Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mehr und mehr Bürgerinnen und Bürger verstehen es jetzt richtig: die Steuervereinfachung à la CDU und jetzt auch der FDP dient nur als Vorwand für ein Absenken der Steuersätze für Bezieher von Spitzeneinkommen.
Als Gegenfinanzierung wird die vollständige Streichung der Pendlerpauschale, des Sparerfreibetrags oder der Nachtarbeiterzuschläge vorgeschlagen, um damit vermeintlich unser Steuersystem wieder wettbewerbsfähig zu machen. Zu einer Vereinfachung aber gehört eben auch, an die Gewinnermittlungsvorschriften der Unternehmen heranzugehen. Das ist genau der Punkt, der aufgegriffen werden muss, weil hierin nämlich die Kompliziertheit des Steuersystems steckt. Hier werden aber weder von der CDU noch von der FDP Vorschläge gemacht.
(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Im Bundestag haben wir einen ersten Gesetzesvorschlag einge- bracht!)
Was wir jetzt brauchen, ist eine Steuerstrukturdebatte, um den Haushalten von Bund, Ländern und Kommunen die Einnahmen zu verschaffen, die sie für ihre Aufgaben wie Bildung, Forschung, soziale und Innere Sicherheit dringend benötigen. Hören Sie doch auf mit diesem unsinnigen Steuerwettbewerb-Wettlauf, der sich immer nur auf Steuersätze bezieht. Schluss mit dieser komischen Bierdeckelphantasie, die in der Presse herumgeistert.
Die Auswirkungen dieses Gesetzes der FDP verursachen im ersten Jahr locker 20 Milliarden und im Jahr der endgültigen Wirksamkeit 30 Milliarden Euro Einnahmeausfall. Das ist das Credo der FDP, Sie wollen einen armen
In Ihrem Gesetzentwurf sind Klopfer erster Güte. Wen wundert es, wenn nach Ihrem Grundmuster der Besserverdienende in der Auswirkung eine höhere Vergütung für sein Kind bekommt als der Normalverdienende?
Sie wissen, was das bedeutet. Sie gehen bei Gebäuden von einer Standdauer von 33 Jahren aus. Aus Ihrer Sicht wahrscheinlich Neider, die dieses kritisieren, denn das ist eine Subvention, daran führt kein Weg vorbei.
Natürlich muss aus Ihrer Sicht eine Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer kein fester Betrag mehr sein, sondern ein Prozentsatz mit der Auswirkung, Großverdiener ohne Nachweis mit 5000 Euro zu beglücken und Kleinverdiener mit 200 Euro abzuspeisen.
Ein weiterer Punkt. Herr Müller-Sönksen, da will ich Sie einmal direkt ansprechen. Gestern haben Sie sich beim Hamburger Sportbund lieb Kind gemacht. Dann erklären Sie doch hier und heute einmal, wie das zu verbinden ist, wenn Sie jetzt auf einmal sagen, die Übungsleiterpauschale für Sportvereine solle gestrichen werden. Da finden Sie sich übrigens in schlechter Gesellschaft mit der CDU, die den gleichen Vorschlag macht; das lehnen wir ab.
Aber die Spitze allen Übels ist Ihre Gemeindezuschlagsteuer. Sie wollen die Gewerbesteuer in Hamburg mit einem Aufkommen von mehr als 1 Milliarde Euro wegfallen lassen und dafür diese neue Steuer einführen. Das ist das Ende der Regierbarkeit in Hamburg und das wissen Sie ganz genau.
Bleiben wir beim Zuschlag für Arbeitnehmer, den Sie eingebracht haben. Bei einem Pendlersaldo von mehr als 200 000 geht Hamburg sehr, sehr viel verloren und das sind Arbeitnehmer mit durchaus ansehnlichen Einkommen. Die Folge dieses Ausfalls einschließlich der Gewerbesteuer wird sein, dass Hamburg einen immensen Zuschlag erheben müsste, wahrlich eine miese Konkurrenzsituation gegenüber dem Umland. Sie schaden mit diesem Vorschlag Hamburgs Interessen gewaltig. Warum wollen Sie denn nicht zur Kenntnis nehmen, dass der
Städtetag und sogar die Finanzminister Ihrer Partei in den Ländern dieses System ablehnen? Deswegen sollten Sie da wirklich einmal in sich gehen.
Hier erreichen Sie, weil Sie ja das Wort Vereinfachung so hochhalten, genau das Gegenteil. Der Arbeitgeber hat in Ihrem Lohnsteuerabzugsverfahren dann die unterschiedlichen Hebesätze für Gemeinden zu berücksichtigen. Es gibt immerhin in Deutschland 16 000 Gemeinden und für jede Gemeinde soll nach Ihrem Gesetzesvorschlag ein gesondertes Steuerkonto beim Arbeitgeber geführt werden. Das ist Vereinfachung à la FDP.
Mein letzter Satz. Mit diesem Gesetz Punkte in Hamburg zu sammeln, muss scheitern. Es ist nicht nur Rückschritt statt Fortschritt, was Sie hier vorstellen, um es platt auszudrücken, sondern Unsinn. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Vereinfachung des deutschen Steuersystems mit der CDU? Immer gerne, auch in Hamburg.
Ich habe neulich einen aktuellen Befund des deutschen Steuersystems gelesen. Internationale Fachleute haben den Begriff "fortschreitende Chaotisierung des deutschen Steuersystems" kreiert und aus Ihrer Rede, Herr Schmidt, wurde ja deutlich, wie klein-klein Sie dieses sehen. Sie hätten einmal sagen sollen, wie viele Steuervorschriften wir zurzeit haben. Ich kann es Ihnen sagen, um mit Herrn Böwer zu reden, damit Sie auch klug nach Hause gehen: Es gibt 96 000 Vorschriften im deutschen Steuerrecht. Und das, meine Damen und Herren, kann nicht sein, und dann noch chaotisch sortiert, das begreift keiner mehr.
Ich habe heute gelesen, dass Sie gerne Stellen im öffentlichen Dienst einsparen möchten, um andere Dinge finanzieren zu können. Wenn die Regierung in Berlin endlich die Kraft hätte, eine Strukturdebatte zum deutschen Steuersystem zu führen, die mit einer Vereinfachung und somit mit einer Personalkostenreduzierung in Bund und Ländern in der Steuerverwaltung einhergeht, dann hätten wir überall weniger Probleme.
Aber dazu hat man nicht die Kraft, das hat man bei Ihnen auch gesehen, Sie gehen klein-klein in die Vorschriften.
Anders die CDU. 1994 schlug der Bundestagsabgeordnete Uldall ein Drei-Stufen-Modell vor: 8, 18, 28 Prozent Grenzsteuersatz.
1997 die Petersberger Beschlüsse. In drei Lesungen wurde von CDU, CSU und FDP im Bundestag eine Nettoentlastung von 15 Milliarden Euro, ein linearer Tarif von 15 bis 39 Prozent beschlossen und auch verabschiedet. Und was kam dann? In einer noch nicht da gewesenen Art haben die rotgrün geführten Bundesländer und auch Hamburg dieses blockiert.
(Rose-Felicitas Pauly FDP: Genau so war es, Oscar Lafontaine! – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP)
Damals wäre es notwendig und richtig gewesen, dieses durchzuführen, aber Sie haben aus wahltaktischen Gründen blockiert. Und heute stehen Sie da und sagen, das ist heute alles so schlimm. Hätten Sie damals Vernunft angenommen und zum Wohle Hamburgs und der Bevölkerung votiert, dann hätten wir heute diese Finanzprobleme nicht; das ist doch nicht verantwortungsvoll.