alles so schlimm. Hätten Sie damals Vernunft angenommen und zum Wohle Hamburgs und der Bevölkerung votiert, dann hätten wir heute diese Finanzprobleme nicht; das ist doch nicht verantwortungsvoll.
Und wenn Sie dann sagen, eine Strukturdebatte führe zu einem Armenstaat, dann fragen Sie doch einmal die Leute, was die denn draußen empfinden, warum Sie bei 29 Prozent liegen, weil heute die Agenda 2010 plötzlich verkündet wird
und überall bei den Ärmsten der Armen Einschnitte vorgenommen werden. Frau Schmidt sagt jetzt, vielleicht müssen wir eine Grundrente einführen. Warum denn diese ganzen Diskussionen? Weil Rotgrün 1997 aus wahltaktischen und parteipolitischen Gründen eine Reform schlicht und ergreifend zum Schaden Deutschlands vereitelt hat.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Willfried Maier GAL: Bei der Jahrhundertwende muss auch was schiefgelaufen sein!)
Ich komme auf Friedrich Merz und seinen Vorschlag zu sprechen. Kernpunkt seines Vorschlags ist schlicht und ergreifend, dass wir zuerst eine Grundsatzdiskussion führen müssen, was wir auch wollen,
denn er schlägt wieder einen Stufentarif vor, und wenn wir wissen, was wir wollen, uns endlich einmal auf etwas einigen zum Wohle des Staates, zum Wohle der Wirtschaft, zum Wohle der Arbeitnehmer. Wenn wir den Grundsatzbeschluss haben, dann können wir die Gesetze machen, aber nicht, wie auch an diesem Pult, immer erst Klein-Klein
und beim fünfzigsten Klein-Klein das Ganze dann zerreden. Nur ein einfaches Steuersystem, das auch der Handwerker, der Kleinbetrieb, der private Haushalt durchschauen und verstehen kann, ist ein gerechtes Steuersystem und dafür kommt aus Hamburg gerne ein Votum. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Pauly! Das ist hier eine Aktuelle Stunde der Bürgerschaft. Sie spielen Bundestag, das ist verfehlt. Das Thema ist auch nicht wirklich aktuell.
Ich darf daran erinnern, dass die sozial-liberale Koalition 70 Prozent aller 90 000 Steuerrichtlinien und Verordnungen geschaffen hat,
und jetzt wollen Sie sich hier als Retter der Vereinfachung des Steuersystems hinstellen. Die Koalition hat damals mit Ihrer Beteiligung in der Koalitionsvereinbarung eine Absenkung der Gewerbesteuer abgelehnt; das war unser Vorschlag, Ihrer auch.
Eine Stadt kann nur so viel ausgeben, wie sie auch eingenommen hat, und das sagen wir auch Herrn Dr. Mirow und Herrn Soltau. Der eine will Millionen ins Kita-Loch versenken und der andere verspricht 70 Millionen für dies und das. Aber Herr Mirow bürgt sogar persönlich, das ist erfreulich. Das heißt, sein Jaguar wird der Zwangsvollstreckung anheim fallen und er wird dauerhaft im Rutschauto durch diese Stadt fahren.
(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Michael Neumann SPD: Das heißt Bobby-Car!)
Lassen Sie diesen bundespolitischen Quatsch, lassen Sie uns Hamburger Politik machen und das heißt, seriöse Einnahmen, gefolgt von seriösen Ausgaben; anders geht es nicht.
Meine Damen und Herren! Der Senator hat zurückgezogen. Damit sind wir am Ende der Aktuellen Stunde angelangt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf, Drucksache 17/4008 in der Neufassung: Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde.
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde – Drucksache 17/4008 (Neufassung) –]
Der Stimmzettel liegt Ihnen vor. Er enthält je ein Feld für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen ein Kreuz machen. Weitere Eintragungen oder Bemerkungen
würden zur Ungültigkeit führen. Auch unausgefüllte Zettel gelten als ungültig. Bitte nehmen Sie nunmehr Ihre Wahlentscheidung vor. Ich bitte die Schriftführerin nun, mit dem Einsammeln beginnen zu wollen.
Meine Damen und Herren! Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Darf ich bitte einmal verifizieren, woher das Nein kam? Dann bitte ich das nunmehr umgehend nachzuholen, damit wir in der Sitzung fortfahren können. – Danke. Die Wahlhandlung ist geschlossen. Ich bitte nunmehr auszuzählen. Das Ergebnis wird Ihnen während der Sitzung verkündet werden.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 71 auf, Drucksache 17/4092, Antrag der FDP-Fraktion: Abschaffung der Praxisgebühren.
Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Gesundheitsausschuss überweisen. Das Wort wird begehrt. Der Abgeordnete Dr. Schinnenburg hat es.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese so genannte Praxisgebühr ist ein bürokratisches Monstrum.
Die Patienten wissen oft nicht, ob sie im konkreten Fall die Gebühr zahlen müssen oder vielleicht nicht. Ist zum Beispiel ihre Krankheit als chronisch anerkannt oder nicht? Wenn ja, wann ist die Zuzahlungsgrenze erreicht? Wenn die Zuzahlungsgrenze erreicht ist, wann und wie erhält der Patient eine Bescheinigung, dass nichts mehr zuzuzahlen ist?
Ganz besonders absurd – erlauben Sie mir diese Bemerkung – ist es beim Zahnarzt. Vor der Behandlung weiß man noch nicht einmal, ob überhaupt eine Praxisgebühr fällig wird. Sie wird nämlich nur dann fällig, wenn auch tatsächlich behandelt wird. Man weiß aber vorher gar nicht, ob man ein Loch im Zahn hat.
Ich habe die Bitte, die kleinen Diskussionsforen im Plenarsaal aufzulösen und nach draußen zu verlegen oder aber dem Redner zu lauschen. Eine dritte Alternative sehe ich nicht. Fahren Sie bitte fort.
Auch die Ärzte sind von der so genannten Praxisgebühr enorm belastet. Sie müssen ohne ausreichende Informationen die gerade aufgeworfenen Fragen der Patienten beantworten, die Praxisgebühr einnehmen, verwalten und in manchen Fällen sogar auch noch eintreiben. Anstatt sich um die Belange und die Behandlung ihrer Patienten zu kümmern, sind die Ärzte wieder einmal mit Verwaltungsballast belastet. Das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der FDP – Ingo Egloff SPD: Das kön- nen Sie doch mit Ihrem Anwaltsbüro gleich mit er- ledigen!)
Das Gesundheitswesen leidet vor allem unter zwei Dingen: Zum einen unter der Budgetierung und zum anderen unter der überbordenden Bürokratie. Das erste Problem – die Budgetierung – geht das Gesundheitsmodernisierungsgesetz überhaupt nicht an. Das zweite Problem, nämlich die überbordende Bürokratie, wird durch das Gesetz sogar noch verschärft.
Wie absurd die Zustände durch die Budgetierung sind, mag man sich an einem kleinen Vergleich vorstellen. Stellen Sie sich vor, jemand fährt Ihnen ins Auto. Sie gehen in die Werkstatt und lassen den Schaden reparieren. Dann reichen Sie die Rechnung bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung ein. Diese sagt: Wir sind zwar eigentlich zuständig, aber dummerweise hat es in diesem Jahr schon so viele Unfälle gegeben, wir haben leider kein Geld mehr, sodass wir diese Rechnung nicht mehr bezahlen können. Das ist der Vergleich in der Welt außerhalb des Gesundheitswesens; genauso funktioniert die Budgetierung. Die Bürokraten legen fest, wie oft ein Mensch krank sein darf. Das ist inakzeptabel.