Nicht nur das. Die Stadt hat in den vergangenen Jahrzehnten einige strategische Instrumente für die Wirtschaftspolitik gehabt, die aus den öffentlichen Unternehmen bestanden haben. Nun mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Wunschliste des neuen Senats sich nur dann finanzieren lassen wird, wenn man sich von diesen strategischen Instrumenten ganz oder teilweise verabschiedet.
Man muss nicht mit jeder Entscheidung, die mit diesen strategischen Instrumenten getroffen worden ist, einverstanden sein. Dass es aber Instrumente sind, mit denen man auch strategisch auf die Wirtschaftslage der Stadt Einfluss nehmen kann, ist richtig. Das heißt beispielsweise, dass man sich mit der Hafenpolitik nicht an einen Reeder verkauft – das war einer der Gründe, dass man die HHLA weiter behalten hat – oder die HEW-Aktien noch nicht auf den Markt wirft, bevor man die wichtige Frage der Standorte von Firmenzentralen abschließend geregelt hat,
oder dass man bei der Landesbank nicht die Möglichkeit verschenkt, auch in Zukunft Kredite strategisch zu vergeben. All das ist aufgrund der Vorhaben, die Sie als Senat beschlossen haben, in Gefahr.
Dagegen ist der bundespolitische Beitrag zu den Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt auch nicht von selbst gekommen. Die Konjunkturbelebung durch die große Steuerreform, die Senkung der Lohnnebenkosten durch die Ökosteuer, die gerechtere Verteilung der Arbeit durch die Teilzeitarbeitsgesetzgebung und die 630-DM-Regelung sind alles wichtige Fortschritte gewesen, die in Hamburg auch zu den Entlastungen beigetragen haben, die in aller Regel aber immer gegen Sie durchgesetzt werden mussten.
Besonders in der heutigen Lage, wo es konjunkturell schwieriger wird, kommt es darauf an, die Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu nutzen und nicht zu reduzieren. Deswegen möchte ich auch besonders an den neuen Wirtschaftssenator appellieren: Herr Uldall, Sie sind jetzt nicht mehr Oppositionsabgeordneter auf Bundesebene, sondern müssen hier nun Gestaltungsverantwortung übernehmen.
Deswegen bitte ich Sie: Bauen Sie nicht die Arbeitsmarktinstrumente ab. Setzen Sie sich dagegen ein, wenn die strategischen wirtschaftspolitischen Instrumente abgebaut werden sollen. Und schließlich: Hören Sie bitte mit dem durchsichtigen Versuch auf, die Konsequenzen Ihrer Fehlentscheidung nach dem Motto „Haltet den Dieb“ bei der Bundesregierung abzuladen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aufbruch und Erneuerung, so stand es über dem rotgrünen Koalitionsvertrag aus dem Jahr 1998. Jetzt können wir einmal besichtigen, was davon nach drei Jahren übrig geblieben ist.
Oberstes Ziel – das ist hier schon mehrfach zitiert worden – ist der Abbau der Arbeitslosigkeit. Gerade der Bundeskanzler hat immer wieder betont, dass man ihn an der Erreichung dieses Zieles messen solle. Diese Benchmark, meine Damen und Herren, verfehlt er bei weitem.
Man muss auch wissen, dass die Arbeitsmarktstatistik durch die Einbeziehung der 630-DM-Jobs in die Beschäftigtenverhältnisse inzwischen geschönt wird, was früher nicht der Fall war. Das sind allein schon eine Million Stellen mehr.
Ihren Statistiken kommt auch zugute – was Sie hier immer verschweigen –, dass wir eine demographische Entwicklung haben, bei der pro Jahr ungefähr 100 000 Arbeitnehmer mehr aus Altersgründen aus dem Arbeitsprozess ausscheiden als junge nachwachsen und hineinkommen. Auch das entlastet den Arbeitsmarkt und das können Sie sich nicht gutschreiben.
Es geht aber nicht nur um das Thema Arbeitsmarkt, wenn es darum geht, was Rotgrün für die Wirtschaftspolitik bewirkt. Sie haben von zukunftsorientierter Bildung und Ausbildung gesprochen und was ist herausgekommen? Ein schiefer Turm namens PISA.
Es wurde von Wirtschaftskraft durch nachhaltiges Wachstum gesprochen und was haben wir heute? Wir haben eine Wachstumsentwicklung, die gerade mal so eben mit der Nasenspitze über die Nullgrenze herausschaut, und stehen in Wahrheit am Rande einer Rezession.
Die Lohnnebenkosten sollten unter 40 Prozent sinken: weit gefehlt. Die Krankenkassenbeiträge werden explodieren und die Rentenversicherungsbeiträge sind nur durch einen verantwortungslosen Rückgriff auf die Rücklagen zu halten, sprich: auf die Schwankungsreserve.
In Ihrem Koalitionsvertrag steht ferner die gezielte Förderung von Handwerk, kleinen und mittelständischen Unternehmen. Darüber hinaus beinhaltet er eine große Steuerreform für mehr Gerechtigkeit. Und was kommt heraus? Eine Steuerreform, die Großunternehmen begünstigt und die kleinen und mittleren Unternehmen werden plattgemacht.
Die einstmals starke Wirtschaftsnation Deutschland hat Rotgrün auf eine gefährlich schiefe Bahn gesetzt, vom Spitzenreiter in der EU zum Schlusslicht.
Richtig ist, dass wir im Moment weltwirtschaftlich Schwierigkeiten haben. Der Wirtschaftsmotor USA stottert und mit ihm die ganze Weltwirtschaft. Doch damit müssen alle fertig werden, nicht nur Deutschland. Das ist auch nicht die Hauptursache für unsere hausgemachten Probleme.
Die wahren Ursachen sind übertriebene soziale Leistungen, die keinen Leistungsanreiz bieten, um Arbeit aufzunehmen. Sie sind eine Überregulierung der Wirtschaft. Der Mittelstand wird durch eine Vielzahl behördlicher Vorschriften bedrängt und abgeschreckt. Wissen Sie, wer Ihnen das am Montagabend in „ntv“ ins Stammbuch geschrieben hat? Das war Ihr ehemaliger Bundeskanzler Helmut Schmidt.
Halbherzige Steuerreform, weiter wachsende Umverteilung, Ökosteuer kontra Rentenversicherung – Rasen für die Rente, sagen wir immer in der FDP –,
die Perlen der Riester-Kette kann man herunterbeten, als handele es sich um einen Rosenkranz: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, 630-DM-Gesetz, Scheinselbstständigkeit, Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes; alles Maßnahmen, die den Arbeitsmarkt weiter strangulieren und weiter regulieren und beschäftigungsverhindernd statt beschäftigungsfördernd wirken.
Der Rosenkranz ist ein Symbol der Hoffnung. Die RiesterKette ist die Folterkette des Arbeitsmarkts und die Opfer werden in der Jagoda-Statistik begraben.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Lachen bei der SPD – Erhard Pumm SPD: Das ist ein Witz!)
Unter diesen verschlechterten Rahmenbedingungen hat auch die Hamburger Wirtschaft zu leiden. Umso wichtiger ist das Signal des neuen Senats an das Hamburger Handwerk mit kleinteiliger Auftragsvergabe zum Abbau des in Hamburg von Rotgrün verursachten Instandhaltungsstaus bei Straßen und bei öffentlichen Gebäuden und die entsprechenden Aufträge an das Hamburger Handwerk so auszuschreiben, dass die Handwerksbetriebe auch eine Chance haben, daran teilzunehmen.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Erhard Pumm SPD: Sie sollten Staatsrätin werden!)
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Ich möchte mit einem Zitat beginnen. Sie werden sich fragen, warum ich das hier vortrage, da Sie es jeden Tag hören. Trotzdem bitte ich Sie einen Moment um Ihre Aufmerksamkeit.
„Seit dem Sommer hat sich der wirtschaftliche Horizont nicht aufgehellt. Eine Klimawende ist nicht in Sicht. Kleinere Änderungen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen dürften kaum noch ausreichen. Mehr ist notwendig. Ein Neubeginn im Zusammenspiel all derer, die beschäftigungspolitische Verantwortung tragen.“
Dieses Zitat stammt vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Lage. Nun werden Sie sagen, das ist nichts Neues, diese Zitate werden permanent gedruckt und veröffentlicht.
Das Besondere ist aber, dass dieses Zitat nicht von der Jahreswende 2001/2002, sondern von der Jahreswende 1981/1982 stammt. Es ist 20 Jahre her. Wer sich jetzt erinnert, was im Jahre 1982 passierte, der weiß, dass ein Dreivierteljahr nachdem dieses Gutachten, aus dem ich eben zitiert habe, in der Form veröffentlicht wurde, die bestehende Regierung Schmidt abgewählt wurde. In einem Dreivierteljahr haben wir wieder Wahlen in Deutschland. Ich will jetzt kein Prophet sein,
aber auf eines möchte ich hinweisen: Wirtschaftspolitik ist das Kernelement, an dem eine Bundesregierung gemessen wird und an dem sich die Politik für die einzelnen Bundesländer ausmacht. Deshalb ist es richtig, dass dieses Thema heute vonseiten der Koalitionsfraktion für die Aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt wurde.
Herr Mattner, Herr Frühauf, Frau Pauly haben eben schon die wirtschaftspolitische Lage richtig gekennzeichnet. Wir haben niedrige Wachstumsraten, wir haben einen Anstieg der Arbeitslosigkeit, wir haben steigende Insolvenzen. Die wirtschaftspolitische Bilanz, die die Bundesregierung Schröder zum 31. Dezember 2001 vorlegt, ist außerordentlich schlecht. Der neue Senat hätte zum Start wirklich ein besseres wirtschaftspolitisches Umfeld verdient gehabt.
(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Zuruf von Alexander Porschke GAL)
Dabei sind die Zeiten längst vorbei, da Deutschland einmal die wirtschaftspolitische Lokomotive Europas gewesen ist. Kein anderes Land im EU-Raum hat so schwache Wachstumsraten. Kein anderes Land im EU-Raum entwickelt den Arbeitsmarkt so schwach mit zusätzlichen Arbeitskräften. Kein anderes Land im EU-Raum zeigt einen so hohen Anteil an Langzeitarbeitslosen wie die Bundesrepublik Deutschland. Kein anderes Industrieland benötigt so viel Wachstum, um überhaupt neues Wachstum auf dem Arbeitsmarkt zum Tragen bringen zu lassen. Wir brauchen 2 Prozent Wachstum in Deutschland, bis überhaupt der erste neue Arbeitsplatz entsteht. Da müssen wir uns doch fragen, was wir in Deutschland eigentlich falsch machen,