Protocol of the Session on December 12, 2001

Stadteigene Gesellschaften haben zum Teil in erheblichem Umfang der Stadt Vermögen abgekauft, Lücken im Betriebshaushalt geschlossen, aber zur notwendigen Deckung Kredite aufgenommen. Dieses sind Schattenhaushalte, durch die zusätzliche Schulden in Milliardenhöhe entstanden sind.

Der Schuldendienst wird in den nächsten Jahren deutlich ansteigen, und zwar auf voraussichtlich 2,8 Milliarden DM. Aber das ist nicht das einzige Risiko. Wir haben im Moment eine Phase extremer Niedrigzinsen. Wenn wir unterstellen, dass die Zinsen möglicherweise wieder ansteigen, dann können sich hier zusätzliche Risiken ergeben.

Ein zentrales Thema des Haushaltes sind die Zukunftslasten der Altersversorgung für den öffentlichen Dienst. Hier ist in den Haushalten praktisch kaum – mit wenigen Ausnahmen – Vorsorge getroffen worden. Das Ausgabenvolumen wird deutlich steigen. Wenn wir einmal den Rückstellungsbedarf nach kaufmännischen Grundsätzen errechnen, können wir davon ausgehen, dass dieser Rückstellungsbedarf für die nicht vorsorgefinanzierten Altersvorsorgeaufwendungen 15 bis 20 Milliarden DM beträgt.

Die Haushaltslöcher im Betriebshaushalt von 1992 bis 1998 betrugen bekanntlich – ein Blick in den Haushaltsplan zeigt dies – 7 Milliarden DM. Dieses Haushaltsdefizit wurde vorrangig durch den Verkauf von Staatsunternehmen gedeckt, die für die Zukunft der Stadt von struktureller Bedeutung sind, ohne bei dem Verkauf – das hat schon die Aktuelle Stunde gezeigt – den Sitz der Holding in Hamburg abzusichern. Die Tatsache, dass die HEW durch den Kauf der BEWAG verpflichtet ist, nach Berlin zu gehen, und da

für keine Vorsorge in den Hamburger Verträgen getroffen wurde, macht deutlich, dass der Ast, auf dem wir sitzen, abgesägt worden ist. Der Verkauf der HEW zeigt ein erschreckendes Beispiel, wie kurzsichtige Kassenpolitik gemacht wurde, ohne die langfristigen Auswirkungen auf die Struktur der Hamburger Wirtschaft zu berücksichtigen.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Der Hamburger Haushalt war von 1990 und 1996 sieben Jahre durch einen Zuwachs des Betriebshaushaltes geprägt, der nahezu 40 Prozent betrug. In dieser Zeit explodierte der Hamburger Haushalt. Es folgten fünf magere Jahre, in denen das Ausgabenvolumen konstant gehalten wurde.

(Anja Hajduk GAL: Was machen Sie denn jetzt?)

Aber das heißt auch, dass das hohe Niveau nicht abgesenkt, sondern nur der Zuwachs beschnitten worden ist.

Das Fazit ist insgesamt eher ernüchternd. Die damalige Opposition in der Bürgerschaft hatte darauf sehr klar und offen hingewiesen. Der Senat wollte diese Fakten jedoch nicht zur Kenntnis nehmen. Vor der Wahl wurde verkündet, der Haushalt sei saniert, die Konsolidierung vorbei. Gestern schrieb mir der Beamtenbund, dass meine Amtsvorgängerin öffentlich und ebenso verbindlich erklärt habe, dass mit Abschluss des Konsolidierungskonzept der Sparbeitrag des öffentlichen Dienstes zur Sanierung des Haushaltes erfüllt sei. Von einem Abschluss des Konsolidierungskonzeptes und von einem erfolgreich sanierten Haushalt sind wir weit entfernt. Ich frage mich, wie in Kenntnis eines strukturellen Defizits derartige Aussagen gemacht werden konnten.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Aus dem zuvor Gesagten ist unschwer abzuleiten, dass sich der Haushalt der Stadt in einer strukturell ernsten und kritischen Schieflage befindet, und zwar in viel stärkerem Maße, als es nach der bisherigen Darstellung der Haushaltslage erwartet werden konnte. Der neue Senat sieht sich faktisch der Notwendigkeit einer Konsolidierung ausgesetzt, aber trotzdem werden wir neue politische Schwerpunkte setzen. Diese werden von uns äußerste Disziplin abverlangen, aber es gibt keine Alternative.

Der Senat wird den neuen Haushaltsplan-Entwurf 2002 am 23. Januar 2002 in die Bürgerschaft einbringen. Er wird hierfür einen neuen Finanzbericht vorlegen, der sich an realistischen Daten orientiert, und zugleich mit der Einbringung einen Bepackungsantrag stellen, damit es bis zur Beschlussfassung über den Haushalt 2002 nicht zum „Stillstand der Rechtspflege“ kommt, sondern der Senat bereits mit der Umsetzung der neuen politischen Schwerpunkte und der Sicherung der sinnvollen Vorhaben beginnen kann.

Die vorläufige Haushaltsführung erlaubt für den Beginn demgegenüber noch keine neuen Maßnahmen, sondern sie ermächtigt uns lediglich, die von der Stadt eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Um diese Ermächtigung bittet Sie der Senat mit der Ihnen vorliegenden Drucksache.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Tants.

(Senator Dr. Wolfgang Peiner)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon bezeichnend, dass die größte Oppositionsfraktion das, was sie in Sachen Haushalt in den letzten Jahren gemacht hat, offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen will,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Doch, doch! – Jenspeter Rosenfeldt SPD: Doch, wir kennen den Haushalt!)

denn eine solch geringe Präsenz bei der SPD habe ich lange nicht gesehen.

(Manfred Mahr GAL: Das muss gerade die CDU sagen! Sie hat die schlechteste Präsenz in den letz- ten vier Jahren gehabt!)

Ach, Herr Mahr, dass Ihr Urteil oft so weit weg von der Realität ist, das ist hausbekannt.

(Beifall bei der CDU – Manfred Mahr GAL: Das können wir ja nachzählen!)

Meine Damen und Herren! Wenn ich all das, was ich in den letzten Tagen über die Presse erfahren habe, was aus den heutigen Oppositions-, den ehemaligen Regierungsfraktionen zu hören war, dann habe ich mich immer gefragt, was die eigentlich in den letzten Jahren gemacht haben.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Regiert! – Krista Sager GAL: Haben Sie geschlafen oder warum wissen Sie das nicht?)

Haben die das alles so vor sich hintrudeln lassen oder haben die das alles gar nicht wahrgenommen? Das Beste ist, dieses einmal nachzuprüfen, wenn man nachliest. Das habe ich getan.

(Krista Sager GAL: Damit hätten Sie schon längst mal anfangen können!)

Nun gucken wir einmal in den Haushalt 2000, was die Regierung gemacht hat.

Wesentliche Bestandteile der Rede von Frau Dr. NümannSeidewinkel waren: Die schwierigen Zeiten der wachsenden Stadt sind endlich überwunden. Wir werden weniger. Das ist gut so. Wir sehen das völlig anders.

Da sagt Frau Dr. Nümann-Seidewinkel weiter, Visionen sind notwendig, aber leider schwer umsetzbar. Ich finde das traurig. Aber eines hat sie ganz stolz gesagt: Wir haben keinen sozialen Sprengstoff in dieser Stadt.

(Anja Hajduk GAL: Den kriegen wir jetzt aber!)

Was haben wir denn für einen sozialen Sprengstoff in dieser Stadt? Machen Sie doch die Augen nicht zu.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Machen wir auch nicht!)

Durch diese Haushaltspolitik, die hier gemacht worden ist, haben wir doch heute den sozialen Sprengstoff. Das ist einfach untergekehrt worden.

Herr Ehlers sagt als haushaltspolitischer Sprecher der SPD: Ziele der Konsolidierung wurden leider durch äußere Einflüsse verhagelt. Das war seine wesentliche Aussage.

(Vizepräsident Peter Paul Müller übernimmt den Vorsitz.)

Ansonsten hat er sich – nachlesbar über eineinhalb Seiten, das heißt, hier fast eine viertel Stunde – über die Rechtfertigung der Zuwendungen ausgelassen. Wenn man das liest, ist es wirklich herzanrührend sozialschwärmerisch, nur Haushaltspolitik, Visionen waren das nicht.

Frau Hajduk war stolz auf die Stelleneinsparungen seit 1995, hat aber der Öffentlichkeit dabei verschwiegen, dass ein Großteil dessen erreicht worden ist, weil man umgeschichtet hat in so genannte Scheinprivatisierungsfirmen.

(Anja Hajduk GAL: Nein, wir haben Stellen gestri- chen, Herr Tants! Mensch, Sie waren doch dabei! Jetzt kriegen Sie was durcheinander!)

Liebe Frau Hajduk, das ist ja das Faszinierende, das ging mir bei der Lektüre auch so, wenn ich Ihre Worte hier höre und mir das dann einmal richtig durchgelesen habe. Sie können sich ja auch mal die Mühe machen und Ihre eigenen Reden noch einmal durchlesen. Natürlich sind Stellen gestrichen worden, aber nicht in der Zeit, die Sie genannt haben. Die 2700 oder 5000. Die meisten sind in neue Gesellschaften gewandert. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen.

(Anja Hajduk GAL: Das ist doch Quatsch!)

Nehmen wir das Jahr 2001, meine Damen und Herren. Fangen wir wieder mit der Senatorin an; Herr Dr. Peiner hat es schon gesagt. Wesentliche Aussage: Es ist weiter schwierig, aber das Schlimmste ist vorbei; wir sind im Wesentlichen konsolidiert. Ganz wichtig war eine Aussage, die auch breiten Raum einnahm: Hamburg ist im InternetAuftritt Spitze. Das ist eine Kernaussage der Finanzsenatorin gewesen, die ich haushaltspolitisch außerordentlich bemerkenswert finde.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist jetzt ein bisschen Kasperkram!)

Herr Ehlers hat zum Beispiel zur Bildungspolitik gesagt: Meine Damen und Herren! Sie erinnern doch den alten Schnack, das deutsche Bildungssystem steht gleich nach Uganda an 23. Stelle, und dieses wollen wir ändern. Das wollen wir nicht und dafür wollen wir viel Geld ausgeben.

(Christa Goetsch GAL: Oh, ist das peinlich!)

Nun gucken Sie doch einmal, wo wir heute mit dem Bildungssystem stehen. PISA hat die Untersuchung gemacht und Hamburg steht im Bundesdurchschnitt auf Platz 21. Hamburg ist nicht gerade Vorreiter in dieser Angelegenheit. Das heißt, hier ist im Bildungsbereich Geld falsch ausgegeben worden. Darauf war man stolz.

Frau Hajduk, Sie haben dann zu dem Haushalt 2001 darauf hingewiesen, dass die rotgrüne Bundesregierung ein wichtiger Garantiefaktor für eine überschaubare und solide Haushaltspolitik in Hamburg ist. Das merken wir gerade. Unheimlich solide und überschaubar aufgrund der Fakten aus Berlin. Das war das, was Sie gemacht haben.

Wenn ich mir das durchlese, dann konnte man sehen, dass Sie stolz auf einen angeblich ausgeglichenen Betriebshaushalt waren.

(Anja Hajduk GAL: In welchem Jahr denn?)

Senator Peiner ist schon darauf eingegangen, dass er nur angeblich ausgeglichen ist. Dafür sind Milliarden DM an Staatsvermögen veräußert oder in die Nebenhaushalte verschoben worden.

(Anja Hajduk GAL: Sie wissen gar nicht, was wir an Rücklagen hingelegt haben!)